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ORF: Todesstoß nur knapp abgewendet

Jüngste Enthüllungen zeigen, wie knapp der ORF an seiner Zerschlagung vorbeigegangen ist.

Udo Bachmair

Um ein Haar wäre sie Realität geworden: Die Zerschlagung des ORF. Der Machtrausch der Regierung Kurz/Strache nach dem Vorbild des Autokraten Viktor Orban hätten den ORF und letztlich auch die übrige Medienlandschaft Österreichs beinahe unter totale Regierungskontrolle gebracht. Das geht einerseits aus Straches auf Ibiza geäußerten Plänen hervor, einen ORF-TV-Kanal an einen superreichen Investor zu veräußern. Andererseits aus den nun enthüllten Geheimabsprachen aus der Zeit der ÖVP/FPÖ-Koalition, dem ORF die Gebühren zu streichen.

Diese Maßnahme hätte den ORF ins Mark getroffen. Vor allem aber auch die Absicht, den Wegfall der ORF-Gebühren mehr oder weniger aus dem Bundesbudget auszugleichen. Damit wäre der öffentlich-rechtliche Rundfunk fix an die schwarz-blauen Kandare genommen worden. Der Plan war jedoch zum Scheitern verurteilt. Er war an die Öffentlichkeit gelangt und hatte entsprechenden Widerstand erzeugt. ÖVP und FPÖ mussten sich damit begnügen, sich zumindest die wichtigsten Führungspositionen im Unternehmen aufteilen zu können.

Der Unart der Geheimabsprachen konnte sich auch der grüne Koalitionspartner nicht entziehen. Er wurde dabei ertappt, ebenfalls Absprachen über personelle ORF-Besetzungen getroffen zu haben. Der Unterschied zu schwarz-blau ist jedoch evident: Während die ÖVP/FPÖ-Koalitionäre den ORF in seiner bisherigen Form offenbar nicht mehr wollten, wehrten sich die Grünen als neuer Partner gegen eine Zerschlagung des öffentlich rechtlichen Rundfunks. Jedenfalls bisher erfolgreich. Auch demokratiepolitisch ein Erfolg.

Übrigens hält das ORF-Gesetz ( § 1 ) die „Sicherung der Objektivität und Unparteilichkeit sowie die Unabhängigkeit von Personen und Organen des ORF“ fest. Eine Pflichtlektüre für all diejenigen, die den ORF parteipolitisch missbrauchen wollen.

Die ORF-Journalist*innen haben die auch vom ORF-Redakteursstatut zugesicherte Eigenständigkeit immer wieder verteidigt und zu Teilen auch erhalten können. Klar äußert sich der durchaus selbstbewusste Redakteursrat zu den umstrittenen Nebenabsprachen:

„Wir verurteilen die Postenschacherei auf das Schärfste“

Ein verhängnisvoller Irrtum

Die Entscheidung des Westens, die NATO bis an die Grenzen Russlands auszudehnen, ist für Russlandexperten der Hauptgrund für den aktuellen Konflikt. Ein Aspekt, der in der westlichen Berichterstattung wenig bis nicht vorkommt.

Udo Bachmair

Die Ausweitung der NATO bis unmittelbar an die russische Westgrenze ist für Moskau ein tief sitzender Stachel im Fleisch seiner Sicherheitsinteressen. Die Androhung der USA und der NATO, nach den baltischen Ex-Sowjetrepubliken auch die Ukraine und Georgien als Mitglieder der westlichen Militärallianz aufzunehmen, erscheint in den Augen Russland als weitere schwerwiegende Provokation.

Die NATO-Osterweiterung mit all ihren höchst bedrohlichen Konsequenzen für den Frieden in Europa ist selten bis nie Gegenstand der Berichterstattung in westlichen Medien. Diese brandmarken nahezu unisono Russland als einzigen Provokateur und Kriegstreiber. Umso überraschender und erstaunlicher ein Bericht diese Woche in der ZiB 1 des ORF.

Unverblümt hat der ZiB 1-Bericht an die Bedenken von George Kennan erinnert, des langjährigen Osteuropa- und Russlandspezialisten sowie Planungschefs im US-Außenministerium der späten Neunziger-Jahre. Kennan bezeichnet darin eine NATO-Ostererweiterung als „verhängnisvollsten Fehler der US-Außenpolitik der Nachkriegszeit“.

In der TV-Thek des ORF ist der bemerkenswerte Beitrag noch 6 Tage abrufbar unter

https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-1/1203/ZIB-1/14120933/Rolle-der-NATO-bei-Ukraine-Konflikt/15082555

Der Ukraine-Korrespondent des ORF, Christian Wehrschütz, hat am Mittwoch – in Ergänzung und Bestätigung des Beitrags in der ZiB-1 – auf Facebook einen Artikel von George Kennan in der „New York Times“ aus dem Jahre 1997 gepostet. Kennan hat vor der von Clinton betriebenen Ausdehnung der NATO in Richtung Russland von Anfang an gewarnt. Sein Gastbeitrag in der „New York Times“ wurde damals viel beachtet:

EIN VERHÄNGNISVOLLER IRRTUM

Von George Kennan

5. Februar 1997, New York Times, Section A, Page 23

Ende 1996 wurde der Eindruck zugelassen bzw. erweckt, dass irgendwie und irgendwo beschlossen wurde, die NATO bis an die Grenzen Russlands zu erweitern. Und dies, obwohl vor dem nächsten Gipfeltreffen des Bündnisses im Juni kein förmlicher Beschluss gefasst werden kann.

Der Zeitpunkt dieser Enthüllung – zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen und den damit verbundenen Veränderungen bei den verantwortlichen Persönlichkeiten in Washington – machte es dem Außenstehenden nicht leicht zu wissen, wie oder wo er ein bescheidenes Wort des Kommentars einfügen sollte. Auch die Zusicherung an die Öffentlichkeit, dass die Entscheidung, so vorläufig sie auch sein mag, unwiderruflich sei, hat die Meinung von Außenstehenden nicht gerade gefördert.

Aber hier geht es um etwas von höchster Bedeutung. Und vielleicht ist es noch nicht zu spät, um eine Ansicht zu vertreten, die, wie ich glaube, nicht nur die meine ist, sondern von einer Reihe anderer mit umfangreichen und in den meisten Fällen neueren Erfahrungen in russischen Angelegenheiten geteilt wird. Die Ansicht ist, unverblümt gesagt, dass die Erweiterung der NATO der verhängnisvollste Fehler der amerikanischen Politik in der gesamten Nachkriegszeit wäre.

Es ist zu erwarten, dass ein solcher Beschluss die nationalistischen, antiwestlichen und militaristischen Tendenzen in der russischen Öffentlichkeit anheizen, sich negativ auf die Entwicklung der russischen Demokratie auswirken, den Ost-West-Beziehungen wieder die Atmosphäre des Kalten Krieges verleihen und die russische Außenpolitik in eine Richtung lenken würde, die uns ganz und gar nicht gefällt. Und nicht zuletzt könnte es dadurch sehr viel schwieriger, wenn nicht gar unmöglich werden, die Ratifizierung des Start-II-Abkommens durch die russische Duma zu erreichen und weitere Reduzierungen der Atomwaffen zu erzielen.

Es ist natürlich bedauerlich, dass Russland mit einer solchen Herausforderung zu einer Zeit konfrontiert wird, in der sich seine Exekutive in einem Zustand großer Unsicherheit und Beinahe-Lähmung befindet. Und es ist doppelt unglücklich, wenn man bedenkt, dass es für diesen Schritt überhaupt keine Notwendigkeit gibt. Warum sollten sich die Ost-West-Beziehungen bei all den hoffnungsvollen Möglichkeiten, die das Ende des Kalten Krieges mit sich bringt, auf die Frage konzentrieren, wer mit wem und damit gegen wen in irgendeinem phantastischen, völlig unvorhersehbaren und höchst unwahrscheinlichen künftigen militärischen Konflikt verbündet sein wird?

Ich bin mir natürlich bewusst, dass die NATO Gespräche mit den russischen Behörden führt, in der Hoffnung, Russland den Gedanken einer Erweiterung erträglich und schmackhaft zu machen. Unter den gegebenen Umständen kann man diesen Bemühungen nur Erfolg wünschen. Wer jedoch die russische Presse ernsthaft verfolgt, kann nicht umhin festzustellen, dass weder die Öffentlichkeit noch die Regierung die geplante Erweiterung abwarten werden, bevor sie darauf reagieren.

Die Russen sind wenig beeindruckt von amerikanischen Beteuerungen, dass sie keine feindlichen Absichten hegen. Sie würden ihr Prestige (das für die Russen immer an erster Stelle steht) und ihre Sicherheitsinteressen beeinträchtigt sehen. Natürlich hätten sie keine andere Wahl, als die Expansion als militärische Tatsache zu akzeptieren. Aber sie würden sie weiterhin als eine Brüskierung durch den Westens betrachten und wahrscheinlich anderswo nach Garantien für eine sichere und hoffnungsvolle Zukunft für sich selbst suchen.

Es wird natürlich nicht leicht sein, eine bereits getroffene oder von den 16 Mitgliedsländern der Allianz stillschweigend akzeptierte Entscheidung zu ändern. Vielleicht kann diese Zeit genutzt werden, um die vorgeschlagene Erweiterung in einer Weise zu ändern, die die unglücklichen Auswirkungen, die sie bereits auf die russische Meinung und Politik hat, abmildern würde.

Die NATO und der russische Bär

Der Konflikt zwischen der NATO und Russland rund um die Ukraine dominiert zurzeit die (oft einseitige) außenpolitische Berichterstattung.

Udo Bachmair

Trotz früherer Versprechen westlicher Politiker hat die NATO ihr Einflussgebiet bis unmittelbar zur russischen Westgrenze ausgeweitet. Die baltischen Ex-Sowjetrepubliken sind bereits Mitglieder des westlichen Militärbündnisses, die neutralen (!) Staaten Schweden und Finnland, das eine besonders lange gemeinsame Grenze mit Russland hat, sind potentielle künftige Mitglieder. Zudem sieht sich Moskau durch die EU-Annäherung der Ukraine und eine ebenfalls diskutierte NATO-Mitgliedschaft in seiner Sicherheit bedroht und hat seinerseits Truppen an der Grenze stationiert.

Politik und Medien im Westen sehen meist nur Russland als Provokateur und Säbelrassler. Russische Sicherheitsinteressen und das subjektive Gefühl von Bedrohung durch den Westen werden dabei weitgehend ignoriert bzw. nicht ernstgenommen. Leider auch immer wieder vom ORF, der schon kraft ORF-Gesetz die Vorgabe konsequent zu erfüllen hätte, auch in der außenpolitischen Berichterstattung beide Seiten eines Konflikts mit einzubeziehen.

Diesen immer wieder zu registrierenden journalistischen Qualitätsmangel hat der Welser Außenpolitikexperte Peter Öfferlbauer in einem Schreiben an den ORF folgendermaßen auf den Punkt gebracht :

Das US-Sicherheitsinteresse wird fraglos akzeptiert, aber dem russischen Bären darf man an den Pelz rücken?

Corona und Schweizer Kantone

Föderale oder zentrale Corona-Strategie?

Hans Högl

Mich wundert, dass im ORF immer wieder durchklingt, warum es in ganz Österreich nicht einheitliche Corona – Regeln gibt. Ja, es schafft keine Klarheit und verwirrt auch. Aber können denn die Regeln für eine Millionen-Stadt wie Wien identisch sein mit denen für das Mühlviertel, den Pinzgau und das Südburgenland und die Wachau und für die Obersteiermark?

Ein Blick auf die Schweiz: Im internationalen Vergleich haben die sechsundzwanzig (26!) Schweizer Kantone während der Pandemie einen hohen Autonomiegrad genossen. Ein Monitoring von Avenir Suisse schlüsselt auf, wie erfolgreich das war. Entscheidende Kriterien sind unter anderem eine funktionierende Teststrategie, rasche Impfkampagnen, Unterstützungsprogramme für die Wirtschaft und adäquate Konzepte für Hybridunterricht in den Schulen. In allen Punkten gab es regional starke Unterschiede.

Medien und die Klimakrise

Die Folgen des Klimawandels beschäftigt zunehmend auch die Medienwelt. Reizthemen wie Migration oder Corona werden damit teilweise bereits überlagert.

Udo Bachmair

Die spannende Thematik „Medien und die Klimakrise“ war jüngst Gegenstand einer Podiumsdiskussion, veranstaltet vom renommierten Presseclub Concordia. Der engagierte Club wollte damit aufzeigen, dass die Klimaproblematik uns auch medial eingeholt hat. Dabei stellen sich u.a. folgende Fragen: Wie berichtet man verantwortungsvoll über Folgen, wissenschaftliche Erkenntnisse, Betroffene, Verantwortliche und Lösungen für die Klimakrise? Welche Verantwortung tragen Medien dabei? Wie stellen sich Redaktionen darauf ein?

Petra Stuiber, stv. Chefredakteurin des „Standard“ beteuerte, dass ihre Zeitung dem Klimathema großen Raum einräume. Sie hält jedoch ein eigenes Klimaressort für nicht zwingend notwendig. Die komplexe Causa sei nämlich ressortübergreifend. Sie habe etwa sowohl europapolitische als auch wirtschaftspolitisch starke Tangenten. Mit ähnlicher Argumentation outete sich auch ORF2-Chefredakteur Matthias Schrom als Gegner eines eigenen Klima-Ressorts.

Michael Jungwirth, Leiter der Wien-Redaktion der Kleinen Zeitung berichtete stolz über die Gründung einer Klima-Taskforce in seiner Zeitung. Jedes Ressort verfüge über einen speziellen Klima-Experten, eingebunden in ein innerredaktionelles Netzwerk. Größte Herausforderung sei es, diejenigen an Bord zu holen, die anderer Meinung sind. Es gelte, Klimawandelleugner oder -skeptiker ernst zu nehmen und sie ohne erhobenen Zeigefinger faktenorientiert ans Thema heranzuführen. Dies sei auch in der Corona-Debatte der richtige Weg.

Ähnlich Petra Stuiber: Sie betrachtet es als wichtigen Aspekt, den Diskurs mit UserInnen und LeserInnen zu verstärken. Menschen auch mit ganz anderen Ansichten sollten auf Augenhöhe miteinander reden können. Ein frommer Wunsch, so ein Kommentar aus dem Publikum.

Medienkritik in Sachen Klimaberichterstattung hielt sich in der Publikumsdiskussion insgesamt in Grenzen, trotz der Teilnahme mehrerer vor allem junger engagierter Frauen. Dass im Speziellen der ORF zu wenig berichten würde und Klimathemen oft weit nach hinten gereiht werden, wies ORF-Sprecher Schrom zurück.

Die Diskussionsveranstaltung war eine Kooperation von Presseclub Concordia, fjum und dem Netzwerk Klimajournalismus Österreich – letzteres vernetzt Klimajournalist:innen und befördert den Austausch über adäquate Klimaberichterstattung.

ORF als Spielball der Politik

Angesichts der Wahl der neuen ORF-Spitze durch den Stiftungsrat stellt sich mehr denn je die Frage nach der Unabhängigkeit der Berichterstattung des für Österreichs Medienlandschaft wohl wichtigsten Unternehmens.

