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Warum 70 Millionen doch Trump wählten

Trump habe ein breiter US-Anti-Intellektualismus geholfen, analysiert Wolfgang Hochbruck, Univ. Prof. für Nordamerika-Studien) in der Badischen Zeitung (Freiburg i.B.).

Ein Interview mit Wolfgang Hochbruck ausgewählt und gekürzt von Hans Högl :

BZ: War das Ringen um den Sieg für Sie eine Überraschung?

Hochbruck:...Äußerst bedrückend ist es, dass diesem Mann nach vier Jahren kontinuierlicher Lügen und dem unglaublichen Flurschaden mehr als 68 Mill. Amerikaner ihre Stimme gaben.

BZ: Wie kann einer, der lügt, sich rüde verhält und rassistisch äußert, trotzdem millionenfach gewählt werden?

Hochbruck: In den USA besteht seit dem 18. Jahrhundert ein Anti-Intellektualismus und eine Wissenschaftsskepsis. Das wird von der Populärkultur positiv aufgegriffen: Eines der ersten Dramen der US-Geschichte, Royal Tylers „The Contrast“, macht genau das – die männliche Hauptfigur erklärt, sie habe kein Interesse daran, irgendetwas zu lernen, wenn es einen negativen Eindruck vom Land vermittelt.

BZ: Setzt Trump auf eine ordinäre Sprache?

Hochbruck: Natürlich. Der Mann hat sich diese relativ primitive Sprache und diesen Sprachduktus, dieses ständige Wiederholen von einfachen Floskeln, systematisch angeeignet, und er benutzt das als Waffe.- Hillary Clinton hat 2016 verächtlich von den „Deplorables“ – den Bedauernswerten – gesprochen. Das war eine erbärmliche Dummheit und einer der Gründe, weshalb diese Leute nach wie vor zu Trump stehen. Sie fühlen sich von den Demokraten nicht angesprochen, abgehängt.- Die weiße Mittelschicht hat Angst, was zu verlieren. Das ängstigt mehr als das Coronavirus.

BZ: Man hatte zuletzt den Eindruck, dass die demokratischen Strukturen funktionieren….
Hochbruck: …Ja, doch der Senat ist ein Witz – mit zwei Figuren pro Staat, egal ob es sich um fast entvölkerte Landstriche handelt wie in Wyoming oder ob zig Millionen dort leben wie in Kalifornien, Texas oder New York. Das verlangt eine Reform.

BZ: Tun wir Trump auch unrecht, ist das Trump-Bashing berechtigt?
Hochbruck:Trump erinnert uns Deutsche an unsere schlimmsten Zeiten – er ist eine hysterische Mischung aus Kaiser Wilhelm II., Franz-Josef Strauß und Gert Fröbe als Auric Goldfinger in dem gleichnamigen James-Bond-Film; dieses Aufgeblasene, Freche, Unverschämte, diese Haltung „Ich kann hier machen, was ich will“.