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Aggressiver Journalismus

Wenn Journalisten und Journalistinnen aggressiv werden, spürt man geradezu ihre und des gesellschaftlichen Mainstreams Unsicherheit. Nämlich dann, wenn Dinge gesagt werden, die eigentlich selbstverständlich sind, die man aber nicht aussprechen darf. Zumindest nicht in der Öffentlichkeit.

Wolfgang Koppler *

Da Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der neuen deutschen Linkspartei BSW, mit größter Ruhe Dinge ausspricht, die uns allen einleuchten müssten (und im tiefsten Innersten wohl auch dem Wagenknecht-kritischen „Moderator“ Lanz und seinen Kollegen), werden manche Journalisten im Gespräch mit ihr immer wieder aggressiv. Oder sagen wir mal, höhnisch oder empört. Und ebenso die Printmedien, wie der gegenständliche Artikel in Focus-online zeigt. Dummerweise lässt sich die selbstbewusste und authentische Wagenknecht nicht provozieren, und sie sieht in ihrem eher konservativen Outfit auch nicht aus wie eine Revoluzzerin.

Dass erst einmal die Waffen schweigen müssen, um Verhandlungen im Ukrainekrieg zu ermöglichen, sollte eigentlich jedem klar sein. Wer Verhandlungen erst nach einem Sieg der eigenen Seite beginnen möchte, will in Wirklichkeit keine. Und eine solche Position zu unterstützen, ist Kriegstreiberei – auch wenn der Krieg von der anderen Seite begonnen wurde.

Ich darf darauf verweisen, dass der Westen auch schon vor dem russischen Einmarsch substantielle Verhandlungen über zumindest diskutierbare russische Forderungen abgelehnt hat – etwa was einen neutralen Status der Ukraine und den Verzicht auf eine weitere Ausdehnung der NATO betrifft. Interessanterweise wurde dann nach dem Einmarsch der Russen sehr wohl verhandelt. Es scheiterte an den Sicherheitsgarantien für eine ukrainische Neutralität. Während Biden überlegte, legte sich „Mini-Churchill“ Boris Johnson quer und brachte auch die USA zu einer Ablehnung.

Während Putin (dem die Belastungen Russlands durch den Krieg inzwischen sehr wohl bewusst sein dürften) immer wieder Verhandlungssignale aussandte (wenngleich mit Maximalforderungen, die aber meist am Beginn von Verhandlungen stehen), stellte Selenskyj klar, dass Verhandlungen erst nach einem ukrainischen Sieg in Betracht kämen.

Wenn Wagenknecht hier von einer Erhöhung der Kriegsgefahr durch den Westen spricht (wobei sie selbstverständlich den russischen Angriffskrieg ablehnt und den Ausdruck Kriegstreiberei erst auf mehrmalige Nachfrage von Lanz verwendete), so ist dies nachvollziehbar. Denn ein solcher Justamentstandpunkt kann den Krieg nur verlängern, auch dann wenn ihn der Gegner begonnen hat.

Übrigens: Bushs Angriffskrieg im Irak wird trotz erfundener Kriegsgründe bis heute nicht verurteilt. Obwohl er Jahrzehnte langes Chaos und den Aufstieg des IS zur Folge gehabt hat.

Im Übrigen wird auch eine formal rechtmäßige Verteidigung oder Rechtsdurchsetzung irgendwann unverhältnismäßig. Weil die Durchsetzung von Recht sehr oft zu neuem Unrecht führt. Kleist hat das in seinem Michael Kohlhaas wunderbar aufgezeigt. Das sieht man auch im Gazakrieg, wo der eine oder andere ORF-Journalist diesen gelegentlich als Geiselbefreiungsaktion zu verharmlosen sucht. Obwohl bis jetzt nicht nur mehr als 40.000 Menschen gestorben sind, eine unabsehbare Eskalation im Libanon droht und das Leben der Geiseln wohl eher gefährdet als gerettet wird.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Vom Ego zum Selbst

Mitunter findet sich auch in Boulevardblättern Interessantes. Etwa das, was NEOS-Gründer und Ex-NR-Abgeordneter Matthias Strolz zu seinem nunmehr endgültigen Rückzug aus der Politik getwittert hat.

Wolfgang Koppler

Ob Matthias Strolz sich nun wirklich für immer aus der Politik oder gar aus der Öffentlichkeit zurückzieht, ist hier nicht so wichtig. Auch nicht, ob ihm das, was er hier zu dem, was man in der zweiten Lebenshälfte anpeilen sollte, schildert, wirklich gelingt. Aber die Richtung, die er hier für unsere Persönlichkeitsentwicklung in einer besonders egoistischen und egozentrischen Kultur vorgibt, das Wesentliche worauf es ankommt, wäre für uns alle interessant. Besonders für Angehörige der so genannten Eliten aus Politik, Medien und Wirtschaft.

Zunächst beschreibt Strolz jene Egozentrik, die seiner Ansicht nach die erste Lebenshälfte prägt. Das Streben nach meist materieller Selbstverwirklichung, das die Presse vor einigen Monaten treffend als Flucht (vor dem Wesentlichen, wie etwa den Anforderungen der Gemeinschaft) bezeichnete. Strolz, der selbst nicht ganz frei von Egozentrik ist, hat da wohl auch seine eigenen Erfahrungen geschildert. Strolz nennt es etwas beschönigend, den Versuch, sich an Projekte und Menschen zu binden. Der mE wohl meist in Verlorenheit und Einsamkeit endet. Strolz meint zu Recht, dass viele dieser (materiellen Selbstverwirklichungs-)Logik bis zum Lebensende anhaften.

Und spricht Strolz unter Bezugnahme auf C.G. Jung von der Einladung in der zweiten Lebenshälfte vom Ego zum Selbst zu reifen, zur eigenen Personenmitte vorzustoßen. Was nur gelingt, wenn wir dabei „unsere Schattenseiten integrieren“. Die nachstehenden Ausführungen sind manchen vielleicht zu philosophisch oder zu esoterisch – aber das ist hier nicht so wichtig. Aber zu uns selbst, zu unseren Abgründen und dann vielleicht – wenn uns davor schaudert – zu unserer positiven Intuition vorzustoßen, das ist wohl allgemeingültig.

Und könnte für jede und jeden, vor allem aber für Politiker, Unternehmer und Journalisten wichtig sein, Um sich nicht allzu sehr in Egozentrik und Feindbildern zu verlieren, ob es der ach so unvernünftige „Pöbel“, Putin oder sonst jemand ist. Das wäre ein wesentlicher Beitrag zur Veränderung in Medien, Wirtschaft und Politik. Und würde auch die Klagswut bei einigen eindämmen. Und die Eigenständigkeit fördern. Anstelle von Echokammern.

https://x.com/matstrolz/status/1838489030524117379?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1838489030524117379%7Ctwgr%5E8dea7ae1fa63f195f297926abff25dc48bbfe3fa%7Ctwcon%5Es1_&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.heute.at%2Fs%2Fpolit-knall-neos-comeback-von-strolz-abgeblasen-120060730

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Fenster nach Europa

Laut Kremlchef Wladimir Putin will Russland das Fenster nach Europa trotz Windes weiter geöffnet halten. Ein Signal an den Westen?

Wolfgang Koppler *

Es war eine interessante – von vielen Medien verschwiegene – APA-Meldung unter dem Titel „Für Putin bleibt Fenster nach Europa offen“. Sie bezieht sich auf eine Aussage Putins jüngst beim Internationalen Kulturforum in St. Petersburg: Auch wenn darüber nachgedacht werde, das Fenster zuzudrücken, werde dies nicht geschehen, äußerte sich Putin dort laut Staatsagentur TASS.

Auch wenn Putin sich dabei übertrieben souverän gab („Wir haben keinen Konflikt mit der europäischen Gesellschaft, aber Russland erlebt mit der europäischen Elite schwere Zeiten.“), so ist es doch auch ein Signal an den Westen: Wir können auch ohne euch leben, bzw. ihr könnt uns gern haben. Aber wir sind gesprächsbereit. Dass dabei vom Ukrainekrieg und von Verhandlungen nicht explizit die Rede ist, ist klar. Kein Politiker wird seine Karten offen auf den Tisch legen. Schon gar nicht, wenn er sich in einem festgefahrenen Krieg befindet. Aber zusammen mit einigen anderen Signalen aus jüngster Zeit ist es ein ziemlich deutliches Zeichen von Verhandlungsbereitschaft.

Auch wenn beide Seiten in der Öffentlichkeit auf ihren Standpunkten beharren, wäre jetzt wirklich die Zeit gekommen, über Kompromisse nachzudenken. Zum Beispiel Ausverhandlung der bereits zu Beginn des Krieges angedachten Neutralität mit Sicherheitsgarantien. Autonomie und Entmilitarisierung von Luhansk, Donezk, Saporischyja und Cherson (nach Rückzug von russischer und ukrainischer Armee) sowie Verzicht auf die Krim.

Aber zuerst: Waffenstillstand und Verhandlungen. Beide Seiten wissen längst, dass sie den Krieg nicht oder zumindest nur unter ungeheuren Opfern gewinnen können. Und wenn bei den Verhandlungen nichts herauskommt, kann man ja immer noch im Frühjahr weiterschießen. Und was Biden betrifft: Er könnte einen Erfolg dringend brauchen. Und das heißt vor allem: ein stabiler Frieden. Oder wollen wir, dass Trump 2025 wieder im Weißen Haus sitzt ? Wie hat er laut Frankfurter Rundschau neulich gesagt ? Er sei der einzige Mensch, dessen Aussicht mit jeder Anklage steigen und steigen..

Die USA und Europa hätten ihn wirklich verdient. Gegen ihn ist Till Eulenspiegel ausgesprochen langweilig. Vielleicht arbeiten Politik und Medien gerade deswegen – bewusst oder unbewusst – auf ein solches Szenario hin…

• Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Zum Zustand von Politik und Medien

Walter Hämmerle, früher Chefredakteur der „Wiener Zeitung“, jetzt Innenpolitik-Chef der „Kleinen Zeitung“, hat den Zustand von Österreichs Medien und Politik kritisch unter die Lupe genommen. Unter dem Titel „Die unreife Republik“ durchleuchtet er in der Serie der Leykam-Streitschriften (Nr. 11) die Schwächen unseres Kleinstaates in Mitteleuropa, die Neigung der Österreicher zu Schlamperei und Bequemlichkeit, den Hang zu Übertreibung und Aggression. Zugleich geht er mit den Medien hart ins Gericht.

Von Hermine Schreiberhuber *

Bei der Präsentation des Buchs im Presseclub Concordia fielen auf dem Podium klare Worte. Autor Hämmerle stellte einleitend fest: Das kleine Österreich sei reich und habe viel Potenzial. Doch: „Schlamperei ist in Österreich, besonders in Wien, sprichwörtlich.“ Zugleich konstatierte er „eine gewisse Hilflosigkeit“ zwischen den Möglichkeiten und dem, was getan werde. „Politik ist kein Spiel.“ Auch die Medien betrachteten Politik oft als Spielwiese, statt dem Bürger Einschätzungs- und Urteilsfähigkeit zuzuerkennen.

Politikberaterin Heidi Glück schlug ebenfalls kritische Töne an. „In Österreich herrscht das Mittelmaß. Wir orientieren uns an anderen, größeren Staaten, aus Bequemlichkeit.“ Schuld seien immer die anderen. „Trittbrettfahren ist Usus.“ Diese Charakterzüge ließen sich aus der Geschichte ableiten: „Seit der Monarchie sind wir Mitläufer.Wir beherrschen den institutionellen Kompromiß.“ In anderen Worten: Politisches und wirtschaftliches Durchwursteln sei an der Tagesordnung und führe zu einer Erosion des politischen Systems.

„Der intellektuelle Diskurs ist fast verschwunden“, beklagte Glück, ehemals Pressesprecherin von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Zugleich sei die Boulevardisierung der Presse in Österreich weit fortgeschritten. Die Politiker umgeben sich mit vielen PR-Beratern, auf der anderen Seite würden die Journalisten immer weniger. Daraus resultiere „eine Schieflage“. Es mangle an Wertschätzung zwischen Politikern und Journalisten. Hämmerle merkte zum politischen Diskurs an, die Medien liefen Gefahr, sich für eine Seite festzulegen. Vor „gutem Boulevard“ habe er aber Respekt.

Armin Thurnherr, Herausgeber des „Falter“, argumentierte, hierzulande gehe es nicht nur um Schlamperei, sondern auch um den“Unwillen zur politischen Analyse“. Was gut sei, werde oft nicht genügend „argumentativ unterfüttert“. Es gelte, das Handwerk der Politik zu lernen. Die Öffentlichkeit habe oft den Eindruck, von den Politikern „beschwindelt“ zu werden. In den Medien habe sich ein korruptes System etabliert. In diesem Kontext übte Thurnherr heftige Kritik an der Subventionierung des Boulevard nach Auflagenstärke. Außerdem müsse die Jugend kritischer an IT-Belange herangeführt werden.

In der Folge einige Textstellen aus der Streitschrift von Walter Hämmerle.

(Vom Vielvölkerstaat zum Kleinstaat) „Das Spiel mit der geringen Größe des Landes irritiert Außenstehende und Landsleute, die höhere Ansprüche stellen. Der Satz ‚Österreich ist ein kleines Land’ aus dem Mund heimischer Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger ist zu oft keine Tatsachenbeschreibung, sondern eine Ausrede für den fehlenden Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen. Manchmal bietet die geringe Größe auch Schlawinern Deckung.“

(Zustand der Medien). „Ohnehin bringen Alarmismus und Empörung niemand irgendwohin, trotzdem sind sie allgegenwärtig… Journalismus im 24-Stunden-Hamsterrad trägt seinen Tel zu dieser Entwicklung bei. Atemlos werden Schlagzeilen produziert, selbst wenn wenig bis nichts passiert. Die Logik der Digitalisierung will es so. Headlines müssen Sensationelles versprechen, auch wenn im anschließenden Text maximal Unspektakuläres zu lesen ist. Der Drang und digitale Druck zur Zuspitzung haben ihren Preis. Diskussionen werden als Duelle, Gesprächsrunden als Showdowns in Szene gesetzt; und das auf allen Kanälen.“

„Die Welt der Nachrichten ist zum Kampfplatz geworden. Nicht alle Akteure setzen dabei auf Transparenz und Fairness. Statt dessen wird getarnt, getäuscht, verwischt – alles nur, um zu verwirren.“

Das Buch hat nur gut 100 Seiten, doch der Inhalt wiegt schwer: Historische Fakten über das Werden Österreichs, Einschätzungen von Literaten wie Karl Kraus, Stefan Zweig, Robert Musil, Joseph Roth. Reaktionen auf Aktuelles von der Pandemie bis zum Ukraine-Krieg. Der Autor ist überzeugt: Die Republik braucht eine neue Verantwortungskultur.

* Mag.a Hermine Schreiberhuber ist Journalistin und Vorstandsmitglied der Vereinigung für Medienkultur

Spätzünder

Wenn „News“ mit mehrjähriger Verspätung an eine breitere Öffentlichkeit gelangen, ist kaum Zufall im Spiel..

Wolfgang Koppler *

Der Slowburn ist ein beliebtes Mittel der Komik: In einer Doppelconference begreift der „Blöde“ eine Aussage des „Gscheiten“ erst mit merklicher Verzögerung und reagiert dann auch in Mimik und Gestik mit entsprechender Verspätung. Lachanfälle des Publikums sind garantiert.

Weniger lustig, wenn uns brisante Nachrichten mit mehrjähriger Verspätung serviert werden. Etwa die in den USA schon seit 2015 bekannte Meinungsmanipulation durch einen Ölkonzern, dem der Klimawandel schon in den 70-Jahren bekannt war und dem Anfang der 80-er Jahre sogar konkrete Zahlen zum Anstieg der CO2-Konzentration und deren Auswirkungen vorlagen. Die firmeneigene Studie wurde nicht nur ignoriert, sondern man förderte mit mehreren Millionen Dollar auch noch aktiv die Szene der Klimawandelleugner. Dies war erst im Jänner 2023 in etlichen österreichischen und deutschen Tagezeitungen zu lesen. Und war nun endlich auch Thema einer durchaus kritischen und informativen Dokumentation des jüngsten ORF-Weltjournals (Weltjournal+ beschäftigte sich dann noch mit der Praxis von Konzernen, Studien durch andere Studien in Zweifel ziehen zu lassen und auch mit der Manipulation über soziale Medien).
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In der Doku über ExxonMobil erfuhr man auch von einer diesbezüglichen Anhörung im US-Kongress – aus dem Jahr 2019 ! Dies machte mich stutzig. Recherchierte im Netz. Und siehe da: In spectrum.de (dessen Leserkreis überschaubar sein dürfte) fand sich bereits 2015 (!) ein diesbezüglicher Artikel, der wiederum auf eine für den Pulitzerpreis nominierte Arbeit von US-Journalisten zu diesem Thema verwies. Die Sache ist also schon seit Jahren bekannt. Ein weiterer Artikel findet sich dann in www.pressenza.com aus 2018. Ebenfalls ein wenig gelesenes Medium. Immerhin berichtete zumindest der Spiegel im Mai 2019 darüber.

Aber selbst im Zeitalter der Mayflower wären derart bedeutsame Nachrichten wohl nicht mit mehrjähriger Verspätung über den großen Teich an die Öffentlichkeit gelangt (zumal der Buchdruck damals schon erfunden war). Wahrheit zizerlweise, versteckt und im Schneckentempo. Dazu noch eine entsprechend präparierte Öffentlichkeit. Da kann ja nichts mehr schiefgehen.

https://www.spektrum.de/news/wie-exxon-den-klimawandel-entdeckte-und-leugnete/1374674

Die Lust an der Lüge – ExxonMobile und das Klima

https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/exxon-sagte-co2-gehalt-der-atmosphaere-fuer-2019-genau-voraus-a-1267915.html

https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/exxon-mobile-und-die-gutachten-im-namen-des-profits-92055840.html

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien.

Deutschland: Angriffe auf Flüchtlinge fast wöchentlich

Haben sich Politik und Medien an rassistische Taten bereits gewöhnt ?

Udo Bachmair

Aggressive Verbalattacken gegen Flüchtlinge und MigrantInnen sind im Netz allgegenwärtig. Es wird immer offensichtlicher, dass Rechtspopulisten und Rechtsextremisten nicht nur die Sprache, sondern auch das World Wide Web zunehmend vereinnahmen und erobern. Auch in Österreich, auch in Deutschland. Dort hat die vor allem von der rechten AfD aufgeheizte Stimmung weiteren Hass gegen Flüchtlinge geschürt.

Den Wortattacken folgen immer wieder auch konkrete Taten. So nehmen Medien Drohungen und Gewaltaktionen gegen Flüchtlinge kaum mehr wahr. Dabei hat es den Recherchen der investigativen Internet-Plattform Vice zufolge heuer bereits mehr als 350 Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte gegeben. Bange Frage: Wie ist denn die diesbezügliche Lage hierzulande.. ?

Zu den in Medien und Politik kaum mehr wahrgenommen Angriffen auf Flüchtlinge in Deutschland folgende Reportage von VICE www.vice.com/de ):

Nicht einmal, sondern gleich viermal drückt ein 35-jähriger Mann am Montagabend in Thüringen den Abzug seiner Schreckschusspistole. Sein Ziel: vier minderjährige Flüchtlinge, die auf der Straße vor seinem Vorgarten stehen. Mitten im beschaulichen 1.000-Einwohner-Örtchen Untermaßfeld. Am Abend, während sich die meisten Familien in der Nachbarschaft gerade die Würstchen auf den Grill legen und das Feierabendbier aufmachen.

Es sei zu Streit gekommen, sagt die Polizeiinspektion Suhl, der Mann ging ins Haus, kam mit seiner Waffe zurück und schießt viermal kurz hintereinander über die Köpfe der Jungen. Pam, Pam, Pam, Pam. „Das war eine Kurzschlussreaktion“, sagt die Polizeisprecherin gegenüber VICE. In den Lokalmedien steht am Mittwoch eine kurze Pressmitteilung der Beamten dazu, ein paar Medien wie der MDR, die Frankfurter Rundschau, Thüringen 24 haben dieselben Worte auf ihren Homepages veröffentlicht. Das war‘s.

Wieso empören solche mutmaßlich rechtsextrem motivierte Taten nicht mehr? Würden Polizei, Medien und Öffentlichkeit anders reagieren, sich lauter empören, hätte ein Flüchtling, vermutlich sogar ein Muslim, auf  vier deutsche Minderjährige geschossen, oder Deutsche geschlagen, mit einem Messern angegriffen, geschubst oder „Allahu Akbar“ in dessen Gesicht gebrüllt?

„Eindeutig, ja“, vermutet Robert Lüdecke, Sprecher der Amadeu-Antonio-Stiftung. „Wir stumpfen langsam ab, gewöhnen uns an rassistische Taten.“ Auch er habe vom jüngsten Vorfall in Thüringen nichts mitbekommen: „Wir haben seit etwa einem Jahr ein Informationsdefizit.“ Doch Angriffe auf Geflüchtete wie den in Untermaßfeld gibt es fast wöchentlich.  Deutschland: Angriffe auf Flüchtlinge fast wöchentlich weiterlesen