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Initiative Engagierte Neutralität

In Politik und Medien sind Tendenzen zu registrieren, die auf eine Aushöhlung der Neutralität Österreichs hinauslaufen. Diese wird in manchen Kommentaren und politischen Stellungnahmen als überholt und nicht mehr sinnvoll bezeichnet. Eine neue Initiative will nun dagegenhalten.

Udo Bachmair

„Initiative Engagierte Neutralität“ nennt sich eine neue Gruppe, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Bedeutung und Nützlichkeit der immerwährenden Neutralität gerade in krisenhaften Zeiten wie diesen zu betonen und zu bekräftigen.

Im Vorfeld des Nationalfeiertages am 26. Oktober, dem Jahrestag der Unterzeichnung des Neutralitätsgesetzes, fordert die Initiative in einem Appell Bundesregierung und Parlament dazu auf, die Neutralität zu wahren und für eine engagierte Friedenspolitik zu nutzen.

Details des Appells werden in einer Pressekonferenz am Montag, 23.11. ab 10.30 Uhr im Presseclub Concordia präsentiert. JournalistInnen aus dem Bereich der Vereinigung für Medienkultur sind dazu natürlich ebenfalls eingeladen.

Podiumsteilnehmer der Pressekonferenz sind Ex-Botschafterin Gaby Matzner, der frühere Sozialminister Erwin Buchinger, der Politikwissenschaftler Heinz Gärtner, Bundesheergeneral i. R. Günther Greindl sowie Ex-NR-Abg. und Diplomat Wendelin Ettmayer. Moderiert wird die PK von Udo Bachmair, Ex-ORF-Journalist und Präsident der Vereinigung für Medienkultur.

Dem Appell haben sich bereits zahlreiche namhafte Persönlichkeiten angeschlossen, unter ihnen Christoph Leitl, Karl Blecha, Peter Jankowitsch, Irmtraut Karlsson, Heinrich Keller, Andrea Komlosy, Ali Kohlbacher, Ferdinand Lacina, Erwin Lanc, Fritz Edlinger, Alfred Noll, Madeleine Petrovic, Emmerich Talos, Adalbert Krims, Renata Schmidtkunz, Manfried Rauchensteiner, Peter Diem und viele andere mehr.

Keine 2/3-Gesellschaft

Kein Arbeitslosen -„Heer“- trotz Internet. Ein Ergebnis der Arena-Analyse 2023, die kürzlich präsentiert wurde.

Hans Högl

Österreich braucht mehr Arbeitende, als zur Verfügung stehen. 2022 konnten 70 % aller Betriebe ihren Personalbedarf nicht zur Gänze decken.

Die Arena Analyse 2023: „Chancen in Sicht“- hg. von Kovar & Partners – Verfasser: Walter Osztovics und Andreas Kovar- wurde kürzlich im österreichischen Parlament präsentiert. Daraus heben wir einen Aspekt hervor, der bisher in Medien wenig beachtet wurde.

Die Arbeit geht uns aus, so tönte es häufig in vergangenen Jahren …. Durch das Internet und die Automatisierung käme es definitiv zu einer Zwei-Drittel-Gesellschaft: Zwei werden Arbeit haben, das andere Drittel ist definitiv arbeitslos. Also rund 30 % Arbeitslose – eine schaurige Zahl! Um dem zu begegnen, böte sich als Lösung das Grundeinkommen für alle an….

Hier die dreifach begründete Entwarnung- diesen Wandel greife ich exklusiv für die Vereinigung für Medienkultur auf. Die Gründe dafür sind: demografischer Natur, der Wertwandel und gemanagte Zuwanderung.

Zur Bevölkerung: Die Zahl der geborenen Kinder betrug in Österreich 1958 knapp 120.000 (exakt: 119.755). Im Jahr 2013 waren es nur 78.235 Kinder. Es gibt also viel weniger 20-jährige, die ins Berufsleben einsteigen, als 65-jährige, die ausscheiden. Diese Schieflage wird bleiben. 1973 machte sich der Pillenknick bemerkbar, und die Zahl der Geburten fiel erstmals unter 100.000.

Doch die Generation derer, die ins Erwerbsleben einsteigen, hat auch andere Wertvorstellungen als damals. Hohes Einkommen steht nicht mehr an erster Stelle. Neben dem Wunsch nach Sinnerfüllung und Entfaltungschancen spielt auch die erwünschte Arbeitsbelastung eine Rolle. Forderung nach einer Viertage-Woche oder 30-Stunden-Teilzeitjobs gehören in Vorstellungsgesprächen zur Tagesordnung. Viele wollen eigene Ideen einbringen und/oder genügend Freizeit haben, etwas Nützliches für die Gesellschaft tun, und die Familie soll nicht zu kurz kommen.

In diesem Sinne sind Ökonomen der Ansicht. Wir brauchen eine Nettozuwanderung, ein Immigrationssaldo, von rund 21.000 Menschen, damit die Bevölkerung einigermaßen stabil bleibt. Für die österreichische Wirtschaft reicht das nicht: dafür wäre eine Nettozuwanderung von 50.000 Menschen im Jahr nötig (Arena-Analyse S. 28 f. ).

ORF im letzten Moment gerettet ?

Eine Äußerung von Ex-Innenminister Herbert Kickl heute im Parlament hat es bestätigt: Bei Fortsetzung von Türkis/Blau wären die ORF-Gebühren gestrichen worden. Das hätte das öffentlich-rechtliche Unternehmen in seinen Grundfesten erschüttert.

Udo Bachmair

Herbert Kickl, dessen Partei immer wieder mit Attacken auf unabhängige ORF-JournalistInnen auffällt, hat heute im Parlament beklagt, dass sich im Programm der türkis-grünen Regierung kein Hinweis auf Abschaffung der ORF-Gebühren findet. In der alten türkis-blauen Koalition sei diese Causa bereits eine ausgemachte Sache gewesen.

Was hätte nun der Wegfall der ORF-Gebühren bedeutet ? Das wäre die Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seiner bisherigen Form gewesen, sagen die einen. Für andere wiederum wäre der Fortbestand des ORF in abgespeckter Form weiterhin gesichert. Auf Dauer jedoch wäre der ORF durch Werbeeinnahmen allein nicht überlebensfähig.

Der ORF sähe sich vor dem Problem, den Ausfall der Gebühren durch Mittel aus dem Bundesbudget auszugleichen. Die alte Regierung hätte jedoch nur einen Teil der fehlenden Gelder aus dem Staatsetat finanziert. Je nach Willfährigkeit des ORF. Dessen Führung wäre gezwungen gewesen- Canossagängen gleich-immer wieder neu um finanzielle Unterstützung zu betteln.

Eine Finanzierung aus dem Bundesbudget hätte den ORF in eine (noch) größere Abhängigkeit von der Regierung gebracht. Das soll denn auch der von Kritikern als perfide bezeichnete Plan der FPÖ gewesen sein, mit stärkerer Kontrolle des ORF und anderer Medien unser Land in ungarische Verhältnisse zu führen..

Dank der Regierungsbeteiligung der Grünen und des in Medienfragen möglicherweise einsichtiger gewordenen neuen alten Regierungschefs sind die beschriebenen Szenarien mit einiger Sicherheit abgewendet. Die neue Koalition wird insgesamt in medienpolitischen Fragen Profil zeigen müssen. Dazu ist aus dem Regierungsprogramm noch nicht viel Konkretes abzulesen.

Karfreitag : Regierung desavouiert Evangelische

Die Regierung fährt gnadenlos über die Evangelische Kirche drüber. Ihr sind Wirtschaftsinteressen sakrosankt. Im ORF-Fernsehen macht Religionsminister Blümel ausgerechnet Bischof Bünker zum Sündenbock.

Udo Bachmair

„Wer schafft denn Arbeit..?!“ schrie Sozialministerin Hartinger-Klein ins Plenum des Nationalrates. Und sie gab sich gleich selbst die Antwort: „Die Wirtschaft !“ Die Antwort hätte auch lauten können: „Selbstverständlich die Arbeitskraft der Menschen“. Wahrscheinlich stimmt Beides. Sicher hingegen ist, auf welche Seite sich diese Regierung wieder einmal geschlagen hat. Auf die Seite der Unternehmer und Konzerne. Das hat sich zuletzt gezeigt am blamablen Einknicken des FPÖ-Verkehrsministers Norbert Hofer vor der Frächterlobby. Das zeigt sich aktuell und besonders brisant an der leidigen Causa „Karfreitag“.

Da sorgt das „Drüberfahren über die Evangelischen“ für berechtigte Empörung. Auch außerhalb der Evangelischen Kirche. Denn wieder einmal wird ohne ausreichende Begutachtung ein rechtlich zweifelhaftes Gesetz durchs Parlament gepeitscht. Nicht einmal im Zusammenhang mit den Rechten und Traditionen einer Religionsgemeinschaft sieht diese Regierung entsprechende Sensibilität für angebracht. Einer christlichen Minderheitskirche die Religionsausübung zu beschneiden und ihren wichtigsten Feiertag zu kappen, zeugt zudem von beispielloser Unverfrorenheit. Vor allem jene Regierungsmitglieder, die der Evangelischen Kirche angehörigen, nämlich Hartinger-Klein, Norbert Hofer und Heinz Faßmann sollten sich schämen.

Es ist dies nicht zuletzt auch eine demokratiepolitisch und menschenrechtlich höchst bedenkliche Vorgangsweise. Dabei wäre die nach dem EUGH-Urteil logischste Konsequenz gewesen, den Karfreitag für alle zum Feiertag zu machen. Eine Forderung, die der evangelische Bischof Michael Bünker immer wieder in die Diskussion eingebracht hatte. In bewährter Manier versucht die türkis-blaue Regierungstruppe nun den Spieß umzudrehen.In bisher kaum registrierter Perfidie hat der für Religionen zuständige Kurz-Vertraute Gernot Blümel den Ball an Bünker weitergespielt.

Allen Ernstes hat Blümel in der ZIB 2 die nunmehrige unbefriedigende Karfreitagslösung mit einer angeblichen Zustimmung Bünkers gerechtfertigt. Der Bischof hatte sich zu diesem Zeitpunkt allerdings von seiner ersten Reaktion, es handle sich um eine positive Lösung mit Wermutstropfen, bereits deutlich distanziert. Dennoch steht Bünker, anerkannt und gelobt für seine Verdienste auch über Kirchengrenzen hinaus, nun als Sündenbock da. Nicht nur seitens Blümels, sondern auch kirchenintern.

Statt den Regierungskoordinatoren Blümel und Hofer schwappt nun Bünker eine Welle von Kritik entgegen. Ja, sogar von Verrat an der eigenen Glaubensgemeinschaft ist mancherorts die Rede. Ein engagierter Kirchenmann wie Bünker verdient das aber beileibe nicht, er hat das Erscheinungsbild der Evangelischen Kirche in seiner 12-jährigen Amtszeit äußerst positiv geprägt.

Eine Glaubensgemeinschaft, die in ihrer Geschichte bis weit ins vergangene Jahrhundert hinein nicht wenig Leid erfahren hat, von Regierungsseite her derart zu demütigen und desavouieren, ist wohl einmalig in der Zweiten Republik. Oder sind wir bereits in der Dritten angelangt ? Manche Entwicklungen in diesem Land, wie die Infragestellung von Grundrechten sowie Revanchegelüste gegenüber einer Minderheits-Kirche, die sich immer wieder auch regierungskritisch zu menschenrechtlich bedenklichen Erscheinungen geäußert hat, lassen diesen Schluss zu.

Datenschutzgesetz : Begutachtungsfrist unbeachtet geblieben

Bündnis für Gemeinnützigkeit kritisiert Vorgangsweise bei Datenschutzanpassungsgesetz. Gastbeitrag.

NB. Die Vereinigung für Medienkultur ist über die Initiative Zivilgesellschaft aktiv im Bündnis für Gemeinnützigkeit.

„Schwarzer Tag für Partizipation in Österreich“

Das Bündnis für Gemeinnützigkeit, ein Zusammenschluss von  18 Dachverbänden, die zusammen über 1000 zivilgesellschaftliche Organisationen aus unterschiedlichen Bereichen repräsentieren, kritisiert die Vorgangsweise beim Datenschutzanpassungsgesetz, das morgen im Nationalrat beschlossen werden soll.

Entgegen aller Usancen wurde vom zuständigen Bundeskanzleramt bereits weit vor dem Ende der Begutachtungsfrist eine Regierungsvorlage eingebracht, am Tag nach dem Ende dieser Frist wurde das Gesetz im Verfassungsausschuss in neuer Fassung von den Regierungsparteien durchgewinkt. „Deutlicher kann man das Desinteresse an der Meinung der von diesem Gesetzesvorhaben in erheblichen Maße betroffenen Organisationen nicht ausdrücken, kritisiert der Sprecher des Bündnisses Franz Neunteufel. „Das ist ein schwarzer Tag für die Partizipation in Österreich.“

Dabei haben die in der Begutachtung eingebrachten Stellungnahmen durchaus noch Diskussions- und Klärungsbedarf ergeben. Das Bündnis appelliert nun an die Abgeordneten dieses fragwürdige Vorgehen nicht mitzutragen und eine weitergehende Diskussion über dieses Vorhaben zu ermöglichen. „Besser ein vernünftiges Gesetz etwas später als ein unausgegorenes Provisorium, das später wieder saniert werden muss“, so Neunteufl.

Das Bündnis für Gemeinnützigkeit kämpft unter anderem für mehr Transparenz und eine strukturierte Einbindung der Zivilgesellschaft in den politischen Diskussionsprozess und in die Gesetzwerdungsverfahren.

Hassparolen ohne Ende ?

Rechtspopulisten und Rechtsextremisten:
Werden wir die Geister, die sie riefen, wieder los ?

Udo Bachmair

Genervt von Attacken der FPÖ hat sich Bundeskanzler Christian Kern jüngst im Parlament zu einem Plädoyer für einen „zivilisierten Tonfall in der Debatte“ veranlasst gesehen, „ weil wir ja aus der Geschichte wissen, dass sich die Gewalt der Worte sehr rasch in einer Gewalt der Taten entladen kann.“

Der Regierungs- und SPÖ-Chef war tags zuvor auf der Facebook-Seite von FPÖ-Obmann Strache mit einer „schnellen Kugel“ bedroht worden. Weitere Hass- und Hetz-Postings mit Gewaltaufrufen gegen Van der Bellen-Anhänger, „Linkslinke“ und „Gutmenschen“ geben zunehmend Anlass zur Sorge.

Auch in Deutschland werden rechtsextreme Positionensichtbarer“, wie nun eine Studie der Universität Leipzig zutage gefördert hat. „Brandanschläge auf Asylheime, Übergriffe auf Ausländer und Hassparolen im Netz seien der traurige Ausdruck einer größer werdenden Enthemmung“, so der Befund der Studienautoren.

Unterdessen rücken FPÖ und die ebenfalls rechtspopulistische Aktion für Deutschland näher zusammen. Weitere Gespräche mit AfD-Chefin Frauke Petry sowie mit der rechten Front National-Führerin Marine Le Pen sollen gemeinsame Positionen, wie die gegen „Überfremdung“ durch ausländische Schutzsuchende, weiter vertiefen.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erteilt die neue Wiener SP-Managerin Sybille Straubinger einer Zusammenarbeit mit der FPÖ eine klare Absage. Auf eine entsprechende KURIER-Frage sagt sie: „Ich hab die FPÖ noch nie konstruktiv erlebt. Egal, um welches Thema es geht: Sie landet immer beim Thema Ausländer, weil sie populistische, hetzerische Politik macht“.

Die FPÖ hingegen sieht einmal mehr eine Verschwörung gegen sich und kann damit rechnen, dass ihr die Opferrolle weiteren Zulauf bringt. Da stört es offenbar nicht, dass von ihr keine Kritik an Übergriffen und Störaktionen der als rechtsradikal eingestuften „Identitären“ hörbar wird.. Im Gegenteil: Die Stürmung einer Lehrveranstaltung durch Identitäre in Klagenfurt beschönigte FPÖ-General Kickl im Parlament mit den Worten: „Was ist denn gestürmt worden, geh bitte!“.

Verharmlosungen dieser Art und die (Rechts-)Radikalisierung von Worten geben nicht nur Anlass zur Sorge, sondern machen auch vielen Menschen Angst. Um gegensteuern, ist u.a. profunder aufklärungsorientierter Journalismus nötiger denn je.

Jüngstes positives Beispiel dafür STANDARD-Redakteur Hans Rauscher. Er schreibt in der heutigen Ausgabe seines Blattes unter dem Titel

 Hasskrankheit

„Es wird Zeit. Es wird Zeit, sich zunächst einmal über das Phänomen der Hasskrankheit klar zu werden, das jetzt bei uns überall zutage tritt.

Wenn auf Straches Facebook-Seite einer schreibt, „eine schnelle Kugel“ sei das Wahre für Bundeskanzler Kern, und einer dazuschreibt „9 mm!!!“, dann wird es Zeit.

Wenn prominenten liberalen Journalistinnen massenweise die Vergewaltigung durch Asylwerber gewünscht wird, und zwar in klinikreifen Formulierungen, dann wird es Zeit.

Wenn Wiener FPÖ-Funktionäre verhindern wollen, dass eine Schule nach einem kindlichen Opfer eines berüchtigten NS-Arztes und vielbeschäftigten Gerichtsgutachters der Republik benannt wird, und so dem Opfer ins Grab nachspucken, dann wird es Zeit.

Zeit, sich darüber klar zu werden, was sich da im Windschatten erfolgreicher rechter Bewegungen und Parteien in den sozialen Medien aufgebaut hat: Facebook wird zu Hatebook und Freakbook. Zu erkennen, dass sie immer frecher und siegesgewisser werden; dass es dringend einer Gegenstrategie bedarf.

Diese muss einerseits vom Staat, vor allem von der Justiz kommen. Die Mischung aus offiziellem Verdrängen, Verharmlosen und Blödstellen muss aufhören. Zugleich muss die Zivilgesellschaft, die es ja gibt, ihre Kräfte bündeln, direkt in den sozialen Medien kontern und den Freaks nicht mehr die Hegemonie lassen.“