Hans Högl
Aus der Schweiz, dem Land des großen Pädagogen J. Heinrich Pestalozzi (gest. 1827), erfahre ich eine Information mit Seltenheitswert. Darum ist dies ein Fund für die „Medienkultur“, und ich weise diese Information unserer Rubrik „Medienschmankerl“zu. In einem Gespräch mit einem Experten konnte der folgende, wirklich überraschende Inhalt der „Neuen Zürcher“ als richtig bestätigt werden. Der Hinweis auf Pestalozzi deutet an, dass dieser große Schweizer Pädagoge schon seit langem für eine liebenswerte Erziehung eintrat, was im Kontrast zur gegebenenfalls vorhandenen Praxis steht. Überraschend dazu ist auch die rechtliche Lage.
„Eine Ohrfeige hat noch niemandem geschadet. Dieser Meinung scheinen viele Eltern auch heute noch zu sein. Laut einer gemeinsamen Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften und der Haute Ecole de Travail Social Fribourg erleben rund zwei Drittel aller Jugendlichen in der Schweiz elterliche Gewalt in der Erziehung. Jeder Fünfte muss sogar schwere Übergriffe wie Fausthiebe oder Schläge mit Gegenständen hinnehmen. Trotzdem landen nur die wenigsten Fälle vor Gericht – wohl auch deshalb, weil körperliche Züchtigung in der Schweiz, im Gegensatz etwa zu Deutschland, noch immer zulässig ist, wenn sie ein «gewisses Mass» nicht überschreitet. Mein Kollege Alois Feusi ist dem Phänomen der elterlichen Gewalt nachgegangen – und hat einen der seltenen Gerichtsprozesse dazu besucht.“
Im Jahr 2017 rückten Angehörige ….Stadtpolizei Zürich und .. Winterthur rund 180-mal wegen familiärer Gewalt gegen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren aus; 2018 waren es etwa 200 Fälle. …Fest steht allerdings, dass die Zahl der nicht ans Licht gekommenen Fälle sehr viel höher liegt. ….Die Forscher befragten 8317 durchschnittlich zwischen 17 und 18 Jahre alte Jugendliche aus zehn Kantonen; 1200 von ihnen leben im Kanton Zürich. Die Befragten besuchten Berufsschulen, Schulen der Übergangsausbildung, Fachmittelschulen und Gymnasien. 41,2 Prozent der Befragten mussten in ihrer Kindheit und Jugend Züchtigungen wie Ohrfeigen, Schubsen und Stossen oder hartes Anpacken hinnehmen. 21,9 Prozent mussten auch schwere Gewalt wie Fausthiebe oder Schläge mit Gegenständen über sich ergehen lassen.–Die Autoren des Forschungsberichts zur elterlichen Gewaltanwendung betonen, dass ihre Stichprobe keine schweizweite Repräsentativität beanspruche. Die Quelle: NZZ-online 20.Mai 2019. Der Text wurde etwas gekürzt.