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Nein zum UN-Migrationspakt : Großer Imageschaden für Österreich

Boulevard und Regierung verharmlosen die Folgen 

Udo Bachmair *

Auf die „Krone“ ist Verlass. Auch in der Debatte um den UNO-Migrationspakt. Waren aus dem Boulevard-Blatt noch vor kurzem auch sanft kritische Töne zu vernehmen, so ist das rechtspopulistische Massenblatt nun wieder voll auf Kurz/Strache-Kurs. Eines der Indizien dafür ist eine wieder einmal völlig einseitige Auswahl von Leserbriefen (siehe u.a. die jüngste Sonntagsausgabe der „Krone“)

Hand in Hand mit der Kronenzeitung setzt die rechtspopulistische Bundesregierung offenbar ganz auf mangelnde Hintergrundinformationen der Bevölkerung. So verfängt die einfache „Erzählung“, mit einem Nein zum Migrationspakt habe Österreich seine Souveränität und Eigenständigkeit in der Migrations-und Flüchtlingsfrage gerettet.

Dass der Migrationspakt nicht rechtsverbindlich, sondern ein Regelwerk zur globalen Lösung der Migrations- und Flüchtlingsfrage ist, wird weitgehend verschwiegen. Dass in dieser besonders heiklen und emotional aufgeheizten Causa auch menschenrechtliche Aspekte nicht übersehen werden sollten, läuft dem rechten Zeitgeist zuwider.

Wo bleiben die besorgten Stimmen in der ÖVP, die sich dem christlich-sozialen Grundsätzen verpflichtet fühlen ? Außer von Otmar Karas, ÖVP-Europapolitiker oder den Ex-ÖVP-Chefs Reinhold Mitterlehner und Erhard Busek war da bisher wenig zu hören. Ja, und wo bleibt die Linke ? Die hat sich völlig abgemeldet. Aber das ist ein eigenes abendfüllendes Thema..

Dabei wäre es lohnend, in der Öffentlichkeit unermüdlich die „Erzählung“ zu vermitteln, dass sich Österreich mit einem Boykott des UNO-Migrationspakts und damit der UNO insgesamt weiter isoliert. Die Folgen: Ein enormer Imageschaden für Österreich, dessen außenpolitische Vermittlerfunktion nach den goldenen Kreisky-Zeiten endgültig verloren scheint.

Lautstarke Gegenkräfte zur Orbanisierung Österreichs sind derzeit eher bei den NEOS als bei der SPÖ zu registrieren. Bei den Sozialdemokraten bleibt der große Aufschrei gegen das immer raschere Abgleiten Österreichs ins rechte Schmuddeleck der EU aus. Damit vergibt die neue SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner eine große Chance. Doch die Hoffnung lebt.

Nicht zuletzt die bange Frage: Wozu brauchen wir einen Bundespräsidenten, der ( mit grimmigem Blick ) das Nein zur UNO letztlich abnickt, auch wenn es dem Staatsganzen Schaden zufügt ? Ausgerechnet Van der Bellen ? Haben ihn Grüne, bürgerlich Liberale, Sozialdemokraten, die Zivilgesellschaft etc. dafür gewählt, dass er bloß ein paar harmlose Worte des Protests absondert ?

Was bleibt, sind ein paar Printmedien wie der Falter, Der Standard, die Presse, der Kurier, die Kleine Zeitung, die Oberösterreichicshen Nachrichten, die Salzburger Nachrichten sowie die Ö1-Journale, die seriös negative Konseuenzen für unser Land analysieren, die mit einem Nein zum Migrationspakt verbunden sind.

Doch die Meinungshoheit bei der Masse der Bevölkerung, die ihre „Informationen“ vornehmlich aus dem Boulevard und der regierungsfreundlichen ZIB 1 bezieht, haben längst Kurz, Strache und „Krone“ erobert. Für eine Gegenbewegung ist es noch nicht zu spät.

