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Kleines Glück aus Ischgl. Corona-Virus

Hans H ö g l

Ischgl, der Tiroler Tourismusort, kam wegen der Verbreitung des Corona-Virus in die Schlagzeilen der Medien. Es lohnt ein Rückblick darauf, wie dieser Ort bereits 2002 gesehen wurde und wie er sich selbst darstellte.

Ein Zitat des famosen Tourismusguru und Hoteliers Herrn Aloys aus Ischgl : „Wir müssen dem Gast das Glück auch all inclusive bieten. Er investiert in seine fünf Tage Urlaub. Wir müssen ihm täglich das Erlebnis garantieren. Und wenn wir von Erlebnissen reden, dann reden wir vom Glück. Er will das kleine Stück Glück mit nach Haus nehmen. Das müssen wir versuchen, ihm zu garantieren.“ (S. 34).

„Vorreiter im Multikulti-Event-Marketing ist die Tiroler Gemeinde Ischgl. Es geht um Show und Schnee, riesige Happenings, um Action, Abenteuer, Abwechslung und Zengärten. In Ischgl gelang es,.mit Elton John, Tina Turner und Naomi Campell, neues und jüngeres Publikum anzulocken und die Kassen zum Klirren zu bringen. Und das Dörfchen hatte in schwierigen Jahren kräftige Zuwächse- sowohl bei den Übernachtungen wie bei den Einnahmen. Man rief die Massen und die Massen, und Massen möchten mehr. Die Spirale drehte sich nach oben. Rund die Hälfte kommt nicht mehr, um Schi zu fahren, sondern wegen des Entertainments und Tittytainements“.(Fußnote: Dieser Ausdruck in dem Buch „Globalisierungsfalle“ hat mit weiblichen Rundungen zu tun.) (S.33 f.).

Diese Texte entnahm ich meinem Buch: Hans Högl: Bin kein Tourist, ich wohne hier. Fremdenverkehrsgemeinden im Stress“.Wien 2002. Das Buch wurde weder in den „Salzburger Nachrichten“ noch in der „Tiroler Tageszeitung“ besprochen. Allerdings wurde ich in Innsbruck zur Vorträgen eingeladen.

Chips versus Demokratie

Für jene, die sich für digitale und neue Medien und Politik interessieren, ist der Roman des österreichischen Autors Thomas Sautner: Fremdes Land (Berlin 2012) ein Muss, und er ist spannend bis zur letzten Seite (Hans Högl)

In Sautners Roman setzt der technologisch hochentwickelte Staat die ihm zur Verfügung stehenden Informationen aus ausgeklügelten Überwachungsapparaten nicht nur ein, um nachträglich Gesetzesverstöße zu ahnden oder geheimdienstliches Wissen zu gewinnen, sondern er nutzt sie darüber hinaus, um deviantes Verhalten von vornherein zu verhindern. Diese präventive Strategie soll durch die Einpflanzung eines „Fit&Secure-Chips“ in die Schläfen der Bürger perfektioniert werden. So sollen nicht nur gefährliche Gedanken und abweichende Ideen rechtzeitig erkannt werden, sodass die betreffenden Personen aus dem Verkehr gezogen werden können, es soll sogar möglich sein, ihre Gedankengänge im Sinne des Staates positiv zu beeinflussen und sie zu vorbildlichen Staatsbürgern, Arbeitskräften und Konsumenten zu erziehen. Das Individuum soll auf diese Weise – zu seinem eigenen und zum Wohle der Allgemeinheit, und mit seinem Einverständnis – entmündigt werden.

„Ich habe den Traum, dass ich (…) es besser mache für das Land und die Menschen,“ erklärt Jack zu Beginn des Romans seiner skeptischen Schwester Gwendolyn, die – selbstverständlich ohne sein Wissen – im Widerstand aktiv ist. Doch tatsächlich, so muss er sich eingestehen, wollte er es keineswegs „für das Land und seine Menschen besser (…) machen. Sein Traum war: zu jener Handvoll Menschen gehören, die das Land regieren.“ Dieser unbedingte Wille zur Macht auch um den Preis der Selbstverleugnung und der Verabschiedung der eigenen Ideale zeichnet Jack aus und führt ihn letztlich zum Erfolg. Als Stabschef der neuen Regierung wähnt er sich an den Hebeln der Macht. In Wahrheit aber wird er zur Spielfigur in einem System, das den Einzelnen nur mehr in seiner Rolle als Konsumenten ernst nimmt. Die Politik ist längst abhängig von der Wirtschaft, eine Marionette der fünf großen Konzerne, die den Weltmarkt beherrschen. Um mit maximaler Effizienz und Kapazität arbeiten zu können, instrumentalisieren sie Regierung und Presse. Das Geld regiert die Welt.

Für die Rezension des Dystopie-Romanes übernahm ich Texte von Literaturhaus.net