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EU als Friedensunion versagt

Einem schon länger zurückliegenden FURCHE-Interview zufolge wäre EU-Ex-Präsident Juncker bereit, mit Putin Gespräche aufzunehmen. Doch er ist darum bisher nicht gebeten worden.

Udo Bachmair

Russlands Krieg gegen die Ukraine geht unvermindert weiter. Gleichzeitig werden Medienberichte darüber immer weniger. Berichte reduzieren sich weitgehend auf die umstrittene Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland, mit denen man allen Ernstes glaubt, den Krieg bald stoppen und der Ukraine zum totalen Sieg verhelfen zu können. Ungeachtet weiteren Leids, weiteren Blutzolls, weiterer Toter und Schwerverletzter sowie weiterer Kriegsverbrechen auf beiden Seiten.

Die Friedensunion EU ist zur Kriegsunion mutiert. Statt zu deeskalieren, gießen vor allem Hardliner*innen weiter Öl ins Feuer. Vor allem die grüne(?) Außenministerin Annalena Bärbock sowie die (christdemokratische?) EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen machen aus ihrer reinen Kriegslogik kein Hehl. Diplomatische Bemühungen seitens der EU sind entweder nicht sichtbar oder werden nicht ernsthaft versucht, solange die USA nicht auf ein Kriegsende setzen.

Der Westen wäre trotz seiner verständlichen Parteinahme für die überfallene Ukraine gut beraten, den richtigen Zeitpunkt für mögliche Waffenstillstandsverhandlungen dennoch nicht auf Dauer allein der Ukraine zu überlassen. Angesichts eines auf unbestimmte Zeit in Verlängerung gehenden Abnützungskrieges ist es höchste Zeit für EU-Initiativen in Richtung eines realistischen Verhandlungsfriedens. Diese sucht man allerdings vergeblich..

Der Herausgeber der renommierten FURCHE, Wilfried Stadler, meint dazu in einem Kommentar :

„Dass es zu Zugeständnissen beider Seiten kommen wird müssen, ist für die Ukraine bitter – noch bitterer wäre ein Schrecken ohne Ende“.

Ebenfalls aktuell bleibt ein schon vor Wochen in der FURCHE veröffentlichtes Interview mit dem früheren EU-Kommissionspräsidenten Jean Claude Juncker. Er bedauert, dass die EU seit Jahren bereits alle Beziehungen zu Russland eingestellt habe :

JUNCKER: „Ich halte das in der Nachbetrachtung für einen Fehler im Umgang mit den Russen. Wenn man einen Konflikt hat und sich weitere Konflikte anbahnen – es gab ja auch im Donbass schon erste Übergriffe ab 2014 – muss man miteinander reden, anstatt nachher die Waffen sprechen zu lassen.“
FURCHE: „Würden Sie sich dafür zur Verfügung stellen, den Kontakt suchen zu Putin?“
JUNCKER: „Solange ich nicht gebeten werde, mich da einzumischen, werde ich das nicht tun“
FURCHE: „Aber Sie würden, wenn Sie gebeten werden ?“
JUNCKER: „Ich bin nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten, solange ich nicht gebeten werde. Und bislang hat es diesen Ansatz noch nicht gegeben.“

Juncker hat in früheren stundenlangen Vieraugengesprächen Wladimir Putin und dessen Motive gut einschätzen gelernt. Er wäre jemand, der einen persönlichen Draht auch zum nunmehrigen Kriegsherrn Putin finden könnte. Doch Juncker fehlt bisher ein Verhandlungsmandat.

Gefragt erscheint zurzeit nicht Friedens,- sondern Kriegslogik und militaristische Ideologie. Mit beängstigendem Potential an weiterer Eskalation.

Chinesischer „Friedensplan“ ignoriert

Medien der westlichen „Wertegemeinschaft“ ist es offenbar nicht wert, über die Punkte des chinesischen Friedensplans zur Beendigung des Ukrainekriegs zu berichten.

Fritz Edlinger *

Während die kriegsführenden Parteien fast ausschließlich damit beschäftigt sind, diesen schrecklichen Ukrainekrieg fortzuführen, gibt es trotz aller Verunglimpfungen auch solche, welche ihn möglichst rasch beenden möchten. Ob es einem passt oder nicht, China ist hier dem „wertegeleiteten“ Rest der Welt zweifellos um einen Schritt voraus. Und dies trotz, möglicherweise sogar wegen, seiner bestehenden Beziehungen zum Aggressor Russland.

Der chinesische „Friedensplan“ enthält, auch wenn dies von westlichen Staaten und auch deren Medien negiert wird, Vorschläge, welche – wenn man es möchte – durchaus als Ausgangspunkt ernsthafter Vermittlungs- und Friedensgespräche betrachtet werden können. Im Gegensatz zu den aktuellen Kommentaren zu diesen zwölf Punkten enthält der „Friedensplan“ sehr wohl konkrete Vorschläge, und durchaus solche, welche auch als Kritik am russischen Vorgehen betrachtet werden können, nochmals, wenn man es möchte.

Allein schon der Punkt „Respektierung der Souveränität aller Länder“ und die darin enthaltene Forderung nach gleichmäßiger und einheitlicher Anwendung des Völkerrechtes sind doch klare Positionen, welche auch eine Kritik an der russischen Aggression gegen die Ukraine bedeuten. Auch „Verurteilung von Angriffen auf Kernkraftwerke“ (Punkt 7), die Ablehnung der Drohung eines möglichen Einsatzes von Atomwaffen (Punkt 8) oder die Forderung nach Erleichterung der Getreideexporte (Punkt 9) sowie nach Aufrechterhaltung der Industrie- und Lieferketten (Punkt 11) sind durchaus konkret, im Gegensatz zu allem, was aus westlicher Seite gesagt, besser, nicht gesagt wird.

