Schlagwort-Archive: Manipulationstechniken

Rechtspopulismus boomt: Was tun ?

Udo Bachmair

Muslimischer Lehrling in Ausbildung öffentlich vernadert.

„Kriminelle Asylwerber“ fälschlicherweise als Ladendiebe „gestellt“.

In Afrika zur Abwehr von Flüchtlingen „militärisch Raum in Besitz nehmen“.

Nur drei der Schlagzeilen, die mit  Äußerungen von „Spitzenpolitikern“ der Regierungspartei FPÖ zu tun haben.

Populismusforscher Walter Ötsch sieht in allen diesen Fällen den Versuch, Flüchtlinge zu dämonisieren. Jenseits aller Fakten werde damit ein Ziel erreicht, nämlich „die größtmögliche Erregung“, wie Ötsch jüngst in einem Kurier-Interview ausführte. In seinem Buch mit dem Titel „Populismus für Anfänger-Anleitung zur Volksverführung“ fasst der Kommunikationswissenschaftler die Manipulationstechniken, denen sich Rechtspopulisten bedienen, so zusammen:

„Predigen Sie etwas Einfaches. Teilen Sie die (soziale) Welt in zwei Teile: In DIE WIR und in die ANDEREN. Definieren Sie DIE WIR als bedroht. Geben Sie niemals einen Fehler zu. Bei Angriffen: Wechseln Sie blitzschnell in die Opferrolle. Erfinden Sie Sündenböcke. Erklären Sie Ihr Weltbild durch (erfundene) Einzelfälle. Polarisieren Sie. Erfinden Sie für alles unüberbrückbare Gegensätze“.

Das ist auch das Rezept für massenhafte Verbreitung einschlägiger Inhalte im Netz. Mit Hass und Hetze haben Rechtspopulisten und Rechtsextremisten die „Sozialen Medien“ gleichsam erobert. Geschickt werden entsprechende Botschaften mithilfe von Vereinfachungen, Freund-Feind-Denken, Attacken unter der Gürtellinie gegen „Linkslinke“ und „Gutmenschen“, pauschalen Verdächtigungen gegen Muslime unter die User gebracht. Eine verbale Giftmischung, nicht selten garniert mit unverhohlener Androhung von Gewalt.

Auch in Deutschland werden rechtsextreme Positionen „sichtbarer“, wie eine Studie der Universität Leipzig zutage gefördert hat. „Brandanschläge auf Asylheime, Übergriffe auf Ausländer und Hassparolen im Netz sind der traurige Ausdruck einer immer größer werdenden Enthemmung“, so der Befund der Studienautoren. Das belegen auch die Vorkommnisse in Chemnitz und anderen ostdeutschen Städten. Dort hat die Radikalisierung von Sprache ein besonderes Ausmaß erreicht. Von Worten zu Taten ist es oft nicht weit, wie auch die physischen Attacken auf Migranten zeigen.

Rechtspopulisten missbrauchen die Scheu vieler Menschen vor Fremdem und Unbekanntem. Sie befeuern und befestigen Vorurteile und Klischees, die zur „Bedrohung“ aufgeblasen werden. Diese wiederum löst Angst aus bzw. verstärkt sie. Die Kombination Flüchtling / Moslem steigert sich gleichsam zu einem doppelten Feindbild. Pauschalurteile setzen Muslime unter Generalverdacht. Wie Hans Rauscher in seiner Standard-Kolumne analysiert, sei die Hetze mit falschen Behauptungen gegen Asylwerber, Mindestsicherungsbezieher etc. Teil einer gezielten Kampagne. Der Autor hat sich in dem Zusammenhang zur beängstigenden Prognose hinreißen lassen, dass es demnächst wohl heißen werde: „Kauft nicht beim Muslim“…

FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache hat (noch vor seiner Zeit als Vizekanzler) Flüchtlingen in einem Gastkommentar der Wiener Zeitung den Anspruch abgesprochen, „Schutzsuchende“ zu sein. Die meisten würden ja ohnehin aus „sicheren Flüchtlingslagern“ kommen. Daher seien sie bloß „Sozialzuwanderer“ oder „potentielle Terroristen“, die den „Zerfall des christlichen Abendlandes“ vorantrieben.

In diesem bedenklichen Klima fühlen sich all diejenigen, die Hilfe für in Not geratene Menschen als humanitäre und urchristliche Aufgabe betrachten, manchmal ziemlich alleingelassen. Nicht zuletzt angesichts der Dominanz des Boulevards, der trotz stark zurückgegangener Flüchtlingszahlen weiter Emotionen gegen „unkontrollierte Masseneinwanderung“ schürt. Vor diesem Hintergrund finden in diesen Medien Stimmen von Menschen, die nach wie vor unermüdlich Flüchtlingsarbeit etwa in der Caritas und der Diakonie leisten, weder Platz noch Anerkennung.

Die Entwicklung gibt nicht nur Anlass zur Sorge, sondern macht auch vielen Menschen Angst. Um gegensteuern, ist u.a. profunder aufklärungsorientierter Journalismus nötiger denn je. So bedarf es dringend einer Gegenstrategie. Deren Hintergrund wäre, zu erkennen, dass es Rechtspopulisten nicht nur darum geht „auch einmal dranzukommen“. Sie wollen mehr: Den Umbau des demokratischen Systems in Richtung eines plebiszitären, autoritären Präsidialsystems a la Ungarn. Menschenrechte bleiben dabei auf der Strecke. Menschen, die besorgt darauf hinweisen, müssen sich den Vorwurf des „naiven Gutmenschen“ gefallen lassen. Und solche tummeln sich  demnach vor allem in den NGOs und last but not least vor allem in den Kirchen selbst.

So stehen viele Kirchenvertreter bei Protesten gegen rechts und für  menschliche Behandlung von Flüchtlingen und Asylwerbern fast immer in den vorderen Reihen. Sie bekräftigen damit ihre Immunität und ihren Widerstand gegen eine inhumane Ideologie. Arbeit und Stellungnahmen der Kirchen im Namen des Evangeliums sind gleichsam der humanitäre Gegenentwurf zu alldem, was sich in Österreich, aber vielfach auch im übrigen Europa an rechten Tendenzen und Erscheinungen bedrohlich entwickelt hat. Die spezifisch kirchliche Verantwortung besteht nun darin, immer wieder auch über ihren Bereich hinaus zu werben für Nächstenliebe auch gegenüber Fremden, für Humanität, für Menschenrechte für in Not Geratene und Schutzsuchende.

Die Politik erfüllt diese eminent wichtige Aufgabe immer weniger. Inhalte, Werte werden zunehmend geopfert zugunsten von Selbstdarstellung, Inszenierung und einfachen, teils menschenfeindlichen Signalen und Botschaften. Eine wichtige Rolle, gegenzusteuern, kommt bzw. käme der Zivilgesellschaft zu, die ja hauptsächlich die Probleme von Hilfesuchenden schultert und tatkräftige Hilfe vor allem in der Flüchtlingsarbeit leistet. Die Zivilgesellschaft müsste jedoch die Kräfte besser bündeln. Zielführend wäre zudem, direkt in den „Sozialen“ Medien zu kontern und den Rechtspopulisten und Rechtsextremisten nicht mehr die Hegemonie im Netz zu überlassen. Viele NGOs leiden jedoch nicht nur unter mangelnder finanzieller Unterstützung, sondern auch an entsprechender ideeller Hilfe und Akzeptanz seitens der öffentlichen bzw. der veröffentlichten Meinung. Dem Ungeist von Fremdenhass, Hetze, Rassismus und weiter fortschreitender Distanzierung von humanitären Grundsätzen könnte im Besonderen mit der Besinnung auf das Sozialwort der christlichen Kirchen wirksam begegnet werden. Basis auch für die Politik, dem Gespenst des europaweit grassierenden Rechtspopulismus zu Leibe zu rücken.

Sachorientierte Politik, seriöse Medien, engagierte Kirchen und eine solidarische Zivilgesellschaft müssten es gemeinsam schaffen, diesem Ziel näherzukommen. Doch leider hält sich diesbezüglicher Optimismus in Zeiten wie diesen in Grenzen.

