Schlagwort-Archive: SPÖ

Hassparolen ohne Ende ?

Rechtspopulisten und Rechtsextremisten:
Werden wir die Geister, die sie riefen, wieder los ?

Udo Bachmair

Genervt von Attacken der FPÖ hat sich Bundeskanzler Christian Kern jüngst im Parlament zu einem Plädoyer für einen „zivilisierten Tonfall in der Debatte“ veranlasst gesehen, „ weil wir ja aus der Geschichte wissen, dass sich die Gewalt der Worte sehr rasch in einer Gewalt der Taten entladen kann.“

Der Regierungs- und SPÖ-Chef war tags zuvor auf der Facebook-Seite von FPÖ-Obmann Strache mit einer „schnellen Kugel“ bedroht worden. Weitere Hass- und Hetz-Postings mit Gewaltaufrufen gegen Van der Bellen-Anhänger, „Linkslinke“ und „Gutmenschen“ geben zunehmend Anlass zur Sorge.

Auch in Deutschland werden rechtsextreme Positionensichtbarer“, wie nun eine Studie der Universität Leipzig zutage gefördert hat. „Brandanschläge auf Asylheime, Übergriffe auf Ausländer und Hassparolen im Netz seien der traurige Ausdruck einer größer werdenden Enthemmung“, so der Befund der Studienautoren.

Unterdessen rücken FPÖ und die ebenfalls rechtspopulistische Aktion für Deutschland näher zusammen. Weitere Gespräche mit AfD-Chefin Frauke Petry sowie mit der rechten Front National-Führerin Marine Le Pen sollen gemeinsame Positionen, wie die gegen „Überfremdung“ durch ausländische Schutzsuchende, weiter vertiefen.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erteilt die neue Wiener SP-Managerin Sybille Straubinger einer Zusammenarbeit mit der FPÖ eine klare Absage. Auf eine entsprechende KURIER-Frage sagt sie: „Ich hab die FPÖ noch nie konstruktiv erlebt. Egal, um welches Thema es geht: Sie landet immer beim Thema Ausländer, weil sie populistische, hetzerische Politik macht“.

Die FPÖ hingegen sieht einmal mehr eine Verschwörung gegen sich und kann damit rechnen, dass ihr die Opferrolle weiteren Zulauf bringt. Da stört es offenbar nicht, dass von ihr keine Kritik an Übergriffen und Störaktionen der als rechtsradikal eingestuften „Identitären“ hörbar wird.. Im Gegenteil: Die Stürmung einer Lehrveranstaltung durch Identitäre in Klagenfurt beschönigte FPÖ-General Kickl im Parlament mit den Worten: „Was ist denn gestürmt worden, geh bitte!“.

Verharmlosungen dieser Art und die (Rechts-)Radikalisierung von Worten geben nicht nur Anlass zur Sorge, sondern machen auch vielen Menschen Angst. Um gegensteuern, ist u.a. profunder aufklärungsorientierter Journalismus nötiger denn je.

Jüngstes positives Beispiel dafür STANDARD-Redakteur Hans Rauscher. Er schreibt in der heutigen Ausgabe seines Blattes unter dem Titel

 Hasskrankheit

„Es wird Zeit. Es wird Zeit, sich zunächst einmal über das Phänomen der Hasskrankheit klar zu werden, das jetzt bei uns überall zutage tritt.

Wenn auf Straches Facebook-Seite einer schreibt, „eine schnelle Kugel“ sei das Wahre für Bundeskanzler Kern, und einer dazuschreibt „9 mm!!!“, dann wird es Zeit.

Wenn prominenten liberalen Journalistinnen massenweise die Vergewaltigung durch Asylwerber gewünscht wird, und zwar in klinikreifen Formulierungen, dann wird es Zeit.

Wenn Wiener FPÖ-Funktionäre verhindern wollen, dass eine Schule nach einem kindlichen Opfer eines berüchtigten NS-Arztes und vielbeschäftigten Gerichtsgutachters der Republik benannt wird, und so dem Opfer ins Grab nachspucken, dann wird es Zeit.

Zeit, sich darüber klar zu werden, was sich da im Windschatten erfolgreicher rechter Bewegungen und Parteien in den sozialen Medien aufgebaut hat: Facebook wird zu Hatebook und Freakbook. Zu erkennen, dass sie immer frecher und siegesgewisser werden; dass es dringend einer Gegenstrategie bedarf.

Diese muss einerseits vom Staat, vor allem von der Justiz kommen. Die Mischung aus offiziellem Verdrängen, Verharmlosen und Blödstellen muss aufhören. Zugleich muss die Zivilgesellschaft, die es ja gibt, ihre Kräfte bündeln, direkt in den sozialen Medien kontern und den Freaks nicht mehr die Hegemonie lassen.“

 

 

Politik der kalkulierten Angst

Flüchtlinge: Kirchen trotzen Rechtspopulismus

Udo Bachmair

Der rechte Zeitgeist scheint Österreich besonders stark erfasst zu haben. Rechtspopulistische Positionen sind weitgehend salonfähig geworden. Im Medienbereich am konsequentesten aufbereitet hat den Boden dafür die Kronenzeitung. Sie hat jüngst ganz unverblümt eine Wahlempfehlung für die FPÖ abgegeben: „Her mitder FPÖ“ – so war eine Glosse von Peter Gnam in der besonders weit verbreiteten Sonntagsausgabe des Massenblatts überschrieben. Die „Krone“ wirbt seit Jahren in diversen Kommentaren sowie durch einseitige Auswahl von Leserbriefen für Meinungen und Haltungen, die Werten wie Humanität, Empathie, Solidarität diametral entgegenstehen. Werte, die (früher) auch Sozialdemokraten vertreten (haben). Diese haben sie rund um die Flüchtlingskrise jedoch weitgehend verraten.. Aus der Angst heraus, weiteres Stimmenpotential an die Rechtspopulisten zu verlieren. Viele in der SPÖ durchschauen nicht, dass ihnen diese „Strategie“ politisch nichts bringen wird..

Unbeirrt ihren Grundsätzen verpflichtet erscheinen hingegen die Kirchen. Sie konterkarieren am klarsten den weiter um sich greifenden Rechtspopulismus, dessen Grenzen zu reinem Rassismus nicht selten verschwimmen, wie u.a. die zahlreichen Hasspostings im Internet belegen.. In zahlreichen Stellungnahmen zur Flüchtlingsfrage lassen Kirchenvertreter keine Zweifel an Menschlichkeit und Nächstenliebe. Die Flüchtlingspolitik der Regierung mit den Hauptmerkmalen „Grenzen dicht“ und „Festung Europa“ betrachten die Repräsentanten christlicher Kirchen, aber auch Grüne, Linke und Hilfsorganisationen als extrem inhuman.

Die Haltung der Kirchen sei an kurzen Auszügen diverser Statements der letzten Zeit dokumentiert:

„Im Gegensatz zu europäischen Werten sehen wir Akteure, die fremdenfeindliche Ressentiments schüren, missgünstige Gerüchte über Flüchtlinge verbreiten – nicht zuletzt um davon im politischen Wettbewerb zu profitieren. Eine solche kalkulierte Politik der Angst lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab.“ (Gemeinsame Erklärung von 50 katholischen und evangelischen Theologen)

„Eine humane Lösung des Flüchtlingsproblems ist nur möglich, wenn in Europa das Prinzip der Solidarität in den Mittelpunkt gestellt wird“ (Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich)

„Griechenland mit den hohen Flüchtlingszahlen alleine zu lassen, ist ein unfairer Akt und keine Lösung“ ( Metropolit Arsenios)

„Ich glaube, dass die Gesellschaft vor die Hunde geht, wenn wir uns von der Fähigkeit des Mitgefühls abschneiden“ (Evangelisch-lutherischer Bischof Michael Bünker)

„Es ist beschämend, dass es in der Flüchtlingsfrage keinen europäischen Konsens gibt. Das Schließen der Balkanroute ist einseitig erfolgt, ohne Griechenland und Deutschland. Das halte ich für einen Akt mangelnder europäischer Solidarität“ ( Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn ).

„Die derzeitige Asylpolitik der meisten EU-Staaten, darunter Österreich, ist die systematische Zerstörung eines gemeinsamen Europa. Sie geschieht unter dem höhnischen Beifall nationalistischer und rechtsextremer Kräfte, und dafür klopfen sich christdemokratische und sozialdemokratische Politiker auch noch selbst auf die Schulter“ (Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich)

 

 

Sozialdemokratie abgetaucht

SPÖ schielt zunehmend nach rechts

Udo Bachmair

Sind Österreichs Sozialdemokraten noch sozialdemokratisch ? Dies bezweifeln immer mehr politisch wache Bürger_innen. Auch SPÖ-intern wächst Kritik und es kursiert die bange Frage : Wo ist er geblieben, der Geist der Sozialdemokratie ? In der Flüchtlingsfrage ist er jedenfalls nicht mehr erkennbar. Da muss sich der in Richtung rechtspopulistischen Boulevard umgefallene SPÖ-Vorsitzende Werner Faymann von Deutschlands Christdemokratin Angela Merkel im beeindruckenden Gespräch gestern abend bei Anne Will daran erinnern lassen, dass trotz aller schwierigen Herausforderungen auf Humanität nicht vergessen und verzichtet werden darf.

„Mein Asylkurs bleibt hart“, hält Faymann in der„Krone“ stolz dagegen. Österreichs bisher humanitäres Image im Ausland bröckelt. Unmut über den Kurswechsel seiner Partei äußert neben anderen der langjährige renommierte SPÖ-Europa-Politiker Hannes Swoboda. Dazu ein Zitat aus einem Profil-Interview:

Ich finde besonders fatal, dass die SPÖ zugelassen hat, dass Sebastian Kurz seine Aufgabe als Außenminister nicht wahrnimmt, sondern nur auf die innenpolitische Situation schielt. Die Regierung hätte ihn von Land zu Land in der EU schicken müssen, um eine Lösung zu verhandeln. Davor drückt sich Kurz – und führt große Töne. Er agiert wie ein Oppositionsführer, nicht wie ein Minister. Und die SPÖ lässt ihn polemisieren und wagt nicht, Kontra zu geben. Diese Gegenstimme fehlt mir schmerzlich.

Und Hannes Swoboda weiter:

Für mich als Sozialdemokraten ist es traurig, dass ich nur auf Angela Merkel hoffen kann. Es stellt ein Riesenproblem dar, dass die europäische Sozialdemokratie derart abgetaucht ist. Es ist erbärmlich, dass es nicht einmal ansatzweise eine Idee gibt, was weiter geschehen soll. Europa müsste jetzt handeln. Und natürlich müsste die Sozialdemokratie viel offensiver Vorschläge auf den Tisch legen. Es kann doch niemand ernsthaft glauben, dass man die Flüchtlingsfrage dem ohnehin gebeutelten Griechenland umhängen kann.

Auch der bekannte Politikwissenschafter Anton Pelinka befindet, dass die Sozialdemokraten aus opportumisticshen Gründen Grundsätze immer mehr über Bord werfen. In einer Analyse für DIE ZEIT konstatiert er unter dem Titel

Die rote Domino-Theorie

Die Sozialdemokraten demonstrieren, was ein Dominoeffekt ist. Der Vorsitzende eröffnet die Partie mit einer Unterstützungserklärung für die Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel: Eine „Obergrenze“ für Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, dürfe es nicht geben. Doch dann sieht Werner Faymann, dass Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die Grenzschützerin des konservativen Koalitionspartners, genau auf dieser „Obergrenze“ beharrt. Der Bundeskanzler nennt das zunächst einmal einen Richtwert. Aber bald ist klar, was tatsächlich gemeint ist: ein Limit, am besten täglich. Faymann fällt um – nicht in Richtung Merkel, sondern in Richtung Mikl-Leitner.

Beispiel Nummer zwei: Die FPÖ trommelt, Österreich müsse seine Grenzen dichtmachen – auch die Grenzen zu anderen EU-Staaten. Faymann lehnt das ab – zunächst. Aber schließlich plant der Verteidigungsminister, der neue Star der roten Regierungsriege, im Paarlauf mit der schwarzen Innenministerin einen Zaun, der laut Faymann eigentlich keiner ist. Die FPÖ gibt die Richtung vor – und die SPÖ folgt.

Die SPÖ fällt um und fällt um und fällt um. Und sie fällt immer in eine bestimmte Richtung: immer in jene der FPÖ. Sozialdemokratie abgetaucht weiterlesen