  • Der Beitrag ist leicht gekürzt auch in der Tageszeitung DER STANDARD erschienen

Armin Wolf: Der ORF sehr unter Druck

Udo Bachmair

Ruhe vor dem Sturm in der Sommerhitze. Doch ein innenpolitisch heißer Herbst steht bevor. Da ist einerseits der Zwölfstundentag, der die Emotionen hochgehen lassen wird. Da ist u.a. aber auch das unbeirrte Festhalten der rechtskonservativen Regierung am Umbau des ORF in ihrem Sinn.

Vor allem die kleinere Regierungspartei FPÖ wünscht sich unverblümt durchgreifende Änderungen. Das strebt zwar (verblümt) auch Medienminister Blümel an, dessen Partei, die ÖVP, visiert jedoch ihre Ziele geschickter und professioneller an..

So wird während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft eher klammheimlich an einem neuen ORF-Gesetz gearbeitet, das u.a. einen der Regierung genehmen Vierer-Vorstand vorsehen dürfte. Nach der EU-Präsidentschaft dann wird es offiziell ans Eingemachte gehen.

Grundsätzlich zur Causa ORF hat sich ZIB 2-Anchor Armin Wolf in einem Interview für das NDR-Medienmagazin ZAPP geäußert. Zur Frage, was denn hinter den Auseinandersetzungen zwischen ORF und Regierung stehe, sagte der für profund kritische Fragen bekannte ORF-Moderator:

Dahinter steht, dass sich die FPÖ vom ORF wie von allen seriösen Journalisten schlecht behandelt fühlt. Das ist auf der ganzen Welt so. Populistische Parteien fühlen sich immer von seriösen Medien schlecht behandelt, siehe Donald Trump, siehe Front National, siehe AfD. Warum ist das so? Weil es ein natürliches Spannungsverhältnis gibt zwischen populistischen Antisystemparteien und seriösem Journalismus, der sehr stark auf Differenzierungen setzt und auf einen Appell an die Rationalität des Publikums. Während populistische Parteien an die Emotionen, zum Teil auch an die Ressentiments ihrer Wähler appellieren. Gleichzeitig haben populistische Parteien das Gefühl, dass etablierte Medien ein Teil des Establishments sind. Sie sind Anti-Establishment und Anti-System. Auch dadurch gibt es ein Spannungsverhältnis. Das gibt es zwischen FPÖ und ORF seit jeher. Der Unterschied ist, dass die FPÖ jetzt in der Regierung sitzt. Dazu kommt, dass die ÖVP das Gefühl hat, dass die Regierung unter Journalisten vielleicht nicht sehr populär ist und einen sehr starken Fokus hat auf ihre Öffentlichkeitsarbeit hat, ihre Inszenierung – und das fügt sich hier zusammen.

Und was wollen die?

Die hätten gerne natürlich Journalisten, die möglichst jeden Tag berichten, wie toll diese Regierung ist, und was sie alles Tolles macht. Das hätte jede Regierung auf der Welt gerne.

Nur dass die das jetzt auch noch mit anderen Mitteln umsetzen wollen.

Sie wollen es gar nicht so unbedingt mit anderen Mitteln umsetzen, sondern mit denselben Mitteln wie Regierungen vor ihnen auch schon. Es haben Regierungen in Österreich immer versucht und Politiker in Österreich immer versucht, auf den ORF Einfluss zu nehmen. Und es haben schon immer Regierungsparteien versucht, über die Aufsichtsorgane personelle Entscheidungen zu beeinflussen. Neu ist, dass die FPÖ tatsächlich das System attackiert: Sie wollen die Rundfunkgebühren abschaffen, und mit der Abschaffung der Rundfunkgebühren de facto den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen. Nicht als Institution an sich, sondern indem man ihn in Zukunft über das Bundesbudget finanziert, aus Steuergeldern, und das wäre de facto eine Verstaatlichung, und ein Staatsfunk ist einfach etwas anderes als ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk.

