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Eine medienpolitische Schande

In Deutschland kursieren Pläne, den Sender 3sat mit ARTE zu verschmelzen und damit abzuschaffen. Der Widerstand dagegen wächst.

Udo Bachmair

3sat verteidigt zurecht den Ruf eines anspruchsvollen gemeinsamen Kultur- und Informationsprogramms Österreichs, Deutschlands und der Schweiz. Gerade in Österreich würde das Aus für 3sat seriöse öffentlich-rechtliche Inhalte – noch dazu im Umfeld einer ausufernden Boulevardisierung der Medienlandschaft – spürbar schwächen.

Sollte das Aus für den renommierten TV-Senders 3sat tatsächlich ernsthaft in Erwägung gezogen und realisiert werden, wäre dies wahrlich eine medienpolitische Schande.

Widerstand gegen die umstrittenen Pläne könnte jedoch erfolgreich sein. Bereits mehr als 130.000 Personen haben laut einer Meldung der Salzburger Nachrichten die Petition „Rettet 3sat!“ unterschrieben: www.innn.it

Im Petitionstext heißt es dazu unter anderem:
„Wir brauchen 3sat als Plattform für kritische Debatten, als Bühne für kreative Vielfalt und als Stimme der europäischen Kultur“.
Die Kulturgewerkschaft younion hält die Sender 3sat und ARTE für „unverzichtbare Medien, die aus kultur- und demokratiepolitischen Gründen nicht in Frage gestellt werden dürfen“.

Auch die IG Autorinnen Autoren meldete sich bereits vor Tagen zu Wort und kritisierte, dass u.a. der Bachmann-Wettbewerb seinen Sendeplatz und seine Senderanbindung verlieren könnte.
„Höchst fraglich ist auch, ob ein sich so kritisch mit innerdeutschen und österreichischen Verhältnissen auseinandersetzendes Kulturmagazin wie ‚Kulturzeit‘ in einem solchen anderen Senderzusammenhang überhaupt Platz finden kann“, so die Interessensgemeinschaft. Der Rückbau sei „jedenfalls vollkommen unverständlich“.

Nochmals der Link zur Petition : www.innn.it

Nützliche Neutralität

Die jüngste große Veranstaltung unter Mitwirkung der Vereinigung für Medienkultur war eine Podiumsdiskussion im Presseclub Concordia zur Notwendigkeit einer aktiven und engagierten Neutralität. Dazu im Folgenden die Kurzfassung eines Berichts, der in der aktuellen Ausgabe der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL erschienen ist.

Udo Bachmair

Rund um den Nationalfeiertag, an dem das Gesetz zur immerwährenden Neutralität beschlossen wurde, hat sich die Initiative Engagierte Neutralität (IEN) gebildet. Motiv und Anlass dafür war und ist es, auf die Wichtigkeit, ja, auf die besondere Nützlichkeit unserer Neutralität gerade auch in besonders krisenhaften Zeiten wie diesen hinzuweisen.

In Politik, Medien und diversen Diskussionen sind mancherorts Tendenzen zu registrieren, die darauf hinauslaufen, unsere Neutralität nicht mehr sinnvoll oder als überholt zu betrachten. Hand in Hand damit wendet sich die Initiative klar gegen Überlegungen, Österreich solle „zum Selbstschutz“ der NATO beitreten.

Die immerwährende Neutralität wird von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung als höchst positiv angesehen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat die Initiative Engagierte Neutralität in einem Appell an Regierung und Parlament dazu aufgerufen, die immerwährende Neutralität zu wahren und für eine engagierte Friedenspolitik zu nutzen.

Einige der Zitate aus dem mittlerweile von mehr als 150 namhaften Persönlichkeiten unterzeichneten Appell :

>>„Neutralität bedeutet freiwillige Selbstverpflichtung zur friedlichen Streitbeilegung“

>>„Neutralität verringert das Risiko, in einen Krieg hineingezogen zu werden“

>>„Österreich hat als neutraler Staat im Rahmen der Diplomatie und durch den Einsatz der Blauhelme wichtige Beiträge für den internationalen Frieden geleistet“

>>„Neutrale Staaten sind ideale Orte der Begegnung, man denke an Österreich als Vorsitzland der OSZE, mit Wien als offiziellem UNO-Amtssitz“

>>„Das Engagement neutraler Staaten ist nicht wertneutral, es ist das Gegenteil von Abseitsstehen. Es bedeutet, zu Völkerrechtsverletzungen unabhängig, eigenständig und klar Stellung zu nehmen“

In der Podiumsdiskussion der Initiative Engagierte Neutralität nannte der Politikwissenschafter und Sicherheitsexperte Univ. Prof. Heinz Gärtner zwei Hauptcharakteristika einer engagierten Neutralität: „Nützlichkeit und Glaubwürdigkeit“. Neutralität müsse glaubhaft vermitteln können, keinem Militärbündnis beizutreten, keine fremden Truppen auf dem eigenen Territorium zu stationieren sowie an keinen fremden Kriegen teilzunehmen. Diese immerwährende Neutralität müsse von der internationalen Gemeinschaft aber auch „als wirklich glaubwürdige Garantie“ wahrgenommen werden. Ein neutraler Staat müsse zudem auch nützlich sein, Dienste anbieten, gute Dienste, Vermittlungstätigkeiten leisten, Gastgeber von internationalen Organisationen sein, nicht zuletzt von Gipfelkonferenzen.

Bundesheergeneral a. D. Günther Greindl , früherer Oberkommandierender österreichischer Friedenstruppen, hob das Vorbild der neutralen Schweiz hervor und diesbezügliche Ähnlichkeiten mit Österreich. Auch Österreich liege in einer geostrategisch günstigen Lage. Auch Österreich sei nützlich als Sitz einer UNO-Institution. Kein günstiger Vergleich mit der Schweiz besteht laut Greindl darin, dass „unser Bundesheer seit Jahrzehnten kaputtgespart worden ist“.

Gabriele Matzner, langjährige Diplomatin, zuletzt Botschafterin in London, plädierte für eine humanitäre Außenpolitik als essentielles Prinzip einer engagierten Neutralitätspolitik. Schon in Zeiten des Ost-West-Konflikts sei Österreich als neutraler Staat zwischen den Blöcken gleichsam prädestiniert gewesen als Vermittler, als Ort für internationale Begegnungen.
Auf die Frage von Moderator Udo Bachmair, ob es denn einen neuen Kreisky bräuchte, sagte Gabriele Matzner: „Ja, wäre nicht schlecht“ Es habe aber auch vor und nach Kreisky wichtige Politiker gegeben, die sich im Sinne Kreiskys engagiert hätten. Eine aktive Friedenspolitik des neutralen Österreich könne jedenfalls auch für die Europäische Union ein Vorbild sein.

Daran knüpfte in der Pressekonferenz Ex-Sozialminister Erwin Buchinger an, der innerhalb der SPÖ die Initiative „Aktive Neutralität“ leitet. Österreich habe in den letzten Jahren gezeigt, dass beides möglich sei, nämlich neutral und Mitglied der EU-zu sein und damit auch eines „solidarischen Sicherheitssystems.“ Immer wieder höre man, dass dies nicht möglich sei, wenn man „die Neutralität ganz wahren und leben will. man kann nicht ein bisschen schwanger sein“. Es stünde einem neutralen Staat gut an, sich auch im Ukraine-Konflikt und im aktuellen Konflikt im Nahen Osten für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen einzusetzen.

Wendelin Ettmayer –früher Nationalratsabgeordneter der ÖVP – später dann Diplomat -u.a. Botschafter beim Europarat, sieht das ähnlich. Er erweiterte die komplexe Thematik jedoch um den Begriff „Moralität“, wie er es bereits auch in einer brillanten INTERNATIONAL-Analyse ausgeführt hatte. Moralisierend werde in Konflikten immer von den eindeutig Guten und eindeutig Bösen gesprochen, und da könne man nicht neutral sein. „Gut und Böse sind Kategorien aus dem Privatleben, Außenpolitik ist aber keine Privatsache“. Es gehe, so Ettmayer, um die entscheidende Frage, ob ein Aus für die österreichische Neutralität oder deren Aushöhlung mehr Sicherheit oder mehr Unsicherheit mit sich bringe. Die Antwort Ettmayers ist klar „Die Neutralität bringt eindeutig mehr Sicherheit und Stabilität“.

Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion der Initiative Engagierte Neutralität können Sie im Youtube-Kanal von INTERNATIONAL unter folgenden Links abrufen:

www.youtube.com/watch?v=7VPVzzhncBI

www.international.or.at

Reste von Vernunft

Hin und wieder ist auch in der Kronenzeitung Positives zu entdecken.

Wolfgang Koppler *

Man sagt mir nach, ich sähe im Emmentaler nur die Löcher. Und so fallen mir meistens Beispiele für schlechten Journalismus auf.

Die Krone vom 3.7. war (abgesehen von der etwas reißerischen Schlagzeile) eine angenehme Überraschung. Auf den Seiten 2-3 ein Interview mit Philipp Kucher, dem neuen Klubchef der SPÖ im Nationalrat, in dem es darum ging, wie man die Partei wieder einen könnte. Kucher gilt ja als Doskozil-Mann (aber auch als Brückenbauer) und erkennt die Notwendigkeit, Doskozil und seine Anhänger in den Erneuerungsprozess einzubinden

Ein wirkliches Highlight war aber Christians Hauensteins Artikel auf S 4: Er nimmt die Diskussion über die österreichische Neutralität anlässlich des nicht ganz unproblematischen Beitritts zum Luftverteidigungssystem Skyshield zum Anlass, die internationale Bedeutung der Neutralität von Österreich und der Schweiz als Beispiel für andere Länder hervorzuheben, die – so wie einst Österreich – in den Konflikt zwischen Machtblöcken zu geraten drohen.

Zu solchen Ländern zählen ehemalige Sowjetrepubliken wie die 5 „Stans“, also Turkmenistan, Kasachstan, Usbekistan. Kirgistan und Tadschikistan. Das autoritär regierte, aber laut Verfassung neutrale Turkmenistan hat nämlich in Kooperation mit der Parlamentarischen Versammlung der OSZE zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Neutralität in Zentralasien“ nach Aschabad geladen, zu der neben Vertretern der obgenannten Staaten auch Diplomaten aus Deutschland und Russland kamen. Und Experten aus der Schweiz und Österreich, wie etwa Heinz Gärtner, die die Vor- und Nachteile sowie die jeweilige Auslegung der Neutralität in ihren Ländern erklärten. Sie sprachen sich für einen neutralen Block in Zentralasien aus. Kronejournalist Christian Hauenstein meinte am Schluss seines Beitrags, die „atomwaffenfreie Pufferzone“ dieser Staaten könnte dadurch stabiler werden.

Was eigentlich jedem vernünftigen Menschen einleuchten müsste. Insbesondere wenn man Politik als Spiel von Interessen begreift. Aber in Kriegszeiten geht die Vernunft bekanntlich regelmäßig verloren. Und so wurde auch diese Veranstaltung in anderen Medien weitgehend totgeschwiegen. Denn Neutralität gilt als unmoralisch.

*Gastautor Wolfgang Koppler ist Jurist und Journalist und lebt in Wien

Beleidigung von Politikerinnen

Schweizer Politikerinnen legten Ämter nieder

Hans Högl

Der frühere „Krone“-Kommentator Tassilo Wallentin und Buchautor hebt immer wieder die Schweiz als gelobtes Land hervor. Die jüngsten Ereignisse um die Bank Credit Suisse und anderes zeigen, dass auch in der Schweiz nicht alles zum Besten steht: Ein Beispiel ist, wie mit Politikerinnen umgegangen wird, wie heute der „Tages-Anzeiger“ berichtet. Hier ein Resumé: Politikerinnen müssen viel aushalten. Frauen sind tendenziell stärker betroffen, zeigt eine Umfrage im Zürcher Gemeinde- und Kantonsrat. Das Ergebnis: Mehr als zwei Drittel der Befragten wurden aufgrund ihres Amtes beleidigt oder gar bedroht. Es gab Äußerungen wie: «Rabenmutter», «Frauen gehören nicht in die Politik», «Meitli, du hast keine Ahnung!»

Hass kann Politik beeinflussen. Zwei Schweizer Politikerinnen haben ihre Ämter aufgrund von Bedrohungen und Beleidigungen niedergelegt. Diese Beleidigungen haben durch das Internet zugenommen. Twitter ist ein gutes Beispiel dafür. Was hilft? Zivilcourage! Professor Dominik Hangartner fordert die stillen Mitlesenden auf, sich gegen Anfeindungen zu wehren. Eigentlich verhält es sich ja ähnlich, wie wenn Sie auf der Straße beobachten würden, dass eine Person blöd angepöbelt wird. Es gilt zu helfen.

Russisches Vermögen im Ausland

Was ist denn Russland für ein Land?

Hans Högl

Die Schweizer Regierung hält es für unrechtmäßig, russische Privatvermögen einzuziehen, nur weil die Betroffenen auf der Sanktionsliste stehen. So ein Vorgehen widerspräche geltenden Gesetzen und der Bundesverfassung. Angesichts der enormen Kriegsschäden werden immer wieder Forderungen laut, gesperrte Gelder zugunsten der Ukraine einzuziehen.

Die Schweiz hatte Ende 2022 russische Vermögen von 7,5 Milliarden Franken plus 15 Liegenschaften gesperrt. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach zum grössten Teil um Privatvermögen. Weltweit sind geschätzte 300 Milliarden Franken Vermögenswerte der russischen Zentralbank gesperrt. Hinzu kommen 50 bis 60 Milliarden Franken eingefrorene Privatvermögen. NZZ online

Digitale Integrität

Wer hat Zugriff auf Daten im Sozialsystem?

Hans Högl- Analyse

Schon mehrfach habe ich Bücher zur Digitalisierung besprochen. Doch die folgenden Fragen sind neu zu durchdenken und fragen nach einer Lösung. Wer darf meine Daten einsehen? Dürfen sie verkauft werden? (Man denke an Werbebriefe). Was passiert mit Daten, Aufzeichnungen nach dem Tode? In dieser Grundrechtsdiskussion hat sich nun als Alternativbegriff die digitale Unversehrtheit (Integrität) etabliert.

Daraus folgen konkrete Fragen für das Sozialsystem, für deren Ebenen: für die Gesamtgesellschaft (Staat, UNO), innerstaatliche Institutionen (Ministerien, Landesregierungen, Polizei), nichtstaatliche Organisationen (Banken, Medien), für Gruppen (Parteien, NGOs, Vereine, Familien) und auch für Einzelpersonen (Wissenschafter, Schriftsteller, Privatpersonen und solche öffentlichen Lebens). Diese spezielle Thematik ist wohl Teil der Regelungen eines zu differenzierenden Datenschutzes. Der Journalismus hat das Recht, Infoquellen nicht bekanntgeben zu müssen.

Die Handhabung dieser bisher nur marginal berührten Fragen kann handfeste Konsequenzen haben. In der Schweiz will Kanton Genf das Recht auf digitale Unversehrtheit in der Verfassung verankern.

Genf: Grüne dürfen Fleisch essen

Doch keine Verpflichtung zum Vegetarismus

Hans Högl- Quelle- nzz-online

In Genf dürfen die Grünen weiterhin Fleisch essen: Ursprünglich hätten sich grüne Amtsträger zum öffentlichen Vegetarismus bekennen sollen, um gegen die ressourcenintensive und damit klimaschädliche Tierhaltung ein Zeichen zu setzen. Nun stimmten die Genfer Grünen nochmals über die umstrittene Passage in der erst vor einem Monat verabschiedeten Charta ab. Und siehe da: Der Fleisch-Passus wurde fallengelassen.

Russische Vermögen für Wiederaufbau?

Es bestehen Rechtshürden, um Oligarchen-Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine heranzuziehen.

Hans Högl ( Quelle NZZ-online vom 7.6.2022 )

Es wäre naheliegend, die im Westen eingefrorenen Vermögen der Oligarchen für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden. Ziemlich salopp brachte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell diesen Wunsch gegenüber der «Financial Times» zum Ausdruck. «Wir haben das Geld in unseren Taschen», sagte er vor einigen Wochen. Damit meinte er unter anderem die von der EU eingefrorenen russischen Privatvermögen. Doch so einfach geht das nicht. Denn die rechtlichen Hürden, um an diese Gelder zu gelangen, sind hoch.

Nach geltendem Schweizer Recht sind die Hürden für eine Konfiszierung gesperrter Vermögen hoch, solange keine gerichtlichen Schuldsprüche zu strafrechtlichen Delikten vorliegen. Das Embargogesetz scheint keine Handhabe für das Einziehen von Russland-Vermögen zu geben. Dabei ist die Schweiz ein bedeutender Hafen für lichtscheue Vermögen. Bis Ende April hatten die USA private russische Vermögenswerte von weniger als 2 Milliarden Dollar blockiert. Die Schweiz meldete dagegen das Drei- bis Vierfache.

Corona und ökonomische Belastung

Höhere Coronaeinbußen in Österreich als bei Nachbarländern

Hans Högl

Die Schweiz ist wirtschaftlich recht glimpflich durch die Corona-Krise gekommen. Über die gut zwei Corona-Jahre haben sich die gesamtwirtschaftlichen Verluste auf rund 28 Milliarden Franken summiert, rund 3,8 Prozent der Wirtschaftsleistung von 2019. Berücksichtigt man das eigentlich erwartete Wachstum, liegen die Verluste etwas höher, nämlich bei rund 42 Milliarden Franken. In Österreich hingegen beliefen sich die wirtschaftlichen Einbußen bis Ende 2021 auf rund 10 Prozent des jährlichen BIP, in Deutschland auf 7,5 Prozent eines jährlichen BIP.

Schweiz: Ja zur Medienförderung ?

Die Hintergründe für die Abstimmung über ein in der Schweiz vorgelegtes Medienförderungspaket sind vielfältig.

Hans Högl- ( Text dem Schweizer „Tages-Anzeiger“ etwas gekürzt entnommen )

„Am 13. Februar stimmt die Schweiz über das sogenannte Medienförderungspaket ab. Bei einem Ja, erhalten die Medien während 7 Jahren Fördergelder von jährlich 151 Millionen Franken. Ein Referendumskomitee bekämpft das Gesetz, es spricht von einem «staatspolitischen Sündenfall».

Umstritten ist, ob die Subventionen das richtige Mittel sind, um eine Entwicklung der Medienlandschaft aufzuhalten… Die Medienvielfalt hat stark abgenommen. Geld mit redaktionellen Inhalten zu verdienen, wird immer schwieriger.

Die verschwundenen Zeitungen: Seit 2003 sind in der Schweiz über 70 Zeitungstitel verschwunden. Es handelt sich dabei um Tages- und Wochenzeitungen, Gratiszeitungen.

Nicht abgebildet werden Zeitungen, die in sogenannte Mantelsysteme integriert wurden. In diesem Fall erscheint eine Zeitung zwar unter ihrem angestammten Namen. Große Teile ihrer Berichte, zum Beispiel aus den Bereichen Inland, Ausland, Wirtschaft, Kultur und Sport, werden aber von einer zentralen Redaktion des Verlags geliefert. Dieser sogenannte Mantelteil erscheint in identischer Form auch in anderen Zeitungen desselben Verlags. Die Redaktion Tamedia, zu der diese Zeitung gehört, funktioniert ebenfalls nach diesem Prinzip. So erschien 2020 jeder vierte Artikel in der Deutschschweiz in mehreren Zeitungen gleichzeitig. Im Jahr 2017 war es erst jeder zehnte Artikel. Die höchste inhaltliche Konzentration besteht dabei in der Politikberichterstattung.

Schwund bei Abos: Dass es zunehmend weniger lukrativ ist, eine Zeitung herauszugeben, hat mehrere Gründe. Einer davon ist, dass immer weniger Haushalte gedruckte Zeitungen abonnieren. Insbesondere junge Menschen informieren sich vermehrt auf Social Media – oder sie konsumieren gar keine Informationsmedien mehr. Von 2003 bis 2020 ist die Zahl der abonnierten Zeitungen in der Schweiz deshalb von 3,39 Millionen auf 1,61 Millionen gesunken.“

( „Tages-Anzeiger“, Zürich 18.1.2022 )