Verbale Gewalt als Vorstufe zu physischer Gewalt ?
Udo Bachmair
So als wäre die Flüchtlingscausa nicht ohnehin schwierig genug und höchste Lösungskompetenz gefordert, gießt das rechtspopulistische Boulevard-Blatt erneut Öl ins Feuer. Jüngstes Beispiel: Eine Glosse des „Krone-Steiermark“-Chefredakteurs Christoph Biro, in der er pauschal Stimmungsmache gegen Flüchtlinge betreibt.
Biro phantasierte in seinem „Kommentar“ von Übergriffen und Sachbeschädigung durch Flüchtlinge. Die Polizei dementierte die Vorwürfe klar und spricht von „absolutem Blödsinn“.
Der neue österreichische Presserat, der kürzlich sein 5-jähriges Jubiläum beging, hat mit der Kronenzeitung viel zu tun. Zahlreiche Beschwerden sind bei ihm bereits eingegangen, allein 40 zum oben angeführten Fall.
„Junge, testosteron-gesteuerte Syrer“ hätten „sich äußerst aggressive sexuelle Übergriffe“ geleistet, Afghanen die Sitze in ÖBB-Waggons aufgeschlitzt und ihre Notdurft verrichtet, weil sie nicht auf Sitzen Platz nehmen wollten, auf denen Christen gesessen sind, und „Horden stürmen die Supermärkte, reißen die Packungen auf, nehmen sich, was sie wollen, und verschwinden wieder“, so heißt es ganz ohne Beweise und ohne Angaben von Quellen in dem FPÖ-nahen Blatt.
Fritz Grundnig von der Landespolizeidirektion Steiermark nannte die Ausführungen Biros „absoluten Blödsinn„. Dabei handle es sich um Facebook-Gerüchte, für die Beweise fehlen. „Die leider aber sehr viel an polizeilicher Arbeit binden“, so Grundnig.
Die „Krone“ war erst vergangene Woche wegen mehrerer Beiträge auf Krone.at, in denen Flüchtlinge diskriminiert wurden, vom Presserat gerügt worden. Dabei wurden laut Polizei Schilderungen aufgebauscht, verstärkt, übertrieben und verkürzt. Laut Presserat wolle die „Krone“ syrische Flüchtlinge offenbar bewusst in schlechtem Licht erscheinen lassen.
Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch hat eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Graz übermittelt. Es sei zu prüfen, ob der Kommentar unter den Verhetzungsparagrafen (§ 283 StGB) oder unter die wissentliche Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte (§ 276 StGB) falle.
„Der Chefredakteur der steirischen ‚Kronen Zeitung‘ hat sich in übler Stimmungsmache gegen Flüchtlinge betätigt. Er hat in pauschalierender Weise Gerüchte über Flüchtlinge gestreut und damit Angst und Misstrauen gegen Schutzsuchende geschürt„, erklärte SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. Meinungsfreiheit sei ein sehr hohes Gut, zugleich gebe es aber „vollkommen zu Recht“ Gesetze gegen Verhetzung und gegen die wissentliche Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte. „Verhetzung ist keine Meinung, sondern ein Akt der verbalen Gewalt. Diese verbale Gewalt ist oftmals die Vorstufe zu physischer Gewalt...“
Journalistischer Verantwortung und Ethik und damit auch der österreichischen Medienkultur hat das Pegida-nahe Massenblatt damit einmal mehr einen schweren Schlag versetzt.
P.S. Biro hat unterdessen die Konsequenzen gezogen und zieht sich eine Zeitlang aus der Redaktion der „Steirer-Krone“ zurück. Er gesteht einen Fehler ein.