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Westliche Meinungsfreiheit..

Mit der Meinungsfreiheit steht es auch im Westen nicht zum Besten. Inhaltlicher Mainstream in vielen Politikfeldern dominiert.

Wolfgang Koppler *

Jüngst in der ZiB 2 ist über die Verurteilung von Hongkonger Regimekritikern zu langen Haftstrafen berichtet worden, zudem über schwindende Meinungsfreiheit dort. Auch die chinesische Wirtschaftskrise würde die einst so florierende Stadt zunehmend erfassen.

Die Wirtschaftskrise erfasst wohl auch uns. Nur was die Meinungsfreiheit betrifft, macht es der Westen geschickter. Offiziell kann man zwar vieles sagen und schreiben, aber nicht in den wirklich relevanten Medien. Man darf sich dafür in irgendwelchen Blogs und in den sozialen Medien austoben oder am Stammtisch. Die wirklich maßgebenden Kreise können dann den so genannten Pöbel umso mehr tabuisieren. Notfalls fangen Protestparteien den Unmut auf, die – wenn sie einmal an der Macht sind, natürlich auch nichts ändern. Vor allem nichts am Neoliberalismus und in jenen Bereichen, die den Eliten wirklich am Herzen liegen: Wirtschafts- und Steuerpolitik. Damit sie weiterhin möglichst ungeniert ihren Wohlstand mehren können, auf Kosten von Mensch und Umwelt. Feindbilder kann man austauschen. Ob man sich an Putin oder an den Islamisten abarbeiten darf, ist nicht so wichtig, solange die unteren Schichten sich ablenken lassen. Von Korruption und unendlichem Gewinnstreben.

Meinungsmanipulation in den Medien und gesellschaftliche Ächtung sind weitaus wirksamer als Haftstrafen. Und Leser sind ja sowieso nur Vollidioten, wie der Herausgeber eines Qualitätsblattes vor längerer Zeit völlig ungeniert durchblicken ließ. Aber die Narzissten an der Macht sind weitaus gefährlicher als die Ohnmächtigen. Und letztere sind wenigstens gezwungen, sich von Zeit mit sich auseinander zusetzen, wenn sie von der Realität gebeutelt werden. Die Mächtigen nicht einmal dann, wenn sie pleite geben. Die gehen nach wie vor auf Kosten irgendwelcher Stiftungen auf die Jagd. In ihrem Anhang Politiker, die auch gerne so reich wären. Was für eine Gesellschaft.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Medien- und Politikanalyst und lebt in Wien

Polemik gegen Babler „geistig ungenügend“

Andreas Babler, erst seit einer Woche SPÖ-Chef, werden schon jetzt parteiintern und besonders auch medial Stolpersteine in den Weg gelegt. Dabei „hilft“ der aus der Versenkung geholte altbewährte Kommunismus-Verdacht.

Udo Bachmair

Es war wahrlich Andreas Bablers Woche. Kein Tag, an dem Medien nichts über, für oder gegen ihn veröffentlicht haben. Differenzierungen und seriöse Analysen zu Persönlichkeit und Aussagen des neuen SPÖ-Vorsitzenden sind allerdings weitgehend unterblieben. Mit Ausnahme etwa einer Reportage in der Wiener Zeitung über teils beeindruckende soziale Errungenschaften Bablers als Bürgermeister von Traiskirchen. Ausgerechnet diesem Qualitätsblatt wird auf Betreiben der Regierungsparteien ÖVP und Grüne mit Ende Juni das Leben ausgehaucht.

Die meisten Zeitungen, die tendenziell der ÖVP nahestehen, haben sich weniger mit Inhalten auseinandergesetzt, die Babler präsentiert hat, sie haben vielmehr die Kommunismus-Keule gegen ihn ausgepackt und kräftig geschwungen. Mit sattsam bekannten Unterstellungen, der „linke Demagoge“ (die Presse) würde unser Land direkt in den Kommunismus führen. Dabei wird mit Polemik auch zu anderen Themen nicht gespart. So schreibt etwa der radikal neoliberale Agenda-Austria-Chef Franz Schellhorn in seiner Presse-Kolumne am Samstag, dass allein schon „das Erfragen eines Asylgrundes für einen Bundeskanzler Babler einer unverzeihlichen Menschenrechtsverletzung gleichkäme“.