Steht der ORF also jetzt sehr unter Druck?

Der ORF steht ganz sicher sehr unter Druck, weil die Regierung schon angekündigt hat, ein neues ORF-Gesetz zu machen, und weil die FPÖ in ihrem Parteiprogramm stehen hat, und es bei jeder Gelegenheit öffentlich sagt, dass sie die Rundfunkgebühren abschaffen möchte

 

Die „Neutralisierung“ des ORF

„Worte, die den Boden für Taten bereiten“

Udo Bachmair

In den Reaktionen auf meine Karlsplatz-Rede mit dem Plädoyer für einen unabhängigen ORF ist immer wieder die Rede davon, dass es ja auch schon bisher parteipolitischen Einfluss auf den ORF gegeben habe.  Ja, aber..

Es ist freilich nicht zu leugnen, dass auch schon bisher Parteizentralen vor allem bei ORF-Postenbesetzungen mitzureden versucht haben. Dieses Mal jedoch ist der Druck auf den ORF, besonders auf dessen JournalistInnen im Informationsbereich, von neuer Qualität.

Der Druck wird verstärkt durch unsägliche Äußerungen aus der Regierungspartei FPÖ. Sie reichen von generellen Lügenvorwürfen, Geißelung „unbotmäßiger“ Interviews bis hin zu Kündigungsdrohungen gegenüber ORF-Auslands-Korrespondenten. Die größere Regierungspartei ÖVP schweigt und lässt gewähren..

Vor diesem Hintergrund ist es salonfähig geworden, jedenfalls demokratiepolitisch in höchstem Maß bedenklich, dass ein FPÖ-Landesrat unter dem Jubel seiner rechten deutschen AfD-Kameraden allen Ernstes die „Neutralisierung“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordert.

Dazu ein in den Oberösterreichischen Nachrichten veröffentlichter Kommentar des Autors Ludwig Laher :

Von der Neutralisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Als Elmar Podgorschek und ich vor gut 60 Jahren auf die Welt kamen, hatte sich der Begriff „Neutralisieren“ im politisch-kriegerischen Diskurs längst dahingehend gewandelt, dass er vornehmlich, wie der Duden schreibt, das Ausschalten, das Unschädlichmachen, das Beseitigen, das An-einer-weiteren-Einflussnahme-Hindern ausdrückt.

Etwas später sinnierte man bereits intensiv über Formen begrenzter Kriegsführung, etwa die Neutralisierung feindlicher Städte mittels Neutronenbombe. Wenn also Landesrat Podgorschek vor AfD-Publikum die Neutralisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einfordert, der in Österreich schlimmer sei als seinerzeit in der DDR, weiß er genau, welche Diktion er im Mund führt. Dummstellen gehört zum Repertoire gewiefter Burschenschafter, der Mann wird beteuern, damit nur objektive Berichterstattung statt Demontieren verlangt zu haben, „auch auf die Gefahr hin, dass uns eine sogenannte Orbanisierung vorgeworfen wird.“

Podgorschek denkt offenbar permanent in Kategorien der Vernichtung und Zerstörung. Dem politischen Mitbewerber gehe es um Vernichtung, schärft er in der erwähnten Rede den konzentriert lauschenden AfDlern ein, die Grünen etwa, als würdige Nachfolger der Jakobiner, „würden, wenn sie könnten, uns alle an die Guillotine schicken.“ Kein Wunder, dass da die Freiheitlichen selbst nicht zimperlich sein dürfen, alles nur Notwehr. Für den Schriftsteller steht außer Frage, dass bewusst gesetzte Worte den Boden bereiten für Taten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Österreicher wirklich wieder, wie vor dem Krieg, bürgerkriegsähnliche Szenarien statt respektvoller politischer Auseinandersetzung haben wollen, die ja durchaus hart sein kann, wenn gute Argumente geliefert werden. Vernichtungsphantasien und angedrohte präventive Erstschläge aus dem Mund eines Milizoffiziers sind ein Alarmzeichen. Wer gebietet solchen politischen Verantwortungsträgern Einhalt, wer gebietet ihnen den sofortigen Rücktritt?

