Schlagwort-Archive: Toleranz

Mit Kopf und Bauch

Eine Fülle an Krisen hält uns in Atem – von der Klimakrise bis zum Krieg in der Ukraine. Genug Stoff auch für Diskussionssendungen, wie jüngst auch wieder in der ORF-Talkshow „Im Zentrum“. Mit dabei u.a. der Philosoph Konrad Paul Liessmann, Ex-Bundespräsident Heinz Fischer und die Klimaaktivistin Lena Schilling.

Wolfgang Koppler *

Gestern Abend bei ORF-Im Zentrum einmal eine – bis auf einzelne Ausrutscher von Conrad Paul Liessmann – wohltuend sachliche Diskussion zu den aktuellen Krisen und deren Auswirkungen auf Demokratie und Gesellschaft. Dazu trugen vor allem Lena Schilling und Heinz Fischer bei, die durch ihre kluge Argumentation Liessmann in gemäßigte Bahnen lenkten. Dieser benutzte zu Beginn – wie man es schon von anderen Diskutanten gewohnt ist – wieder einmal Ukraine- und sogar Vietnamkrieg, um die aktuellen Feindbilder zu beschwören und andere Themen, wie die Klimakrise, klein zu reden. Im Verlauf der Diskussion sprach er sich dann aber zusammen mit den anderen – wenn auch eher allgemein – für Toleranz und Meinungsfreiheit aus.

Er meinte allerdings, Werturteile und Emotionen von Gedanken und Meinungen trennen zu können. Hier irrt er wohl: Wir bestehen alle aus Kopf und Bauch. Auch Intellektuelle haben Emotionen. Und sind von sozialem Umfeld, Werthaltungen und menschlichen Schwächen geprägt. Selbst wenn dies nicht immer so deutlich sichtbar wird wie im Ukrainekrieg und in anderen Krisen. Es wird Zeit, dass wir uns dessen bewusst werden. Dann würde es uns auch leichter fallen, unsere Fehlbarkeit einzugestehen.

Auch die größten Genies sind keine sprechenden Köpfe, keine Bio-Computer. Bildung, so sehr sie unseren Horizont erweitern kann, ersetzt keine Erfahrungen, nicht den Austausch mit anderen. Vor allem nicht die Konfrontation mit uns selbst. Sonst verführt sie allzu leicht zu Arroganz und unreifem Narzissmus. Paul Lendvai zitiert im Vorwort zu „Mein Österreich“ sehr treffend Goethe: „Aufrichtig zu sein kann ich versprechen – unparteiisch zu sein aber nicht.“ Allein dies ist schon ein hohes Ziel.

* Wolfgang Koppler ist Jurist und Autor und lebt in Wien

Auszeichnung für Qualitätsjournalismus

Er war einer der Großen. Einer der großen Journalisten : Claus Gatterer. Nach ihm ist ein Journalistenpreis benannt, der Qualitätsjournalismus würdigt.

Udo Bachmair

Der Preis ist dem 1984 verstorbenen feinsinnigen Südtiroler Journalisten, Historiker, Schriftsteller und Dokumentarfilmer Claus Gatterer gewidmet. Die „Auszeichnung für hervorragenden Journalismus“ ist mit 10.000 Euro dotiert und wird vom Presseclub Concordia und der Michael Gaismair-Gesellschaft Bozen verliehen.

Mit der Auszeichnung werden journalistische Arbeiten gewürdigt, die „dem Geist aufgeklärter Toleranz und der besonderen Sorge um soziale und ethnische Minderheiten verpflichtet sind“, sagt Peter Huemer, Sprecher der Jury. Qualitätsjournalismus, so Huemer, sei der Motor, der eine Demokratie am Laufen hält.

Die Ausschreibung richtet sich an Redaktionen oder Journalist*innen aus Österreich und Südtirol bzw. Journalist*innen, die in österreichischen oder Südtiroler Medien publiziert haben. Beiträge können in deutscher, italienischer oder ladinischer Sprache in Print, Radio, Fernsehen oder Online veröffentlicht worden sein.

Die Einreichung journalistischer Leistungen, die sich im Sinne Claus Gatterers durch kritisches Fragen, soziales Engagement und hohes stilistisches Niveau auszeichnen, ist bis 31. März 2021 ausschließlich digital über die Website des Presseclub Concordia möglich.

Weitere Infos unter
office@concordia.at

Conchita zu Politik und Erfolg. Bestseller

Hans H ö g l:  Mich fesselte Conchitas Bestseller. In ihrem steirischen Heimatort Bad Mitterndorf wurde sie wie eine „Königin“ empfangen und Ehrenbürgerin. Ich kenne seit Jahren den Ort und das Gasthaus ihrer Eltern und fand Erstaunliches, wie Tom über Erfolg und Politik denkt, über die EU und ob junge Leute wählen sollen.

Conchita Wurst: Ich, Conchita. Meine Geschichte, München 2015

Wie wächst Erfolg? C. lobt ihren strengen Hauptschullehrer Max Schruff aus Bad Mitterndorf. Jeden Freitag gab es den verhassten Englisch-Vokalbeltest. Gutes Englisch kam ihr dann sehr zugute. Hinter ihrem Erfolg steckt viel Einsatz:   C. verbringt Stunden mit dem Make-up und schon v o r   dem Euro-Songcontest gab sie 400 Interviews. Das Kleid für Kopenhagen hat C. selbst entworfen.

Für C. entsteht Großes nicht aus Zufall. Das ist eine Illusion. „Ich glaube an Ideen, die dem Herzen entspringen, und an Fleiß, Disziplin, Nachhaltigkeit und 10.000 Stunden, die man einer Sache widmen soll. Bei sechs Stunden täglich sind dies rund 4 ½ Jahre.“ Und C. fragt sich: Ist das, was wir Unterhaltung nennen, nicht oft einfach Zeit ver-treiben? .

Conchitas politische Aktion: ..Aktiv zu sein, …nicht rumzusitzen und zu lamentieren, ist mir ein großes Anliegen.“ Wählen zu gehen findet sie notwendig! „Wollen wir Frieden, Akzeptanz und Liebe, können wir nicht darauf warten, dass alles vom Himmel fällt. Und sie lobt Musiker, die den Schuldenerlass der Länder der Dritten Welt fordern, für notleidende Kinder und für den Kampf gegen Aids etwas tun. Ihre eigenen Werbeeinnahmen fließen in ein Sozialprojekt.

Sie will eine tolerantere Gesellschaft versus Homosexualität – vielleicht ändern die „Holzköpfe“ ihre Einstellung. “Schließlich ist die Selbstmordquote bei homosexuellen Jugendlichen viermal so hoch wie bei heterosexuellen.“ Ihre Oma hatte Verständnis für sie, Mitschüler im Dorf  oft nicht, auch nicht Modeschüler in Graz.

Sie liebt Europa und bejaht die EU; denn in Europa gibt es seit 70 Jahren keinen Krieg. „Den Sender ARTE gibt es, weil es Europa gibt!“ ….“Um die ehemaligen Feinde, Deutschland und Frankreich, die über Jahrhunderte hinweg Krieg gegeneinander führten, kulturell enger zu verbinden, wurde im Jahr 1992 (der TV-Sender) ARTE ins Leben gerufen. Ich mag den Sender und seine seriöse Ausrichtung“ (S. 88).