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In memoriam Fritz Edlinger

Fritz Edlinger ist in der Nacht auf Donnerstag völlig unerwartet verstorben. Der Tod des engagierten Nahostexperten und Chefredakteurs der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL hat eine große publizistische und politische Lücke aufgerissen.

Udo Bachmair

Fritz Edlinger ist von Freunden, zu denen auch ich mich zählen durfte, immer wieder darauf aufmerksam gemacht worden, kürzer zu treten und sich mehr zu schonen. Doch er hat sich davon nicht abhalten lassen. Er ist gleichsam Tag und Nacht mit nahezu übermenschlichem Einsatz seiner journalistischen und politischen Leidenschaft nachgegangen. Mit unermüdlich scheinender Energie widmete er sich seinen Lieblingsthemen Friedens- und Neutralitätspolitik sowie der Solidarität mit dem schwer in Mitleidenschaft gezogenen palästinensischen Volk.

In unseren zahlreichen Gesprächen, in denen ich auch seine positive menschliche Seite schätzen gelernt habe, hat er auch hin und wieder Dampf abgelassen über Dinge und Entwicklungen, die ihn immer wieder geärgert haben: So etwa darüber, dass jede noch so berechtigte Kritik am überschießend brutalen Vorgehen Israels in Gaza in Politik und Medien oft mit der Keule des Antisemitismus-Vorwurfs begegnet wird. Sorge bereitete ihm in jenen Fragen, die ihn besonders bewegten, auch seine eigene Partei, die SPÖ.

Fritz war enttäuscht, dass die Sozialdemokratie bzgl. Krieg und Frieden- betreffend die Ukraine und Gaza- ihren humanitären und brückenbauenden Grundwerten nicht gerecht werde. Die SPÖ habe sich unmissverständlich auf die Seite Israels gestellt, und sich auch im Ukrainekrieg einseitig zugunsten des ukrainischen Regimes und der NATO positioniert. Dabei wäre Österreich als neutraler Staat sowie als UNO-Standort prädestiniert dafür, wie zu Kreiskys Zeiten als Mediator zu fungieren und eine Bühne für Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen zu bieten.

Insgesamt war Fritz ein Optimist und ewig Hoffender, dass sich Humanität und Frieden letztlich doch durchsetzen mögen. Mit ihm verlieren wir einen unermüdlichen Kämpfer für ein neutrales Österreich, ein freies Palästina und ein tolerantes Miteinander. Auch ganz persönlich werde ich Fritz sehr vermissen. Was bleibt, sind Erinnerungen an Fritz als eine auch menschlich außergewöhnliche Persönlichkeit, an spannende Gespräche mit ihm, oft gespickt mit seinem ganz eigenen Humor.

Ja, und last but not least wird mir die besonders wertschätzende Haltung zueinander stets in Erinnerung bleiben.

Fritz Edlinger hat sich im Übrigen auch für unsere Vereinigung für Medienkultur verdient gemacht. Er war des Öfteren (Podiums-)Gast bei Veranstaltungen und Diskussionsrunden und hat Aufzeichnungen davon im Youtube-Kanal von INTERNATIONAL verbreitet. Auch dafür gebührt ihm Dank.

Aggressiver Journalismus

Wenn Journalisten und Journalistinnen aggressiv werden, spürt man geradezu ihre und des gesellschaftlichen Mainstreams Unsicherheit. Nämlich dann, wenn Dinge gesagt werden, die eigentlich selbstverständlich sind, die man aber nicht aussprechen darf. Zumindest nicht in der Öffentlichkeit.

Wolfgang Koppler *

Da Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der neuen deutschen Linkspartei BSW, mit größter Ruhe Dinge ausspricht, die uns allen einleuchten müssten (und im tiefsten Innersten wohl auch dem Wagenknecht-kritischen „Moderator“ Lanz und seinen Kollegen), werden manche Journalisten im Gespräch mit ihr immer wieder aggressiv. Oder sagen wir mal, höhnisch oder empört. Und ebenso die Printmedien, wie der gegenständliche Artikel in Focus-online zeigt. Dummerweise lässt sich die selbstbewusste und authentische Wagenknecht nicht provozieren, und sie sieht in ihrem eher konservativen Outfit auch nicht aus wie eine Revoluzzerin.

Dass erst einmal die Waffen schweigen müssen, um Verhandlungen im Ukrainekrieg zu ermöglichen, sollte eigentlich jedem klar sein. Wer Verhandlungen erst nach einem Sieg der eigenen Seite beginnen möchte, will in Wirklichkeit keine. Und eine solche Position zu unterstützen, ist Kriegstreiberei – auch wenn der Krieg von der anderen Seite begonnen wurde.

Ich darf darauf verweisen, dass der Westen auch schon vor dem russischen Einmarsch substantielle Verhandlungen über zumindest diskutierbare russische Forderungen abgelehnt hat – etwa was einen neutralen Status der Ukraine und den Verzicht auf eine weitere Ausdehnung der NATO betrifft. Interessanterweise wurde dann nach dem Einmarsch der Russen sehr wohl verhandelt. Es scheiterte an den Sicherheitsgarantien für eine ukrainische Neutralität. Während Biden überlegte, legte sich „Mini-Churchill“ Boris Johnson quer und brachte auch die USA zu einer Ablehnung.

Während Putin (dem die Belastungen Russlands durch den Krieg inzwischen sehr wohl bewusst sein dürften) immer wieder Verhandlungssignale aussandte (wenngleich mit Maximalforderungen, die aber meist am Beginn von Verhandlungen stehen), stellte Selenskyj klar, dass Verhandlungen erst nach einem ukrainischen Sieg in Betracht kämen.