Für einen freien und unabhängigen ORF

Udo Bachmair

Die Medienenquete der Bundesregierung vergangene Woche in Wien hatte durchaus kompetente RednerInnen aufzubieten. Inwieweit die diversen Anliegen und Vorschläge auch tatsächlich realisiert werden, bleibt allerdings höchst fraglich. Besonders beim Thema ORF halten sich die Regierungsparteien weitgehend bedeckt. Sie stehen im Verdacht, ganz unabhängig von den Erkenntnissen der Medienenquete, etwa bezüglich der künftigen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ihre Pläne letztlich unbeirrt umzusetzen.

Vor allem Medienminister Blümel hüllt sich in der Frage der Finanzierung in Schweigen. Während die FPÖ das Vorhaben, den ORF künftig über das Bundesbudget zu finanzieren, nicht leugnet, versucht die Kanzlerpartei ÖVP entsprechende Pläne zu verschleiern. Unklar bleibt auch weiterhin, welche Regierungspläne in das geplante neue ORF-Gesetz einfließen werden. In Einem besteht Gewissheit: Der ORF dürfte unter schwarz-blau mehr denn je in Regierungsabhängigkeit geraten.

Diese und andere relevante Fragen hat die Intitiative „Wir für den ORF“ www.wirfuerdenorf.at mit großem Engagement thematisiert. Bei einer gut besuchten Kundgebung auf dem Karlsplatz hat sie als die bessere, öffentliche Medienenquete  die Wichtigkeit einer vielfältigen und unabhängigen Medienlandschaft in Österreich bekräftigt. Auch ich als Vertreter der Vereinigung für Medienkultur hatte Gelegenheit dazu.

( Redetext siehe www.medienkultur.at )

Mit dabei auf dem Karlsplatz war auch „Reporter ohne Grenzen“ mit einer Rede von Rubina Möhring. Deren Ansprache im Wortlaut:

Ich skizziere eine Zukunftsvision:
Stellen Sie sich folgende Situation vor. Sie stellen den Fernsehapparat an, ein moderierendes Etwas begrüßt Sie: „Servus am Puls der Zeit“. Sie gehen zu ORF 1, ORF 2, ORF 3: immer wieder dasselbe: „Servus am Puls der Zeit“. Ebenso auf den ORF-Radiokanälen: „Servus am Puls der Zeit“, Servus am Puls der Zeit, „Servus am Puls der Zeit“. Auf FM4 hieße das „Welcome in tune with the times“. – Aber FM4 gibt es nicht mehr.

Was an Information geliefert wird, ist dann ein Einheitsbrei, allenfalls garniert mit Sahnehäubchen in Form von Direktschaltungen zur Bundesregierung. Hier agieren nun ehemalige ORF-Journalistinnen und Journalisten als Mikrofonhalter. Auf der Kurzwelle kann man ab und zu sogar Regierende amtswalten hören. Kurzweilig ist das nicht, also schaut und hört niemand mehr hin. Den Menschen wurde das Abschalten antrainiert, auch was das Denken betrifft.

Wie das passieren konnte: Zuerst wurden dem einstigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Gebühren gestrichen. So wurde er vom Regierungsbudget und damit von der Regierungsmeinung abhängig gemacht. Zugleich wurde verfügt, dass er künftig mit den vergleichsweise jungen Privatsendern finanziell staatliche Förderungen teilen müsse. Allerdings ohne Teilhabe an deren Werbegelder. Verfügt wurde, dass er künftig den kommerziellen Privaten freien Gebrauch seiner Archive gewähren, seine Sendeeinrichtungen zur Verfügung stellen soll, usw. usw., eben alles, was gut und teuer ist.

