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Mediale Giftmischung

Einen Krieg beginnen – immer –so genannte „Eliten“, nicht die kleinen Leute. Diese „Eliten“ haben Interessen an Ressourcen, streben nach Macht, Übermacht, Hegemonie. Bezeichnend ist, daß diese grundlegende Betrachtungsweise weitgehend außer Acht gelassen wird beim Thema Ukraine.

Peter Stribl *

Es wird verfahren, als hätte der Krieg vor einem Jahr aus heiterem Himmel begonnen. Ohne Vorgeschichte, ohne die Strategien Zbigniew Brzezińskis und die nachfolgenden Fakten. NATO-Osterweiterungen z.B., Victoria Nulands „fuck the EU“ oder Hunter Bidens Geschäfte in der Ukraine.

Die Berichterstattung der „Qualitätsmedien“ ordnet sich diesen planvoll projizierten Bildern in vorauseilendem Gehorsam bereitwillig unter. So hat tagesschau.de das Zitat Baerbocks, „wir führen einen Krieg gegen Russland“, erst mit zwei Tagen Verspätung vermeldet. Dafür aber mit Vorwürfen gespickt, interessierte Kreise würden versuchen, daraus Vorteile zu ziehen – als wenn Baerbock diese Äußerung nicht getätigt hätte. „Das wird Russland ruinieren“ wird ebenso gerne in der Vergessenheit versenkt. Russland soll ruiniert werden, nicht Putin, Lawrow oder Russlands Oligarchen. Ein ganzes Land ist gemeint und auch dessen Bevölkerung.

Seymour Hersh wird für seine Veröffentlichung zu Nordstream 2 mit Sätzen kommentiert, die direkt aus Langley stammen könnten. Sicherlich, eine anonyme Quelle ist journalistisch dünnes Eis. Aber waren da nicht auch Äußerungen Joe Bidens, die eindeutig die Annahme zuließen, Nordstream 2 werde verhindert, mit allen Mitteln?

Eine weitere mediale Baustelle: Die Tagesschau kritisiert, Assad instrumentalisiere das Erdbeben für seine Zwecke. Die Sanktionen der EU werden dabei manipulativ verwendet, wie auch unterschlagen wird, welche Vorgeschichte Idlib zugrunde liegt. Al Kaida, IS, alles zusammengefasst unter „Rebellen“. Kommt ja auch viel besser an.

Am 13.2. brachte die ARD einen Film über die Ukraine und danach „Hart aber fair“ zum selben Thema. Die Auswahl der Gäste hat unter Gewissheit den einen oder anderen Zuseher bewogen, besser ein gutes Buch zu lesen als die Sendung zu verfolgen. Ein Pazifist wird sich nicht Andrij Melnyk antun, wenn warme Milch und eingerührter Senf zur Verfügung stehen.

Die mediale Giftmischung wird abgerundet mit dem Versuch, alles den runterprasselnden Einseitigkeiten Widerstrebenden in die politisch rechte Ecke zu verfrachten. Populisten, Punkt, fertig. Wenn jemand als Putin- oder Russland-Versteher beschimpft wird, lässt das tief blicken. Etwas zu verstehen hat nichts damit zu tun, für etwas Verständnis aufzubringen. Etwas zu verstehen ist unerlässlich für eine korrekte Analyse, nicht mehr und nicht weniger.

Es sollte die Bemühung vorherrschen, den Konflikt in der Ukraine umfassend zu verstehen. Wie aus dem Einheitsbrei der „Qualitätsmedien“ zu urteilen ist, braucht es dazu mehr als einseitige Quellen, Geheimdienstdossiers oder staatliche Stellungnahmen. Nützlich dabei kann nicht zuletzt die Betrachtung des Begriffs Demokratie sein. Kein Volk dieser Erde strebt aus eigenem Interesse einen Krieg an, es sind immer nur Eliten, Oligarchen, Mächtige. Deren Interessen an Bodenschätzen etc. führen zu Konflikten und eben schlimmstenfalls zu Kriegen. Dem entsprechend sind diese Eliten, Oligarchen und Mächtigen ihrer undemokratischen Mittel zu entledigen. Weltweit. Denn wahre Demokratie bedeutet Frieden.

* Peter Stribl ist Politik- und Medienanalyst und lebt in Deutschland

Ein Videotipp :

Aufzeichnung einer differenzierenden Debatte zum Thema „Ukrainekrieg und die Berichterstattung westlicher Medien“ im Presseclub Concordia in Wien.
Eine Veranstaltung der Vereinigung für Medienkultur :

Russland- und Moskaubild eines Experten

Prof. Karl Schlögel – Historiker und Russland-Experte

Hans Högl

Kürzlich kam ich von der Reise nach Moskau und St. Petersburg zurück und erlebte dieses Land in vielen Punkten sehr überraschend,  jedenfalls anders als in der üblichen Mediendarstellung.  Da meine Eigenerfahrung  punktuell ist, folge ich sinngemäß einer anschaulichen Darstellung von Karl Schlögl, mit der ich mich identifiziere.

Es gibt einen soliden Fundus von Russlandbildern jenseits der tagespolitischen Meldungen. Sie besagen: „Russland besteht nicht nur aus Katastrophen, Havarien, Streiks, Auftragsmorden, demographischem Niedergang. Es gibt ein Russland der großen Ströme, der unermesslichen Weite.“ (p. 182.). Russland, das unermessliche Land,  ist das Land der Ungleichzeitigkeit, des Nebeneinanders, Zusammenbrüche stehen neben Boomstädten. Arbeitsmigranten kommen aus Nachbarländern.

Moskau ist die Stadt der 3,4 Millionen Autos. Es gibt einen tosenden, dröhnenden Lärm, der über die Ringe und Boulevards jagenden Autos.  Der Automarkt und Autoverkehr explodiert, Supermärkte wachsen in amerikanischem Stil. Das Land hat den Kommunismus längst hinter sich gelassen und ist übergangslos im letzten Stadium des Konsumismus gelandet. (Und es besteht eine ansehnliche Mittelschicht und kleinbürgerliche Mittelständer, auf welche die Oligarchen verächtlich blicken.  In den Medien wird die soziale Welt auf Oligarchen und Arme verkürzt. Die Mittelschicht kommt nicht vor. „Mehr als eine Million zur Mittelschicht gehörenden, meist hochqualifizierten Bürgern sind ausgewandert (p. 241 f.). Russland- und Moskaubild eines Experten weiterlesen

Griechenland: Zeitungen der Oligarchen und Feindbilder

Hans  H ö g l

Medienkonzentration ist eine enorme Gefahr für die politische Meinungsbildung. Wählen wir das Beispiel Griechenland. Die wichtigsten Zeitungen sind in den Händen der Oligarchen, der reichsten Familien Griechenlands. Vor einigen Tagen brachten wir dafür die Belege im Detail.  Die Oligarchen vermochten sich  sogar in der griechischen Verfassung mit Zweidrittelmehrheit abzusichern  –  und in den Zeiten der sozialdemokratischen und konservativen Regierungen galt dies, dass sie, die Allerreichsten,  minimale Steuern zahlen mussten und  Profite ins Ausland transferieren konnten.  

Nun fürchten die oligarchischen Familien nichts mehr, als  zur Kasse gebeten zu werden.  Erstaunliches teilte am Donnerstag, den 16. Juli 2015, ein Schweizer Experte im ORF-Morgenjournal mit:  Auch die jetzige griechische Linksregierung hat bisher noch keine Anstalten gemacht,  auf die griechischen Schwarzkonten in der Schweiz zuzugreifen – nach dem Muster der  österreichischen Regierung.

Da bietet sich an,  von den eigenen Verwicklungen der Oligarchen und dem eigenen Verschulden Griechenlands abzulenken und mit unglaublich aggressiven Äußerungen gegen  die Gläubigerinstitutionen zu agitieren und vor allem gegen Deutschland. – Wir können hier nur Bekanntes andeuten,  dass die deutsche Industrie von Griechenland enorm profitierte und dass von den enormen Summen, die an Griechenland überwiesen werden, der größte Teil vor allem an französische und deutsche Banken zurückfließt. Uns geht es hier primär im Sinne von Medienkultur festzustellen, dass griechische Zeitungen anstelle auch eigenes  Mit- Verschulden einzubekennen, extreme Feindbilder aufbauen und darum eine Problemlösung erschweren.