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ORF-Glaubwürdigkeit

Diverse Unterstellungen, ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz würde einseitig berichten, sind unhaltbar. Seine Beiträge aus der Ukraine sind überwiegend positive Beispiele für differenzierenden Qualitätsjournalismus.

Udo Bachmair

Die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird weniger durch einen einmaligen Fehler eines insgesamt verdienstvollen Korrespondenten erschüttert, als vielmehr durch den Mangel an journalistischem Bemühen, den vom ORF-Gesetz auferlegten Objektivitätskriterien auch in der außenpolitischen Berichterstattung gerecht zu werden. Im Gegensatz zu manchen anderen Kollegen erfüllt Christian Wehrschütz diese Aufgabe auf vorbildliche Weise.

Er ist ein Journalist, der penibel recherchiert, sich bei Menschen vor Ort kundig macht, nicht nur (westliche) Agenturen abkupfert. Er ist einer, der sich ernsthaft bemüht, differenzierend beide Seiten eines Konflikts zu sehen. Auch in der komplexen Causa Ukrainekrieg erweist sich die Fähigkeit von Christian Wehrschütz, ein ausgewogenes Bild über Vorgänge und Entwicklung dieses unheilvollen Krieges zu vermitteln. Bisher schon einige Male unter Einsatz seines Lebens..

Wehrschütz geht wie alle, die nicht eine Schwarz/Weiß-Malerei und ein plattes Freund/Feind-Denken pflegen, davon aus, dass im Kriegsfall beide Kriegsparteien Kriegspropaganda betreiben, demnach auch die ukrainische Seite. Dies auszusprechen, oder auch Fehlentwicklungen in der Ukraine, wie Korruption, auszusprechen, reicht für viele bereits als Beleg, die profunden Beiträge von Christian Wehrschütz‘ als einseitig prorussische zu brandmarken.

Auch wenn es auf politischer Ebene nun vor allem die NEOS sind, ORF-intern Kollegen oder eine ehemalige Korrespondentin, die gegen Wehrschütz Stimmung machen, erscheint Eines sicher: Christian Wehrschütz wird, wie ich ihn kenne, trotz aller Attacken und Unterstellungen, seine seriöse journalistische Arbeit unbeirrt fortsetzen. Das kann letztlich die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur stärken.

Dieser Beitrag von Udo Bachmair ist auch in der heutigen Ausgabe der Zeitung Die Presse erschienen.

Investigativjournalisten weltweit bedroht

Dem Tag der Pressefreiheit am 3. Mai waren in Wien gleich mehrere Veranstaltungen gewidmet. Zwei von ihnen greift unsere Autorin heraus.

Hermine Schreiberhuber *

„Die Medien reflektieren keine Vielfalt“, umriss ROG-Österreich-Präsident Fritz Hausjell im Presseclub Concordia die Situation in Österreich, dessen Rang bezüglich Pressefreiheit sich nicht verbessert hat. Der starke Absturz im Vorjahr habe sich 2023 verfestigt, so der Medienexperte, der auch im Vorstand der Vereinigung für Medienkultur aktiv ist. Hierzulande agierten Personengruppen, „die für die Demokratie schädlich sind“. Die geplante Schließung der „Wiener Zeitung“ sei „ein Affront“.

Ein besonderes Zeichen setzte am Tag der Pressefreiheit die Botschaft Maltas in Österreich. Mit dem Stück „They blew her up“ wurde im Theater Akzent der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galicia gedacht, die 2017 bei einem Autobombenanschlag getötet worden war. Sohn Matthew war präsent. Er forderte anschließend in einem Bühnengespäch in berührenden Worten Gerechtigkeit für seine ermordete Mutter ein.

Fünf maltesische Schauspieler traten in dem Theaterstück auf, zumeist in Einzelszenen. Sie verkörperten Daphne, Sohn Matthew, Täter und Hintermänner. Aus ihrer jeweiligen Position heraus erzählten sie über Vorgeschichte, Planung, Hergang des Mordes. Erschütternd war die Schilderung Matthews, der die Bombe hörte und seine zerfetzte Mutter in ihrem gesprengten Auto vor dem Haus fand.

Hinterher sprach der echte Matthew über seine Tätigkeit in der von ihm geführten Daphne Caruana Galicia Foundation. Der Fall ist in Malta noch immer nicht voll aufgearbeitet, denn der Mord erfolgte im Geflecht eines riesigen Korruptionsskandals, der viele Staaten umfasst. Gegen einen Mittelsmann wurde erst zwei Jahre nach dem Mord vorgegangen. Es dauerte lange, bis involvierte Politiker einschließlich des damaligen Premierministers Joseph Muscat zurücktraten.

Matthew definierte seine Mutter als „eine Art negatives role model“. Der Mord war von langer Hand geplant, sagte er. Zynisch klingen die Details rund um die Ausführung der Bluttat. Die korrupte Regierung wollte sie zum Schweigen bringen. Ursprünglich sollte Daphne, die wegen ihrer gefährlichen Recherchen auf der Mittelmeerinsel schon lange im Visier der Behörden war, erschossen werden. Dann wurde die Tötung bis nach den Wahlen verschoben, schließlich auf eine in Daphnes Auto platzierte Bombe umdisponiert.

Matthew: „Meine Stiftung wendet sich an die Zivilgesellschaft.“ Heute gehe es ihm aber auch darum, das Problem der internationalen Korruption hinter dem Mord aufzuzeigen. Mehrmals reiste er nach Panama, um über den Skandal um die Panama Papers Erkundungen einzuholen. Sein Resümee: Die Hauptverantwortlichen für den Skandal sitzen auf den britischen Kanalinseln, wo Banken und Firmen ihre illegalen internationalen Geschäfte abwickeln.

Eine Stimme aus dem Publikum meldete sich daraufhin mit den Worten: „Korruption ist überall.“ Es war der Botschafter von Panama. „Panama Papers gibt es überall.“ Auf Bürger seines Staates werde heute mit dem Stinkefinger gezeigt. Doch in Wahrheit seien dutzende Staaten in den Korruptionsfall verwickelt, betonte der Diplomat.

Die Causa Daphne Caruana Galicia ist nicht der einzige Fall, der investigative Journalisten weltweit in Todesgefahr bringt. Viele werden gestalkt, bedroht, oft auch von offizieller Seite zum Stillhalten aufgefordert. „Online violence, offline attack“ nannte eine Medienexpertin diese gefährliche Methode, wenn Journalisten zuerst eingeschüchtert werden und ihnen dann ein Anschlag droht.

* Mag. Hermine Schreiberhuber, freie Journalistin, langjährige außenpolitische Redakteurin der APA, Vorstandsmitglied der Vereinigung für Medienkultur

Gegen Korruption und Machtmissbrauch

Das Anti-Korruptionsvolksbegehren ist gestartet. Nun können Unterstützungserklärungen abgegeben werden.

Udo Bachmair

Mindestens 8.401 Unterstützungserklärungen sind notwendig, damit das „Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren“ durchgeführt werden kann. Die Proponentinnen und Proponenten sind sehr zuversichtlich, dieses Ziel zu erreichen. In ihrer Erklärung an die Medien heißt es:

„Fälle von schwerwiegendem Korruptionsverdacht bis zu massiven Angriffen auf den Rechtsstaat verpflichten uns, unsere Stimme auch öffentlich zu erheben“.

„Die schon bisher starke Resonanz zeigt uns, dass die Österreicherinnen und Österreicher nicht länger bereit sind, Korruption und Angriffe auf unseren Rechtsstaat hinzunehmen“, zeigt sich Ex-OGH-Präsident Irmgard Griss, eine der Proponentinnen, höchst erfreut.

„Wir müssen umkehren, bevor es zu spät ist!“ mahnt der renommierte Verfassungsrechtler Heinz Mayer.

Auch eine Reihe von ÖVP-Politikern schließt sich dem Appell an, etwa Ex-EU-Kommissar Franz Fischler. Und Michael Ikrath, früherer ÖVP-Justizsprecher, sagt :

„Wir alle haben ein Recht auf respektierte Gewaltentrennung statt geprobter Regierungsallmacht.“

Heide Schmidt , ehem. 3. Nationalratspräsidentin formuliert als ihr Motiv, einmal mehr aktiv zu werden:

„Die Art der politischen Kultur prägt die Maßstäbe für das Miteinander und damit für unsere Gesellschaft. Die derzeitige Entwicklung gibt Anlass zur Sorge. Dagegen müssen wir etwas tun.“

Unterstützungserklärungen können mit einer persönlichen Unterschrift – unabhängig vom Hauptwohnsitz – in einer beliebigen Gemeinde (in Statutarstädten beim Magistrat, in Wien auf den Magistratischen Bezirksämtern) während der jeweiligen Amtsstunden abgegeben werden.

Die Abgabe von Unterstützungserklärungen ist auch online möglich. Nähere Informationen dazu finden Sie unter
www.oesterreich.gv.at/themen/leben_in_oesterreich/buergerbeteiligung___direkte_demokratie/2/Seite.320472.html

Afrikabild – lückenhaft und einseitig

Auch das ist Afrika: Wachsende Mittelschicht, Aufschwung, Hilfe und Geschäft dank mobiler Technologie. Warum fehlt dies in Medien?

Hans Högl- Bleibend aktuell ist das Buch von Martin Sturmer: Afrika! 2013. Vgl. Zeitschrift: r:k:m Rezensionen: kommunikation:medien 4.Okt 2013.

Lutz Mükke hat in seinem Werk Journalisten der Finsternis herausgearbeitet, dass das deutsche Afrikabild nach wie vor von den negativen K-Themen (Krisen, Kriege, Krankheiten, Korruption, Katastrophen) dominiert wird. Mükke hat auf die geringe Präsenz deutschsprachiger Korrespondent*innen in Afrika hingewiesen und auf die geringe Beachtung Afrikas.

Der österreichische Journalist Martin Sturmer knüpft in seinem Buch Afrika! nun daran an und zeigt Alternativen auf: Was könnte getan werden, um mehr Aufmerksamkeit für Themen aus Afrika zu erzielen? Wie könnte differenzierter berichtet werden? Wie ist möglich angesichts knapper Ressourcen?-Das war ein Buch 2013: geändert hat sich bis heute 2021 wenig. Wer liest denn Bücher?

Politische Verfilzung und zahmer Journalismus ?

Provokante Thesen zum Beziehungsgeflecht Politik/Wirtschaft/Medien in Österreich hat der frühere ORF-Radiodirektor Karl Amon präsentiert.
Hier sein (von Udo Bachmair ausgewählter) Gastkommentar :

Karl Amon*

Die nach Wien zurückgekehrte Korrespondentin der „Süddeutschen Zeitung“, Cathrin Kahlweit sagt im „Standard“-Interview vom vergangenen Wochenende: „Österreich hat ein Demokratie-Problem insofern, als die Strukturen, die Korruption und Selbstbedienung ermöglichen, fortbestehen.“ Und sinngemäß sagt sie weiter, der Untersuchungsausschuss, der die mögliche Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung bloßlegt, zeige in Österreich eine „Binnenbeziehung zwischen Politik und Justiz und eine zu enge Beziehung zwischen Politik und Wirtschaft.“ Und der Vorwurf, dass Kanzler Kurz die heimischen Medien „bis ins Detail“ zu kontrollieren versucht, hat eine zweite Seite. Nämlich die Medien selbst, die das mit sich machen lassen. Drei Vorwürfe also: Käuflichkeit, Verfilzung und zahmer Journalismus. Stell dir vor, Cathrin Kahlweit hat Recht. Vier Fakten aus jüngster Zeit, die Cathrin Kahlweits Vorwürfe stützen.

1. Stell dir vor, im Ibiza-U-Ausschuss ist der ÖVP-nahe-Verein, „Heimatverein Pro Patria“, das Thema. Dem Heimatverein wird getarnte ÖVP-Finanzierung vorgeworfen. Auf die U-Ausschuss-Frage an ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel nach dessen Funktion in diesem Verein, sagt Blümel, er könne sich nicht genau erinnern, es sei über 15 Jahre her. Tatsächlich war Blümel zwischen 2006 und 2016 acht Mal hintereinander in den Vorstand des ÖVP-nahen-Vereins gewählt worden, zuletzt war Blümel sogar der Kassier des Vereins. Von Blümel selbst unterzeichnete Dokumente der Vereinspolizei belegen diese Tatsachen. Gegenstand der umfassenden nachhaltigen Berichterstattung war das nicht in den großen heimischen Medien.

2. Oder stell dir folgendes vor, ebenfalls den Ibiza-U-Ausschuss und ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel betreffend: Chat-Protokolle zeigen, dass Blümel mithilft, dem damaligen FPÖ-Regierungspartner einen Gefallen zu machen und zwar konkret dem damals noch FPÖ-Obmann Strache. Blümel soll Straches Vertrauensmann, Peter Sidlo, einen hochbezahlten Vorstandsposten bei „Casinos Austria“ verschaffen. Wie gesagt, das belegen von Blümel selbst verfasste Kurzmeldungen im Internet. Vor dem Ausschuss jedoch sagt Blümel sinngemäß, er könne sich nicht genau erinnern. Ein Hinweis auf Verfilzung von Politik und Wirtschaft. Gegenstand der umfassenden nachhaltigen Berichterstattung war das nicht in den großen heimischen Medien.

3. Oder stell dir noch einen ÖVP-nahen Verein vor, den von ÖVP-Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka geleiteten „Alois-Mock-Verein“. Dieses Institut soll ebenfalls bei getarnten ÖVP-Finanzierungen mitten drin sein! An diesen Verein soll Novomatic € 108.000,- überwiesen haben. Wofür? Oder stimmt die Aussage von Walter Grubmüller, Besitzer der Privatklinik Währing: „In Österreich musst du den politischen Willen erkaufen“. Ein Deal sei Grubmüller von einem hochrangigen ÖVPler angeboten worden, wenn er an Steuergeld kommen wolle. Es sei ihm nahe gelegt worden, €100.000,- ans Alois-Mock-Institut zu spenden, was er ablehnte. Ein Hinweis auf Käuflichkeit von politischen Entscheidungen. Gegenstand der umfassenden nachhaltigen Berichterstattung war das nicht in den großen heimischen Medien.

4. Ich will jetzt nicht sagen, dass es nur gegen FPÖ und ÖVP diese Vorwurfe gibt. Aber das sind Vorwurfe aus der jüngsten Zeit, die belegt sind. Und vielleicht sind Vorwürfe dieser Art und die Berichterstattung darüber mit ein Grund, warum Österreich in der internationalen Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ 2020 abgerutscht ist. Und zwar zuletzt nochmals um zwei Plätze auf Platz 18! Vor zwei Jahren lag Österreich noch auf dem guten Platz 9 in der Rangliste! Rubina MÖHRING von „Reporter ohne Grenzen“ begründet dies folgendermaßen: „der Verlust… im Ranking ergibt sich vor allem daraus, dass wir im vergangenen Jahr einen steigenden Druck auf die unabhängige und kritische Berichterstattung in Österreich spüren konnten.” Ein Hinweis auf zahmen Journalismus.

*Karl Amon war Radio- und TV-Chefredakteur und zuletzt Hörfunkdirektor des ORF. Er ist CEO von mediatest und Vorsitzender des journalistischen Beirats der investigativen Plattform ZackZack, wo der Beitrag erstmals erschienen ist : https://zackzack.at

Innenpolitische Sommerlektüre : Tipp 1

Eine empfehlenswerte politologische Studie über die Kurz-Strache-Koalition ist kürzlich im LIT-Verlag erschienen. Ein Buch, das Grundlage für konstruktive Debatten auch in Wahlkampfzeiten sein könnte.

Udo Bachmair

Am 29. September wird also wieder gewählt. Trotz aller Appelle und Bekenntnisse dürften die Wochen bis dahin wieder geprägt sein von undifferenzierten und aggressiven Wahlkampftönen. Ein besonders polemischer, ja schmutziger Wahlkampf wird prognostiziert. Vor diesem Hintergrund ist eine seriöse Betrachtung innenpolitischer Vorgänge unverzichtbar. Diese Aufgabe erfüllt bestechend der von Emmerich Talos und Florian Wenninger herausgegebene Sammelband „Die schwarz-blaue Wende in Österreich“.

Die Autoren und Autoren des knapp 500 Seiten starken Bandes hatten ursprünglich eine Zwischenbilanz der ÖVP-FPÖ-Regierung geplant. Doch das Scheitern der Koalition nach dem Ibiza-Video mit den zutage geförderten Macht- und Korruptionsfantasien des Ex-FPÖ-Chefs ließen das Buch zur ersten Gesamtbilanz des bei kritischen Beobachtern höchst umstrittenen Regierungsprojekts werden.

Das „Wirken“ der politischen Akteure Kurz und Strache und deren Inszenierung einer zunächst unverbrüchlichen Freundschaft wird politikwissenschaftlich facettenreich aufgearbeitet – von der Sozialpolitik über den Budgetpfad und das Kulturkonzept bis zur Außenpolitik. Das Reizthema Migration darf ebenfalls nicht fehlen, mit denen die beiden ehemaligen Regierungsparteien ihr wichtigstes politisches Kleingeld gewechselt haben.

„Die schwarz-blaue Wende“ erschienen im LIT-Verlag