Udo Bachmair

Im ORF-Stiftungsrat, dem oberstes Entscheidungsgremium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, kann erstmals eine klare Mehrheit der größeren Regierungspartei einen ORF-Generaldirektor allein bestimmen. Das Gremium ist offiziell unabhängig, gemäß österreichischer Realpolitik jedoch parteipolitisch besetzt.

Dass nun die Regierung ohne Rücksicht auf Oppositionsparteien einen nur ihr genehmen Kandidaten in den ORF-Chefsessel hieven kann, erscheint Medienbeobachtern demokratiepolitisch höchst bedenklich. Es liegt nun an den ORF-Journalisten, trotz aller Einflussversuche unabhängige Berichterstattung zu garantieren.

Zur Causa ORF im Folgenden ein Auszug aus einer Rede, die ich aus Anlass einer alternativen Medienenquete gehalten habe :

Ein unabhängiger Rundfunk ist unverzichtbarer denn je.

Natürlich kann und soll der Wert des Öffentlich-Rechtlichen neu diskutiert, teils auch neu definiert werden.

Das erscheint umso notwendiger im Umfeld einer Medienlandschaft, die geprägt ist von einem beispiellosen Konzentration an Boulevardmedien speziell im Osten unseres Landes.

Dem ORF und den Qualitätszeitungen kommt in dem Zusammenhang eine besondere Rolle zu. Auch als Gegengewicht zu all dem, was sich an höchst bedenklichen Inhalten in den sogenannten „Sozialen“ Medien abspielt. Hass und Hetze gegen Minderheiten, insbesondere gegen Flüchtlinge und Asylwerber.

Der ORF dagegen muss ein Hort sein für seriösen differenzierenden Qualitäts-Journalismus

Er kann die Rolle aber nur dann erfüllen, wenn von ihm und seinen Programmitarbeitern Druck genommen wird.

Und: Wenn auch seine Finanzierung gesichert ist.

Aus meiner Sicht sollte das bisherige Finanzierungsmodell erhalten bleiben, teils Werbeeinnahmen, teils Einnahmen über die Gebühren. Diese jedenfalls sollten von den jeweiligen Landesabgaben entschlackt werden.

Keinesfalls zu begrüßen wäre der Vorschlag, den ORF aus dem Bundesbudget zu finanzieren. Denn dann müsste die ORF-Führung jährlich zum Finanzminister pilgern, um demütig die Sicherstellung der weiteren Finanzierung zu erbitten.

Erwartetes Wohlverhalten seitens des ORF verstünde sich in diesem Fall wohl von selbst. Auf der anderen Seite ein noch effektivere Zugriffsversuche der großen Regierungspartei auf das Unternehmen.

Der ORF muss allerdings die finanzielle Unterstützung im wahrsten Sinn des Wortes auch verdienen:

In erster Linie mit Qualität seiner Programme und journalistischer Glaubwürdigkeit.

Diese kann und sollte etwa auch in der außenpolitischen Berichterstattung gestärkt werden. Durch weniger Schlagseite bei so komplexen Causen wie etwa dem Ukraine-, Nahost oder Syrien-Konflikt.

Oder in der innenpolitischen Berichterstattung darauf zu achten, nicht der gespenstisch gut inszenierten Regierungspropaganda auf den Leim zu gehen.

Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk sollte bestrebt sein, seinen Kultur-und Informationsauftrag auch mit einer besseren Durchmischung auf die einzelnen Kanäle zu erfüllen. So wären sicher weitere Programmkorrekturen von ORF 1 vonnöten. Damit kann der Kritik begegnet werden, dieser Kanal sei programmiert wie ein kommerzieller Privatsender.

Das heißt: Der ORF muss sich klar unterscheidbar machen.

Das gelingt zum überwiegenden Teil bei ORF 3 sowie bei Ö 1.

Und das soll so bleiben. Das soll nicht durch neue Zugriffsversuche auf den ORF gefährdet werden.

