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37 % Stimmbeteiligung in der Schweiz. Direkte Demokratie

Leicht veränderter Gastbeitrag – Neue Zürcher online (Hans Högl)

Die Schweizerinnen und Schweizer haben anscheinend vergessen, welchen Schatz sie in der direkten Demokratie in den Händen halten: Die Stimmbeteiligung lag am 11. Februar 2019, dem gestrigen Abstimmungssonntag, bei nur rund 37 Prozent. (Also etwa jeder Dritte beteiligte sich an den Abstimmungen).

Die direkte Demokratie ist ohne jeden Zweifel etwas vom Besten, was einem Land passieren kann. Auf kommunaler, kantonaler und eidgenössischer Ebene entscheiden Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nicht nur über Nebensächliches, sondern über ganz zentrale Fragen. Auch wenn man sich im Moment über einen Entscheid aufregen mag oder eine selbsternannte «Elite» die Entscheidungen für falsch hält: Über die Zeit zeigt sich, dass das Volk meist richtig liegt.

Hans Högl: Es gibt auch eine Bringschuld der Bürger und Bürgerinnen, sich zu informieren und der politischen aktiven Teilhabe. Wichtig ist im Hinblick auf die Schweiz zu ergänzen, dass einer Schweizer Abstimmung ein vielmonatiger Prozess der Information und Diskussion vorangeht. Solche Abstimmungen basieren im Normalfall nicht einfach auf schwankenden Meinungen, sondern auf vernünftigen Erwägungen. Zumindest wird dafür eine Basis geschaffen.

Wohin gehört England – laut Richard Coudenhove-Kalergi?

Hans Högl

Ein zu wenig gewürdigter Visionär Europas Richard Coudenhove-Kalergi, Alt-Österreicher, dann tschechischer Staatsbürger  schrieb 1964 zur Frage, ob England an der  Europäischen Einigung teilhaben  soll, folgenden prägnanten Satz:

„Wenn möglich, mit England, wenn notwendig ohne England, nie gegen England“.  R. Coudenhove-Kalergi, Die Wiedervereinigung Europas, Wien 1964, p. 62.

Und auf p. 57 schrieb er 1964 : Leider ist es der Paneuropäischen Bewegung nicht gelungen, einen echten europäischen Patriotismus  zu erzeugen.….In ihrer großen Mehrheit sind die Europäer Nationalisten geblieben. Sie befürworten den europäischen Einheitsgedanken, soweit dies nicht auf Kosten ihrer Nation geht.“

NB. Hier wird das Wort Patriotismus in einem politikwissenschaftlichen Sinn verwendet. Wer sein Land  schätzt und Eigeninteressen (!-)  wahrnimmt,  kann gleichzeitig achtungsvoll  mit politischen Nachbarn und der Weltgemeinschaft umgehen. Die Schweden schätzten ihr eigenes Land und sind dennoch keine Nationalisten. Unbefangen hissen Schweden ihr Fahne, wenn Besucher aus dem Ausland  kommen. Ähnliches gilt für die Schweiz.

Ein solches Verhalten erscheint  im medialen, deutschen  Sprachhabitus   seltsam, wo  die Neigung besteht, von einem Extrem ins andere zu taumeln.- In Kontrast und in massiver Differenz zu diesem abgehobenen Sprachspiel  herrscht beinahe Weltuntergangsstimmung,  wenn Deutschland in Fußball nicht Weltmeister wird.  Bei TV-Sportberichten geht es fast nur  um die Ränge, die Deutsche eingenommen haben. Manchmal werden nichtdeutsche Sieger gar nicht erwähnt.

Nordlicht in Mitteleuropa – vor 80 Jahren

Hans Högl:  Sparte Chronik

Hat irgendein Medien – unser Blog ausgenommen-  an das Nordlicht erinnert, das  in Österreich am 25.1.1938 zu sehen war. Ein Lokalhistorikern machte mich darauf aufmerksam:  Über Ost-Österreich wurde damals zwischen 20 und 22 Uhr ein starker dunkelroter Schein wahrgenommen, der in ständiger Bewegung war. Auch anderswo in Mitteleuropa wurde die gleiche Erscheinung beobachtet, die Staunen und auch Angst in der Bevölkerung auslöste. Manche meinten, es wäre ein riesiger Brand. Es war ein Nordlicht – wenige Monate vor großer Kriegsgefahr.

„Alpen-Völkerwanderung“ der Walser u. ansässige Bevölkerung. Bildung durch Reisen

Hans H ö g l

Der Schweizer Wintersportort Davos lässt uns an das Weltwirtschaftsforum, an den „Zauberberg“ von Thomas Mann und an die Walser denken, die Davos besiedelten. Im 12./13. Jahrhundert ließen sich hier die Walser auf Einladung Walters von Vaz nieder und erhielten in einem Lehensbrief im Jahr 1289  weitgehende Rechte zugesichert.

Unwillkürlich drängt sich ein teils inadäquater Vergleich von deren Einwanderung mit der Flüchtlingswelle ab 2015 auf. Es gab im Mittelalter zahllose Kleinkriege. Warum war die Niederlassung der Walser relativ konfliktfrei?

Diese Wanderung im Alpenraum begann Ende des 12. Jahrhunderts im oberen Rhone Tal, im Wallis. Davon kommt der Name Walser. Ihr Aufbruch war nicht nur Flucht vor Hunger, Überbevölkerung, Elend, sondern auch ein Aufbruch in eine bessere Zukunft. Sie stießen nach Zermatt und Saas Fee vor. Sie wanderten nicht planlos, sondern folgten dem Ruf verschiedener Feudalherren, ließen sich nieder, wo Land geboten wurde. Die Walser sprachen Deutsch und zogen  in räto-romanische Gebiete. Wie wurden Konflikte vermieden, ein gutes Miteinander erreicht? Die Lehensherren begrüßten die Auswanderung, zogen klare Grenzen zwischen den Einheimischen und Zugewanderten. Die Kolonisten ließen sich auf Höhen nieder, in denen keine Existenz möglich schien. Die ansässige Bevölkerung nützte die landwirtschaftlichen guten Talgründe für den Getreideanbau, die Walser fanden ihr Auskommen in der Viehwirtschaft ab 1.500 m Höhe, wo ihre Einzelhöfe locker verstreut sind, und in Seitentälern.

Es war im Sinne der Grundherren, dass die Walser die Territorien konsolidierten. Als Gegenleistung wurden ihnen umfangreiche Rechte zugesichert: Sie hatten Selbstverwaltung, eignen Gerichte, mussten nur geringe Abgaben leisten und konnten ihr Hab und Gut vererben (Dumont 2010, 65). Eine Folgerung aus dem historischen Exkurs für Heute:  Klare Grenzen lassen Existenzängste nicht hochkommen. Die Forderung nach totaler Offenheit aller Grenzen ist verbaler Superidealismus und Grund dafür, dass große Ängste entstehen.

150 Orte lassen sich heute als Walser Siedlungen charakterisieren – wegen ihrer Anlage oder Architektur- in der Schweiz, Liechtenstein und Vorarlberg, z.B. in den Walser Tälern des Ländle, in denen ein exzellenter, in vielen Monaten gereifter Hartkäse hergestellt wird.

Wer also mit Verstand reist, erfährt Hintergründe, so vom Autor Johannes Eue im Dumont-Reiseführer über Graubünden und wenn er das wenig bekannte Walser Museum bei Vaduz aufsucht.

Hans Högl erörtert als Buchautor „Bin kein Tourist. Ich wohne hier“ soziale und kulturelle Tourismusfolgen im Montafon. Dies hat alte räto-romanische Namen wie Piz Buin, und gewisse Dörfer im Ländle sind von Walsern geprägt.

 

 

Reiche Schweiz mit halber Million Armer

Hans H ö g l – Quelle: Neue Zürcher

Auf  23 knappen Zeilen, einem Einspalter,  meldet die Neue Zürcher (17. Mai 2017) eine leichte Zunahme der Armut in der Schweiz. Dies findet sich auf Seite 26 und rechts ganz unten. Das ist die Strategie von Redaktionschefs,  um Nachrichten möglichst zu übersehen.  In rund 16- fachem Umfang geht es auf der gleichen Seite um das Erlernen von Fremdsprachen in der Schweiz.

Der Inhalt des kurzen Textes: Demnach sind in der Schweiz 2015 rund 570.000 Personen von Einkommensarmut betroffen. Dies sind 7 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung in Privathaushalten. Im Jahr zuvor waren es 530.000 Personen oder 6,6 % . Besondere Risikogruppen sind „Haushalte ohne Erwerbstätige“ (das Wort Arbeitslosigkeit wird vermieden) und Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern.

Auch die Armutsquote der Ausländer außereuropäischer Herkunft ist deutlich höher als jene der Gesamtbevölkerung, ebenso jene von über 65-Jährigen, die alleine leben, und von Personen ohne nachobligatorische Schulbildung.

Schon am 13. April fanden unsere Leser u. Leserinnen den Beitrag  Armut in der Schweiz und Pfarrer Sieber.  Das ournal Panorama von Ö1 nannte in der Schweiz 590.000 Armutsbetroffene, sagt ein professioneller Helfer.  Das  sind 7,5 % der Bevölkerung, wo das Budget bis Ende des Monats nicht hält. Also: Es sind Menschen, die unter dem Existenzminimum leben.