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Gegen Korruption und Machtmissbrauch

Das Anti-Korruptionsvolksbegehren ist gestartet. Nun können Unterstützungserklärungen abgegeben werden.

Udo Bachmair

Mindestens 8.401 Unterstützungserklärungen sind notwendig, damit das „Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren“ durchgeführt werden kann. Die Proponentinnen und Proponenten sind sehr zuversichtlich, dieses Ziel zu erreichen. In ihrer Erklärung an die Medien heißt es:

„Fälle von schwerwiegendem Korruptionsverdacht bis zu massiven Angriffen auf den Rechtsstaat verpflichten uns, unsere Stimme auch öffentlich zu erheben“.

„Die schon bisher starke Resonanz zeigt uns, dass die Österreicherinnen und Österreicher nicht länger bereit sind, Korruption und Angriffe auf unseren Rechtsstaat hinzunehmen“, zeigt sich Ex-OGH-Präsident Irmgard Griss, eine der Proponentinnen, höchst erfreut.

„Wir müssen umkehren, bevor es zu spät ist!“ mahnt der renommierte Verfassungsrechtler Heinz Mayer.

Auch eine Reihe von ÖVP-Politikern schließt sich dem Appell an, etwa Ex-EU-Kommissar Franz Fischler. Und Michael Ikrath, früherer ÖVP-Justizsprecher, sagt :

„Wir alle haben ein Recht auf respektierte Gewaltentrennung statt geprobter Regierungsallmacht.“

Heide Schmidt , ehem. 3. Nationalratspräsidentin formuliert als ihr Motiv, einmal mehr aktiv zu werden:

„Die Art der politischen Kultur prägt die Maßstäbe für das Miteinander und damit für unsere Gesellschaft. Die derzeitige Entwicklung gibt Anlass zur Sorge. Dagegen müssen wir etwas tun.“

Unterstützungserklärungen können mit einer persönlichen Unterschrift – unabhängig vom Hauptwohnsitz – in einer beliebigen Gemeinde (in Statutarstädten beim Magistrat, in Wien auf den Magistratischen Bezirksämtern) während der jeweiligen Amtsstunden abgegeben werden.

Die Abgabe von Unterstützungserklärungen ist auch online möglich. Nähere Informationen dazu finden Sie unter
www.oesterreich.gv.at/themen/leben_in_oesterreich/buergerbeteiligung___direkte_demokratie/2/Seite.320472.html

Ö 1 : Der Hut brennt

Wieder einmal Sorge um Ö 1. Anzeichen einer geplanten Schwächung des renommierten Radiosenders mehren sich. Es besteht Gefahr in Verzug, bestätigen auch ORF-interne Informationen.

Udo Bachmair

Alarmsignale kommen aus dem ORF. Laut gut informierter Quelle ist die „kleinweise Zerschlagung“ des Senders Ö 1 im Gange. Demnach soll etwa die Abteilung Radioreligion aufgelöst und schon Anfang 2020 an die TV-Religion im Newscenter des ORF-Zentrums auf dem Küniglberg angedockt werden. Somit wäre dieses Ressort nicht mehr Teil von Ö 1. Eine entsprechende Organisationsanweisung des Generaldirektors wird als „Angriff aus dem Inneren des Unternehmens“ gewertet.

Viele ORFler, aber nicht nur die, sehen in der Maßnahme den „Beginn der Zerschlagung und Schwächung“ von Ö 1. Diesbezügliche Warnungen gibt es ja schon seit dem Vorjahr. Die türkis-blaue Regierung hatte sich ja den ORF insgesamt als Feindbild auserkoren. Im Speziellen attackieren rechte politische Kräfte Ö 1 als „Hort der Linken“..

Doch es entstehen Gegenbewegungen. Eine von ihnen ist die Initiative „Wir für den ORF“ (www.wirfuerdenorf.at). Und es wird sich zeigen, wie stark der ORF-interne Widerstand seitens der Redakteurssprecher*innen bzw. der gesamten Belegschaft sein wird. Denn es gilt, die weitere Zerlegung des nicht nur wegen der unverzichtbaren Ö 1-Journale auch demokratiepolitisch wichtigen Senders abzuwenden. Wenn es dafür noch nicht zu spät ist..

Eine befürchtete Neuauflage der türkis-blauen Koalition nach der NR-Wahl könnte den ORF empfindlich treffen. Die in diesem Fall wahrscheinliche Abschaffung der GIS-Gebühren könnte ohne ausreichende Ersatzfinanzierung die Existenz des gesamten Unternehmens gefährden. Eine Finanzierung aus dem Staatsbudget würde zudem den ORF in völlige Regierungsabhängigkeit bringen.

Eine derartige Entwicklung würde die verbriefte Unabhängigkeit der Berichterstattung und Wahrung der Eigenständigkeit der ORF-Journalist*innen extrem in Mitleidenschaft ziehen. Bei aller durchaus berechtigten Detailkritik ein Appell an die künftig Regierenden : Lasst den ORF in Ruhe.
Der Wert eines öffentlich-rechtlichen Mediums ist unabdingbar.

Grundsätzliches dazu auch in einem Gespräch zwischen Irmgard Griss und mir unter folgendem Link:

www.irmgardgriss.at/podcast/

Irmgard Griss: Person und Weltbild

Hans H ö g l

Zur 20-Jahrfeier der Vereinigung für Medienkultur im November 2015 ersuchten wir Frau Dr. Irmgard Griss an unserem Podium teilzunehmen, und zwar als Leiterin des 3. Senats im Presserat. Aus Termingründen war sie verhindert.

800.000 Menschen in Österreich wählten I.G. als Präsidentschaftskandidatin. Mich bewegt die Frage, warum die Höchstrichterin die Protokolle für den Hypobericht vernichtete. Darauf findet sich eine Antwort – im Buch: Irmgard Griss im Gespräch mit Carina Kerschbaumer (Edition Kleine Zeitung, Graz 2016 – mit Fotos). Die Interviews gab sie vor ihrer Kandidatur zur Präsidentenwahl. Leider bespricht die Österreichische Presseagentur (apa) keine neuen Bücher. Darum bieten wir ein Resumé des Buches – sine ira et studio – nach  der Wahl.

I.G. wuchs in Bösenbach bei Deutschlandsberg in der Weststeiermark auf – in einem Bauernhof mit zwei Zimmern ohne Warmwasser und WC. Sie besuchte die Hauptschule, und war die Erste in der Familie, die maturierte. Nach Ihrem Jus – Studium nahm sie vorschnell das erste Angebot zu einer Univ. Assistentenstelle an, bald darauf erhielt sie ein wesentlich besseres Angebot. Dies macht ihre Haltung deutlich, dass sie bei Angeboten abwartet. Allerdings zögerte sie keine Sekunde, als sie für ein Harvard- Stipendium auserlesen wurde.

Sie suchte einen Beruf mit selbstbestimmter Arbeit, so wurde sie Richterin. Sie sieht sich darin vom Elternhaus geprägt: Ein Bauer braucht keinen Chef, er muss selbst entscheiden und die Folgen tragen.

Sie bedauert die geringe Wertschätzung der Lehrkräfte. Medien sollten von ihnen Positiv-Beispiele bringen. Ihre Positionen zur Schulreform: Zum einen sieht sie die Abschaffung der AHS-Unterstufe als nicht „vordringlich“, meint aber, dass die Ganztagschule massiv familiäre Defizite ausgleichen könne – und zwar solche mit „Binnendifferenzierung und Gestaltungsfreiraum der Lehrer“. Im Übrigen sei es nicht entscheidend, „welches Taferl vorne aufgehängt ist – ob Gesamtschule, ob Gymnasium, ob Hauptschule“. Sie findet den Begriff „bildungsfern“ irreführend, denn ihr Vater war an allem interessiert. Und oft würde die formale Bildung überschätzt.

Positionen zu Medien und Pressefreiheit

Die freie Gesellschaft braucht freie Medien. Das rechtfertigt die Privilegien der Medien. „Sie dürfen jemanden angreifen, beleidigen, sie können sehr harsch in ihren Urteilen sein.“ „Die Demokratie ist ohne freie Medien nicht lebensfähig.“ ….“Die Demokratie braucht informierte Bürger und Bürgerinnen.“ Fehlentwicklungen sind Nicht- und Falschinformation und Manipulation und auf den Einzelnen bezogen – von der Kreditschädigung bis zur Verleumdung. Die Medienkonsumenten müssten kritischer sein, und „es müsste ein Unterrichtsfach Kritisches Denken geben“.

Irmgard Griss und religiöse Einstellungen (S. 92- 98):

Sie als Katholikin begleitet auch ihren protestantischen Mann zu Gottesdiensten. Sie lehnt den Zölibat ab („Das bringt so viel Leid und so viel Zwang und natürlich auch Heuchelei“). Und sie findet die Einstellung der Katholischen Kirche zu Frauen als „unhaltbar“. „Ich lasse mich auch nicht von gewissen fundamentalistischen Strömungen in der Kirche vertreiben.“ Und in Differenz zur katholischen Kirche tritt sie auch für die Ehe unter Gleichgeschlechtlichen ein. Griss: „Weil wir rechtlich mit der eingetragenen Partnerschaft bereits eine völlige Gleichstellung haben“ und sich nur noch die Bezeichnungen unterscheiden.

Zum Hypobericht stellte die Journalistin die harte Frage: „Hat man es nicht ganz klar ausgewertet, weil man nicht anecken wollte“. Es geht darum, dass keine Namen und Institutionen genannt wurden. Griss: „Mehr anecken, als wir es getan haben, kann man nicht mehr“. Die Kontrollinstanzen haben versagt, der Aufsichtsrat hat seine Pflicht nicht wahrgenommen, die Bankenaufsicht hat versagt, die Wirtschaftsprüfer haben alles testiert. „Man kann aus dem Bericht erschließen, wer wofür politisch verantwortlich ist. Hätten wir das ausdrücklich sagen wollen, hätten wir den Betroffenen Gelegenheit geben müssen, sich zu rechtfertigen.“ (S. 128).

Interviewerin: Sie sind massiv kritisiert worden, weil sie Ihre Notizen vernichtete haben. Jetzt stehen Sie als Aktenvernichterin da. „Der erste Gedanke, der sich da einstellt, ist, dass Sie etwas verheimlichen wollten.“ Griss: „Allen, mit denen wir gesprochen haben, habe ich zugesichert – oder sie haben es als selbstverständlich angenommen -, dass ihre Angaben vertraulich behandelt werden. Keiner hätte sonst mit uns gesprochen, denn keiner war dazu verpflichtet. Hätte ich mein Wort brechen und meine mehr als 30 Gesprächsnotizen und die Protokolle der 13 Befragungen durch die Kommission veröffentlichen und weitergeben sollen? Würde ein Journalist, der vertraulich bei einer Recherche Hintergrundinformationen bekommt, die Zusage der Vertraulichkeit brechen?“ (S. 130 f.). Eben diese letzte Äußerung scheint öffentlich nicht gesagt worden zu sein – auch nicht von Irmgard Griss selbst.

Der Schweizer Univ. Prof. Carl Baudenbacher, Präsident des Efta-Gerichtes sieht darin eine künstliche Aufregung, dass die Griss-Kommission ihre internen Aufzeichnungen entsorgt hatte. „Die nicht zum Erscheinen und nicht zur Wahrheit verpflichteten – Auskunftspersonen hatten freilich im Vertrauen darauf ausgesagt, dass ihre Ausführungen nicht öffentlich gemacht würden. Dieses Vertrauen war zu schützen“, so Carl Baudenbacher (Gastkommentar in Wiener Zeitung am 23. April 2016).

Der Grünpolitiker Werner Kogler überprüfte die Mitglieder der Griss-Kommission. Er fragte sich, ob der Ehemann von Frau Griss, der Rechtsanwalt Dr. Gunter Griss etwas mit der Hypo-Adria zu tun habe. Er hat als Aufsichtsrat der Steiermärkischen Sparkasse oder des Bankhaus Krentschker mit dem Bankenbusiness zu tun.

Den Kogler- Test scheint er aber bestanden zu haben: „Das habe ich mir natürlich schon angeschaut. Mit der Hypo hat die Steiermärkische eher nix zu tun. Außer sie hält eventuell Anleihen der Hypo. Aber das können wir noch nicht sagen.“ (Die Krone). Aufgrund Eigenrecherche stelle ich fest, dass Dr. Gunter Griss – entgegen Behauptungen- kein Mitglied im Aufsichtsrat der Grazer Wechselseitigen ist.

Griss und Ihr Bezug zu Parteien (S. 182 ff).

Eingeladen bei den Neos, sagte sie, was sie an der FPÖ störe. Sie lehne deren polarisierenden Stil ab und die FPÖ verwende eine Sprache, die als „verhetzend empfunden werden kann“. Griss befürwortet allerdings Werte wie Heimat, Sicherheit und Ordnung. „Man müsse der FPÖ auch zugutehalten, dass sie auf Probleme hinweist, die sich nicht wegleugnen lassen.“ Z.B. haben sich in der Flüchtlingsfrage die Regierungsparteien lange Zeit gescheut, die Probleme auch nur anzusprechen.

Haben Sie je Grün gewählt? Griss: „Ja“. Was hat Sie überzeugt? „Der Einsatz für die Umwelt, für einen maßvollen Umgang mit den Ressourcen. Dazu gekommen ist die geringe Attraktivität der anderen Parteien, vor allem der ÖVP.“ (S. 182 -190).