Ein neues ORF-Gesetz hat dann schon längst geregelt, dass Auslandskorrespondentenbüros nicht mehr notwendig sind. Ausgerückt werden darf nur noch für die Berichterstattung aus dem Krähwinkel.

Breaking News auf der Website orf.at lauten dann: Der immer noch jugendliche Kanzler trägt nun Geheimratsecken und das Haar meliert. Morgen feiert der Kanzler seinen 50. Geburtstag. Seit er sein Studium abgebrochen hat, lebt er nur noch für Österreich.“ usw. usw. usw., Hat es so etwas jemals bei uns gegeben?

Wollen wir, dass der ORF scheibchenweise aufgeteilt wird zwischen einem deutschen Privatsender und einem Salzburger heimatorientierten Sender? Nein.

Wollen wir, dass der ORF zu einer Abspielfläche für Regierungen, zu einem Staatssender degeneriert? Nein.

Soll sich der ORF künftig primär nur um den Aufbau einer künftigen gesamteuropäischen Plattform à la Google kümmern? So einig, wie die EU Mitgliedsstaaten schon heute sind, kann das nur ein Himmelfahrtskommando und endgütiges Ende des ORF sein. Wollen wir das? Nein.

Was also wollen wir:
Wir wollen, genauso wie früher die heutigen Regierungsparteien selbst, dass der ORF politisch unabhängig bleibt, dass sich die Regierung nicht in die Redaktionsarbeit einmischt, dass dem politischen Postenschacher im ORF ein Ende bereitet wird, dass der ORF weiterhin über die GIS, also Gebühren, finanziert wird. Von der GIS profitieren ja auch die genannten privaten Sender – und wohlbemerkt zu einem nicht unerheblichen Anteil auch die Kulturbudgets der Bundesländer.

Wir wollen, dass auch diese Gelder dem ORF zu Gute kommen.

Wir wollen einen freien und unabhängigen ORF – unabhängig auch davon, welche Partei in Österreich gerade an der Macht ist.

 

 

Deutsche Solidarität mit attackierten ORF-Journalisten

Angriffe auf ORF-Journalisten : Der Kanzler schweigt..

Udo Bachmair

Österreichs Medienlandschaft ist-europaweit beispiellos-vom Boulevard dominiert. Seriöser und investigativer Journalismus  erscheint hierzulande daher nötiger denn je. Zudem lassen beispiellose Zugriffe einer Regierungspartei auf die Universitäten, den Verfassungsgerichtshof  und den ORF den Appell lauter werden: „Wehret den Anfängen !“ Vor allem dann, wenn engagierte und kritische ORF-JournalistInnen generell der Lüge bezichtigt und auch persönlich bedroht und diffamiert werden. Das trifft ins Mark von Medienfreiheit, Demokratie und Rechtsstaat. Vor allem dann, wenn die Attacken aus der Regierung kommen.

Die Versuche der FPÖ, JournalistInnen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzuschüchtern, quittiert die  Kanzlerpartei  ÖVP mit bisher weitgehendem  Schweigen. Auch den letzten kleinen bürgerlich-liberalen und christlich-sozialen Resten innerhalb der ÖVP hat es die Sprache verschlagen. So sind auch sie mitverantwortlich für eine Entwicklung, die Österreich weiter „orbanisieren“ könnte. Die Kurz-Partei ist nun umso mehr gefordert, da jetzt auch im (deutschen) Ausland vor einer Einschränkung der Medienfreiheit in Österreich gewarnt wird.

Eine Gruppe prominenter deutscher TV-ModeratorInnen hat nun Klartext gesprochen. Es sind so klingende Namen wie Anne Will, Maybrit Illner, Frank Plasberg  oder Claus Kleber u.v.a. , die in einem offenen Brief ihrer Sorge über die Entwicklung in Österreich Ausdruck verleihen. Das „denunziatorische“ Posting von FPÖ-Vizekanzler Strache gegen Armin Wolf und generell gegen den ORF sei ein Angriff auf die Pressefreiheit, nach ungarischem und polnischem Vorbild mit immer stärker werdendem Druck auf unabhängige und kritische Journalisten.

Auch der ORF-Publikumsrat, der ein letztes Mal in alter-noch nicht schwarzblau eingefärbter Zusammensetzung-getagt  hat, verurteilt „gezielte Attacken“ auf den ORF und Pläne zur Abschaffung der Rundfunkgebühr. Könnte sich der ORF nicht mehr auch über Gebühren finanzieren, wäre das das Ende des öffentlich-rechtlichen Unternehmens, geben Medienexperten zu bedenken.  Verträgt unsere ohnehin bereits so boulevardeske Medienlandschaft die Zerschlagung des ORF ? Klare Kanzler-Worte an seinen wild um sich schlagenden kleinen Koalitionspartner wären gefragt.

Bitte Termin vormerken:

Podiumsdiskussion

„Brauchen wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?“

18. April 19 Uhr im Presseclub Concordia – Bankgasse 8 – 1010 Wien

u.a. mit ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz

Moderation: Udo Bachmair, Vereinigung für Medienkultur

Hände weg vom ORF !

Steigender FPÖ-Druck auf den ORF

Udo Bachmair

ORF-Redakteure und Moderatoren sind seit längerem bereits im Visier der FPÖ. In den vergangenen Tagen und Wochen haben die Anti-ORF- Attacken einen neuen Höhepunkt erreicht. Einschüchterung und Bedrohung kritischer JournalistInnen sind eine auch demokratiepolitisch bedenkliche Entwicklung.

Ziel der vor allem via Facebook verbreiteten Angriffe ist wieder einmal Armin Wolf. Keine Überraschung, gehört er doch zu jenen ORF-Journalisten, die gut vorbereitet und journalistisch korrekt ihre Aufgabe erfüllen.

Kritik an ihm und manchen seiner KollegInnen ist durchaus legitim, die nun geübte Praxis aber, den ORF insgesamt abzuqualifizieren, steht dem Chef einer Regierungspartei in keiner Weise zu. Schon gar nicht, einzelne Redakteure zu diffamieren und generell der Lüge zu bezichtigen.

Nach den Gesprächen, die ich mit Ex-ORF-KollegInnen geführt habe, verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass der ORF noch nie in seiner Geschichte einem derart penetranten Druck ausgesetzt war wie in diesen Tagen und Wochen.

Dass mit dem ORF offenbar auch unabhängiger und seriöser Journalismus sturmreif geschossen werden soll, lässt die Alarmglocken schrillen. Droht unserem Land die Orbanisierung oder sind wir schon mitten auf dem Weg dorthin ?

Aus der Kanzlerpartei ÖVP ist bisher vornehmlich Schweigen zu vernehmen. Das wird der Kurz-schen neuer Volkspartei längerfristig nicht zum Vorteil gereichen. Sie läuft Gefahr, den bürgerlich-liberalen und christlich-sozialen Flügel ganz einzubüßen, wenn der Kanzler seinen ungezügelten Koalitionspartner nicht zur Ordnung ruft.

Trotz aller Fehlleistungen, die in einem großen Unternehmen passieren können ( Beispiel der verunglückte Tiroler Beitrag über den dortigen FPÖ-Chef ), darf der Wert des Öffentlich-Rechtlichen nicht pauschal in Misskredit gezogen werden. Dem Öffentlich-Rechtlichen a la ORF kommt gerade im Umfeld einer bedenklich hohen Konzentration an Boulevardmedien, die vielfach rechtspopulistisch infiziert sind, eine besonders wichtige Rolle zu. Hände weg vom ORF ! weiterlesen

Medien und Politik: Kurz polarisiert

Neuer starker Mann ?