Wenn Wagenknecht hier von einer Erhöhung der Kriegsgefahr durch den Westen spricht (wobei sie selbstverständlich den russischen Angriffskrieg ablehnt und den Ausdruck Kriegstreiberei erst auf mehrmalige Nachfrage von Lanz verwendete), so ist dies nachvollziehbar. Denn ein solcher Justamentstandpunkt kann den Krieg nur verlängern, auch dann wenn ihn der Gegner begonnen hat.

Übrigens: Bushs Angriffskrieg im Irak wird trotz erfundener Kriegsgründe bis heute nicht verurteilt. Obwohl er Jahrzehnte langes Chaos und den Aufstieg des IS zur Folge gehabt hat.

Im Übrigen wird auch eine formal rechtmäßige Verteidigung oder Rechtsdurchsetzung irgendwann unverhältnismäßig. Weil die Durchsetzung von Recht sehr oft zu neuem Unrecht führt. Kleist hat das in seinem Michael Kohlhaas wunderbar aufgezeigt. Das sieht man auch im Gazakrieg, wo der eine oder andere ORF-Journalist diesen gelegentlich als Geiselbefreiungsaktion zu verharmlosen sucht. Obwohl bis jetzt nicht nur mehr als 40.000 Menschen gestorben sind, eine unabsehbare Eskalation im Libanon droht und das Leben der Geiseln wohl eher gefährdet als gerettet wird.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Ignorierte Enthüllung

Die Enthüllung des seriösen US-Blatts „The Wallstreet Journal“, dass wahrscheinlich die Ukraine und dessen Kriegspräsident Wolodomir Selenskyj hinter dem Anschlag auf Nord-Stream 1 und 2 stehen, scheint westliche Politik und Medien nicht weiter zu tangieren. Das brisante Thema bleibt medial unterbelichtet.

Fritz Edlinger *

Eigentlich sollte der jüngste Bericht in der prominenten US-Zeitung „The Wall Street Journal“ über die Sprengung von Nord-Stream 1 und 2 in Europa, vor allem in Deutschland, auch in Österreich, wie eine Bombe eingeschlagen haben. Dort werden nämlich unmissverständlich die Ukraine der Täterschaft und Polen der Mittäterschaft beschuldigt. Ein vor kurzem von einem deutschen Gericht ausgestellter Haftbefehl gegen einen bis vor kurzem in Polen ansässigen Ukrainer hat, nicht zuletzt auch wegen der Enthüllungen der US-Zeitschrift, bereits zu Protesten des polnischen Ministerpräsidenten Tusk geführt. Aber sonst gibt es keinerlei bemerkenswerte Aktionen seitens der von den Sprengungen unmittelbar betroffenen Staaten, auch die Berichterstattungen in den europäischen Mainstreammedien entsprechen wenig der eigentlichen Brisanz dieser Aktion.

Offensichtlich ist niemand in Europa daran interessiert, diesen ungeheuerlichen Anschlag aufzuklären und die Verantwortlichen zumindest einmal zu benennen: Präsident Selenskyj und Oberbefehlshaber Saluschnyj. Da ist die internationale Versicherungswirtschaft schon mutiger: Denn diese lehnt eine Haftungsübernahme ab, da es sich ihrer Meinung nach bei dem Anschlag um einen Kriegsschaden handelt, und eben Kriegsschäden nicht versicherbar seien.

In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass zuletzt einige Informationen bekannt geworden sind, welche ebenfalls nicht dem üblichen Muster entsprechen. So gab es offensichtlich Warnungen seitens des holländischen Geheimdienstes, die offensichtlich von deren deutschen Kollegen nicht ernst genommen worden sind, auch ein Interview des früheren deutschen Auslandsgeheimdienstchefs, der ebenfalls schwere Vorwürfe gegen Polen erhebt, sorgt in Deutschland für Unruhe, die man am liebsten unter den Teppich kehren möchte.

Wer immer für den Anschlag auch letztendlich verantwortlich sein mag, für manche Experten ist noch immer die bereits im Februar 2023 von Seymour Hersh erstellte Theorie, wonach es sich im wesentlichen doch um eine US-amerikanische Aktion gehandelt hat, am glaubwürdigsten. Was aber der eigentliche politische Skandal ist, der eben mit aller Gewalt unterdrückt werden soll, ist die offensichtlich unbestreitbare Tatsache, dass es sich um einen Angriff von einem (Polen oder USA) NATO-Staat auf bedeutende Infrastruktureinrichtungen eines anderen NATO-Staates (Deutschland) gehandelt hat.

Sollte tatsächlich die Ukraine primär verantwortlich sein, so wird die ganze Angelegenheit geradezu dramatisch, denn dann wäre es ein Angriff eines Nicht-NATO-Staates auf einen NATO-Staat gewesen, was gemäß den Einsatzregeln der NATO zu einer NATO-Aktion gegen das Angreiferland, also gegen den möglich zukünftigen NATO-Staat Ukraine, führen hätte müssen. Was natürlich angesichts des bereits seit Februar 2022 laufenden Russisch-Ukrainischen Krieges absolut unmöglich gewesen wäre.

Die ganze N-Stream 1 und 2 Affäre zeigt aber wieder einmal unmissverständlich auf, wie von Anbeginn des Konfliktes an (und dieser liegt zweifelsfrei viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vor dem Februar 2022) mit Lügen und Halbwahrheiten zur Verschleierung der wahren Interessen und gesetzten Maßnahmen agiert wird. Damit soll aber auf keinem Fall die absolut völkerrechtswidrige Vorgangsweise Russlands relativiert werden.

Für die europäischen Staaten, und hier sind im gegenständlichen Falle zumindest Deutschland und auch Österreich (angesichts der Beteiligung der teilstaatlichen OMV am N-Stream-Konsortium) angesprochen, stellt sich aber auch die Frage, wie weit sie bereit sind, die Kosten des schrecklichen Krieges aber auch seiner Vor- und Nachgeschichte zu tragen und ihrer eigenen Bevölkerung gegenüber zu verantworten.

Angesichts der jetzt bereits unvorstellbaren Kosten, welche der EU und ihren Mitgliedsstaaten entstanden sind, und in den Jahren (Jahrzehnten) noch zu tragen sein werden, muss einfach die Frage berechtigt sein, wie die führenden europäischen Politikerinnen und Politiker es vor ihren Wählerinnen und Wählern verantworten können, alles für den endgültigen Sieg der Ukraine aber so gut wie nichts für einen möglichst baldigen Waffenstillstand und den Beginn von Friedensverhandlungen zu tun. Letzteres de facto den Staaten des Globalen Südens, wie gegenwärtig wieder Indien, und der machtlosen UNO zu überlassen, stellt eine absolut zynische und inhumane Realitätsverweigerung dar, die auch die Zukunft des gesamten euro-asiatischen Kontinentes ernsthaft infrage stellt….

* Fritz Edlinger ist Chefredakteur und Herausgeber des renommierten Magazins INTERNATIONAL und lebt in Wien

www.international.or.at

NATO-Einheitsberichterstattung

Die veröffentlichte Meinung zeigt ein fast ausnahmslos positives Bild der NATO. Ungeachtet des durchaus kritikwürdigen Umstands, dass das westliche Militärbündnis mehr denn je mit Kriegsrhetorik provoziert.

Wolfgang Koppler *

Ukraine als NATO-Mitglied ? „Die Frage ist nicht ob, sondern wann“ titelt der Kurier in seiner heutigen Online-Ausgabe. Kat.at zitiert ebenfalls Stoltenberg, aber etwa zurückhaltender: „Ukraine wird NATO-Mitglied“. Und die Gratiszeitung „Heute“ übersetzt dieselbe Aussage für den Boulevard: „Hammer-Ansage an Putin ! Ukraine wird NATO-Mitglied“. Raphaela Schaidreiter sieht in der heutigen ZiB1– anlässlich des NATO-Außenministertreffens – in der Unterstützung der Ukraine einen „Härtetest“ für die NATO. Und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk erntet keinerlei medialen Widerspruch, als er eine neue „Vorkriegszeit“ konstatiert – wohl eher ernst als besorgt. Heute titelt geradezu begeistert: „Neue Vorkriegszeit? NATO-Land legt alle Karten offen.“ Zumindest Russland-Experte Mangott darf in einem anderen Blatt noch ein bisschen relativieren.

Eigentlich könnte man unsere Medien – zumindest was den Ukrainekrieg betrifft – durch einen europaweiten Brüsseler Anzeiger ersetzen. Den Rest erledigt dann ein Übersetzungsprogramm. Da könnte man viele Journalisten einsparen. Wozu brauchen wir eigentlich Pressefreiheit bei einer derartig unkritischen Einheitsberichterstattung ?.

Irgendwie kommt mir Nordkorea in den Sinn. Wie geht doch schnell das Lied auf den dortigen Staatsgründer ? Kim Il Sung, unsre große Sonne… oder so ähnlich. Ist gar nicht so weit vom selbstgefälligen Jubel in unserer Europahymne entfernt, für die Beethoven herhalten musste. Freude, schöner Götterfunken…

Wem dieser Vergleich überspitzt erscheint, der möge sich die westliche Ukrainekriegsberichterstattung noch einmal ansehen. Oder seinen Chefredakteur mit einem kritischeren Artikel herausfordern…

Nestroy ist offenbar nach wie vor gültig. Auch in Demokratien. Wie heißt es in Judith und Holofernes ? Und weil er uns sonst niederhaut, drum preisen wir ihn alle laut (Anm: Den oder die Herrschenden).

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Si vis pacem para pacem

Kriegsberichterstattung und Propaganda, Neutralität und Streben nach Frieden: einige der Aspekte, die das Spannungsfeld von Politik und Medien mehr denn je charakterisieren.

Udo Bachmair *

Kriegsrhetorik in Politik und Medien greift immer weiter um sich. Vor diesem Hintergrund mutiert Frieden zunehmend zu einem negativ geladenen Begriff. Er wird vorwiegend in Kombination mit Begriffen wie Diktatfrieden oder Friedensdiktat verwendet. In der veröffentlichten Meinung dominiert die ausschließliche Sinnhaftigkeit aller militärischen Lösungen. Das veranschaulichen die aktuellen Beispiele der Kriege in der Ukraine und Gaza besonders deutlich.

Grundsätzlich erscheint klar: Kriegspropaganda betreiben immer beide Seiten eines Konflikts.

Gleichgeschaltet wirkende westliche Medien und auch zahllose PolitikerInnen gehen davon aus, dass nur Russland Kriegspropaganda betreibt, nicht aber auch die Ukraine.
Daraus resultiert jener durch diverse Studien bereits mehrfach belegte Eindruck, dass in der Kriegsberichterstattung vieler unserer Medien, besonders aber der deutschen, ukrainische Kriegsrhetorik und Propaganda oft als faktenbasierte Inhalte präsentiert werden, gemischt mit einem sich weiter radikalisierenden Wording. Friedensrhetorik hingegen wird als naiv abgetan, eine solche würde Aggressoren, wie Putin, nur weiter ermuntern.

Am Anfang des Ukraine-Krieges war noch die territoriale Integrität der Ukraine oder Hilfe vor Ort im Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung. Danach wurde medial zunehmend vermittelt, dass ein Sieg der Ukraine unbedingt nötig sei, die Existenz und der Fortbestand ganz Europas würden ansonsten auf dem Spiel stehen. Damit auch „unsere westlichen Werte“. Aber man fragt sich, ob denn die Ukraine diesbezüglich tatsächlich als Vorbild dienen könne, ein Staat, der hinsichtlich Korruption oder Pressefreiheit weltweit die hintersten Ränge belegt.
Ungeachtet dessen wird ein Sieg gegen Putin von Politik und Medien gleichsam zur Pflicht erkoren.

Damit entfällt folgerichtig jede Verpflichtung zu Bemühungen für Waffenstillstandsgespräche und eine baldige friedliche Lösung.
Eine Forderung, die kürzlich auch der Papst erhoben hat – und er musste sich vom traditionell antirussischen Standard-Journalisten Hans Rauscher umgehend als Unterstützer eines Aggressors rügen lassen u.a. mit der Äußerung:

„Der Heilige Vater weiß nicht, wovon er da redet“

In derselben Zeitung feuerte Markus Reisner von der Theresianischen Militärakademie die Rüstungskonzerne an mit den Worten:

„Die Rüstungsindustrie könnte durchaus mehr produzieren!“.

Speziell in Deutschland verdichtet sich der Eindruck, dass die meisten Medien, ausgerechnet auch die öffentlich-rechtlichen, die zur Objektivität auch der außenpolitischen Berichterstattung verpflichtet wären, die Politik vor sich hertreiben, immer mehr und immer weiter aufzurüsten.
Beispiel der Druck auf Kanzler Olav Scholz, unbedingt schwere Panzer an Kiew zu liefern, eine Forderung, der er nach einigem Zögern schließlich doch nachgekommen ist.
Oder jüngst: Noch zögert Scholz, die weit reichenden gegen Russland gerichteten Taurus-Raketen zu liefern. Er trotzt damit dem Druck der konservativen Opposition sowie vor allem auch dem Boulevard, wie der allmächtigen BILD-Zeitung.

Eine Frage der Zeit, bis Scholz wieder in die Knie geht..?

Schließlich kommt Druck auch aus seiner Ampelkoalition, aus der FDP, allen voran seitens der mittlerweile als hartnäckige Kriegstreiberin kritisierten Chefin des außenpolitischen Bundestagsausschusses, Strack -Zimmermann. Besonders auch seitens der Grünen, allen voran der im Selbstverständnis nach wie vor grünen Außenministerin Annalena Bärbock. Sie hat sich in den Augen von Beobachtern als kriegsbegeisterte militaristische Hardlinerin entpuppt. Sie scheint vergessen zu haben, dass die Grünen sich früher einmal als parlamentarischer Arm der Friedensbewegung verstanden haben – eine Absurdität, ein Hohn sondergleichen, wenn man ihre aktuelle Haltung betrachtet.
Ganz zu schweigen von der EVP-Politikerin und EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen, die ebenfalls den Eindruck einer militaristischen Einpeitscherin erweckt, ohne auch nur einen einzigen Lösungsvorschlag präsentieren zu können.

Jedenfalls muss Frau Von der Leyen auch jene fahrlässige Untätigkeit der Europäischen Union insgesamt bezüglich Bemühungen um eine diplomatische Lösung und eine Beendigung des Blutvergießens angelastet werden. Im Sinne der Waffenlobby und im Interesse von NATO und USA fehlt offenbar jeglicher Wille, weiterer intensiver Aufrüstung abzuschwören und zumindest zu versuchen, mit Moskau diplomatisch oder persönlich in Kontakt zu treten. Optimismus über eine wohlwollende Gesprächsbereitschaft Putins hält sich zurzeit freilich in Grenzen.

Aber Versuche wären’s doch wert !

Putin machts natürlich seinen Gegnern mit seiner völkerrechtswidrigen Aggression in der Ukraine leicht – und so läge es auch an ihm, erneut Verhandlungsbereitschaft zu zeigen, auch wenn ihm der Westen noch so sehr die kalte Schulter zeigt.
Zuviel Porzellan wurde auch seitens des Westens und der gefährlichen Erweiterung der NATO bis an die Grenzen Russlands zerschlagen. Jede Bereitschaft und Fähigkeit scheint dafür zu fehlen, sich auch in den Kriegsgegner Russland hineindenken zu können. So wird die subjektiv gefühlte und aus Sicht Moskaus ernstzunehmende Bedrohung durch die NATO-Erweiterung ebenfalls als bloße Propaganda abgetan.

Einseitigkeit in Bezug auf die Beurteilung des Ukrainekrieges bzw. der Mangel an differenzierten und differenzierenden Betrachtungsweisen in Politik und Medien erscheinen besonders schmerzlich dann, wenn sie in einem neutralen Staat wie Österreich gang und gäbe sind.–

Leider muss sich da auch mein altes Unternehmen ORF manche Kritik gefallen lassen. So werden überwiegend Experten und Expertinnen in Ö1-Journale, ZiB 2-Sendungen oder Punkt.Eins.-Sendungen eingeladen, die undifferenziert proukrainisch und militaristisch argumentieren. So werden auch die zahlreichen Hintergründe, die mit zum Ausbruch des Krieges 2014 bzw. 2022 geführt haben, weitgehend ignoriert.

Die meisten JournalistInnen-KollegInnen fühlen sich im Strom des antirussischen Mainstreams wahrscheinlich wohler, einzelne, die Waffenstillstandsverhandlungen oder Friedensgespräche fordern, werden als Putinversteher gebrandmarkt, die angeblich nur dem Kriegsherrn in Moskau in die Hände spielen wollen. Sie geben ihren Widerstand gegen den Mainstream meist bald auf.
Einer der vorbildlichen Ausnahmen unter den ORF-Redakteuren, Christian Wehrschütz, wird sich auch nicht mehr lange halten können, denn leider wird nicht nur in Kiew, sondern auch hierzulande gegen ihn Stimmung gemacht und ihm dadurch der Weg in die Pension erleichtert.

Es ist ja nicht so, dass pauschal alle JournalistInnen sich nicht zumindest bemühen würden, auch in heiklen außenpolitischen Fragen einigermaßen objektiv und seriös zu berichten. Vielen ist einfach nicht bewusst, dass sie sich für eine Seite (pro Ukraine, pro Israel) vor den Karren spannen lassen. Unter der Devise: Die Einen sind gut, die Anderen nur böse.
Davon lebt freilich der Boulevard, leider aber auch sogenannte seriöse Medien wie der ORF oder der Standard etc.
So ist und bleibt das bereits lange aufgebaute Feindbild Russland unverrückbar. –

Ein Grundproblem besteht u.a. darin, dass die außenpolitischen Ressorts, auch die im ORF, personell ausgedünnt worden sind, sodass oft weder Zeit noch Energien mehr bestehen für die Verwendung auch ausreichend alternativer Quellen. So bekommen MedienkonsumentInnen zu einem großen Teil serviert, was die beiden großen westlichen Agenturen mit ihrem speziellen Wording und ihrer US-orientierten Sicht der Welt vermitteln und vorbeten.

Die andere Seite der Propaganda, die der russische TV-Kanal „Russia today“ betreibt, ist der westlichen Zensur zum Opfer gefallen und nicht mehr empfangbar. Demokratiepolitisch und im Sinne der Meinungsvielfalt problematisch. Dabei wäre es doch interessant und aufgeklärten MediennutzerInnen zumutbar, auch die andere Seite zu hören, auch wenn Propagandainhalte überwiegen.

Umso lauter polemisieren manche PolitikerInnen und heimische Medien gegen die Nützlichkeit der Neutralität Österreichs. In Kommentaren etwa der Zeitungen Standard oder Kurier wird mehr oder weniger unverhohlen Stimmung aufbereitet für einen Beitritt Österreichs zur NATO.
Dabei hätte Österreich hätte als neutrales Land große Chancen, Vertreter der Kriegsparteien an einen Tisch zu holen. Wien als UNO-Standort, Wien als Austragungsort internationaler Konferenzen, wäre prädestiniert dafür.

Nur: Österreichs Neutralität hat Schaden gelitten durch eine österreichische Außenpolitik, die den Namen nicht verdient, die sich bei globalen Konflikten jeweils relativ einseitig positioniert.
Nicht nur in der Ukrainefrage – etwa wenn das Parlament Selenskyj zu einer seiner Propagandareden einlädt – oder wenn auf dem Gebäude des Bundeskanzleramts ausschließlich die israelische Fahne gehisst und nicht auch Empathie für das Leid der palästinensischen Bevölkerung symbolisiert wird –

All das ist freilich nicht ein formaler Verstoß gegen die immerwährende bewaffnete Neutralität, jedoch gegen den Geist der Neutralität gerichtet.

Sollte eine weitere Aushöhlung der Neutralität erfolgen oder gar ein NATO-Beitritt Österreichs Realität werden, wäre eine mediative und friedensstiftende Rolle Österreichs wie zu Zeiten Bruno Kreiskys jedenfalls endgültig verspielt.

Werden wir nicht müde, da klar dagegenzuhalten !

* Der Beitrag entspricht einer leicht gekürzten Textgrundlage für ein Referat, das Udo Bachmair bei einer Veranstaltung der „GewerkschafterInnen gegen Atomenergie und Krieg“ am 13.3.2024 im Amerlinghaus in Wien gehalten hat

Hier die Aufzeichnung der gesamten Veranstaltung :

Zitat der Woche

Israels Krieg gegen Gaza wütet weiter. Ungeachtet der Bemühungen sogar der Israelschutzmacht USA, das israelische Kriegsregime zum Einlenken zu bewegen. Besorgnis lässt sich ablesen auch aus einem (jüngst im KURIER entdeckten) Zitat, ausgewählt von

Udo Bachmair

„Die Entmenschlichung,
die Israel beim Massaker der Hamas erlebt hat,
kann kein Freibrief sein,
um selbst andere zu entmenschlichen“

sagt US-Außenminister Anthony Blinken zur Weigerung von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und dessen rechtsradikalen Ministerkollegen, die Lage in Gaza zu „beruhigen“.

Bekanntlich hat der Krieg Israels gegen Gaza bereits mehr als 27.000 Menschenleben gefordert, unter ihnen einen großen Anteil an Kindern. Mit der nun angekündigten militärischen Aggression im Raum Rafah ist ein weiterer hoher Blutzoll zu befürchten

Die Bemerkung Blinkens ist auch insofern bemerkenswert, als die USA bei den von der NATO geführten Angriffskriegen selbst ebenfalls kaum Rücksicht auf die Zivilbevölkerung genommen haben.

Bedrohliches Kriegsgetöse (1)

In den Medien häufen sich bange Prognosen, dass es nur mehr eine Frage der Zeit sei, bis Russlands Präsident Putin auch weitere Teile Europas überfällt. Vor diesem Hintergrund wollen auch manche Akteure in Österreich das Bundesheer „kriegsfähig“ machen.

Wolfgang Koppler *

Fast wie bestellt zum im April bevorstehenden 75.Jahrestag der Gründung der NATO werden überall Unkenrufe laut, dass Russland in einigen Jahren Europa überfallen könnte, weil der kriegslüsterne Putin, sollte er im Ukrainekrieg nicht besiegt werden, dann vielleicht Lust auf mehr hätte. Im Presseklub Concordia beklagte Oberst Reisner die postheroische Gesellschaft in Österreich und den mangelnden Wehrwillen – im Gegensatz zu den seiner Ansicht nach opferbereiteren Gesellschaften Russlands und der Ukraine. Seinen Doktorvater Lothar Höbelt wird es wahrscheinlich freuen. Obwohl Reisner keine Antwort auf die Frage wusste, warum sich in der Ukraine und Russland so viele dem Wahnsinn zu entziehen suchen.

In der gestrigen ZiB2 wurde ebenfalls die Kriegshysterie geschürt, indem man über die Aufrüstungsabsichten des Heeres und die Befürchtungen von Heeresexperten berichtete, die 1 zu 1 jenen der NATO ähneln. Und der Generalsekretär des Außenministeriums musste Armin Wolf erklären, dass er als Beamter an die Verfassung und somit an das Verfassungsgesetz über die Neutralität gebunden sei. Der hohe Beamte des Verteidigungsministeriums hatte zuvor den apodiktischen Satz geäußert: „Österreichs Neutralität bietet keinen Schutz“.

Die russische Armee war in zwei Jahren Krieg weder imstande, Kiew, noch den gesamten Donbass einzunehmen. Und ein Angriff auf die NATO ist wohl ziemlich unwahrscheinlich, zumal Russland damit kämpft, seine Wirtschaft am Laufen zu halten. Und Putin wäre in 8 Jahren 80. So er dann angesichts seiner Chemotherapien noch lebt.

Naheliegender ist, dass die Mittel für die geplante Aufrüstung überall fehlen werden. Ob im sozialen Wohnbau, im Klimaschutz und in der Entwicklungszusammenarbeit.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Bedrohliches Kriegsgetöse (2)

Medien und Politik schüren Angst und Panik vor einem Angriff Russlands auf die EU und die NATO. Das erhöht die Zustimmung zu weiterer hemmungsloser Aufrüstung.

Wolfgang Koppler *

„Die NATO ist nicht nur von außen bedroht“, lautet ein Artikel jüngst in den Oberösterreichischen Nachrichten (OÖN). Darüber ein Foto mit Panzer und drauflos stürmenden Soldaten. Stoltenberg und das NATO-Emblem haben offenbar ausgedient und wirken zu wenig kriegerisch.

Anlässlich des uns bevorstehenden 75-Jahr-Jubiläums der NATO im April und wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Probleme im Westen müssen natürlich Ängste vor inneren und äußeren Feinden geschürt werden. Auch um die Opferbereitschaft der Bevölkerung zur Erhöhung der Rüstungsbudgets zu steigern. Und so beginnt der Autor natürlich mit dem äußeren Feind Russland. Ein zunehmend kriegerischer russischer Präsident Putin könnte das Militärbündnis in weniger als einem Jahrzehnt angreifen, wird der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius zitiert (vielleicht sollte er noch seinen Vornamen ändern: Boris könnte zu russisch wirken).

Wer weiß, was dann sein wird ? Auf jeden Fall wäre Putin dann an die 80. Und wer weiß, ob er dann noch am Leben sein wird, wer dann in Russland überhaupt an der Macht ist. Und Russland hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Interesse, Polen, das Baltikum oder gar Schweden anzugreifen. Das sind – aus der Sicht Russlands – keine strategisch oder auch nur kulturell – bedeutsamen Gebiete. Alles andere ist bloße Spekulation und Kaffeesudleserei. Genauso gut können wir uns auf einen Angriff der Außerirdischen vorbereiten oder auf einen Ausbruch eines der 50 Supervulkane, die es auf der Erde gibt. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werden wir aber angesichts der jetzt schon besorgniserregenden Daten in 10 Jahren den Klimawandel und das Elend in den Entwicklungsländern weit stärker zu spüren bekommen als uns lieb ist. Aber mit solchen weitaus realistischeren Vorhersagen steigert man keine Rüstungsbudgets,

Um Politik und Bevölkerung aber trotzdem zu sensibilisieren, muss man Horrorvisionen erzeugen und sich dabei auf Experten berufen. Wie das auch Pistorius tut: „Unsere Experten rechnen mit einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren, in dem dies möglich sein könnte“ (man beachte das Wort „möglich“ und mein obiges Stichwort „Kaffeesudleserei“). Da es dem Autor scheinbar darum zu tun ist, die Panik noch zu steigern, stellt er in der Folge einige Suggestivfragen: „Ist der Angriff Russlands gegen die Ukraine nur ein Testlauf, um zu sehen, wie ernst es den westeuropäischen Staaten mit ihrer Verteidigungsbereitschaft ist ? Falls es Putin gelingen sollte, die Ukraine niederzuringen, wendet er sich dann seinem Hauptfeind ‚NATO‘ zu ? Testet er den Artikel 5 des NATO-Vertrages“ ? (Anm: Beistandspflicht)

Um diesen geradezu bohrenden, aber eher substanzlosen Fragen Nachdruck zu verleihen (wobei der Autor zugesteht, dass seine Visionen in Westeuropa als eher unwahrscheinlich abgetan werden), wird dann Schwedens Oberbefehlshaber General Michael Byden zitiert, der die Schweden aufgefordert hätte, sich „mental“ auf den Krieg vorzubereiten. Und dann folgt noch einmal Pistorius, der in seinem Interview die schwedischen Warnungen „aus skandinavischer Sicht als verständlich“ bezeichnet hätte. Ich würde eher sagen, aus Sicht der skandinavischen Regierung und der Militära, die den sich jetzt bald zwei Jahre hinziehenden Beitrittsantrag ja irgendwie rechtfertigen müssen.

Und natürlich darf im gegenständlichen ÖON-Artikel der Hinweis auf die historisch verständliche Besorgnis der Polen nicht fehlen. Weshalb Polen gegenwärtig gefährdet sein sollte, kann der Autor nicht darlegen.

Da dies alles wenig stichhaltig ist, um eine massive Erhöhung der europäischen Verteidigungsbudgets zu begründen, darf natürlich auch die Angst vor einem möglichen Sieg Trumps bei den kommenden US-Präsidentschaftswahlen nicht fehlen. Dieser hat ja – im Gegensatz zu Biden – an Europa und seinen antirussischen Reflexen wenig Interesse und liebt mehr die Auseinandersetzung mit China, Wenn dass kein Grund ist, die europäischen Verteidigungsbudgets hinaufzuschrauben ? Endlich auf die lästige „Friedensdividende“ zu verzichten ? Zumal die Polen ihr Rüstungsbudget schon unter der PiS-Partei auf 4 % (und heuer auf mehr als 4 %) hinaufgeschraubt haben ?

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Plädoyer für die Neutralität

Trotz aller Bekenntnisse zur immerwährenden Neutralität-gerade am Nationalfeiertag-sind im Politik- und Medienbereich Tendenzen erkennbar, Österreichs Neutralität nicht mehr ernst zu nehmen. Die überparteiliche INITIATIVE ENGAGIERTE NEUTRALITÄT will dieser Entwicklung entgegenhalten.

Udo Bachmair

Der heutige 26. Oktober, der Nationalfeiertag, an dem das Gesetz zur immerwährenden Neutralität beschlossen wurde, ist für die neue Initiativgruppe Motiv und Anlass, auf die Wichtigkeit, ja, auf die besondere Nützlichkeit unserer Neutralität gerade auch in besonders krisenhaften Zeiten wie diesen hinzuweisen.

Zumal auch Tendenzen in manchen Politik- und Medienbereichen und in diversen Diskussionen zu registrieren sind, die darauf hinauslaufen, unsere Neutralität als nicht mehr sinnvoll oder als überholt zu betrachten. Hand in Hand damit wendet sich die Initiative klar gegen Überlegungen, Österreich solle der NATO beitreten.

Die immerwährende Neutralität wird von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung als weiter höchst positiv angesehen. Und wir als engagierte Gruppe haben in einem Appell Regierung und Parlament dazu aufgerufen, die immerwährende Neutralität zu wahren und für eine engagierte Friedenspolitik zu nutzen. I

Einige der Zitate aus dem mittlerweile von mehr als 150 namhaften Persönlichkeiten unterzeichneten Appell :

„Neutralität bedeutet freiwillige Selbstverpflichtung zur friedlichen Streitbeilegung“

„Neutralität verringert das Risiko, in einen Krieg hineingezogen zu werden“

„Österreich hat als neutraler Staat im Rahmen der Diplomatie und durch den Einsatz der Blauhelme wichtige Beiträge für den internationalen Frieden geleistet“

„Neutrale Staaten sind ideale Orte der Begegnung, man denke an Österreich als Vorsitzland der OSZE, mit Wien als offiziellem UNO-Amtssitz“

„Das Engagement neutraler Staaten ist nicht wertneutral, es ist das Gegenteil von Abseitsstehen. Es bedeutet, zu Völkerrechtsverletzungen unabhängig, eigenständig und klar Stellung zu nehmen“

Die Podiumsrunde im Rahmen einer Pressekonferenz der Neutralitätsinitiative umfasste

>> Gabriele Matzner, langjährige Diplomatin, zuletzt Botschafterin in London

>> Erwin Buchinger, Sozialminister unter Kanzler Gusenbauer, Sprecher der SPÖ-Initiative „Aktive Neutralität“

>> Heinz Gärtner – renommierter Politikwissenschafter, u.a. Sicherheits- und Neutralitätsexperte

>> Wendelin Ettmayer –früher Nationalratsabgeordneter der ÖVP – als Diplomat war er u.a. Botschafter beim Europarat

>> Günther Greindl – er war als General des Bundesheeres Kommandierender der Blauhelmtruppen am Golan, In Zypern und im Iraq/Kuwait-Konflikt

sowie
>> Udo Bachmair, Ex-ORF-Redakteur, Präsident der Vereinigung für Medienkultur.

Besonderes Lob gilt ServusTV: Der Sender hat in seiner Hauptnachrichtensendung über die PK der Initiative Engagierte Neutralität einen längeren Beitrag gebracht.

Außergewöhnliches Lob verdient der Youtube-Kanal der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL unter Herausgeber und Chefredakteur Fritz Edlinger, der die Podiumsdiskussion vom vergangenen Dienstag im Presseclub Concordia online gestellt hat. Hier die Links :

www.youtube.com/watch?v=7VPVzzhncBI

www.international.or.at

Folgende weitere Medien haben ausführlicher berichtet:

ORF :
https://orf.at/stories/3337326/

Salzburger Nachrichten:
https://orf.at/stories/3337326/

Kleine Zeitung:
https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/17764359/pro-neutralitaet

Vorarlberger Nachrichten:

Eine Erinnerung an die „Nützlichkeit der Neutralität“

sowie die Kronenzeitung :
https://www.krone.at/3147963

Medienkampagne gegen die Neutralität

In Berichten und Kommentaren mehren sich jene Stimmen, die Österreichs Neutralität als überholt betrachten. Experten, die dies anders sehen, sind in unseren Medien eher nicht willkommen. Doch es gibt Ausnahmen.

Udo Bachmair

Beim Medienkonsum der vergangenen Wochen fällt die zunehmende Tendenz in der Berichterstattung auf, die österreichische Neutralität als nicht mehr sinnvoll darzustellen. In der veröffentlichten Meinung dominieren Argumente, die letztlich zur Aufweichung der Neutralität führen sollen. Gleichzeitig fehlt den meisten Neutralitätsskeptikern der Mut, offen auszusprechen, dass die einzige Alternative zu der bei Österreichs Bevölkerung höchst populären Neutralität der Beitritt zur NATO wäre.

Während im Social Media-Bereich auch warnende Argumente vor einer Abkehr von Österreichs Neutralität und einem NATO-Beitritt zu finden sind, wird man diesbezüglich in Printmedien oder auch in ORF-Beiträgen kaum fündig. Es kommen nahezu ausschließlich neutralitätsskeptische und NATO-nahe Stimmen vor, die die Neutralität am liebsten über Bord werfen würden. Differenzierend argumentierende Persönlichkeiten, wie etwa der frühere Bundesheergeneral Wolfgang Greindl oder der besonders profunde Politikwissenschaftler Heinz Gärtner kommen hingegen kaum zu Wort.

Mit einer positiven Ausnahme überrascht hingegen die renommierte deutsche Wochenzeitschrift ZEIT. Sie hat ein höchst bedenkenswertes Interview mit Univ. Prof. Gärtner veröffentlicht.

Gärtner sieht im Beitritt Österreichs zur European Sky Shield Initiative rechtlich keine Neutralitätsverletzung, wenngleich das österreichische Bundesheer damit NATO-tauglicher gemacht werden solle. Der Politologe befürchtet aber Gefahren für unser Land. Raketen des künftigen Luftabwehrsystems könnten nicht nur ein Schutz, sondern auch zu einem „Magneten“ werden:

„Man weiß ja noch nicht genau, welche Waffen Österreich am Ende kaufen wird, aber die Rede bei Sky Shield ist zum Beispiel von solchen, die 20 bis 80 Kilometer weit fliegen können. Diese können nicht nur als Defensiv-, sondern auch als Offensivwaffen betrachtet werden – und damit zu einem Ziel werden. Ein potentiell feindlicher Staat könnte versuchen wollen, sie zu vernichten“

Prof. Gärtner hebt in dem ZEIT-Interview die Funktion des neutralen Staates als Vermittler in Konfliktsituationen hervor. Österreichs Außenpolitik hat sich ja von dieser noch zu Kreiskys Zeiten vorbildlichen Rolle Österreichs bereits sehr weit entfernt :

„Nach einem Ende des Krieges in der Ukraine sollte es einen Prozess geben – wie die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Helsinki 1975. Die Nato-Staaten werden diese Funktion nicht übernehmen können. Österreich oder die Schweiz aber schon“

Und dann im Interview die erwartete und immer wieder in den Medien gestellte Frage: Ist die Neutralität noch zeitgemäß ? Heinz Gärtner dazu klar: „Ja, natürlich“:

Heinz Gärtner plädiert in dem Gespräch mit ZEIT-Redakteur Florian Gasser für das Konzept einer „engagierten Neutralität“, indem er ausführt:

„Wir müssen uns so viel wie möglich einmischen und so viel wie notwendig raushalten. Das ist etwas anderes als die traditionelle isolationistische Position, die etwa die FPÖ noch vertritt. Die wollen still sitzen und sich nirgendwo beteiligen. Das ist das Gegenteil einer engagierten Neutralität. Österreich sollte sich diplomatisch unbedingt stärker engagieren. Wir müssen uns wieder mehr einsetzen und uns auch wieder stärker bei Friedensmissionen der UN beteiligen.“

Auch im neutralen Irland läuft zu diesem Thema eine rege Debatte. Dort dürfte man jedoch im Widerstand gegen eine Aufweichung der Neutralität schon weiter sein als in Österreich. Als besonders laute und beherzte Stimme pro Neutralität erweist sich in Irland die linke EU-Abgeordnete Clare Daly. Sie ist als Hauptrednerin und Organisatorin einer Neutralitätskonferenz vehement gegen Versuche der irischen Regierung aufgetreten, Abstriche von der Neutralität zu machen.

Näheres zur Neutralitätsdebatte in Irland hat Fritz Edlinger, Herausgeber und Chefredakteur der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL zur Verfügung gestellt:

www.international.or.at/wp-content/uploads/2023/07/Reinisch_Irl-Neutraliaetsdebatte_International_2023-07-01.pdf