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Syrien: Anlass zur Hoffnung?

Berichte aus Syrien und die Kommentare dazu beherrschten in den letzten Tagen die Medien. Offen bleibt das weitere Schicksal des schwergeprüften Landes.

Wolfgang Koppler *

In die Erleichterung über Assads Sturz mischt sich auch Unsicherheit über die Zukunft des von 13 Jahren Bürgerkrieg zerrissenen Landes, wie auch El-Gawharys jüngster ZiB2-Kommentar zeigte. Und der auf den ersten Blick an die Vorgänge in Afghanistan 2021 erinnernde rasche Vormarsch islamistischer Gruppierungen in Verbindung mit dem Sturz eines verhassten Diktators weckt natürlich auch Ängste vor einer Entwicklung ähnlich wie in Libyen.

Aber da Weihnachten vor der Tür steht, sollte man sich vielleicht zurücklehnen und zunächst das unbestreitbar Positive sehen. Die Gefahr eines Flächenbrands im Nahen Osten scheint vorerst gebannt. Netanjahu sieht den Iran durch den Sturz Assads und die teilweise Ausschaltung der Hisbollah geschwächt. Ebenso die Hamas, mit der er ohne Gesichtsverlust einen Deal abschließen kann. Ob ihn nicht doch noch die Hybris befällt und er immer noch die Hamas auslöschen und den Iran angreifen will, steht natürlich in den Sternen. Aber das diesbezügliche Risiko scheint derzeit minimiert.

Die Feindbilder Iran und Russland sind momentan beinahe aus den Medien verschwunden, zumal sich beide Mächte – wenn auch nicht ganz freiwillig – aus dem Konflikt herausgehalten und Vernunft bewiesen haben. So setzten beide auf Verständigung mit den neuen Machthabern in Syrien. Auch wenn dies ihrer momentanen Schwäche geschuldet ist, so zeigt es doch, dass sowohl in Moskau als auch in Teheran keine Verrückten, sondern offenbar klug kalkulierende Politiker sitzen. Wie auch die Zurückhaltung des Iran bei seinen militärischen Aktionen gegenüber Israel gezeigt hat.

Auch das Verhältnis zu islamischen Ländern insgesamt könnte sich vielleicht ein bisschen entkrampfen. Dialog statt bloß Sanktionen könnte das Stichwort sein. Und man sollte realistische Erwartungen haben: Ein halbwegs stabiler innen- und außenpolitischer Friede und erträglichere Verhältnisse für die Menschen in vielen Ländern dort wäre schon ein großer Fortschritt.

Und Al-Julani – ich bediene mich hier der vereinfachten Schreibweise – von der HTS scheint ein durchaus wandlungsfähiger Pragmatiker zu sein, der weiß, dass er den Westen beim Wiederaufbau Syriens braucht. Sein rascher Vormarsch, bei dem er versuchte, Menschenleben zu schonen und seine Zusage, mit den anderen Religionen und Ethnien kooperieren zu wollen, gibt zumindest Anlass zur Hoffnung. Wenngleich natürlich niemand sagen kann, wie sich die unterschiedlichen Kampfgruppen verhalten werden, wenn sie einmal an der Macht sind, Und dasselbe gilt natürlich für Julani selbst. Aber die gesunde Skepsis des Nahost-Experten Peter Neumann, wie er sie im ZiB2-Interview gezeigt hat, sollte nicht wieder in die alte Schwarz-Weißmalerei ausarten- Mit den altbekannten Feindbildern von Putin bis zum Islam.

Vor allem aber erleichtert es Verhandlungen im Ukrainekrieg, wenn sich die Spannungen zwischen den Großmächten im Nahen Osten und damit auch insgesamt reduziert haben. Und die Augen der Welt einmal mehr auf Syrien und den Nahen Osten als auf Selenskyj gerichtet sind.
Die Welt besteht nämlich nicht nur aus Europa. Und Gerechtigkeit erschöpft sich nicht darin, dass man irgendeinem echten oder vermeintlichem Bösewicht das Handwerk legt. Sondern wirklich etwas zum Besseren verändert.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Wer hat Angst vor dem Strafgerichtshof?