Udo Bachmair

Messias, Heilsbringer, Erlöser, Alleinherrscher, Orban-Bewunderer, Österreichs Erdogan, etc.. So und ähnlich wird der große ÖVP-Hoffnungsträger Sebastian Kurz im Boulevard, vereinzelt aber auch in Qualitätsmedien, polemisch zugespitzt tituliert. Jedenfalls glaubt die ÖVP, der frühere (christlichsoziale) Inhalte verlorengegangen sind und die an ihrer schwerfälligen Struktur laboriert, nun also in einem „Dominator“ das Heil zu finden.

Ein Wunder nur und für viele überraschend, dass auch solche ÖVP-Politiker, deren Hausmacht Länder und Bünde sind, sich so ohne Weiteres demontieren lassen.. Geblendet von hohen Umfragewerten für den nun mit Allmacht ausgestatteten Jungpolitiker. Die Umfragehochs hat es zunächst übrigens auch für einen Karl Keinz Grasser oder einen Werner Faymann gegeben…

In der Serie der Kommentare zum „Umsturz“ innerhalb der einst staatstragenden Partei sticht besonders die nun folgende Analyse des Politikwissenschafters Anton Pelinka hervor :

Ist die ÖVP noch zu retten ?

Sebastian Kurz hat seine Partei abgeschafft und eine Forza Austria aus der Taufe gehoben: Sie dient als Applauskulisse für einen politischen Senkrechtstarter.

Von Anton Pelinka

(Aus der ZEIT Nr. 21/2017)

Die Idee hatten schon einige vor Sebastian Kurz. Erhard Busek etwa, der irgendwann in den dürren Jahren der Volkspartei die Auflösung und dann freilich die sofortige Neugründung dieser so mühsam zu führenden Partei empfahl. Sebastian Kurz ist da bescheidener: Er verlangt nur die Auflösung seiner Partei. Und diese hat nun mit demonstrativer Lust und Freude auf die zentrale Kompetenz, die einer Partei im System der parlamentarischen Demokratie zukommt, verzichtet – auf die Nominierung der Personen, die für einen Sitz im Parlament kandidieren.

Diese Aufgabe haben die schwarzen Granden nun an einen abgetreten, dem sie nur deshalb so blindlings vertrauen, weil er seit geraumer Zeit gute Umfragewerte hat. Ob sich die Liste Sebastian Kurz als reines Instrument persönlicher Ambitionen entpuppt, ob sie sich zu einer neuen Partei mausert oder ob hinter dem dynamischen Appeal nicht doch die alte Volkspartei wieder zum Vorschein kommt – für alles, was da noch kommen kann, hat die Partei die Verantwortung an eine einzige Person delegiert.

Nun hat die ÖVP ihren eigenen Dominator auf den Schild gehoben – ihren mit hoch gespannten Erwartungen ausgestatteten Retter aus der Not. Die ÖVP war es leid, seit Jahren immer nur als Dritte gehandelt zu werden. Dass Wolfgang Schüssel einmal aus der Position des Dritten das Kanzleramt erobert und dieses dann mit einem fulminanten Wahlsieg verteidigt hatte, das mag Kurz, den viele in der ÖVP schon als den Widergänger des letzten schwarzen Kanzlers sehen, als Muster vorschweben. Chancen auf solch einen Erfolg hat er auch – freilich wohl nur im Bündnis mit den Freiheitlichen.

Nach Anthony Downs – dessen Ökonomische Theorie der Demokratie aus dem Jahr 1957 eigentlich alle kennen sollten, die sich mit Politik beschäftigen – lassen Parteien und Politiker nichts unversucht, um einen Wahlerfolg zu sichern. Sie werden um des Erfolges willen alle Grundsätze über Bord werfen, die sie gestern noch beschworen haben, und alle Freunde opfern, die auf dem Weg zur Spitze noch nützlich gewesen waren.

