Wenn „News“ mit mehrjähriger Verspätung an eine breitere Öffentlichkeit gelangen, ist kaum Zufall im Spiel..
Wolfgang Koppler *
Der Slowburn ist ein beliebtes Mittel der Komik: In einer Doppelconference begreift der „Blöde“ eine Aussage des „Gscheiten“ erst mit merklicher Verzögerung und reagiert dann auch in Mimik und Gestik mit entsprechender Verspätung. Lachanfälle des Publikums sind garantiert.
Weniger lustig, wenn uns brisante Nachrichten mit mehrjähriger Verspätung serviert werden. Etwa die in den USA schon seit 2015 bekannte Meinungsmanipulation durch einen Ölkonzern, dem der Klimawandel schon in den 70-Jahren bekannt war und dem Anfang der 80-er Jahre sogar konkrete Zahlen zum Anstieg der CO2-Konzentration und deren Auswirkungen vorlagen. Die firmeneigene Studie wurde nicht nur ignoriert, sondern man förderte mit mehreren Millionen Dollar auch noch aktiv die Szene der Klimawandelleugner. Dies war erst im Jänner 2023 in etlichen österreichischen und deutschen Tagezeitungen zu lesen. Und war nun endlich auch Thema einer durchaus kritischen und informativen Dokumentation des jüngsten ORF-Weltjournals (Weltjournal+ beschäftigte sich dann noch mit der Praxis von Konzernen, Studien durch andere Studien in Zweifel ziehen zu lassen und auch mit der Manipulation über soziale Medien).
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In der Doku über ExxonMobil erfuhr man auch von einer diesbezüglichen Anhörung im US-Kongress – aus dem Jahr 2019 ! Dies machte mich stutzig. Recherchierte im Netz. Und siehe da: In spectrum.de (dessen Leserkreis überschaubar sein dürfte) fand sich bereits 2015 (!) ein diesbezüglicher Artikel, der wiederum auf eine für den Pulitzerpreis nominierte Arbeit von US-Journalisten zu diesem Thema verwies. Die Sache ist also schon seit Jahren bekannt. Ein weiterer Artikel findet sich dann in www.pressenza.com aus 2018. Ebenfalls ein wenig gelesenes Medium. Immerhin berichtete zumindest der Spiegel im Mai 2019 darüber.
Aber selbst im Zeitalter der Mayflower wären derart bedeutsame Nachrichten wohl nicht mit mehrjähriger Verspätung über den großen Teich an die Öffentlichkeit gelangt (zumal der Buchdruck damals schon erfunden war). Wahrheit zizerlweise, versteckt und im Schneckentempo. Dazu noch eine entsprechend präparierte Öffentlichkeit. Da kann ja nichts mehr schiefgehen.
https://www.spektrum.de/news/wie-exxon-den-klimawandel-entdeckte-und-leugnete/1374674
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/exxon-sagte-co2-gehalt-der-atmosphaere-fuer-2019-genau-voraus-a-1267915.html
https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/exxon-mobile-und-die-gutachten-im-namen-des-profits-92055840.html
* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien.