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Armin Wolf vor Ablöse? Beitrag in Süddeutscher Zeitung

Gastbeitrag: Süddeutsche Zeitung  24. April 2017, 18:58 Uhr

 ORF-Wolf zu kritisch, zu hartnäckig

Für die „ORF-Sommergespräche“ besuchte Armin Wolf 2016 jeweils montags Parteivorsitzende dort, wo sie aufgewachsen sind.
Von Cathrin Kahlweit

Beim ORF war man erfreut über die Preisflut, aber geredet wird über anderes. Das Magazin Profil hat nämlich ein Interview mit dem ORF-Onlinechef und stellvertretenden Direktor für Technik und neue Medien, Thomas Prantner, veröffentlicht, in dem er gegen den prominenten ORF-Moderator Armin Wolf ledert. Nun ist es einerseits ungewöhnlich, dass ein Manager den Ruf eines Kollegen und damit auch den des eigenen Hauses beschädigt. Andererseits kam die Aktion nicht wirklich überraschend. So will Generaldirektor Alexander Wrabetz einen Aufräumer zum Wellenchef für ORF 2 küren, der sich ebenfalls schon sehr kritisch über die Arbeit von Wolf geäußert hat. Dieser ist als populärer Moderator der Nachrichtensendung ZIB 2 ein Aushängeschild für den Sender – aber bei den Parteien, die im ORF entscheidenden Einfluss haben, nachhaltig unbeliebt. Er fragt ihnen zu kritisch – und zu hartnäckig.

„TV-Studio wie ein Verhörraum oder eine Anklagebank“

Wenn man in Parteienzentralen und in den ORF hineinhorcht, hört man unzählige Geschichten von empörten Politikern aller Parteien, die sich beim Sender beschweren, weil sie sich nicht positiv genug darstellen können. Man könnte nun (zu Recht) meinen, das sei ein Indiz für gute journalistische Arbeit. Aber der designierte Wellenchef, SPÖ-Mann Roland Brunhofer, vergleicht diese straff geführten Interviews, die im Unterricht an Journalistenschulen als vorbildliche Beispiele gezeigt werden, gern schon mal mit „Hinrichtungen“.

Seither geht die Rede, dass Wolf entmachtet werden soll, damit er den Politikern in Österreich mit seinen Fragen nicht mehr so lästig fallen kann. ORF-Manager Prantner, der auf einem FPÖ-Ticket zu seinem Posten kam, hat nun nachgelegt und gesagt, es sei „unzumutbar für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wenn das TV-Studio wie ein Verhörraum oder eine Anklagebank wirkt“. Im Kurier ist zu lesen, dem Vernehmen nach sei dieses Interview mit Wrabetz abgestimmt gewesen.

Angst vor den Kanalreinigern

Im ORF sollen künftig dem Generaldirektor unterstellte Manager bei der TV-Information mitbestimmen. Die Redaktion fürchtet Kompetenzwirrwarr und politischen Druck auf die angesehene „ZIB 2“. Von Cathrin Kahlweit mehr …

Prantner nennt Wolf zwar nicht beim Namen, kritisiert aber auch die Social-Media-Aktivitäten „prominenter ORF-Autoren“, die „oft mehr der Eigenprofilierung und der Marktwertsteigerung als dem Unternehmensinteresse“ dienten. Moderator Wolf hat auch dort viel Einfluss, der nicht immer geschätzt wird: 250 000 Likes auf Facebook und gut 350 000 Follower auf Twitter. Seine Posts finden öfter mal mehr als eine Million Leser. Allerdings kennzeichnet Wolf seinen Account deutlich mit dem Satz: „Dieses ist keine ORF-Seite“.

 Auffällig ist, dass die Sache an Momentum gewinnt, nachdem Wolf kürzlich den scheidenden Landeshauptmann von Niederösterreich, Erwin Pröll (ÖVP), interviewte. Der Fragende war hervorragend vorbereitet und hakte x-mal nach. Der Gast, seit einem Vierteljahrhundert wichtiger Machtfaktor im Land und zuletzt wegen einer intransparenten Stiftung, die auf seinen Namen läuft, unter Beschuss, war schlecht vorbereitet, beleidigt und nach dem Gespräch extrem verärgert. Im Wochenmagazin News drohte er kurz darauf, er verstehe den Generaldirektor nicht, weil der offenbar nicht imstande sei, „solche Strukturen“ zu kontrollieren. Es sei notwendig, „auch mit demokratischen Möglichkeiten im ORF nach dem Rechten zu sehen“. Das war eine klare Kampfansage.

Der Redakteursrat hat sich am Montag vor Armin Wolf und gegen Online-Chef Prantner gestellt. Man sei überrascht, dass sich die Technische Redaktion für journalistische Inhalte zuständig fühle: „Wollen Sie ernsthaft einen Rückfall in die Zeiten, als Journalisten ihre Fragen erst bei Politikern einreichen mussten oder ihnen gar vorgeschrieben wurde, was gefragt werden musste?“

Plädoyer für das Kulturgut Zeitung

Liebeserklärung an den eigenen Beruf: Der bekannteste Journalist Österreichs, Armin Wolf, hat aufgeschrieben, warum Zeitungen und Fernsehen wichtig sind. Und das, obwohl immer weniger Menschen diese altmodischen Medien nutzen. Seine Analyse ist im Nachbarland jetzt ein Bestseller. Von Cathrin Kahlweit, Wien

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NB. Studierende berichten, dass sich Dr. Armin Wolf akribisch für seine Sendung vorbereitet, und zweifellos ist er als Journalist unbestechlich. Manchmal äußerten wir in der Medienkultur neben großer Hochachtung für Armin Wolf auch Bedenken zu seinem Stil. Aber er darf den früheren Bundeskanzler nach Lücken im  Lebenslauf fragen!  Da gab dieser vor, Jus studiert zu haben und es bleibt unklar, ob er überhaupt eine einzige Vorlesung besucht hat oder gar eine Jus-Prüfung abgelegt habe. Das ist wirklich  mehr als peinlich.  

Ein Buchtipp:  Armin Wolf, Wozu brauchen wir noch Journalisten? Picus Verlag, . 2013. Umfang: 142 p.  Entstanden aus Vorlesungen an der Univ. Wien 2012.

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Tabu: Politiker zu loben

             Hans H ö g l.  Kommentar

Dürfen irgendwann Politiker a u c h   gelobt werden? Vor einiger Zeit fragte ich TV-Kommentator  Armin Wolf, ob er auch Positives über Österreichs Politikerinnen und Politiker  kenne. „Sicherlich“, so Wolf, „viele von ihnen arbeiten fleißig und kompetent und bis spät abends in Ausschüssen“.

Warum hören wir dies nie öffentlich? Es ist ein Tabu, Politiker zu loben. Aber es fällt auch schwer. Da formuliert ein Abgeordneter Regeln für das Glücksspiel und siehe da: Der gute Mann sitzt im Vorstand eines Konzerns für Glücksspiele. Sind diese Herren von allen guten Geistern verlassen? Da fehlen Anstand und Sinn für Unvereinbarkeit.

Es gab und gibt Politikerinnen und Politiker von Qualität: Der solide Bundespräsident Rudolf Kirchschläger lebte in einem bescheidenen Reihenhaus in Dornbach, ein Alois Mock verausgabte sich total, ein Bruno Kreisky hat sich nie bereichert. Wie vorsichtig sind Van der Bellens Worte. Es gibt gute, überlastete Gemeindepolitiker, selbstverständlich auch fragwürdige und überforderte darunter.

Differenzieren statt hinschlagen! Die überzogene Dauerkritik an Politikerinnen und Politikern ist bedenklich. Maßlose Kritik bewirkt den Sog einer negativen Auslese für diese höchst wichtige Tätigkeit. „Alle Politiker sind Gauner!“- Dieser Satz ist nicht selten zu hören. In Magazinen ist ein sachliches Abwägen von Pro und Kontra mit der Stecknadel zu suchen. Aber ist unser Reden im Alltag und am Stammtisch viel besser?

Schon beim Beginn einer politischen Funktion kann es lauten:  Von dem Mann ist nichts zu erwarten! So würde ein unfähiger Pädagoge reden, der zum Schüler am ersten Tag sagt: Du bist nix und wirst nix!

Manche „hauen den Hut drauf“, denn sie wollen nicht Tag für Tag am Pranger stehen. Wir brauchen in der Politik qualifizierte Personen. Das  Führungsdefizit im Westen ist bedrohlicher als alle Schulden und Währungskrisen zusammen.

Ein Presse-Beitrag hatte den Titel: Volkssport Politikerbeschimpfung. Der scheidende Salzburger ORF-Chef Roland Brunhofer sandte Nachdenkliches und Spitzen aus (vgl. Kurier 24.11.2016) : Er nahm  sich seinen Stand vor :  Dieser müsste seine Eitelkeit hintanstellen, das Ringen um Kompromisse nicht als „Streitereien“ bezeichnen.

Der Journalist verkürzt und erzeugt oft den Eindruck, es gäbe einfache Lösungen, und Teile des Journalismus könnten an der „Zersetzung der Demokratie beteiligt sein„, befürchtet er. „Es kann nicht sein, dass  wir frühmorgens mit einer Politikerverarschung beginnen und spät abends in einem politischen Verhör enden.“ In der Zwischenzeit gewinnt man den Eindruck, „als würde es in der Politik nur noch Korruption, Idioten und Verbrecher geben“.