Kurz soll also die Volkspartei retten. Freilich gleicht das, was die ÖVP gerade macht, einem Selbstmord aus Furcht vor dem Tod. Medien und Politik: Kurz polarisiert weiterlesen

Politik der kalkulierten Angst

Flüchtlinge: Kirchen trotzen Rechtspopulismus

Udo Bachmair

Der rechte Zeitgeist scheint Österreich besonders stark erfasst zu haben. Rechtspopulistische Positionen sind weitgehend salonfähig geworden. Im Medienbereich am konsequentesten aufbereitet hat den Boden dafür die Kronenzeitung. Sie hat jüngst ganz unverblümt eine Wahlempfehlung für die FPÖ abgegeben: „Her mitder FPÖ“ – so war eine Glosse von Peter Gnam in der besonders weit verbreiteten Sonntagsausgabe des Massenblatts überschrieben. Die „Krone“ wirbt seit Jahren in diversen Kommentaren sowie durch einseitige Auswahl von Leserbriefen für Meinungen und Haltungen, die Werten wie Humanität, Empathie, Solidarität diametral entgegenstehen. Werte, die (früher) auch Sozialdemokraten vertreten (haben). Diese haben sie rund um die Flüchtlingskrise jedoch weitgehend verraten.. Aus der Angst heraus, weiteres Stimmenpotential an die Rechtspopulisten zu verlieren. Viele in der SPÖ durchschauen nicht, dass ihnen diese „Strategie“ politisch nichts bringen wird..

Unbeirrt ihren Grundsätzen verpflichtet erscheinen hingegen die Kirchen. Sie konterkarieren am klarsten den weiter um sich greifenden Rechtspopulismus, dessen Grenzen zu reinem Rassismus nicht selten verschwimmen, wie u.a. die zahlreichen Hasspostings im Internet belegen.. In zahlreichen Stellungnahmen zur Flüchtlingsfrage lassen Kirchenvertreter keine Zweifel an Menschlichkeit und Nächstenliebe. Die Flüchtlingspolitik der Regierung mit den Hauptmerkmalen „Grenzen dicht“ und „Festung Europa“ betrachten die Repräsentanten christlicher Kirchen, aber auch Grüne, Linke und Hilfsorganisationen als extrem inhuman.

Die Haltung der Kirchen sei an kurzen Auszügen diverser Statements der letzten Zeit dokumentiert:

„Im Gegensatz zu europäischen Werten sehen wir Akteure, die fremdenfeindliche Ressentiments schüren, missgünstige Gerüchte über Flüchtlinge verbreiten – nicht zuletzt um davon im politischen Wettbewerb zu profitieren. Eine solche kalkulierte Politik der Angst lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab.“ (Gemeinsame Erklärung von 50 katholischen und evangelischen Theologen)

„Eine humane Lösung des Flüchtlingsproblems ist nur möglich, wenn in Europa das Prinzip der Solidarität in den Mittelpunkt gestellt wird“ (Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich)

„Griechenland mit den hohen Flüchtlingszahlen alleine zu lassen, ist ein unfairer Akt und keine Lösung“ ( Metropolit Arsenios)

„Ich glaube, dass die Gesellschaft vor die Hunde geht, wenn wir uns von der Fähigkeit des Mitgefühls abschneiden“ (Evangelisch-lutherischer Bischof Michael Bünker)

„Es ist beschämend, dass es in der Flüchtlingsfrage keinen europäischen Konsens gibt. Das Schließen der Balkanroute ist einseitig erfolgt, ohne Griechenland und Deutschland. Das halte ich für einen Akt mangelnder europäischer Solidarität“ ( Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn ).

„Die derzeitige Asylpolitik der meisten EU-Staaten, darunter Österreich, ist die systematische Zerstörung eines gemeinsamen Europa. Sie geschieht unter dem höhnischen Beifall nationalistischer und rechtsextremer Kräfte, und dafür klopfen sich christdemokratische und sozialdemokratische Politiker auch noch selbst auf die Schulter“ (Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich)