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Zügelung des freien Markts

„Donald Trump und das Ende der Globalisierung“ hieß die jüngste Folge des ORF-Wirtschaftsmagazins ECO in ORF2.

Wolfgang Koppler *

Der ORF-Beitrag wirkte auf mich etwas widersprüchlich. Da wurden vor allem die Vorteile der Globalisierung bzw. des weltweiten Wettbewerbs für unseren Wohlstand hervorgehoben. Und Nachteile kleingeredet. Der Verlust von Arbeitsplätzen durch die Verlagerung von Produktionen sei nur vorübergehend und würde durch die Schaffung neuer, hochqualifizierter Jobs wieder ausgeglichen. Und die Proteste seien sowieso verstummt. Von Umweltbelastungen durch weite Transportwege war nicht die Rede. Auch nicht von der demokratiepolitisch äußerst bedenklichen Macht der Großkonzerne, ihrem Einfluss auf Medien und Politik. Und auch nicht die Verdrängung etwa des stationären Handels durch Onlinehandel von kaum kontrollierbaren Billigprodukten uva. Die Finanzkrise 2008 wurde überhaupt unter den Tisch gekehrt. –

Aber immerhin durfte der ehemalige Bundeskanzler Christian Kern dann in einem Interview feststellen, dass der freie Markt nicht von selber funktioniere und Regulierung benötige. Wie das im weltweiten Wettbewerb – mit einer die Macht einzelner Staaten weit übersteigenden Wirtschaftsmacht von Konzernen – funktionieren solle, erklärte er nicht. Vielleicht könnte eine gewisse Abschottung von Großmächten wie den USA und China zu einem eigenständigeren und selbstbewussteren Europa führen. Mit sinnvollen Regulierungen, die anderen als Vorbild dienen können. Und einer geringeren Abhängigkeit von anderen Märkten. Vielleicht zeigt zunehmende Eigenständigkeit, dass grenzenloses, rein quantitatives Wachstum nicht alles ist. Weil wir uns damit letztendlich ruinieren. Ökologisch, sozial, wirtschaftlich und seelisch.

Und was Russland und China betrifft: Wer sagt, dass Russland sich auf ewig an China bindet und sich Europa nicht wieder zuwenden kann? Gehört es letztlich nicht auch zu Europa, wenn man zu einem vernünftigen Verhältnis findet und die Feindbilder nicht von beiden Seiten aufgeschaukelt werden?

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler lebt als Journalist und Jurist in Wien

Umgang mit knappen Ressourcen

Die Themen Wohnungsnot einerseits und Bodenversiegelung anderseits gehören zu den vordringlichsten Problemen der Gegenwart. Nur selten widmen sich Medien dieser Thematik so wie die jüngste Ausgabe des ORF-Wirtschaftsmagazins Eco.

Wolfgang Koppler *

Im gegenständlichen Eco-Beitrag ging es um zum einen um Abgaben für ungenutztes Bauland, die von einigen Bundesländern eingehoben werden, um die Grundeigentümer zum Verkauf statt zum Horten wertvoller Baugründe zu bewegen. Immerhin 21 % der als Bauland gewidmeten Gründe liegen brach, auch innerhalb von Siedlungsgebieten, während anderseits immer mehr Ackerflächen an der Peripherie in Bauland umgewidmet und dann aufwendig erschlossen werden. Was natürlich auch zu weiterer Zersiedelung und Bodenversiegelung führt. Und zu Wohnraumnot und einem weiteren Anstieg der Grundstückspreise. Die dann wiederum jenen zugute kommen, die mit ihrem Bauland spekulieren.

Abgaben von einigen Tausend Euro pro Jahr werden natürlich nicht alle zu einem Verkauf ihrer Grundstücke bewegen, aber einige vielleicht doch. In Innsbruck hat man noch eine andere Idee: Die Aktivierung eines Bundesgesetzes aus dem Jahre 1974 (des so genannten Bodenbeschaffungsgesetzes), das im Falle eines im Gesetz definierten Wohnungsnotstands sogar Enteignungen gegen Entschädigung ermöglicht. Das Land Tirol müsste dazu eine entsprechende Verordnung erlassen und sperrt sich natürlich, zumal das Eigentum ja geradezu als unantastbar gilt. Interessanter Weise haben sich auch SPÖ, Liste Fritz und sogar die Neos dem Ansinnen der Innsbrucker Grünen angeschlossen. Man wird sehen, ob sie es wirklich ernst meinen.

Im Standard ist dazu schon im Vorjahr ein bemerkenswerter Artikel erschienen, der ausnahmsweise einmal eine wirklich interessante und differenzierte Leserdiskussion auslöste. Da tauchten interessante Zahlen auf, wonach zwar die Zahl der Wohnungssuchenden das Angebot erheblich übersteigt, aber anderseits auch viele leerstehende Wohnungen gar nicht auf den Markt kommen. Zahlen, die zeigen, dass mit Abgaben auf Bauland allein dem Problem wohl nicht beizukommen ist: Es wird auch Leerstehungsabgaben und andere Lenkungsinstrumente benötigen. Wie etwa eine strengere Raumordnung ohne Möglichkeit zur Willkür von Bürgermeistern und Gemeinderäten. Und strengere Bestimmungen für Appartmentvermietungen, die dem Markt jedes Jahr Tausende Wohnungen entziehen.

Ein Tabu für unseren neoliberal geprägten Journalismus. Sozialbindung des Eigentums ? Verantwortungsvoller Umgang mit knappen Ressourcen ? Ökosoziale Marktwirtschaft ? Das war einmal. Solche Gedanken gelten ja inzwischen geradezu als kommunistisch.

https://www.derstandard.at/story/2000138276599/enteignungen-das-innsbrucker-experiment

* Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien