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Vielversprechender Journalismus

Das „Magazin für Veränderung“ – Was verspricht es und was kann es halten?

Ilse Kleinschuster*

Tja, da gibt es nun eine neues junges Journalisten-Team, es nennt sein digitales Nachrichtenmagazin „Magazin für Veränderung – tag eins“ https://steadyhq.com/de/tag-eins/about
Es glaubt fest daran, dass „Menschen gut informiert sein müssen“. Ja, ich auch – klar, dann schau‘ ich mir das gerne an und bestelle zunächst einmal ein Probe-Abo für einen Monat gratis. Bin ja neugierig!

Was sie da versprechen scheint ein bisschen viel:

„Wir wissen, wie frustrierend es sein kann, die Nachrichten zu verfolgen. In zig Livetickern geht die Welt jeden Tag ein Stückchen weiter unter, Auswege scheint es nicht zu geben. Mit tag eins wollen wir dir einen Ausweg aus dem Schlagzeilen-Burnout bieten. Mit modernem Journalismus, der nicht bei den Problemen stehenbleibt, sondern auch nach Lösungen sucht. Der dich informiert, ohne dich zu frustrieren. Digital, progressiv, unabhängig, werbefrei, hintergründig, konstruktiv. Wir liefern keine Berichte aus dem Ministerrat oder dem Parlament, uns interessiert nicht, was die Frau Ministerin oder der Herr Landeshauptmann sagt. Wir berichten über die Themen, die unsere Mitglieder bewegen. Das Private ist politisch. Alles ist politisch. Wir ballern dich nicht noch weiter zu. Wir liefern dir einen Text pro Woche – der aber ist so fundiert, hintergründig und gut recherchiert, dass er dir das Gefühl gibt, die Welt ein bisschen besser verstanden zu haben.“

Warum macht mich dieser Text-Abschnitt allein schon stutzig, wenn es da heißt, wir berichten über die Themen, die unsere Mitglieder bewegen? Fühl‘ ich mich angesprochen, wie wissen sie was mich bewegt? –Darüber hinaus, wer immer sich da angesprochen fühlen – wie immer gebildet, er sein mag -, wenn er keine Gestaltungskompetenz besitzt, wird ihm auch gute, lösungsorientierte Information und der Veränderungsglaube dieser Journalisten nichts nützen. Nichts für ungut, aber das gilt dann wohl für jeglichen Journalismus!?! Und ich sage das, weil das kürzlich ein Mitglied der Scientists for Future mir gegenüber meinte (Sie gehört übrigens zu einer Bewegung, in der man sich mehr und mehr als Kunsthandwerker/Künstler für die Zukunft einbringt!).

Heute in dieser krisengeschüttelten Zeit sind Schlüsselqualifikationen für das Meistern der Herausforderungen doch ein generationenübergreifendes Vermögen, die Zukunft von Gesellschaften, in denen man lebt, in aktiver Teilhabe im Sinne nachhaltiger Entwicklung modifizieren und modellieren zu können. Andernfalls, so fürchte ich, wird sich die Vertiefung der Kluft fortsetzen – zwischen jenen, die einer postmaterialistischen und an modernen Werten orientierten sozial-ökologischen Transformation wohlgesinnt gegenüberstehen und jenen, die gerade darin eine zusätzliche Bedrohung ihres als prekär empfundenen Lebens erblicken.

Die grundsätzliche Frage, ob Demokratisierung sämtlicher Lebensbereiche die Menschen angstfreier, postmaterialistischer und für eine sozial-ökologische Transformation fähiger machen kann, bleibt offen. In der Initiative Zivilgesellschaft wurde sie lange ausführlich diskutiert als das notwendige Narrativ für eine friedliche, offene Gesellschaft. Ich fürchte, das aktuelle kriegerische Narrativ hast sie wohl obsolet werden lassen. Daran etwas zu ändern, wird auch für das Magazin der Veränderung eine Sisyphus-Arbeit.

* Gastautorin Ilse Kleinschuster ist Journalistin und engagiertes Mitglied der Initiative Zivilgesellschaft

Umberto Eco: Journalistische Tricks

Hans H ö g l

                        schöpft aus der Medien-Trickkiste von Umberto Eco

Umberto Ecos Roman „Nullnummer“ (2015)  ist kein Weltbestseller, aber er verrät subtile journalistische Tricks, Manipulation der feinen Art. Im Roman produziert ein Team von Journalisten eine provokante Zeitung, um Leute zu erpressen. Und dies im Auftrag von Commendatore Vimerate, der Dutzende Hotels kontrolliert und ein Medienimperium….Die Redaktion soll vorerst 12 Probe – also Nullnummern entwerfen. Davon der Name. Umberto Eco flicht in den Roman journalistischen Tricks ein. Ja es ist ein Roman. Oder werden darin Berufsgeheimnisse der Boulevardpresse auf-ge-blättert? Wir kramen in der Trickkiste des Romans und destillieren daraus die scharfe Suppe.

Beherzigung von Ratschlägen

Wie den Lesern Meinungen unterjubeln, ohne dass sie es merken? Nicht die Nachrichten machen die Zeitung, sondern die Zeitung macht die Nachrichten. –  Die Qualität einer Zeitung bemisst sich auch in ihrer Fähigkeit, mit Berichtigungswünschen adäquat umzugehen. So können Leserbriefe erfunden werden, auf die dann die Berichtigung folgt. Und dabei nennt man die Quelle nicht beim Namen, sondern lässt durchblicken, dass man über besondere Quellen verfügt, die glaubwürdiger sind als die von Signor Smentuccia.

Dann folgt der Rekurs auf das Notizbuch des Journalisten. Dieses Notizbuch kriegt nie jemand zu sehen, aber die Vorstellung, es handle ich um eine Art Life-Übertragung flößt Vertrauen in die Zeitung ein. Wenn Signor Smentuccia nicht aufhört, zu schreiben, deuten wir an, dass Signor schön öfter an andere Zeitungen geschrieben hat. Dies ist das Gute der Insinuation: Für das  Publikum wird er so ein Paranoiker.

Was Umweltfragen betrifft: Es gilt, nicht die Stahlindustrie und Erdölwirtschaft in Frage zu stellen. Bei diesen Dingen müssen wir unsere Leser sedieren, nicht alarmieren. Und wenn wir Leute kalt stellen wollen, zeichnen wir ein Porträt voll dunklen Andeutungen, und der Mann ist kaltgestellt, wie es sich gehört. Aus einer Nicht-Nachricht haben wir eine Nachricht gemacht. Und ohne zu lügen.

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