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EU-Flüchtlingspolitik im Widerspruch zu christlichen Werten

Parteipolitische Vereinnahmung von Religion und Kirchen gehört weitgehend der Vergangenheit an. Sie sehen jedoch politische Mitverantwortung, wenn es um Humanität und Menschenrechte geht. Diese Art von Parteilichkeit ist positiv. Vor allem auch zugunsten einer humanen Flüchtlingspolitik.

Udo Bachmair

In dieser Frage hat der evangelisch-reformierte Superintendent Thomas Hennefeld in einem ökumenischen Gottesdienst keine Klarheit vermissen lassen. Seiner Erkenntnis nach ist die aktuelle EU-Flüchtlingspolitik mit dem Evangelium nicht vereinbar.

Die Europäische Union schließe etwa mit Libyen Verträge, wo Flüchtlinge in Lagern gefoltert würden. An den EU-Aussengrenzen -etwa in Kroatien- werde mit exzessiver Gewalt gegen Flüchtlinge vorgegangen.

Auch Menschen, die wegen ihrer Christlichen Überzeugung fliehen mussten, seien nicht sicher vor Rückschiebung in Länder, in denen ihnen Verfolgung und Tod drohe. Retter, die Ertrinkenden helfen wollten, würden kriminalisiert.

„Paulus hätte als Schiffbrüchiger vor Malta heute keine Chance gehabt“, betonte Hennefeld mit Bezug auf die biblische Apostelgeschichte, laut der Paulus mit 270 Gefährten vor Malta Schiffbruch erleidet.

( Quelle epd – Evangelischer Pressedienst www.evang.at )

Rechtspopulismus boomt: Was tun ?

Udo Bachmair

Muslimischer Lehrling in Ausbildung öffentlich vernadert.

„Kriminelle Asylwerber“ fälschlicherweise als Ladendiebe „gestellt“.

In Afrika zur Abwehr von Flüchtlingen „militärisch Raum in Besitz nehmen“.

Nur drei der Schlagzeilen, die mit  Äußerungen von „Spitzenpolitikern“ der Regierungspartei FPÖ zu tun haben.

Populismusforscher Walter Ötsch sieht in allen diesen Fällen den Versuch, Flüchtlinge zu dämonisieren. Jenseits aller Fakten werde damit ein Ziel erreicht, nämlich „die größtmögliche Erregung“, wie Ötsch jüngst in einem Kurier-Interview ausführte. In seinem Buch mit dem Titel „Populismus für Anfänger-Anleitung zur Volksverführung“ fasst der Kommunikationswissenschaftler die Manipulationstechniken, denen sich Rechtspopulisten bedienen, so zusammen:

„Predigen Sie etwas Einfaches. Teilen Sie die (soziale) Welt in zwei Teile: In DIE WIR und in die ANDEREN. Definieren Sie DIE WIR als bedroht. Geben Sie niemals einen Fehler zu. Bei Angriffen: Wechseln Sie blitzschnell in die Opferrolle. Erfinden Sie Sündenböcke. Erklären Sie Ihr Weltbild durch (erfundene) Einzelfälle. Polarisieren Sie. Erfinden Sie für alles unüberbrückbare Gegensätze“.

Das ist auch das Rezept für massenhafte Verbreitung einschlägiger Inhalte im Netz. Mit Hass und Hetze haben Rechtspopulisten und Rechtsextremisten die „Sozialen Medien“ gleichsam erobert. Geschickt werden entsprechende Botschaften mithilfe von Vereinfachungen, Freund-Feind-Denken, Attacken unter der Gürtellinie gegen „Linkslinke“ und „Gutmenschen“, pauschalen Verdächtigungen gegen Muslime unter die User gebracht. Eine verbale Giftmischung, nicht selten garniert mit unverhohlener Androhung von Gewalt.

Auch in Deutschland werden rechtsextreme Positionen „sichtbarer“, wie eine Studie der Universität Leipzig zutage gefördert hat. „Brandanschläge auf Asylheime, Übergriffe auf Ausländer und Hassparolen im Netz sind der traurige Ausdruck einer immer größer werdenden Enthemmung“, so der Befund der Studienautoren. Das belegen auch die Vorkommnisse in Chemnitz und anderen ostdeutschen Städten. Dort hat die Radikalisierung von Sprache ein besonderes Ausmaß erreicht. Von Worten zu Taten ist es oft nicht weit, wie auch die physischen Attacken auf Migranten zeigen.

Rechtspopulisten missbrauchen die Scheu vieler Menschen vor Fremdem und Unbekanntem. Sie befeuern und befestigen Vorurteile und Klischees, die zur „Bedrohung“ aufgeblasen werden. Diese wiederum löst Angst aus bzw. verstärkt sie. Die Kombination Flüchtling / Moslem steigert sich gleichsam zu einem doppelten Feindbild. Pauschalurteile setzen Muslime unter Generalverdacht. Wie Hans Rauscher in seiner Standard-Kolumne analysiert, sei die Hetze mit falschen Behauptungen gegen Asylwerber, Mindestsicherungsbezieher etc. Teil einer gezielten Kampagne. Der Autor hat sich in dem Zusammenhang zur beängstigenden Prognose hinreißen lassen, dass es demnächst wohl heißen werde: „Kauft nicht beim Muslim“…

FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache hat (noch vor seiner Zeit als Vizekanzler) Flüchtlingen in einem Gastkommentar der Wiener Zeitung den Anspruch abgesprochen, „Schutzsuchende“ zu sein. Die meisten würden ja ohnehin aus „sicheren Flüchtlingslagern“ kommen. Daher seien sie bloß „Sozialzuwanderer“ oder „potentielle Terroristen“, die den „Zerfall des christlichen Abendlandes“ vorantrieben.

In diesem bedenklichen Klima fühlen sich all diejenigen, die Hilfe für in Not geratene Menschen als humanitäre und urchristliche Aufgabe betrachten, manchmal ziemlich alleingelassen. Nicht zuletzt angesichts der Dominanz des Boulevards, der trotz stark zurückgegangener Flüchtlingszahlen weiter Emotionen gegen „unkontrollierte Masseneinwanderung“ schürt. Vor diesem Hintergrund finden in diesen Medien Stimmen von Menschen, die nach wie vor unermüdlich Flüchtlingsarbeit etwa in der Caritas und der Diakonie leisten, weder Platz noch Anerkennung.

Die Entwicklung gibt nicht nur Anlass zur Sorge, sondern macht auch vielen Menschen Angst. Um gegensteuern, ist u.a. profunder aufklärungsorientierter Journalismus nötiger denn je. So bedarf es dringend einer Gegenstrategie. Deren Hintergrund wäre, zu erkennen, dass es Rechtspopulisten nicht nur darum geht „auch einmal dranzukommen“. Sie wollen mehr: Den Umbau des demokratischen Systems in Richtung eines plebiszitären, autoritären Präsidialsystems a la Ungarn. Menschenrechte bleiben dabei auf der Strecke. Menschen, die besorgt darauf hinweisen, müssen sich den Vorwurf des „naiven Gutmenschen“ gefallen lassen. Und solche tummeln sich  demnach vor allem in den NGOs und last but not least vor allem in den Kirchen selbst.

So stehen viele Kirchenvertreter bei Protesten gegen rechts und für  menschliche Behandlung von Flüchtlingen und Asylwerbern fast immer in den vorderen Reihen. Sie bekräftigen damit ihre Immunität und ihren Widerstand gegen eine inhumane Ideologie. Arbeit und Stellungnahmen der Kirchen im Namen des Evangeliums sind gleichsam der humanitäre Gegenentwurf zu alldem, was sich in Österreich, aber vielfach auch im übrigen Europa an rechten Tendenzen und Erscheinungen bedrohlich entwickelt hat. Die spezifisch kirchliche Verantwortung besteht nun darin, immer wieder auch über ihren Bereich hinaus zu werben für Nächstenliebe auch gegenüber Fremden, für Humanität, für Menschenrechte für in Not Geratene und Schutzsuchende.