ORF nicht durch Parteipolitik ruinieren

Im Parlament in Wien sind kürzlich die Concordia-Preise für außerordentliche publizistische Leistungen verliehen worden. Preisträger in der Kategorie „Pressefreiheit“ ist ORF-Redakteur Dieter Bornemann.

Udo Bachmair

Dieter Bornemann, Vorsitzender des ORF-Redakteursrates hat in seiner Dankesrede mit durchaus kritischen Worten aufhorchen lassen. So warnte er vor einer Besetzung wichtiger ORF-Führungspositionen nach „politischer Farbenlehre“ sowie vor fortgesetzter personeller Ausdünnung von Redaktionen.

Wirtschaftlicher Druck lasse Redaktionen ähnlich wie Gletscher schmelzen, während gleichzeitig eine „Flutwelle“ an Propaganda und PR von Ministerien, Parteien und Unternehmen sie mit ihrem Spin überschwemme. „Von unabhängiger, kritischer Berichterstattung haben sich viele im Politikbetrieb offenbar schon verabschiedet“, beklagte Bornemann in seiner Rede.

Medien mutieren „immer mehr zum Werkzeug der Politik“, befindet der Concordia-Preisträger, Bei kritischen Interviews werde man rasch als „Feind“ angesehen, der vom Informationsfluss abgeschnitten werden müsse, bemängelt Bornemann.

Der Redner äußerte sich auch zu seinem eigenen Unternehmen, zum ORF, dessen oberste Führung am 10. August vom ORF-Stiftungsrat gewählt wird. Bei der Neuwahl der ORF-Spitze gehe es nicht um die besten Ideen, sondern darum, wen Kanzler Kurz auf dem Chefsessel haben möchte…

Nähere Infos unter www.orf.at/#/stories/3219110/

Bleibt Wrabetz ORF-General ?

Am 10. August steht eine spannende ORF-Wahl bevor. An diesem Tag stimmt der ORF-Stiftungsrat darüber ab, ob Alexander Wrabetz weiter Generaldirektor bleibt. Er bzw. seine(n) Nachfolger(in) wird die dann besonders starke türkise Stiftungsratsmehrheit entsprechend zufriedenstellen müssen…

Udo Bachmair

Kaum eine andere Personalentscheidung beschäftigt Politik und Medien so sehr wie eine Neuwahl der ORF-Spitze. Nun ist es wieder soweit. Der ORF-Wahlkampf hat bereits gehörig an Fahrt aufgenommen.

Die besten Karten hat nach wie vor Alexander Wrabetz, zum dritten Mal sein eigener Nachfolger zu werden. Oft bereits hat der Langzeitchef der größten „Medienorgel“ des Landes seine Flexibilität und politische Anpassungsfähigkeit gezeigt.

Wrabetz, Sozialdemokrat aus einem FPÖ-nahen Elternhaus, „kann praktisch mit allen“, wie es so schön heißt. Er dürfte sogar die Unterstützung von ein paar Türkisen im Stiftungsrat erhalten. Wenn, ja, wenn Wrabetz nach der Wahl der Kurz-ÖVP großzügige personelle Angebote macht.

Im Herbst werden wesentliche Resssortleitungen etwa für Politik, Wirtschaft, Chronik neu ausgeschrieben. Jeder Bewerber, jede Bewerberin um die ORF-Führung ist nur mit dem Versprechen chancenreich, die jetzt schon ÖVP-dominierten Postenbesetzungen im ORF weiter zu erhöhen.

Im Stiftungsrat kommt jedenfalls nach der Wahl im August niemand mehr an der dann absoluten Mehrheit der türkisen ÖVP in diesem Gremium vorbei. Vor diesem Hintergrund könnte Wrabetz vor allem ein interner Konkurrent gefährlich werden: Roland Weißmann, kaufmännischer Vize-Direktor.

Weißmann ist wie sein Förderer Richard Grasl, führender Redakteur im Kurier, gut mit der niederösterreichischen ÖVP vernetzt, Königsmacherin hoher ORF-Posten vor allem in der Zeit von Generaldirektorin Monika Lindner.

So könnte es am 10. August einen Zweikampf Wrabetz / Weißmann geben. ORF-Beobachter trauen sich zurzeit keine eindeutigere Prognose abzugeben. Wrabetz dürfte aber aus aktueller Sicht etwas größere Chancen als sein möglicher Herausforderer auf den begehrten Job haben.

Wie auch immer die künftige ORF-Spitze aussehen wird, sie wird u.a. mit der umstrittenen Causa „zentrales Newscenter“ konfrontiert sein. In dem neu errichteten riesigen Newsroom im ORF-Zentrum sollen die bisher getrennten Redaktionen von TV, Radio und Online untergebracht werden.

Nicht nur Belegschaftsvertreter äußern die Sorge, dass die Zusammenlegung aller wichtigen ORF-Redaktionen Meinungsvielfalt empfindlich stören könnte. Bisher hat es etwa zwischen der Ö1-Information und den ZiB-Redaktionen eine durchaus fruchtbare Konkurrenzsituation gegeben.

Man wird ein demokratiepolitisch waches Auge auf die weitere Entwicklung werfen müssen. Es gilt Anfängen einer „Orbanisierung“ zu wehren, denn es wird befürchtet, dass der zentrale Newsroom eine einseitige, weil zentral gelenkte Berichterstattung begünstigen könnte.

ZiB-Spezial als Propagandashow

Im August wird der neue (alte) ORF-Generaldirektor gewählt. Die besten Karten für eine weitere Amtszeit hat Alexander Wrabetz. Seine Anbiederung an die Regierungsspitze wird sich einmal mehr bezahlt machen.

Udo Bachmair

Dem ORF stehen größere personelle Änderungen bevor. In der zweiten Reihe. Denn nach der Bestellung der ORF-Spitze im August werden Schlüsseljobs wie Management des neuen Newsrooms sowie die dann zusammengelegten TV- und Radio-Ressortleitungen neu ausgeschrieben. Der ORF, vornehmlich die ZiB1, dürfte angesichts türkisaffiner Besetzungspolitik dann noch regierungsfreundlicher werden als schon bisher. Dafür wird Alexander Wrabetz im Vorfeld schon sorgen. Er sichert sich damit seine Wiederwahl.

Die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von Wrabetz an die Begehrlichkeiten der Regierenden sind bereits legendär. Die in Inszenierung und Eigen-PR besonders eingeübten Türkisen unter Kanzler Kurz haben damit ein leichtes Spiel. So hat Wrabetz als eine der Vorleistungen für seine Wiederwahl jüngst eine ZiB-Spezial zur besten Sendezeit (26.4. 20.15 Uhr) durchgehen lassen, die allerdings ohne besonderen Anlass und neue Inhalte zur reinen Propagandashow für den Regierungschef verkommen ist.

Das ist nun sogar dem ÖVP-nahen KURIER zu viel geworden. Wie er berichtet, sei auch in einer ZiB – Redaktionskonferenz klar und deutlich der mangelnde Nachrichtenwert der Sendung beklagt worden. Der KURIER resümierend : „Ereignisse braucht es jedenfalls nicht mehr für eine Sonder-ZiB“.

Aber was soll’s : Wenn der Kanzler und seine zahlreichen vom Steuerzahler finanzierten Öffentlichkeitsarbeiter es wollen, dann wird Medienkritikern zufolge auch ohne journalistische Begründbarkeit eine Werbesendung für Sebastian Kurz aus dem Boden gestampft. Der Kanzlerbeauftragte für Medien, Fleischmann, versucht laut Infos von ORF-Insidern immer wieder, recht direkt in die ZiB1-Redaktion „hineinzuregieren“.

Den Vorwurf der Belangsendung für Kurz weist man im ORF vehement zurück. Zudem auch den Vorhalt, dass die Moderatorin der Sondersendung den Kanzler besonders unkritisch und laut STANDARD „höflich“ befragt habe. Und dennoch: Es bleibt der Verdacht, dass mit Sendezeit des öffentlich-rechtlichen ORF, der gesetzlich verpflichtet wäre, ausgewogen und nicht nur zugunsten einer Regierungspartei zu berichten, recht locker umgegangen wird.

Was westliche Medien verschweigen

Im Donbass, der von Russland kontrollierten Region der Ostukraine, steigt erneut die Kriegsgefahr. Westliche Medien zeichnen ein tendenziell antirussisches Bild der Lage.

Udo Bachmair

Jüngstes Beispiel eine Moderation in der ZiB 2 des ORF zu einem hingegen durchaus korrekten Beitrag von Christian Wehrschütz aus der Ukraine: „Ein prorussischer Soldat hat einen Mann erschossen. Die Lage eskaliert“. Verschwiegen wird, dass ein Kind in der Ostukraine Opfer eines regierungstreuen ukrainischen Soldaten geworden ist. Realität ist eben, dass beide Konfliktparteien provozieren..

Hinter der einen Seite steht Russland, hinter der anderen Seite stehen die USA und die NATO. Beide Seiten üben sich nicht gerade in De-Eskalation. Im Gegenteil. Russischer Propaganda stehen westliche Medien gegenüber, die ausschließlich über russische Truppenverschiebungen in der Grenznähe zum Donbass berichten. Sie interpretieren und kommentieren diese Maßnahme als russische Provokation und Vorbereitung auf einen Krieg.

Worüber westliche Medien allerdings nicht berichten, sind die zurzeit laufenden großen Militärmanöver der NATO nahe der russischen Grenze. An dem Manöver mit 28.000 Soldaten sind der schweizerischen Plattform www.infosperber.ch/Medien/Medienkritik zufolge an die 30.000 Soldaten aus 27 Ländern beteiligt. Mit dabei sein sollen diesmal auch Nicht-NATO-Mitglieder wie die Ukraine, Georgen u.a..

Russland sieht in der abermaligen NATO-Aktion an seiner Grenze eine Provokation und droht seinerseits mit einer Zusammenziehung von Streitkräften an seinen eigenen Grenzen.

Im Folgenden ohne Vollständigkeit ein paar Beispiele für Medienberichte, die die NATO-Truppenverschiebungen unerwähnt lassen:

Am 1. April berichtete die «Washington Post» über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 2. April berichtete die luxemburgische Online-Plattform «L’essentiel» über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 5. April berichtete das Schweizer «Echo der Zeit», im politischen Bereich eine der besten Schweizer Radiosendungen, über russische Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 6. April berichtete die Deutsche Welle über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 6. April berichtete die israelische Tageszeitung Haaretz über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 8. April berichteten die Schweizer CH Media-Zeitungen über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 9. April berichtete die BBC über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.

Am 10. April berichtete die NZZ über die russischen Truppenverschiebungen an der Grenze zur Ukraine. Kein Wort über die gigantischen NATO-Manöver an der russischen Grenze.
Und so weiter und so fort. Siehe Beispiel ZiB2 am Beginn dieses Beitrags.

Der Schluss, der gezogen werden kann: Es handelt sich erneut auch um einen Propagandakrieg. Die russische Seite agiert gegen den Westen, umgekehrt betreiben Politik und Medien im Westen lustvoll und verantwortungslos Anti-Russland-Meinungsmache, so die Meinung von Medienbeobachtern.

Dabei wären es Merkmale seriöser Berichterstattung, auch im außenpolitischen Bereich differenziert zu berichten. Das sei gerade auch den Informationsabteilungen des ORF ins Stammbuch geschrieben. Mit einer einseitigen außenpolitischen Schlagseite verletzt der ORF zudem die Objektivitätsvorgaben des ORF-Gesetzes.