( Der Artikel erscheint auch in der Zeitschrift „Quart“ )

 

 

Mit Tricks in die Hofburg ?

Hofers Rhetoriktricks könnten BP-Wahl entscheiden

Udo Bachmair

Was haben Manipulationstechniken mit Medienkultur zu tun ? Einiges. Qualitätsjournalismus hätte und hat die Aufgabe, im Sinne von Medienkultur und Aufklärung hinter die Fassaden politischer Inszenierung zu blicken. Diese beherrscht der bestens trainierte FPÖ-Kandidat Norbert Hofer perfekt.

Von TV-Duell zu TV-Duell punktet er mit antrainierter „Authentizität“, die ihm eine große Zahl an Menschen offenbar auch tatsächlich abnimmt. Die wahren Absichten einer Machtübernahme durch die FPÖ ( „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist..“)werden mit sanfter Stimme, seriösem Auftreten, täuschend gemäßigten Inhalten und aufgesetztem Dauerlächeln geschickt verschleiert.. Van der Bellen kann und will das nicht. Daher läuft er Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten. Dieses Mal könnte er die Hofburg „verspielen“..

Entscheiden also Kommunikationstricks über den neuen Bundespräsidenten ?  Mit Tricks in die Hofburg ? weiterlesen

BP-Wahl: Rezepte gegen Kampf-Rhetorik

Udo Bachmair

Nun ist es also wieder soweit. Erneut stehen wir vor einer weiteren Runde der Bundespräsidentenwahl. Und jetzt, knapp ein Monat vor dem Wahltermin am 4. Dezember, tritt auch der Wahlkampf in eine neue alte Phase. Gespickt mit Vorwürfen, Halbwahrheiten, Polemiken. Und wieder einmal ist es vornehmlich die FPÖ, die mit ihrem demagogisch besonders gut geschulten Kandidaten um nahezu jeden Preis zu provozieren versucht.

Norbert Gerwald Hofer ist als früherer Kommunikationstrainer mit Kampf-Rhetorik auf Basis unterschiedlichster Manipulationstechniken bestens vertraut. Je mehr jedoch die Kommunikationsmuster, die die FPÖ seit Jörg Haider erfolgreich anwendet, durchschaut werden, desto deutlicher kommt das auf Hofer gemünzte Bild vom Wolf im Schafspelz zum Vorschein..

Nun sehen wir mehr oder weniger spannungsgeladen den weiteren TV-Duellen Hofer / Van der Bellen entgegen. Sogenannter Höhepunkt des Wahlkampfs wird die ORF-Konfrontation am 1. Dezember sein. Und wieder besteht auch dabei die Gefahr einer verbalen Schlammschlacht, ausgelöst durch Kampf-Rhetorik-Tricks.

Der Kommunikationswissenschaftler Walter Ötsch hat auf die Frage eines Falter-Lesers , wie denn bei solchen Diskussionen Angriffe und Untergriffe pariert werden könnten, u.a. so geantwortet:

Hofer hat Stakkatos von vier, fünf Vorwürfen in wenigen Sekunden parat. Man kann dann jemand anderen, der ansonsten recht besonnen agiert (wie van der Bellen), teilweise auf ein Niveau herunterzerren, das man meisterlich – oft jahrelang – erlernt hat.

Wenn es Ihnen also gelingt, innerlich ruhig zu bleiben, kann man nur eines tun: das eben erfolgte Muster benennen. D.h. ich brauche eine Kenntnis dieser Muster, muss reagieren können und eine geeignete (sachliche) Sprache dazu parat haben.

D.h. einen (sachlichen) Metakommentar über die Art geben, wie eben kommuniziert wird. Z.B. „Sie weichen meiner Frage aus und wechseln sofort das Thema.“ Oder „Mir fällt auf, das immer, wenn ich etwas frage, was Ihnen offenbar unangenehm ist, Sie in die Opferrolle wechseln“, usw. Van der Bellen hat einiges von dem recht gut gemacht. (Gerade die Opferrolle ist eine Spezialität von Hofer bzw. noch besser: der blitzschnelle Wechsel von Angriff/Täter in die Opferrolle. Das hat er gut geübt.) BP-Wahl: Rezepte gegen Kampf-Rhetorik weiterlesen

BP-Wahl: Manipulationstechniken wahlentscheidend ?

Entscheiden Kommunikationstricks über den neuen Bundespräsidenten ?

Udo Bachmair

Die Inszenierung von Politik und Politikern erweist sich einmal mehr am Beispiel des laufenden Präsidentschaftswahlkampfs. Während Alexander van der Bellen aus sich heraus authentisch wirkt und ohne Coaching auskommt, verhält es sich mit seinem Gegenüber Norbert Hofer etwas anders. Dieser hat etliche Kommunikationstrainings zu „Crash-Rhetorik, Provokation und Polemik, fairen und unfairen Argumentationstechniken“ (Zitat aus FALTER) absolviert. Er kennt alle Tricks und Manipulationsmöglichkeiten, wie sie NLP und andere Techniken bieten. Hofer kann damit vor allem in TV-Duellen punkten.

Doch durchschauen die Menschen die perfekt antrainierte „Authentizität“ Hofers ? Eine Frage, die angesichts des großen Zuspruchs und Positivwirkung seiner TV-Auftritte eher mit Nein beantwortet werden muss. Hofer kommt im Fernsehen für viele „sympathisch rüber“. Mit seinem Dauerlächeln auch bei Angriffen, seiner aufrechten Körperhaltung, seiner gemäßigt klingenden Sprache, kann er, so der Verdacht, wahre Absichten gut tarnen. Immer wiederkehrende Sätze des Strache-Kandidaten, wie „ich rede ehrlich und klar“ erscheinen da ziemlich relativiert..

„Bisher ist es Van der Bellen im Wahlkampf insgesamt nicht gelungen, Hofers Techniken erkennbar zu entlarven“, so Kommunikationstrainerin Tatjana Lackner gegenüber dem KURIER. Noch mache Van der Bellen den Fehler, in Hofers Falle zu tappen. Der „Wolf im Schafspelz“ erscheint jedenfalls bestens vertraut mit den Grundsätzen von Rhetorik und Körpersprache. Wird Hofer mit einem unangenehmen Thema konfrontiert, lenkt er ab mit persönlichen Attacken. Beispiel„ Sie sind heute so aggressiv, Herr Dr.“ (Puls 4-Duell).

Zum Thema ist heute im STANDARD unter dem Titel „Beiträge zur Aufklärung“ ein Kurzkommentar von mir erschienen. Hier dessen Wortlaut:

„Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“ – diese Worte Norbert Hofers klingen nachhaltig bedrohlich im Ohr. Umso wichtiger sind STANDARD-Analysen, die sich um Aufklärung rund um die Staatsumbau-Pläne der FPÖ bemühen. Lob gezollt sei dafür vor allem Hans Rauscher und Gerfried Sperl. Sie warnen immer wieder vor Gefahren einer Dritten Republik mit einem Präsidialsystem und autoritären Elementen.

Es läuten tatsächlich die Alarmglocken, wenn nun ein Bundespräsidentschaftskandidat entsprechende Machtfantasien hegt. Kritik an großkoalitionären Fehlentwicklungen ist berechtigt. Die Zweite Republik insgesamt ist jedoch ein historisch unbestrittenes Erfolgsmodell. Sie zu gefährden und unser Land einer unsicheren Zukunft auszusetzen, wäre fahrlässig und verantwortungslos.

Sollten sich entsprechende Pläne hinter dem freundlichen Gesicht des perfekt gecoachten Strache-Vertrauten verbergen und einer größeren Öffentlichkeit bekannt werden, wäre Van der Bellen der Sieg sicher. Doch mit einer geschickt verschleiernden Wahlkampfstrategie gepaart mit (NLP-) Manipulations-Tricks des Ex-Kommunikationstrainers Hofer könnte es der FPÖ-Kandidat knapp schaffen.

Danach soll nur niemand sagen, von möglichen Folgen einer FPÖ-Machtübernahme nichts gewusst zu haben.

Der STANDARD leistet in dieser Causa jedenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung und auch zur Medienkultur in unserem Land.

(Udo Bachmair – Leserbrief DER STANDARD 13.5.2016)