Die Politik erfüllt diese eminent wichtige Aufgabe immer weniger. Inhalte, Werte werden zunehmend geopfert zugunsten von Selbstdarstellung, Inszenierung und einfachen, teils menschenfeindlichen Signalen und Botschaften. Eine wichtige Rolle, gegenzusteuern, kommt bzw. käme der Zivilgesellschaft zu, die ja hauptsächlich die Probleme von Hilfesuchenden schultert und tatkräftige Hilfe vor allem in der Flüchtlingsarbeit leistet. Die Zivilgesellschaft müsste jedoch die Kräfte besser bündeln. Zielführend wäre zudem, direkt in den „Sozialen“ Medien zu kontern und den Rechtspopulisten und Rechtsextremisten nicht mehr die Hegemonie im Netz zu überlassen. Viele NGOs leiden jedoch nicht nur unter mangelnder finanzieller Unterstützung, sondern auch an entsprechender ideeller Hilfe und Akzeptanz seitens der öffentlichen bzw. der veröffentlichten Meinung. Dem Ungeist von Fremdenhass, Hetze, Rassismus und weiter fortschreitender Distanzierung von humanitären Grundsätzen könnte im Besonderen mit der Besinnung auf das Sozialwort der christlichen Kirchen wirksam begegnet werden. Basis auch für die Politik, dem Gespenst des europaweit grassierenden Rechtspopulismus zu Leibe zu rücken.

Sachorientierte Politik, seriöse Medien, engagierte Kirchen und eine solidarische Zivilgesellschaft müssten es gemeinsam schaffen, diesem Ziel näherzukommen. Doch leider hält sich diesbezüglicher Optimismus in Zeiten wie diesen in Grenzen.

( Der Artikel erscheint auch in der Zeitschrift „Quart“ )

 

 

Widerstand erzeugt Hoffnung

Politik, Medien, Kirchen : Stopp dem rechten Ungeist

Udo Bachmair

Hetze im Internet, Hass gegenüber Fremden, Antisemitismus, Nazi-Texte in Liederbüchern: Der Ungeist von Rassismus und Rechtsextremismus erscheint an Tagen wie diesen allgegenwärtig. Und für manche scheint er bereits salonfähig geworden zu sein.

Doch es gibt Hoffnung.

Ein immer breiterer Widerstand gegen rechte Zündler regt sich:  In den Medien (Ausnahme  weitgehend die Kronenzeitung), in NGOs, in Kirchen bis hin zum beeindruckenden Appell des Bundespräsidenten gegen NS-Verherrlichung und Menschenverachtung.

Als mutig erscheint in dem Zusammenhang auch die Rücktrittsaufforderung Van der Bellens an den nö. FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer. Dieser war bis vor kurzem noch Vizeobmann der rechtsextremen Burschenschaft Germania, behauptet jedoch, von ihren Nazi-Liedern nie etwas gehört oder gewusst zu haben..

Gäbe es in Deutschland einen ähnlichen Fall, wäre ein Rücktritt wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Die dortige Medienlandschaft scheint stärker willens und in der Lage zu sein als hierzulande, entsprechend Druck auszuüben. Doch wir sind halt in Österreich..

In Österreich verhallen Appelle für Menschlichkeit, Solidarität und Antifaschismus nur allzu oft. Viele Medien nehmen sie nur am Rande wahr. Dabei wäre es wünschenswert, etwa auch kirchlichen Stimmen in der Öffentlichkeit mehr Gehör zu verschaffen.

So lässt angesichts jüngster Vorfälle um FPÖ-Politiker der Vorsitzende des ökumenischen Rates der Kirchen, Thomas Hennefeld, mit besonderes eindringlichen Worten aufhorchen. Er mahnt Kirche und Gesellschaft zu erhöhter Wachsamkeit und Sensibilität und merkt zum Fall Germania an:

Wo sich das Haupt des widerwärtigen antisemitischen Ungeistes erhebt, wie im Fall des Liederbuches bei der Burschenschaft Germania, müssen die Kirchen aufschreien

Zum Plan des FPÖ-Innenministers, Flüchtlinge und Asylwerber „konzentriert“ in Massenunterkünften „halten“ zu wollen, meint der Vorsitzende des ÖRKÖ :

80 Jahre nach dem  „Anschluss“ an Hitler-Deutschland spricht ein Minister davon, Menschen konzentrieren zu wollen. Dabei geht es nicht nur um Anspielungen auf die dunkelste Zeit unserer Geschichte, sondern auch um die Maßnahmen, die damit verbunden sind. Anscheinend sollen tausende Menschen aus Familien, in denen sie integriert sind, herausgerissen werden und an einen anderen Ort gebracht werden. Die Kirchen dürfen nicht darauf warten, bis es der Regierung einfällt, auch andere Gruppen auszusondern, nur weil jetzt von uns niemand betroffen ist, sondern müssten schon jetzt protestieren.

