Schlagwort-Archive: Hofer

Neue Hetze gegen Flüchtlinge

Boulevard erzeugt weiteren Aufwind für Rechtspopulisten

Udo Bachmair

Das ist sogar für die „Krone“ selbst rekordverdächtig: In der heutigen Sonntagsausgabe des Massenblattes sind ausnahmslos Leserbriefe mit Hetze gegen Flüchtlinge und Asylwerber abgedruckt. Animiert von Sätzen wie „Für die ist Geld da, und wir werden mit einem Bettel abgespeist..“ Autor dieser und ähnlicher Erkenntnisse ist Peter Gnam, bekannt als konsequent rechtspopulistischer Chef-Kommentator der Kronenzeitung.

Auf ihn berufen sich denn auch zahlreiche Leserbriefschreiber, die all ihren Frust auf Ausländer, Flüchtlinge und sonstige Minderheiten abladen. Da ist allein in der heutigen Ausgabe die Rede von einer „sicher in den Ruin treibenden Invasion“, einer „Regierung, die ihnen alles nur so nachschmeißt“, von Menschen, „die bei uns hofiert und verhätschelt werden“ bis hin zum Klischee „nur in unserem von Naiv-Gutmenschen diktierten Land beugen wir uns und kriechen zu Kreuze…“

Bekräftigt wird der politisch rechtslastige Stammtischkurs der „Krone“ in derselben Ausgabe mit einer erneuten Wahlempfehlung für den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer durch Grünen- und Linkenfresser Michael Jeanne. Peter Gnam, ebenfalls FPÖ-Sympathisant, steuert dann noch eine „Analyse“ bei, in der er seiner unverhohlenen Freude über den klaren Vorsprung der Strache-Partei Ausdruck verleiht: „Bei so einem Vorsprung stellt Strache natürlich den Anspruch auf den Kanzler, und die ÖVP wird das akzeptieren müssen…

Eine Blatt wie die „Krone“ mit großer Dichte an rechtspopulistischen Glossisten, die jede andere Position als linkslinks brandmarken, kann sich über mehr als 22 Millionen Euro pro Jahr allein aus dem Inseratenbudget der öffentlichen Hand freuen.

Die SPÖ-geführte Regierung finanziert damit auf Kosten der Steuerzahler eine Zeitung mit, die über weite Strecken das Geschäft der FPÖ besorgt..

Österreich ist geprägt von einer ziemlich ausgedünnten Medienlandschaft. Die Schweiz hingegen kann stolz sein auf noch rund 100(!) Tageszeitungen, in Schweden sogar mehr als 170 (!). Der Großraum Wien erweist sich mit seiner hohen Konzentration an Boulevardmedien überhaupt als einzigartig. Boulevardmedien, wie auch „Österreich“, die mit Halbwahrheiten, Übertreibungen und Hetze den Rechtspopulisten in die Hände spielen, existieren so in keinem anderen vergleichbaren Rechtsstaat. Ein medienpolitischer und demokratiepolitischer Notstand.

 

BP-Wahl: VGH-Urteil „fragwürdig“ ?

Entscheidung der Höchstrichter nicht unumstritten

Udo Bachmair

Selbstverständlich ist eine Entscheidung der Höchstrichter zu akzeptieren. Unabhängig von politisch-taktischen Erwägungen. Der Verfassungsgerichtshof hat auch in der Causa der stattgegebenen Anfechtung der Bundespräsidentenwahl ausschließlich juridische Begründungen als Motiv für seine Entscheidung geltend gemacht. Das entspricht seinem gesetzlichen Auftrag und der Erwartungshaltung der Öffentlichkeit.

Aber: Auch ein VGH agiert nicht im politik- und wertfreien Raum. So ist gerade auch im konkreten Fall die Frage legitim, ob die Verfassungsrichter realpolitische Konsequenzen einer solchen schwerwiegenden Entscheidung sorgfältig genug überlegt haben. Jedenfalls sind entgegen dem überwältigenden Lob für den VGH in Medien und Politik vereinzelt auch Bedenken und Kritik vernehmbar.

So hält der Autor Robert Misik im STANDARD die Entscheidung des VGH für „fragwürdig“ :

  1. hätte der Verfassungsgerichtshof auch anders entscheiden können.
  2. fällt er seine Urteile immer in einem politischen Kontext. Und selbstverständlich spielte für die Richter eine Rolle, dass sie der FPÖ nicht weiteren Anlass für ihre Kampagnen liefern wollten.
  3. Aber hat der Verfassungsgerichtshof das wirklich bis zum Ende gedacht?
  4. Hat er sich eigentlich überlegt, welche Verfassungskrise entstünde, wenn Norbert Hofer, dem ein zweiter Versuch geschenkt wurde, bei der Neuaustragung gewinnen würde?

Es steht zu befürchten, dass der Verfassungsgerichtshof das nicht überlegt hat. Im Grunde ist dieses Urteil selbst zirka so schlampig wie die Wahlorganisation in einem kleinen Dorf in der Provinz.

Er hat so entschieden, um sich ein Problem billig vom Hals zu schaffen: Er wollte der aggressiven FPÖ-Kampagne den Wind aus den Segeln nehmen, wollte sich den erwartbaren Angriffen von Strache, Hofer & Co nicht aussetzen.

Das ist verständlich und auch nicht unklug.

Aber er hat damit sofort ein anderes Problem geschaffen: Er hat 50,3 Prozent der Wähler gesagt: „Ich annulliere Eure Stimme. Eure Wahlentscheidung ist weniger wert als das aufgeregte Gefuchtel der FPÖ.“

Die Stimmen von 2.254.484 Wählerinnen und Wählern werfen wir einfach so weg.

That’s it, in the End. Er hat gesagt: Die Stimmen der Mehrheit der Wähler sind weniger wert als die Empörungsbewirtschaftung der Verliererpartei.

In einer Güterabwägung – wie stärke ich das Vertrauen der Verliererpartei? Und wie respektiere ich zugleich den Wählerwillen der Mehrheit? – hat er sich allein auf eine Seite gestellt.

Wie das mit dem Geist der demokratischen Verfassung in Einklang zu bringen ist, soll mir erst einmal ein Verfassungsrichter erklären. (Robert Misik, 3.7.2016)