Weniger fein, aber in ähnliche Richtung äußert sich neben anderen auch der umtriebige Baumeister Richard Lugner, der in Babler eine große Gefahr sieht. Ebenfalls in der Kronenzeitung heute aber auch eine wohltuend besonnene Stimme: So stört Leitartikler Claus Pandi das niedrige Level der Debatte rund um die politische Positionierung Bablers, indem er schreibt:

„Das Niveau der Debatte ließe sich noch heben. Bablers SPÖ nordkoreanische Verhältnisse zu unterstellen, ist geistig ungenügend“.

Wiener Zeitung : 1703 – 2023

Es war zu befürchten: Die Bundesregierung bestehend aus ÖVP und Grünen hat dem traditionellen Qualitätsblatt nun endgültig den Garaus gemacht.

Udo Bachmair

Trotz aller verzweifelter, aber auch hoffnungsfroher Rufe nach Rettung der Wiener Zeitung hat der Nationalrat mit den Stimmen auch der Grünen allen Ernstes diesem Qualitätsblatt den Todesstoß versetzt. Die Printausgabe der ältesten Zeitung der Welt, als Aushängeschild des Qualitätsjournalismus hierzulande längst bereits zum Kulturgut geworden, wird per Jahresmitte eingestellt.

„Eine Schande“, „ÖVP und Grüne Kulturbanausen“, „Krone-Abo für Frau Blimlinger“- so einige der Losungen auf Transparenten, die bei einem Demonstrationszug zahlreicher Menschen durch die Wiener Innenstadt mit Ziel Bundeskanzleramt mitgeführt worden sind. Doch alle Aufrufe, alle Initiativen haben nichts gefruchtet.

Dass die große Regierungspartei ÖVP an der Zerstörung der Wiener Zeitung festhalten würde, war nicht weiter überraschend. Sie hat ihren Machtanspruch und ihre Einflussversuche auf Medien spätestens seit der Kurz-Ära massiv erweitert. Dass aber auch die Grünen, früher leidenschaftliche Fürsprecher von Qualitätsmedien und Medienvielfalt stur geblieben sind, erscheint rätselhaft.

Die Mittäterschaft der Grünen am Tod der Wiener Zeitung, vor allem in Person der Mediensprecherin Eva Blimlinger, ist für Politstrategen völlig unverständlich. Vergrämen sie damit doch einen Großteil des bisher durchaus grünaffinen Medien- und Kulturbereichs. Sie wollen und können nicht begreifen, dass sie damit auch Multiplikatoren verärgern und für sie wichtige Wählerstimmen verlieren werden.

Mit engagierten Redebeiträgen pro Erhalt der Wiener Zeitung sind heute im Parlament hingegen Spitzenvertreterinnen von SPÖ, FPÖ und NEOS aufgetreten. Mit ähnlichen Begriffen und Argumenten, die schon bei der Demo vor dem Kanzleramt geäußert worden waren. Von Skandal, von Wahnsinn, von einem demokratiepolitisch besonders bedenklichen Ereignis, etc. war da die Rede.

Die SPÖ-Abgeordneten hielten demonstrativ Exemplare der heutigen Ausgabe der Wiener Zeitung mit der „Todesanzeige“ als Schlagzeile „1703 – 2023“ in Händen.

Besonders hart auch gegen seine eigene Partei, der ÖVP, ins Gericht gegangen war bei der Demo auf dem Ballhausplatz Ex-EU-Kommissar Franz Fischler: „Woher nehmen sich die ahnungsvollen Leuchten des Politikgewerbes, Medienministerin Raab und Frau Blimlinger, das Recht und die Frechheit, dieser 320 Jahre alten Institution den Garaus zu machen?“.

Auch der bekannte Medienwissenschafter (und Vizepräsident der Vereinigung für Medienkultur) Fritz Hausjell sprach vor den Demonstranten von einem „fatalen Schritt für die Demokratie, nicht zuletzt in Anbetracht der Nachrichten über Message Control und Inseratenkorruption.“ Der Chef der IG Autoren, Gerhard Ruiss, sorgte für einen optimistischen Demo-Ausklang : „Wir geben nicht auf!“

Schlag gegen Qualitätsjournalismus

Dass dem Bundeskanzler die Förderung von Qualitätsmedien weniger wichtig erscheint als Inseratenmillionen für den Boulevard, ist nichts Neues. Dass er jedoch die Rettung der republikeigenen „Wiener Zeitung“ verweigert, ist nun nach einer Parlamentsanfrage klar.

Udo Bachmair

Der kürzlich verstorbene legendäre Journalist und Publizist Hugo Portisch wollte sie zum Weltkulturerbe erklärt wissen: Die „Wiener Zeitung“ – älteste Zeitung der Welt. Doch daraus wird nichts. Das renommierte Blatt sieht sich in seiner bisherigen Erscheinungsform seiner Zukunft beraubt. Bundeskanzler Kurz bekundet nur wenig Interesse, die „Wiener Zeitung“ am Leben zu erhalten. Warum auch? Diene sie doch im Gegensatz zum Boulevard nicht seiner „narzistischen Selbstinszenierung“, so die Einschätzung von Kritikern.

Die Bundesregierung hat offenbar nicht vor, das Qualitätsblatt zu retten. Der Zeitung stehen durch den drohenden Verlust des Amtsblatts, das laut einer Verordnung der EU-Kommission nicht mehr wie bisher erscheinen darf, große finanzielle Einbußen bevor. Diese werden jedoch von der Regierung nicht ausgeglichen. Das Ende der Zeitung ist somit absehbar. Dabei wäre der Weiterbestand eines Qualitätsblattes gerade in einer Medienlandschaft, die europaweit so einzigartig vom Boulevard dominiert wird, unabdingbar.

Doch die Würfel sind gefallen. Kanzler Sebastian Kurz machte kürzlich in seiner Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ zur Causa klar : Betrieb und Finanzierung einer Tageszeitung seien nicht Aufgabe der Republik. Kurz sieht die Zeitung künftig nur mehr als digitales „schwarzes Brett der Republik“. Sie soll künftig auf eine „zentrale elektronische Verlautbarungs- und Informationsplattform“ reduziert werden. Kurz gesagt: Ein Schlag gegen Qualitätsjournalismus in Österreich.

Wenn Sie den Fortbestand der Wiener Zeitung unterstützen wollen, wenden Sie sich um Infos an den neu gegründeten

Verein der Freunde der Wiener Zeitung
c/o Presseclub Concordia
Bankgasse 8
1010 Wien
info@unverzichtbarseit1703.org

Ich will „meine“ Wiener Zeitung weiter vor der Tür!

Die Wiener Zeitung steht vor dem Aus. Das Kanzlerwort „Koste, was es wolle“ gilt offenbar nicht für dieses Qualitätsblatt, dessen Einstellung eine große Lücke in Österreichs Medienlandschaft reißen wird.

Ilse Kleinschuster

All die Gerüchte um die Einstellung der Wiener Zeitung wegen eines neuen EU-Gesetzes, wonach das Amtsblatt in der Print-Version keine Berechtigung mehr habe, verdichten sich zu schrecklicher Wahrheit – und es scheint im Hintergrund schon eine böse Macht an den Schnüren zu ziehen.

Es ist aber nicht nur Eigeninteresse. Namhafte Menschen haben mich in eine Facebook-Gruppe, die sich zur Rettung der WZ gegründet hat, eingeladen. Diesbezüglich finden dort rege Debatten statt und ich hege die Hoffnung, dass es mit vereinten Kräften möglich sein wird, der schändlichen Absicht, die älteste Zeitung Europas, die „Wiener Zeitung“ einzustellen, einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Jetzt ist meinem Gefühl nach die Zeit demokratischer Strömungen gegen den undemokratischen Hauptstrom angebrochen. Als zivilgesellschaftlich engagierte Aktivistin sehe ich einen Silberstreif am Himmel und vertraue auf jene Menschen, die sich alternative Lösungen vorstellen können und die auch den Willen haben, zu verhindern, dass Qualitätsjournalismus in unserem Land zunehmend das Wasser abgegraben wird.

Wäre es nicht möglich, dass das Medien- und Journalisten-Team der WZ sich genossenschaftlich organisiert – wie es ja vor Jahren die TAZ in Berlin gemacht hat?!?

Folgenden Beitrag zu einer möglichen Lösung fand ich gut. Er stammt von der Mediensprecherin der NEOS, Henrike Brandstötter :

Wiener Zeitung: Stecker ziehen oder Budget dafür erstellen?

• Ilse Kleinschuster ist engagiert in der Zivilgesellschaft und Mitglied der Vereinigung für Medienkultur