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Spannendes vom ZEIT-Chefredakteur

Empfohlen sei das jüngste Buch von ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo „Vom Leben und anderen Zumutungen“, erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch. Es enthält Interviews mit teils beträchtlicher Sprengkraft.

Hans Högl

Die zahlreichen Interviews sind sehr aussagekräftig. Wer würde anderes erwarten vom Chefredakteur der ZEIT? Selbst seine Fragen bergen viel Informatives. Die Interviewpartner haben in der Regel deutsche Spitzenpositionen inne. Die Ausnahmen: Umberto Eco, Reinhold Messner, Udo Jürgens, Erdogan und Victor Orban, und sehr persönlich herausfordernd ist das Gespräch mit Papst Franziskus.

Es ist eine Unterschied, ob ü b e r eine Person berichtet wird oder eine Person selbst sich umfangreich äußern kann. In diesem Sinne war für mich auch das Interview mit Orban aufschlussreich, wo er seine Position u.a. zu Soros darlegte. Ich erfuhr Aspekte, die mir in Hörfunkreportagen nicht geläufig waren. Interviewaussagen werden nicht kommentiert. Sie lassen uns Personen besser verstehen. Verbrechern und Holocaustleugnern gibt di Lorenzo keine Bühne. Die Interviews wurden autorisiert, also dem Gesprächspartner noch einmal vorgelegt. Die Berater von Bundeskanzlerin Merkel waren sehr vorsichtig. Das Interview mit Helene Fischer konnte nicht veröffentlicht werden.

Ein inhaltlicher Höhepunkt für die Medienkultur – im Blick auf österreichische Trends- ist das Gespräch mit der ZEIT-Stellvertreterin Frau Sabine Rückert. Hier zentrale Aussagen mit beträchtlicher Sprengkraft, Aspekte, die selten oder nur einseitig zur Sprache kommen. Dies sollte bei unserem Publikum und im Rundfunk Diskussionen auslösen. Ich selbst enthalte mich eines Kommentars. Di Lorenzo stellte dieses Interview an den Schluss seines Buches.

Di Lorenzo weist im Interview auf das Unrecht hin, das Männer Frauen über Jahrhunderte angetan haben. Sabine Rückert: „Ja, das ist eine verbreitete Meinung. Aber was soll das für ein Rechtsstaat sein, indem der Unschuldige ins Gefängnis muss…?“ Eine Falschbeschuldigung ist ein schweres Verbrechen. Ich habe einen Fall erlebt, dass eine 18-jährige ihren Vater bezichtigte, sie zehnmal vergewaltigt zu haben. Der Vater war ein brutaler Kerl. Er wurde zu sieben Jahren verurteilt.“ Das Mädchen hat noch einen weiteren Mann beschuldigt, ihren Onkel, einen netten Kerl. „Seinetwegen habe ich mich in den Fall hineingekniet. Dass der gewalttätige Vater (oben) freigesprochen wurde, war sozusagen Beifang.“(S. 316).

Mit dem Podcast „Zeit“-Verbrechen wurde Frau Sabine Rückert zu einem deutschen Branchenstar. Ihren Podcast kennen Millionen (S. 308). Frau Rückerts Vater wurde von seiner ersten Ehefrau zu Unrecht beschuldigt. Das Motiv der falschen Beschuldigung hat Sabine Rückert als Gerichtsreporterin immer wieder beschäftigt. Sie meint, dass falsche Beschuldigungen oft von Frauen kommen. Sabine Rückert: „Ja. Gerade bei Sexualdelikten, die ja schwer aufzuklären sind und oft Aussage gegen Aussage steht.“

Manchmal beschuldigten Frauen Männer aus Rache. Rückert: „Manchmal geht es um Geld, um Hinterlassenschaften, und dann zeigt man halt den Vater oder Ex-Mann an.“ „Ich habe auch erlebt, dass Vergewaltigungen angezeigt und verurteilt wurden, die es nie gegeben hat“ (S. 315). „Da gab es Blutergüsse und schreckliche Wunden, die sich Anzeige-Erstatterinnen selbst zugefügt hatten. Da wird man mit der Zeit vorsichtiger- vor allem wenn es gar keine Beweise gibt.“

Katholikenregel und Klimawandel

Fleischfreier Freitag könnte das Klima erheblich verbessern, so eine britische Studie.

