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England zuerst, Irland kann hungern

Selten greifen Nachrichten und Tagesanalysen in Medien Historisches auf -und können es wohl auch nicht – so im Kontext des Brexit zur Relation England-Irland.

Hans Högl

Das Porträt im Kultursender ORF III über den Autor Christoph Ransmayr in der aufschlussreichen Sendung „Menschenbilder“ wurde mir Impuls, Ransmayrs Rede von bleibendem Wert 1997 bei den Salzburger Festspielen nachzulesen.

Ransmayr lebte in Irland und darüber sprach er in Salzburg, zu lesen im Büchlein: „Die dritte Luft oder Eine Bühne am Meer“. Es ist ein brillanter 27-seitiger Text, welcher schildert, wie auf einem Felsen hoch über dem Meer Geschichten erzählt werden, ja Schauplätze der Wirklichkeit:

Durch die Klippen passierte die in Belfast gebaute Titanic und nahm Kurs auf ihren Untergang. -Erzählt wird die Geschichte von John Ford, der aus dem irischen Elend nach New York entkam und dessen Sohn Henry sein Glück in Maschinen und Motoren fand.

Nach einigen Gläsern Whiskey wird dem Gast ganz Irland zur Drehbühne, die zu Torf zerfallenen Urwälder und die wieder erstandenen Eichenwälder, die unter den Äxten englischer Eroberer und Siedler zu Masten und Schiffsbalken wurden: Zweitausend hundertjährige Eichen, sagte mein Freund Eamon, mussten für ein einziges englisches Kriegsschiff gefällt werden.

Und an Sonnabenden im Winter kehrten in den Geschichten und Liedern die Verschwundenen, die Ausgewanderten und Toten wieder, die Toten der großen Hungersnot, die Getöteten all dieser Bloody Fridays und Bloody Sundays, die Kämpfe gegen England und des Bürgerkriegs, die Ertrunkenen jener Fregatten vor der Küste.

So singt ein Lied über die Hungerjahre, in denen Schiffe voll Getreide und Fleisch, Irlands Reichtum nach England verbrachten, während auf den Friedhöfen Massengräber für die Hungertoten ausgehoben wurden. Mehr als eine Million Tote in den Jahren der Hungersnot, sagte mein Freund Eamon, und Millionen von Ausgewanderten. England zuerst, Irland kann hungern…….