 

Politik der kalkulierten Angst

Flüchtlinge: Kirchen trotzen Rechtspopulismus

Udo Bachmair

Der rechte Zeitgeist scheint Österreich besonders stark erfasst zu haben. Rechtspopulistische Positionen sind weitgehend salonfähig geworden. Im Medienbereich am konsequentesten aufbereitet hat den Boden dafür die Kronenzeitung. Sie hat jüngst ganz unverblümt eine Wahlempfehlung für die FPÖ abgegeben: „Her mitder FPÖ“ – so war eine Glosse von Peter Gnam in der besonders weit verbreiteten Sonntagsausgabe des Massenblatts überschrieben. Die „Krone“ wirbt seit Jahren in diversen Kommentaren sowie durch einseitige Auswahl von Leserbriefen für Meinungen und Haltungen, die Werten wie Humanität, Empathie, Solidarität diametral entgegenstehen. Werte, die (früher) auch Sozialdemokraten vertreten (haben). Diese haben sie rund um die Flüchtlingskrise jedoch weitgehend verraten.. Aus der Angst heraus, weiteres Stimmenpotential an die Rechtspopulisten zu verlieren. Viele in der SPÖ durchschauen nicht, dass ihnen diese „Strategie“ politisch nichts bringen wird..

Unbeirrt ihren Grundsätzen verpflichtet erscheinen hingegen die Kirchen. Sie konterkarieren am klarsten den weiter um sich greifenden Rechtspopulismus, dessen Grenzen zu reinem Rassismus nicht selten verschwimmen, wie u.a. die zahlreichen Hasspostings im Internet belegen.. In zahlreichen Stellungnahmen zur Flüchtlingsfrage lassen Kirchenvertreter keine Zweifel an Menschlichkeit und Nächstenliebe. Die Flüchtlingspolitik der Regierung mit den Hauptmerkmalen „Grenzen dicht“ und „Festung Europa“ betrachten die Repräsentanten christlicher Kirchen, aber auch Grüne, Linke und Hilfsorganisationen als extrem inhuman.

Die Haltung der Kirchen sei an kurzen Auszügen diverser Statements der letzten Zeit dokumentiert:

„Im Gegensatz zu europäischen Werten sehen wir Akteure, die fremdenfeindliche Ressentiments schüren, missgünstige Gerüchte über Flüchtlinge verbreiten – nicht zuletzt um davon im politischen Wettbewerb zu profitieren. Eine solche kalkulierte Politik der Angst lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab.“ (Gemeinsame Erklärung von 50 katholischen und evangelischen Theologen)

„Eine humane Lösung des Flüchtlingsproblems ist nur möglich, wenn in Europa das Prinzip der Solidarität in den Mittelpunkt gestellt wird“ (Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich)

„Griechenland mit den hohen Flüchtlingszahlen alleine zu lassen, ist ein unfairer Akt und keine Lösung“ ( Metropolit Arsenios)

„Ich glaube, dass die Gesellschaft vor die Hunde geht, wenn wir uns von der Fähigkeit des Mitgefühls abschneiden“ (Evangelisch-lutherischer Bischof Michael Bünker)

„Es ist beschämend, dass es in der Flüchtlingsfrage keinen europäischen Konsens gibt. Das Schließen der Balkanroute ist einseitig erfolgt, ohne Griechenland und Deutschland. Das halte ich für einen Akt mangelnder europäischer Solidarität“ ( Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn ).

„Die derzeitige Asylpolitik der meisten EU-Staaten, darunter Österreich, ist die systematische Zerstörung eines gemeinsamen Europa. Sie geschieht unter dem höhnischen Beifall nationalistischer und rechtsextremer Kräfte, und dafür klopfen sich christdemokratische und sozialdemokratische Politiker auch noch selbst auf die Schulter“ (Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich)