Schlagwort-Archive: Krieg

„Tiefer Staat“ und globale Kriegspolitik

„Der tiefe Staat schlägt zu“- Wie der Westen unter Mithilfe von Medien Krisen erzeugt und Kriege vorbereitet. Thema eines manche verstörenden, aber dennoch lesenswerten Buches.

Udo Bachmair

Nach den Verwerfungen geballter Innenpolitik der letzten Wochen ist die Befassung mit globaler Politik intellektuell nahezu wohltuend. Der brillante Sammelband aus dem Promedia-Verlag über den „Tiefen Staat“ bietet spannende Lektüre mit zahllosen Fakten und Hintergründen zu der von den USA dominierten Weltpolitik.

Die Kernthese des von Ulrich Mies herausgegebenen Werks : Das Diktum von der „westlichen Wertegemeinschaft“ sei ein Synonym für eine „aggressive Weltherrschaft unter Führung der USA“ geworden. Wer sich dieser nicht unterordne, werde mit Drohungen und Krieg überzogen. Die Friedenshoffnung nach dem Zerfall der Sowjetunion sei „im Kampfgeschrei der NATO zerstoben“.

Die Autoren sehen einen engen Zusammenhang zwischen dem „Tiefen Staat“ und neokonservativen Akteuren. Unter „Tiefem Staat“ verstehen sie unter dem Radar der Öffentlichkeit wirkende Kräfte, die sich aus dem Finanzkapital, Rüstungskonzernen, Teilen von Außen-, Verteidungs- und Finanzministerien, US-hörigen neokonservativen Think Tanks, entsprechend beeinflussten Mainstreammedien, gekauften Wissenschaftern, NATO-Gremien, etc. zusammensetzen.

NeoCons und ihre ideologischen Helfer würden Begriffe wie liberale Demokratie, Freiheit, Reformen, Menschenrechte und Rechtsstaat zur Tarnung ihrer wahren Absichten und Handlungen missbrauchen. Diese seien Sanktionen, Wirtschaftskriege, Regime-Umstürze und Kriege. So sollen die von den USA und ihren westlichen Verbündeten angezettelten Kriege seit Beginn dieses Jahrhunderts 5 bis 7 Millionen Menschen das Leben gekostet haben. „Tiefer Staat“ und globale Kriegspolitik weiterlesen

Syrien-Krieg: Wer ist hauptverantwortlich ?

Infos zum Syrien-Konflikt: Vereinzelt journalistische Lichtblicke

Udo Bachmair

Assad, Putin böse. Die USA und die syrischen Rebellen gut. So einfach macht es sich der Boulevard. Nur der ? Nein, auch sogenannte Qualitätsmedien gefallen sich in einer oft verblüffend einseitigen Sicht der Welt. Kein Wunder, sind die Hauptbezugsquellen für Informationen (auch) über den Syrienkonflikt fast ausschließlich die großen westlichen Agenturen wie AP, UPI, Reuters oder AFP. Von diesen wiederum beziehen kleinere Agenturen wie die dpa oder Österreichs APA ihre außenpolitischen Erkenntnisse. Diese wiederum fließen ein in die Redaktionskonferenzen auch österreichischer Medien.

Manchen auch seriösen JournalistInnen scheint dabei in der Hektik der Alltagsarbeit nicht bewusst zu sein, dass Informationen dieser Art wegen der dahinter stehenden Interessen einfach nicht objektiv sein können. Dabei bedürfte gerade eine so komplexe Causa wie der Syrien-Krieg einer differenzierenden Annäherung .

Doch es gibt journalistische Lichtblicke. So mischen sich in den Mainstream westlicher Berichterstattung  vereinzelt auch Analysen, die belegen, dass der Syrien-Krieg ein von langer Hand geplanter, von außen hineingetragener Konflikt ist. Analysen, die zudem klarmachen, dass Schwarz-Weiß-Malerei und Feindbildpflege den Blick auf die Realität weitgehend verstellen. So wird Medienkonsumenten zu Syrien, im Besonderen zu Aleppo, das Bild vermittelt: Das Assad-Regime bombardiert gezielt die eigene Bevölkerung, unterstützt von „den aggressiven Russen“. Die Brutalität der von den USA und Saudiarabien unterstützten radikalen Oppositionsgruppen bleibt ausgeklammert..

Umso überraschender daher ein ZDF-Interview mit alternativer Sicht der Zusammenhänge. Darin wird jenseits westlicher oder russischer Propaganda auch das Interesse Washingtons klar benannt. Prof. Günter Meyer, renommierter Syrien- und Nahostexperte der Universität Mainz weist in dem Gespräch faktenbasiert nach, wer denn eigentlich die Hauptverantwortung für die Not der Menschen in Syrien trägt :

heute.de: Die Hilfsorganisation World Vision vergleicht Aleppo mit Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen spricht von einem „kompletten Kollaps der Menschlichkeit“ in Aleppo. Und der UN-Generalsekretär gibt zu: „Wir alle haben die Menschen in Syrien bislang kollektiv hängenlassen.“ Herr Meyer, was hat die Welt in Syrien falsch gemacht?

Günter Meyer: Die Welt hat in Syrien sehr vieles falsch gemacht, aber wir müssen auch sagen, wer was falsch gemacht hat: Und hier liegt die Hauptverantwortung bei den USA. Nach Aussagen des ehemaligen Oberkommandeurs der NATO, General Wesley Clark, begann die US-Regierung bereits unmittelbar nach den Terrorschlägen am 11. September 2001 mit den Planungen des Regimewechsels in sieben Ländern, die von den USA als Gegner angesehen wurden, darunter Irak, Libyen und auch Syrien.

Um dort dieses Ziel zu erreichen, haben die USA seit 2005 die Rahmenbedingungen geschaffen. Dazu gehörte neben zahllosen medialen Propagandaaktionen gegen das Assad-Regime die Finanzierung und Ausbildung einer Armee von Terroristen gemeinsam mit Israel und Saudi-Arabien. Diese Truppen sollten für den Sturz der Regierungen in Damaskus und Teheran eingesetzt werden, wie der renommierte Journalist Seymour Hersh 2007 aufdeckte.

heute.de: 2011 begann der Krieg in Syrien. Welche Fehler wurden da gemacht?

Meyer: Der Westen, also insbesondere die USA, hat die aufständischen Dschihadisten mit Waffen versorgt und teilweise auch ausgebildet. Die materielle und personelle Logistik wurde vor allem von der Türkei abgewickelt, während die finanzielle Unterstützung zum größten Teil aus Saudi-Arabien und Katar kam. Saudi-Arabien hat dabei salafistische Extremisten gefördert, um in Syrien eine radikal-islamistische Regierung zu etablieren. Hier war die Eroberung von Aleppo 2012 für die Dschihadisten ein wichtiger Schritt.

heute.de: Mal abgesehen von den USA. Was muss sich Russland an der Situation in Aleppo vorwerfen lassen?

Meyer: Ohne die militärische Intervention Russlands im September 2015 wäre inzwischen nicht nur Aleppo komplett von den Dschihadisten erobert worden. Auch das Assad-Regime wäre längst zusammengebrochen. Damit hätten die Assad-Gegner unter Führung der USA ihr Ziel des Regimewechsels zwar erreicht. Die Macht hätten jedoch die stärksten militärischen Kräfte an sich gerissen. Und das wären die islamistischen Extremisten, wie die zum Al-Kaida-Netzwerk gehörende Nusra-Front und der von der internationalen Allianz unter US-Führung bekämpfte Islamische Staat (IS). Wem, wie israelische Politiker erklärten, eine solche Terrorherrschaft lieber ist als das Assad-Regime, der kann Putin vorwerfen, dass er dies verhindert hat. Syrien-Krieg: Wer ist hauptverantwortlich ? weiterlesen

Sicherheit statt Freiheit

Unsere Werte durch maßlose Polizei- und Militärmaßnahmen verteidigen ?

Udo Bachmair

Die Kriegsrhetorik in Politik und Boulevardmedien nach den Attentaten von Paris wird immer ungezügelter. Sie geht Hand in Hand mit weiteren intensiven Luftschlägen in Syrien und einer seit 9/11 beispiellosen Ausweitung militärisch-polizeilicher Maßnahmen auch innerhalb der EU. Kriegsrhetorik gepaart mit sukzessiver Einschränkung von Bürgerrechten wird im öffentlichen Diskurs nicht selten mit der „Verteidigung unserer Werte“legitimiert.

Vor diesem Hintergrund übt der Terrorexperte Wolfgang Zellner vom Institut für Friedensforschung an der Universität Hamburg scharfe Kritik an der (insbesondere von politischen Akteuren in Frankreich genutzten) Kriegsrhetorik.

„Was soll die Kriegsrhetorik, wenn ein guter Teil der Probleme hausgemacht ist“, fragt Zellner. Schließlich seien die Terroristen, die die Anschläge in Paris verübt hätten, weitgehend Bürger Frankreichs und Belgiens gewesen, also „von innerhalb der EU“ gekommen: „Es ist nicht klar, was man da jetzt mit kriegerischen Mitteln erreichen will.“

Die Kriegsrhetorik werde nur „die Wut bei jenen Menschen weiter anfachen“, welche „die westliche Kultur hassen“: „Es ist ein Eskalationsschritt, auf den die Gegenseite in der Regel mit weiterer Eskalation antwortet.“

Wohin kann ungebremste Kriegsrhetorik letztlich führen ? Die Geschichte gibt darauf bittere Antworten… Im Folgenden ein in der Wiener Zeitung erstmals veröffentlichter Kommentar der renommierten Politikwissenschafterin und Direktorin des „European Democracy Lab“ Berlin, Ulrike Guerot :

Wider die Kriegsrhetorik

Wenn wir nicht begreifen, dass jedes Menschenleben gleich viel Wert hat, haben wir den Krieg gegen den IS schon verloren.

So schnell geht das also. Vergangenes Jahr haben wir noch die Erinnerung an 1914 zelebriert; dann waren wir noch damit beschäftigt, das „Friedensprojekt Europa“, das uns plötzlich nicht mehr schmeckt, zu beerdigen. Jetzt ist also „Krieg“.

Schon werden Flugzeugträger versetzt, ein Hauch von Mobilmachung liegt in der Luft. Um es vorweg zu sagen: Die Anschläge auf Paris waren heimtückisch, martialisch und barbarisch und sind durch nichts zu entschuldigen. Indes, nur einen Tag vor Paris, töteten zwei Selbstmordattentäter in Beirut mehr als 40 Menschen – wo war da der Aufschrei in den westlichen Medien?

Krieg ist ein völkerrechtlicher Begriff. Man tritt aus der zivilen Normalität heraus. Werden wir formal den Krieg erklären und, wenn ja, wem? Dem IS, der Staat sein will, aber keiner ist? Und was ist unser Kriegsziel? Die Vernichtung des IS und die vollständige Befreiung des syrischen Volkes? Die unangenehme Wahrheit ist: Wir wollen nicht unsere Werte, sondern unsere Sicherheit, unser Leben und unseren Wohlstand verteidigen. Denn wenn es um die Verteidigung unserer Werte ginge, hätten wir diese schon lange verteidigen sollen.

Mit dem Gerede von der „Verteidigung unserer Werte“ wird erstens nur der Steigbügel gehalten für eine maßlose Aufrüstung von Polizei-und Sicherheitsmaßnahmen in ganz Europa. Das aber führt in die Sackgasse, weil der IS damit genau das bekommt, was er will: dass wir uns selbst unserer Freiheit berauben und demnächst unter Video-Kameras ins Restaurant gehen. Und zweitens für eine maßlose militärische Aufrüstung, für die jetzt im Handumdrehen mehr Geld mobilisiert werden dürfte, als wir für die Flüchtlinge je bereitwillig ausgegeben hätten. Sicherheit statt Freiheit weiterlesen

Krieg gegen Russland ?

zitiert

„Die Zeit der Gespräche mit Russland ist vorbei. … Wir müssen klar machen, dass wir für die von uns als existentiell erachteten Prinzipien von Europas Zukunft in den Krieg ziehen werden.“
Roland Freudenstein, stv. Leiter des Martens Centre, eine Stiftung der Europäischen Volkspartei (EVP), der Partei von Angelika Merkel und Jean Claude Juncker; zit. nach www.euractive.com