Digitale Medien haben zu eher negativen Veränderungen im Leseverhalten geführt, befindet die Linguistin Naomi Baron. Sie sieht damit auch eine Gefahr für die Demokratie.
Udo Bachmair
Noch unabsehbare Konsequenzen drohen Demokratien und Gesellschaften, wenn der traditionelle Stellenwert des Lesens verlorengeht. So lautet der wenig optimistische Befund der renommierten US-amerikanischen Leseforscherin Naomi Baron von der American University, Washington, D.C..
Einschlägige Studien kommen Baron zufolge zu dem Schluss, dass digitales Lesen zu einem deutlich schlechteren Leseverständnis führe als „gedrucktes Lesen“. Digitales Lesen schränke zudem die fürs Lesen nötige Konzentration sowie auch die Erinnerung an das Gelesene merkbar ein.
Die Bedeutung von Bildung und Lesen zeigt laut der Linguistikprofessorin etwa die Tatsache, dass die große Mehrheit der US-Republikaner, selbst jene mit Hochschulstudium, tief in ihrem Herzen immer noch glauben, dass Trump die Wahlen 2020 nicht verloren habe.
Es handle sich um ein „Bildungsversagen, das oft mit mangelnder Lektüre verbunden ist. „Viele fragen sich nicht, ob es eine Alternative zu ihrem Standpunkt gibt und was die andere Seite zu einem bestimmten Thema sagt“, so die Forscherin.
„Heute sollte es ja ein Leichtes sein, Argumente der Gegenseite herauszufinden“, meint die Linguistin. Ein großer Teil der Bevölkerung würde dies gleich gar nicht versuchen. „Deshalb mache ich mir wirklich Sorgen um die Demokratie“.
(Zitate entnommen einem Interview mit Naomi Baron für die Forschungsbeilage der Tageszeitung Der Standard)