Hans Högl zitiert aus der Zeitung von Pater Udo (Göttweig) www.p-udo-ja.at

Laut einer neuen Studie der Universität Cambridge könnte Papst Franziskus einen erheblichen Einfluss auf das Klima nehmen. Denn wenn das Kirchenoberhaupt den fleischfreien Freitag, wie er früher in katholischer Tradition üblich war, wieder einführen würde, könnten damit jährlich Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, heißt es in einer Studie der Hochschule.

Die Forscher nahmen als Grundlage Zahlen aus dem Vereinigten Königreich: Als 2011 die katholischen Bischöfe von England und Wales zur Rückkehr zum fleischfreien Freitag aufgerufen hatten, habe ungefähr ein Viertel der rund sechs Millionen Katholiken seine Essgewohnheit dementsprechend umgestellt. Dadurch wurden laut der Studie rund 55.000 Tonnen Treibhausgase im Jahr eingespart. Das zeige, dass, selbst wenn global nur eine Minderheit der Katholiken dem Aufruf des Papstes folgen würde, das den CO2-Ausstoß schon erheblich reduzieren könnte, betonte Larcom.

„Mit mehr als einer Milliarde Mitgliedern auf der ganzen Welt ist die Katholische Kirche in einer sehr guten Position, um den Klimawandel abzumildern“, erklärte Studienleiter Shaun Larcom. Franziskus habe sich immer wieder entschieden für radikale Antworten auf den Klimawandel ausgesprochen. „Wenn der Papst die Verpflichtung zum fleischfreien Freitag wieder für alle Katholiken der Welt einführt, könnte das einer der wichtigsten Ausgangspunkte für günstige Emissionsverminderungen sein“, so Larcom.

Grundrechte für Tiere (Affen)? Zum Welt-Tierschutztag

Zu einer anderswo kaum beachteten Initiative: Für Tierrechte in der Schweiz

Hans Högl

Von allen Tieren sind Affen den Menschen am ähnlichsten – sollen sie Grundrechte erhalten? Am Welt-Tierschutztag und am Tag des Mystikers Franziskus, veröffentlicht der gleichnamige Papst heute ein Rundschreiben. Eine Initiatve in Basel fordert für Tiere, für Primaten, das verfassungsmäßiges Recht auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Das Argument: Primaten zeichnen sich aus: durch ihr Gehirn, ihre Sozialstruktur und hohe physische und psychische Leidensfähigkeit.

Basel ist ein weltweit bedeutender Pharmastandort- so wundert es nicht, dass diese kantonale Initiative entstand, ein Sachverhalt -bekannt in sozialethischer Fachliteratur. Es geht um Grundrechte für Tiere. Um dies überhaupt umzusetzen, müssten Primaten rechtlich vertreten werden – so durch einen speziell Beauftragten beim Veterinäramt oder eine Ombudsperson.

Auch der Verfasser dieses Textes bejaht schonenden und schmerzfreien Umgang mit Tieren. Die Basler Initiative ist ein Impuls für ein Gespräch. Am Pharmastandort Basel wurden noch Ende der 1980-er Jahre über 1000 Affen gehalten und in Tierversuchen „auf teilweise schlimme Art und Weise gequält“ (Neue Zürcher 16.9.). Inzwischen haben Tests an Primaten am Forschungsstandort Basel „keine Bedeutung mehr“.

Schon in „Laudato si“ schrieb 2015 Papst Franziskus: „Obschon der Mensch in die Pflanzen- und Tierwelt eingreifen und sich ihrer bedienen kann, wenn es für sein Leben notwendig ist, lehrt der Katechismus, dass Tierversuche nur dann legitim sind, wenn sie in vernünftigen Grenzen bleiben und dazu beitragen, menschliches Leben zu heilen und zu retten.“ (Kap. 130). Sehr vernünftige Worte. Viel aufregender klingt es, vom Grund- oder Menschenrecht für Tiere zu reden.

US-Kriegspolitik im Widerspruch zu christlichen Werten

Einen dramatischen Appell hat der römisch-katholische Bischof Thomas Gumbleton an die US-Katholiken gerichtet. Als eines der wenigen Medien hat das österreichische Magazin „Kritisches Christentum“ ( www.akc.at ) diesen Aufruf veröffentlicht.

Udo Bachmair

„Beenden wir unsere Mittäterschaft am Krieg“ heißt es in der Erklärung von Bischof Gumbleton. Gemeint ist jener sogenannte „Krieg gegen den Terror“, mit dem die USA Leid und Chaos über mehrere Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas gebracht haben. Mehrere Millionen Tote sind laut Gumbleton zu beklagen.

Die Kriege der USA hätten den Nahen Osten buchstäblich in Brand gesteckt, Zigmillionen Menschen verstümmelt, traumatisiert und zu Flüchtlingen gemacht, bilanziert der katholische Bischof. In Dutzenden von Ländern seien Zehntausende von US-Streitkräften festgenommen und gefoltert worden. Viele bleiben ohne Prozess in Guantanamo, bis sie sterben..

In dem Schreiben des US-Bischofs heißt es weiter:

„Die USA haben unzählige Zivilisten durch unbemannte Flugdrohnen, Bombenangriffe und Spezialoperationen in Pakistan, Afghanistan, Irak und Somalia – auch in Syrien und im Jemen-getötet. Die USA stürzten die libysche Regierung, was zu einem jahrelangen gewaltsamen Chaos führte. An all diesen Orten hat die US-Kriegsführung zu humanitären Katastrophen beigetragen.“

Der Appell abschließend:

„Ich appelliere an die Katholiken im Militär, einschließlich der Militärkapläne, dem Aufruf von Papst Franziskus zu folgen und die Sinnlosigkeit des Krieges zu begreifen. Alle Katholiken sollten sich weigern zu töten und sollten die Zusammenarbeit mit den Kriegen der Vereinigten Staaten verweigern“.

( Quellen Pax Christi USA sowie „Aktion Kritisches Christentum“ www.akc.at )

„Eines Tages wird sich die Natur rächen!“

Papst Franziskus – Zitat zum Tage

„Die ökologische Krise, vor allem der Klimawandel , ist keine Übertreibung oder Fantasie von jemandem, der sich den Spaß macht, die Stabilität zu schwächen. Die wissenschaftlichen Analysen sind zu lange ignoriert oder abfällig ironisch kommentiert worden. Wir haben eine große Verantwortung, und Gott wird uns in dieser Hinsicht eines Tages zur Rechenschaft ziehen.“

Der unbekannte, längst verstorbene Landpfarrer Michael Koller aus der Region Neulengbach (NÖ), sagte bereits in den 50-iger Jahren: „Eines Tages wird sich die Natur rächen“ .

Offizieller klingt dies in der päpstlichen Enzyklika „Centesimus annus 1991 so: „Statt seine Aufgabe als Mitarbeiter Gottes am Schöpfungswerk zu verwirklichen, setzt sich der Mensch an die Stelle Gottes und ruft schließlich dadurch die A u f l e h n u n g der N a t u r, die vom ihm mehr tyrannisiert als verwaltet wird, hervor.“ (Wiedergabe: Hans Högl)

Wim Wenders Film „Papst Franziskus“ (2018)

Hans Högl. Filmkritik

Als der Film „Papst Franziskus“ zu Ende ging, vernahm ich weit vorne im Saal ein intensives Beifall-Klatschen. Ein Behinderter im Rollstuhl drückte seine Begeisterung aus. Im zentral gelegenen Wiener Apollokino fanden sich zu guter Zeit (20:45) ganze sieben Kinobesucher ein. Offensichtlich reißt dieser Papst und Popstar das städtische Kino-Publikum „nicht vom Hocker“. Warum aber wird aber der Film dennoch diese Woche in 8 Kinos gezeigt?

Der Film zeigt eindrucksvolle Bilder von den Reisen des Papstes – in Flüchtlingszentren, vor der UNO, im amerikanischen Kongress und Wim Wenders lässt uns auf begeisterte und erwartungsvolle Massen in Afrika blicken. Dem Regisseur gelingt das Kunststück, die spirituell-ökologischen Gespräche packend darzustellen. Dieses Weltbild, vor allem die spirituelle Seite, wird heute kaum medial präsentiert. Die Mitmenschlichkeit von Franziskus wirkt glaubwürdig, umso weniger sind die Gesichter seiner Kardinäle einladend. Vielfach agierte der Filmregisseur wie ein Porträtmaler.

Der Papst vermeidet Dogmatisches, er hebt die Religionsfreiheit hervor, und es fällt ein Wort, das ich von ihm nie las: „Niemand darf versuchen, andere zu bekehren!“. Er äußert sich verständnisvoll zu Homophilen und verabscheut den Vertrauensbruch von Priestern, wenn sie junge Leute missbrauchen.

Wie konnte sich dieser Mann der Kirche soviel an Humor und Liebenswürdigkeit wahren? Vielleicht erscheint die Kirche von außen als zu negativ punziert- vor wegen der Enge in der „Moral“. Es lohnt, diesen Film zu sehen. Kritisch ist zu vermerken, dass der Papst bisher kaum strukturell-religiöse Reformen gegen das Establishment der Amtskirche durchzusetzte. Die Ausnahme: die Vatikanbank. Darum werden Christen ungeduldig. Es wird berichtet, dass der Papst seine Leute -und es gbit Widerstand gegen ihn – zuerst überzeugen will, bevor er konkrete Maßnahmen setzt.

Nachwort: Ich erlebte, dass an diesen Sommertagen auch in einem anderen Film sehr wenige Besucher in Wien waren. Und laut „Stern-Bestseller“ schneidet der Papstfilm überdurchschnittlich gut ab: Er liegt an der 4. Stelle der meistbesuchten Filme in Deutschland, nämlich in der letzten Woche sahen ihn 43.777 Personen. Diese Analyse zeigt,  sich auf Einzelfälle zu beziehen,  fragwürdig ist und Überblicksstatistiken wichtig sind.

 

Gutmenschen blind ?

Gastbeitrag von Erwin Bader

Vesna Knezevic, geboren in Pristina, Korrespondentin des serbischen Fernsehens, schrieb einen bemerkenswerten Beitrag in der „Presse“: „Europa an einem Punkt des radikalen Wandels.“

Als Serbin vertritt sie eine andere Position als bei uns üblich. Sie versteht es, ihre Gedanken sehr gebildet auszudrücken und kritisiert zugleich die Bildung der heute die Gesellschaft bestimmenden „Gutmenschen“. Diese haben, wie sie mit Giambattista Vico formuliert, die „Bindung“ zur Imagination des Ganzen getrennt. Mit re-ligare, also zurück-binden, erklärt aber Laktanz die Religion. Hat etwa dieser beachtliche Beitrag etwas mit Religion zu tun? Oder nur mit einer säkularisierten Form derselben? Ist der Begriff des Gutmenschen mehr als ein hilfloser Kampfausdruck der Zu-kurz-Gekommenen? Und: Kommt es wirklich im Zuge der Einwanderung unaufhaltsam zur Islamisierung Europas?

Manche ihrer Einschätzungen zur Entwicklung Europas verstehe oder teile ich, doch nicht den Pessimismus. In ihrem Beitrag versteht sie den Begriff „Gutmensch“ positiv: „Ehrlich und konsequent um das Gute bemüht, wenngleich ihm etwas fehlt.“ Zunächst war ich stutzig, doch dann erinnerte ich mich an eine Analogie zur Geschichte vom Pharisäer und Zöllner (Lukas 18). Der Pharisäer schmeichelte sich selbst, meinte aber zu beten: „Ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie andere Leute, die Räuber, Ungerechten, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner.“ Der heutige „Pharisäer“ wird – säkularisiert – zum „Gutmenschen“, ihm fehlt die Selbstkritik. Der Ausdruck „Schlechtmensch“, den die Autorin erfand, entspricht vielleicht dem „Zöllner“ der Bibel. Er lässt sich nicht verbilden und „standardisieren“, doch gerade dadurch ist er sich vor Gott seiner „Sünde“ bewusst, was Papst Franziskus bei allen Christen fördern möchte, gerade um nicht der heute grassierenden Korruption zu verfallen.

Freilich darf man nicht vergessen: Religion ist auch missbrauchbar! Am schlimmsten ist dies beim (angeblich?) religiösen Terrorismus, der den Gottesnamen zum Schlachtruf macht und Gott damit als ein schreckliches Ungeheuer karikiert. Doch die säkularisierten Werte sind ebenfalls missbrauchbar.

Die Autorin beschreibt die moderne Fluchtbewegung als „ver sacrum“ junger Männer, um neues Land zu erobern. Sie meint, dass der „Gutmensch“ dies nicht durchschaut. Das Ende Europas komme durch die Islamisierung, infolge der Blindheit der Gutmenschen. „Die Gutmenschen sind bereit, an der Scham der Geschichte zugrunde zu gehen“ – und sie seien der Meinung: „…es ist sowieso zu spät.“ Stimmt es? Gutmenschen blind ? weiterlesen