Die USA sowie China und Russland haben das Statut für den Internationalen Strafgerichtshof nicht ratifiziert.

Hans Högl mit einer Buchrezension zu: Carla Del Ponte „Ich bin keine Heldin“ Frankfurt 2021. Quelle Südwind-Magazin 9-10/2021 (Wien) :

Der internationale Strafgerichtshof wurde anfangs noch maßgeblich von den USA initiiert und finanziert, es ließ deren Begeisterung im Laufe der Jahrzehnte nach. Zu groß ist die Angst, dass US-amerikanische Staatsbürger*innen vor einer internationalen Institution zur Verantwortung gezogen werden könnten. Konkreter Anlass waren Vorermittlungen im Jahr 2018 wegen Foltervorwürfe gegen US-amerikanische Soldaten, die Gefängnisse in Afghanistan bewachten.

Schon Präsident George W. Bush hatte gegen die Internationale Strafjustiz gehetzt. Zudem gehören die USA, ebenso wie Russland und China. zu den Staaten, die das für den Internationalen Strafgerichtshof grundlegende Rom-Statut nicht ratifiziert haben -so geschehen durch die Vetos Chinas und Russlands für Syrien.

Syrienkonflikt: Mainstream-Medien und Realität

Stellvertreterkrieg in Syrien

Syrien erlebt seit neun Jahren einen zermürbenden Krieg. 6,7 Millionen Menschen haben ihre Heimat verlassen, 80 Prozent der zurückgebliebenen leben unter der Armutsgrenze. Nahezu die Hälfte der bewohnten Gebiete ist zerstört. Die Menschen sind sich in ihrer tristen Lage, egal welcher ethnischen oder religiösen Gruppierung sie angehören, in einem Punkt einig: In Syrien läuft ein Stellvertreterkrieg ab.

Von Hermine Schreiberhuber*

Ausländische Akteure kochen ihr Süppchen und geben dem Frieden keine Chance. Nicht an allem ist der im Westen verteufelte Machthaber Assad schuld, auch wenn seine Armee zur Vernichtung von Islamisten-Verstecken ganze Stadtteile niederbombte. Davon sind Politiker, religiöse Führer, Bildungsbürger und einfache Menschen gleichermaßen überzeugt.

Ein Lokalaugenschein, wie ich ihn kurz vor dem jüngsten türkischen Militäreinmarsch erlebte, öffnet Augen und Ohren. Uns wurde bewusst, wie wenig und wie einseitig die Mainstream-Medien darüber berichten, wie schlecht es den Menschen wirklich geht, und wie sie sich diesen Zustand erklären. Viele sind verbittert über die Einmischung ausländischer Mächte auf ihrem Gebiet, ob Amerikaner, Russen, Türken, Iraner oder Israelis.

Der Apostolische Nuntius in Syrien, Kardinal Zenari, sprach Klartext. „Syrien liegt im Zentrum eines Tornados. Die fünf größten Armeen der Welt stehen sich hier gegenüber.“ Seine Kritik verschonte auch die Vereinten Nationen nicht: Im UN-Sicherheitsrat spielten sich die ständigen Mitglieder Russland und USA gegenseitig aus.

Unsere Reise führte uns in die Städte Damaskus, Homs, Aleppo, in den Wallfahrtsort Malula und in etliche Dörfer. Ob wir mit Ministern, Bischöfen, Ärzten, NGO-Mitarbeitern oder einfachen Menschen auf dem Lande sprachen, der Tenor unserer Ansprechpartner lautete: Lasst uns in Ruhe, lasst uns über unsere Zukunft selbst entscheiden. Assad gehöre als Machtfaktor für die künftige Staatsordnung dazu.

Viele haben das abschreckende Beispiel Libyen vor Augen. Dort griff eine ausländische Macht mit militärischer Gewalt ein, stürzte den Diktator und tötete ihn. Heute gilt Libyen als gescheiterter Staat, in dem Rebellen und Clans das Sagen haben und zwei Regierungen gegeneinander regieren. Dabei blickt Syrien auf eine lange friedliche Koexistenz von Christen und Muslimen zurück. Solchen Staaten unsere westliche Demokratie überstülpen zu wollen, das hat noch nie funktioniert.

Zurück zum Land und seinen Menschen. Im Krieg haben viele Syrer wieder zusammengefunden im Bemühen um den Wiederaufbau. Die Zivilgesellschaft ist über religiöse Grenzen hinweg gefordert. Es war berührend, zu sehen, wie sie ihre Kirchen und Moscheen restauriert haben. Wie sie gemeinsam versuchen, Kindergärten, Schulen, Spitäler wieder funktionstüchtig zu machen.

Die Sanktionen des Westens sind eine bittere Pille. Der Chef der Universitätsklinik von Aleppo sprach es offen aus: „Ihr wollt uns aushungern, wir haben keine Medikamente, keine Geräte. Das alles trifft uns, nicht die Regierung.“ Humanistische Erwägungen würden von jenen, die sie verhängten, nicht angestellt. Viele Syrer kämpfen um das nackte Leben. Andere, besonders gut ausgebildete Syrer, sehen keine Perspektive. Der Flüchtlingsexodus wird auf diese Weise noch angeheizt.

Und jetzt der Einmarsch der türkischen Armee in Nordsyrien. Eine neue Konfrontation fremder Mächte hat begonnen. Nach tödlichen Kollisionen zwischen türkischen und syrischen Soldaten könnten Russen und Türken in der Region Idlib direkt aufeinandertreffen. Der Stellvertreterkrieg wird noch gefährlicher. Die russischen Freunde Assads auf der einen, die türkischen Feinde Assads auf der anderen Seite. Dazwischen kurdische Rebellen und tausende Islamisten aus aller Herren Länder. Hoffnungen auf einen Wiederaufbau und auf Flüchtlingsrückkehr werden zunichte gemacht.

Wo bleibt Europa in diesem Gefüge? Bei den Sanktionen machte die EU mit den Amerikanern mit. Syrien ist nicht das einzige Land, das sich von Europa im Stich gelassen fühlt. Wirtschaftlich ist Europa nicht so attraktiv, wie die Europäer selbst denken. Politisch entwickelt es zu wenig Eigeninitiative, verliert seine Kraft als Global Player und auch als Mediator – während alle anderen Akteure ihren Stellvertreterkrieg in Syrien weiterführen. Über die Köpfe der syrischen Bevölkerung hinweg.

*Mag. Hermine Schreiberhuber, freie Journalistin, langjährige APA-Korrespondentin, Mitglied des Vorstands der Vereinigung für Medienkultur

US-Kriegspolitik im Widerspruch zu christlichen Werten

Einen dramatischen Appell hat der römisch-katholische Bischof Thomas Gumbleton an die US-Katholiken gerichtet. Als eines der wenigen Medien hat das österreichische Magazin „Kritisches Christentum“ ( www.akc.at ) diesen Aufruf veröffentlicht.

Udo Bachmair

„Beenden wir unsere Mittäterschaft am Krieg“ heißt es in der Erklärung von Bischof Gumbleton. Gemeint ist jener sogenannte „Krieg gegen den Terror“, mit dem die USA Leid und Chaos über mehrere Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas gebracht haben. Mehrere Millionen Tote sind laut Gumbleton zu beklagen.

Die Kriege der USA hätten den Nahen Osten buchstäblich in Brand gesteckt, Zigmillionen Menschen verstümmelt, traumatisiert und zu Flüchtlingen gemacht, bilanziert der katholische Bischof. In Dutzenden von Ländern seien Zehntausende von US-Streitkräften festgenommen und gefoltert worden. Viele bleiben ohne Prozess in Guantanamo, bis sie sterben..

In dem Schreiben des US-Bischofs heißt es weiter:

„Die USA haben unzählige Zivilisten durch unbemannte Flugdrohnen, Bombenangriffe und Spezialoperationen in Pakistan, Afghanistan, Irak und Somalia – auch in Syrien und im Jemen-getötet. Die USA stürzten die libysche Regierung, was zu einem jahrelangen gewaltsamen Chaos führte. An all diesen Orten hat die US-Kriegsführung zu humanitären Katastrophen beigetragen.“

Der Appell abschließend:

„Ich appelliere an die Katholiken im Militär, einschließlich der Militärkapläne, dem Aufruf von Papst Franziskus zu folgen und die Sinnlosigkeit des Krieges zu begreifen. Alle Katholiken sollten sich weigern zu töten und sollten die Zusammenarbeit mit den Kriegen der Vereinigten Staaten verweigern“.

( Quellen Pax Christi USA sowie „Aktion Kritisches Christentum“ www.akc.at )

2017 Jahr der Hoffnung für Syrien ?

Gegen den Mainstream: „Berliner Zeitung“ würdigt Friedensbemühungen Russlands und der Türkei

Udo Bachmair

„Assad lässt weiter bombardieren, koste es, was es wolle“ – so gestern der Befund der Moderatorin des Ö1-Mittagsjournals.. Woher hat sie diese Informationen, fragt man sich. Sie und auch zahlreiche andere JournalistInnen erliegen offenbar immer wieder einseitiger westlicher Propaganda..

Sie machen sich’s leicht. Dabei ist gerade der Fall Syrien eine ungemein komplexe Causa. Mit einem „Bürgerkrieg“, der überwiegend von außen in das geschundene Land hineingetragen worden ist. Angeheizt durch unterschiedlichste Machtinteressen auf westlicher wie östlicher Seite.

Bei aller berechtigten Kritik an autoritären Entwicklungen sowohl in Russland als auch in der Türkei sei jedoch anzuerkennen, dass es den Präsidenten dieser Staaten gelungen zu sein scheint, tatsächlich einen Waffenstillstand zu erreichen. Bleibt zu hoffen, dass er hält.

Bei allem unermesslichen Leid, das der syrischen Bevölkerung wiederfahren ist, hat das Jahr für Syrien jedenfalls gut begonnen. Das würdigt etwa die „Berliner Zeitung“, die damit einen journalistischen Gegenpol zum Mainstream setzt.

Zum Thema folgende Zitate aus einer heute in diesem renommierten Blatt erschienenen Analyse von Götz Aly :

„Was führende Politiker der USA und der EU quälend lange Jahre nicht vermochten, gelang den Präsidenten Putin und Erdogan nun binnen weniger Wochen: einen Waffenstillstand für Syrien auszuhandeln. Das verdient Respekt. Russland konnte der Türkei abringen, dass die radikalislamische Al-Nusra-Front (mittlerweile als Fatah-Al-Scham-Front getarnt) und selbstverständlich der IS weiterhin bekämpft werden.

Beide Terrororganisationen wurden jahrelang von Saudi-Arabien, lange auch von der Türkei direkt unterstützt, indirekt mit US-amerikanischen und britischen Waffen beliefert, die auf kurzen Wegen in ihre Hände gelangten. Das störte die meisten westlichen Regierungen nicht, weil sie sich blindlings dem Ziel verschrieben hatten, die Regierung Assad zu stürzen. Auf solche Weise verliehen sie dem islamistischen Terror ungeahnten Auftrieb in Syrien – so wie zuvor im Irak und in Libyen. Russland trägt an diesen Entwicklungen keine Mitschuld. Bis heute konnten sich die Regierungen der USA und der EU nicht dazu bequemen, die Al-Nusra-Front als Terrororganisation einzustufen.“

Und weiter heißt es in der „Berliner Zeitung“ von heute:

„Am Ende kann sich herausstellen, dass das Eingreifen russischer Truppen einen für die meisten Syrer akzeptablen Friedensschluss ermöglicht hat. Noch im Herbst wurde in vielen deutschen Medien behauptet, die Einnahme Ost-Aleppos würde Hunderttausende weitere Flüchtlinge nach Europa treiben. Nichts davon geschah.

Kürzlich warf Angela Merkel Russland Kriegsverbrechen in Syrien vor. Dass die von ihr propagandistisch unterstützten „Rebellen“ schon lange Kriegsverbrechen begangen haben, blendet sie aus. Man kann das moralisch kritisieren und sagen, die Kanzlerin messe mit zweierlei Maß. Ich sehe ein gravierenderes Problem: Im Fall Syrien leiden unsere führenden Politiker (und viele Journalisten) an Geschichtsblindheit und Realitätsverlust.“

– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/25469364 ©2017

 

Syrien: Neue Allianz erreicht Waffenruhe

Neue Zürcher Zeitung    
(NZZ-Beitrag ausgewählt von Hans Högl)
Ab Freitag sollen die Waffen in ganz Syrien schweigen. Es ist ein diplomatischer Erfolg der neuen Allianz zwischen Russland, der Türkei und Iran.
Drei Aussenminister, aus dem Iran Mohammad Javad Zarif, aus Russland Sergey Lavrov und aus der Türkei Mevlut Cavusoglu (v. l. n. r.) bei einer Pressekonferenz am 20. Dezember in Moskau, Russland. (Bild: Pavel Golovkin / AP)
Drei Aussenminister, aus dem Iran Mohammad Javad Zarif, aus Russland Sergey Lavrov und aus der Türkei Mevlut Cavusoglu bei einer Pressekonferenz am 20. Dezember in Moskau, Russland. (Bild: Pavel Golovkin / AP)

Nach bald sechs Jahren Krieg und Zerstörung sollen die Waffen in Syrien schweigen. Darauf haben sich das Regime von Bashar al-Asad und mehrere Rebellengruppen am Donnerstag geeinigt. Nach den militärischen Siegen in den vergangenen Wochen habe die Armee eine «umfassende» Feuerpause verkündet, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana. Die Waffenruhe solle in der Nacht auf Freitag um Mitternacht in Kraft treten.

USA nicht beteiligt

Die Waffenruhe gilt laut der syrischen Nachrichtenagentur allerdings nicht für «Terrororganisationen», unter ihnen der Islamische Staat (IS) und der syrische Kaida-Ableger, die Jabhat Fatah al-Sham. Hochburg der Jabhat Fatah al-Sham ist die Provinz Idlib, die seit der Räumung von Ostaleppo zugleich die letzte Hochburg der Aufständischen in Nordsyrien ist. Das könnte bedeuten, dass das Regime seine Angriffe dort fortsetzt. An ähnlichen Vorbehalten des Regimes waren in der Vergangenheit ausgehandelte Waffenstillstände immer wieder gescheitert. – – An einem vom Fernsehen übertragenen Auftritt sagte Putin, dass drei Dokumente unterzeichnet worden seien: eines über den Waffenstillstand, eines über dessen Überwachung und ein drittes über die Bereitschaft zu Friedensgesprächen. Die Türkei und Russland sollen als wichtigste Verbündete der Aufständischen beziehungsweise des Regimes die Einhaltung der Vereinbarung garantieren. Syrien: Neue Allianz erreicht Waffenruhe weiterlesen

Syrien-Krieg: Wer ist hauptverantwortlich ?

Infos zum Syrien-Konflikt: Vereinzelt journalistische Lichtblicke

Udo Bachmair

Assad, Putin böse. Die USA und die syrischen Rebellen gut. So einfach macht es sich der Boulevard. Nur der ? Nein, auch sogenannte Qualitätsmedien gefallen sich in einer oft verblüffend einseitigen Sicht der Welt. Kein Wunder, sind die Hauptbezugsquellen für Informationen (auch) über den Syrienkonflikt fast ausschließlich die großen westlichen Agenturen wie AP, UPI, Reuters oder AFP. Von diesen wiederum beziehen kleinere Agenturen wie die dpa oder Österreichs APA ihre außenpolitischen Erkenntnisse. Diese wiederum fließen ein in die Redaktionskonferenzen auch österreichischer Medien.

Manchen auch seriösen JournalistInnen scheint dabei in der Hektik der Alltagsarbeit nicht bewusst zu sein, dass Informationen dieser Art wegen der dahinter stehenden Interessen einfach nicht objektiv sein können. Dabei bedürfte gerade eine so komplexe Causa wie der Syrien-Krieg einer differenzierenden Annäherung .

Doch es gibt journalistische Lichtblicke. So mischen sich in den Mainstream westlicher Berichterstattung  vereinzelt auch Analysen, die belegen, dass der Syrien-Krieg ein von langer Hand geplanter, von außen hineingetragener Konflikt ist. Analysen, die zudem klarmachen, dass Schwarz-Weiß-Malerei und Feindbildpflege den Blick auf die Realität weitgehend verstellen. So wird Medienkonsumenten zu Syrien, im Besonderen zu Aleppo, das Bild vermittelt: Das Assad-Regime bombardiert gezielt die eigene Bevölkerung, unterstützt von „den aggressiven Russen“. Die Brutalität der von den USA und Saudiarabien unterstützten radikalen Oppositionsgruppen bleibt ausgeklammert..

Umso überraschender daher ein ZDF-Interview mit alternativer Sicht der Zusammenhänge. Darin wird jenseits westlicher oder russischer Propaganda auch das Interesse Washingtons klar benannt. Prof. Günter Meyer, renommierter Syrien- und Nahostexperte der Universität Mainz weist in dem Gespräch faktenbasiert nach, wer denn eigentlich die Hauptverantwortung für die Not der Menschen in Syrien trägt :

heute.de: Die Hilfsorganisation World Vision vergleicht Aleppo mit Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen spricht von einem „kompletten Kollaps der Menschlichkeit“ in Aleppo. Und der UN-Generalsekretär gibt zu: „Wir alle haben die Menschen in Syrien bislang kollektiv hängenlassen.“ Herr Meyer, was hat die Welt in Syrien falsch gemacht?

Günter Meyer: Die Welt hat in Syrien sehr vieles falsch gemacht, aber wir müssen auch sagen, wer was falsch gemacht hat: Und hier liegt die Hauptverantwortung bei den USA. Nach Aussagen des ehemaligen Oberkommandeurs der NATO, General Wesley Clark, begann die US-Regierung bereits unmittelbar nach den Terrorschlägen am 11. September 2001 mit den Planungen des Regimewechsels in sieben Ländern, die von den USA als Gegner angesehen wurden, darunter Irak, Libyen und auch Syrien.

Um dort dieses Ziel zu erreichen, haben die USA seit 2005 die Rahmenbedingungen geschaffen. Dazu gehörte neben zahllosen medialen Propagandaaktionen gegen das Assad-Regime die Finanzierung und Ausbildung einer Armee von Terroristen gemeinsam mit Israel und Saudi-Arabien. Diese Truppen sollten für den Sturz der Regierungen in Damaskus und Teheran eingesetzt werden, wie der renommierte Journalist Seymour Hersh 2007 aufdeckte.

heute.de: 2011 begann der Krieg in Syrien. Welche Fehler wurden da gemacht?

Meyer: Der Westen, also insbesondere die USA, hat die aufständischen Dschihadisten mit Waffen versorgt und teilweise auch ausgebildet. Die materielle und personelle Logistik wurde vor allem von der Türkei abgewickelt, während die finanzielle Unterstützung zum größten Teil aus Saudi-Arabien und Katar kam. Saudi-Arabien hat dabei salafistische Extremisten gefördert, um in Syrien eine radikal-islamistische Regierung zu etablieren. Hier war die Eroberung von Aleppo 2012 für die Dschihadisten ein wichtiger Schritt.

heute.de: Mal abgesehen von den USA. Was muss sich Russland an der Situation in Aleppo vorwerfen lassen?

Meyer: Ohne die militärische Intervention Russlands im September 2015 wäre inzwischen nicht nur Aleppo komplett von den Dschihadisten erobert worden. Auch das Assad-Regime wäre längst zusammengebrochen. Damit hätten die Assad-Gegner unter Führung der USA ihr Ziel des Regimewechsels zwar erreicht. Die Macht hätten jedoch die stärksten militärischen Kräfte an sich gerissen. Und das wären die islamistischen Extremisten, wie die zum Al-Kaida-Netzwerk gehörende Nusra-Front und der von der internationalen Allianz unter US-Führung bekämpfte Islamische Staat (IS). Wem, wie israelische Politiker erklärten, eine solche Terrorherrschaft lieber ist als das Assad-Regime, der kann Putin vorwerfen, dass er dies verhindert hat. Syrien-Krieg: Wer ist hauptverantwortlich ? weiterlesen

Blick auf Syrien – einmal anders

Mythos und Wahrheit – Thema einer Diskussionsveranstaltung zu Syrien

Udo Bachmair

Wir haben es mit einer äußerst komplexen Causa zu tun. Der Syrien-Konflikt bezieht seine Brisanz gleich auf drei Ebenen: Der lokalen mit einer nahezu unüberschaubaren Zahl an Akteuren unterschiedlichster Oppositionsgruppen. Der regionalen Ebene, ohne die die ungelöste Nahostfrage insgesamt kaum zu verstehen ist. Und nicht zuletzt der globalen weltpolitischen Ebene mit einer Art Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland.

Der durchschnittliche Konsument westlicher Medienberichte bekommt in etwa folgendes Bild vermittelt:

Eine bereits gewohnte Schwarz-Weiß-Malerei nach dem Beispiel des Ukraine-Konflikts, des Irakkriegs oder – noch früher – der Berichterstattung über die Kriege im ehemaligen Jugoslawien. Damals waren fast ausschließlich die Serben die Bösen, im Falle der Ukraine und Syriens sind es „die Russen“ und der „gefährlichste Mann der Welt“ (profil), Wladimir Putin.

Anhand einer mehrwöchigen Reise eines Schweizer Ehepaares durch Syrien sowie der Erfahrungen eines christlichen Paters aus Damaskus soll bei der Veranstaltung am 2. Dezember Einblick in die Lage im Kriegsland Syrien gewährt werden, inkl. Einschätzungen und Analysen.

Teilnehmer sind :

Eva und Markus Heizmann ( soeben von einer Syrienreise zurückgekehrt )

Maamoun Chawki ( Syrienexperte, Multikulturlles Netzwerk, Wien)

Hanna Ghomein (Damaskus-Wien, Seelsorger der meltikischen Gemeinde)

Moderation:

Udo Bachmair (Präsident der Vereinigung für Medienkultur)

Wo:       Pramergasse 9,  A-1090 Wien, Festsaal der Caritas Socialis

Wann :        2. 12. 2016  –  Beginn 19 Uhr

Getränke und syrisches Buffet ( freiwllige Spenden )

Krieg in Syrien: Augenzeugen berichten

Mythos und Realität –

Ein Lokalaugenschein im Kriegsland Syrien

Mit :

Eva und Markus Heizmann

( soeben von einer mehrwöchigen Syrienreise zurückgekehrt )

Dr. Hanna Ghoneim

( christlicher Pater aus Damaskus )

Dr. Maamoun Chawki

( Syrienexperte, multikulturelles Netzwerk Wien )

Moderation :

Bakk. Udo Bachmair

( Präsident der Vereinigung für Medienkultur, vorm. ORF )

Wann :

Freitag, 2. Dezember 2016 – 19 Uhr

Wo :

Festsaal der Caritas Socialis
Pramergasse 9 , A-1090 Wien

Projekte, Beobachtungen, Politik, Geschichte, Diskussion.

Syrisches Buffet und Getränke

(freiwillige Spenden erwünscht)

 

Ukraine und Syrien : Propagandaschlacht verstärkt

Westliche Medien: Die Bösen sind meistens die Russen

Udo Bachmair

Sowohl der Ukraine-Konflikt als auch der Krieg um die Vorherrschaft in Syrien hat erneut an Schärfe zugenommen. Und wer trägt die Hauptschuld an dieser Entwicklung ? Dem Mainstream der westlichen Berichterstattung zufolge natürlich „die Russen“. Demnach sind sie es, die im Falle Syriens ebenso eine Friedenslösung „verweigern“ wie sie die „Aggression“ in der Ostukraine unbeirrt fortsetzen. Höchst nötige journalistische Differenzierung in beiden so komplexen Konflikten bleibt auf der Strecke.

Warum eigentlich, fragt der kritische außenpolitische Beobachter, erscheinen auch für Qualitätsmedien, unter ihnen auch der ORF, russische Informationsquellen weniger seriös als jene seitens des Regimes in Kiew ? Und warum werden Stellungnahmen der syrischen Führung keineswegs ernstgenommen, hingegen die Statements der nicht minder propagandistischen oppositionsnahen „syrischen Beobachtungsstelle“ mit Sitz in London als glaubwürdig dargestellt ? Einem seriösen Journalismus entspricht das sicher nicht.

An der Bewertung der außenpolitischen Rolle Russlands wird Schwarz-Weiß-Malerei und Freund-Feind-Denken besonders deutlich. Schon zu Zeiten des Kalten Krieges lauerte der „böse Russe“ überall, während der Westen stolz auf die humanitäre Einzigartigkeit seiner Werte verwies. Gut und böse waren und sind auch heute noch sauber verteilt. Propaganda machen immer jeweils die anderen.

Die renommierte deutsche Russland- und Medienexpertin Prof. Gabriele Krone-Schmalz schreibt dazu in ihrem jüngsten Kommentar :

Warum wird ohne genauere Prüfung alles, was nicht in die Mainstreamargumentation passt, mit dem Etikett Propaganda versehen? Weil man sich dann nicht inhaltlich damit auseinandersetzen muss? Sobald jemand westlichen Mediennutzern Vorgänge aus russischer Perspektive schildert, gerät er in den Verdacht „im Auftrag“ zu handeln oder bestenfalls ein nützlicher Idiot einer Propagandamaschinerie zu sein, die er in seiner Naivität nicht durchschaut. Informationskrieg, hybride Kriegsführung und ähnliche martialische Begriffe bestimmen den Diskurs statt einer ernsthaften Auseinandersetzung um Inhalte.

Meines Erachtens kommt man der Wahrheit am nächsten, wenn man erstens die Aussage von John Stuart Mill akzeptiert, dass niemand die Wahrheit besitzt und wenn man zweitens versucht Interessen auf den Grund zu gehen. Wem nützt das, was da passiert? Warum wird diese Information gerade jetzt verbreitet? Und es gilt noch einen Punkt zu beachten: sich und andere dafür zu sensibilisieren, nicht mit zweierlei Maß zu messen. Ob das absichtsvoll oder gedankenlos geschieht, macht für die Wirkung keinen Unterschied.

Natürlich gibt es Propaganda! Natürlich können gezielt gestreute Informationen als Waffe dienen. Natürlich funktioniert es, latent vorhandene Feindbilder zu beleben. Aber doch nicht nur von russischer Seite. Ukraine und Syrien : Propagandaschlacht verstärkt weiterlesen