Dieser Zwölfpunkteplan ist jedenfalls bei weitem das Konkreteste, was vorliegt. Jedenfalls ist es nicht nur konkreter sondern auch humaner und politisch vernünftiger als die von der Ukraine und von den meisten europäischen Aliierten formulierten Kriegsziele wie totaler Sieg bis hin zu regime change in Moskau. Um sich ein persönliches Urteil bilden zu können, verweise ich auf den Link der Schweizerischen Plattform infosperber, der auch den genauen Wortlaut des Planes enthält.

Der chinesische «Friedensplan» für die Ukraine im Wortlaut

*Gastautor Fritz Edlinger ist Herausgeber und Chefredakteur der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL

Willkommen

US-Krieg gegen den Irak kein Angriffskrieg ?

Den Ukraine- und den Irak-Krieg messen Medien und Politik mit ungleichen Maßstäben

Udo Bachmair

Es war vor 20 Jahren. 30.000 Bomben und Raketen gingen auf Bagdad, Basra, Mossul und zahlreiche andere irakische Städte nieder und ließen neben Militäranlagen auch einen Großteil der zivilen Infrastruktur des Irak in Flammen aufgehen. Zehntausende Soldaten und Zivilisten fielen der Aggression der „Koalition der Willigen“, angeführt von USA und NATO, schon in den ersten Wochen zum Opfer.

Die westlichen Medien scheuten sich jedoch, den Irak-Krieg als Angriffskrieg zu bezeichnen. Aus Sicht der USA war es verharmlosend eine „Militäroperation“, um den Irak von der Diktatur Saddam Husseins zu befreien. Es war jedoch wie die russische Invasion in der Ukraine eindeutig ein Angriffskrieg mit Verstößen gegen Grundlagen des Völkerrechts.

Im Gegensatz zu den von den USA und der NATO geführten zahlreichen Angriffskriegen wird der russische Überfall auf die Ukraine von Medien und Politik im Westen nahezu mantraartig als „völkerrechtswidriger Angriffskrieg“ bezeichnet. Keine Meldung, keine Information über den Ukrainekrieg kommt ohne diese Formulierung aus, als gäbe es auch hierzulande flächendeckend verpflichtendes Wording im Journalismus.

Der Autor dieser Zeilen hat als Moderator der Ö1-Journale den US-amerikanischen Überfall auf den Irak in einer Moderation als „Angriffskrieg der USA“ bezeichnet. Was folgte, war extern ein Shitstorm, intern eine Rüge in der Redaktionskonferenz mit der Bitte um eine andere Formulierung. Vorwurf damals: Wie kann man denn nur einen „Befreiungsschlag“ für das irakische Volk als Angriffskrieg bezeichnen..!?

Das Beispiel zeigt, welch ungleiche Maßstäbe in der außenpolitischen Berichterstattung angewendet werden. Auch 20 Jahre später wird in manchen Medien, wie jüngst im auffallend russlandkritischen STANDARD, die US-Aggression gegen den Irak schlicht als „Militäroperation“ verharmlost. Das ist just jener Ausdruck, mit dem Putins Propaganda den Krieg gegen die Ukraine beschönigt.

Dass der russische Präsident vor den Internationalen Strafgerichtshof gezerrt werden soll, hat Medien und Politik im Westen zum Jubel veranlasst. Sollte Putin tatsächlich Kriegsverbrechen nachgewiesen werden, wäre eine Verurteilung durchaus verständlich. Warum aber, fragen sich viele, ist nie eine Anklage gegen US-Präsident Bush wegen Kriegsverbrechen erhoben worden ? Eine der möglichen vereinfachenden Antworten : USA und NATO immer gut, Russland prinzipiell böse.

Zum Thema passend ein Zitat von ORF-Korrespondent Karim El Gawhary auf www.quantera.de – Dialog mit der islamischen Welt:

“ Es geht nicht darum, den Irak-Krieg und den Ukraine-Krieg gegeneinander aufzurechnen oder gar zu behaupten, das eine rechtfertige das andere. Aber die USA und Europa besäßen in vielen Teilen der Welt mehr Glaubwürdigkeit, würde alles mit dem gleichen Maß gemessen. Und in der arabischen Welt springen diese Doppelstandards ganz besonders ins Auge.“

Ein Tipp zu diesem und anderen internationalen Themen : www.international.or.at

Wa(h)re Freundschaft, Genossen!

Russland hat mehr Freunde als dem Westen lieb ist

Hans Högl

Dass westliche Berichte Ukraine-orientiert sind, fiel einem Wirtschaftsjuristen auf und wies mich hin, es sei kaum zu erfahren, wer auf Russlands Seite steht. Dazu fand ich in der Zeitschrift „International“ Detailliertes. Gelegentlich bieten weniger bekannte Quellen bemerkenswerte Informationen.

China und Indien sind auf russische Ressourcen und Märkte aus und halten sich allseits offen. Belarus steht treu zu Russlands, das Rohöl und Gas liefert. Es ist Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) – wie Armenien, Kasachstan, Russland. Kasachstan, ein strategischer Verbündeter und neuntgrößtes Land der Welt, hat Öl und Erdgas und ihre Pipelines werden von Gazprom betrieben. Armenien ist wirtschaftlich und militärisch von Russland abhängig.

Ungarn und Serbien kokettieren mit Russlands Gunst. Ungarn kaufte 2017 russische Atomreaktoren und importierte den Corona-Impfstoff Sputnik. Und erhält billiges Gas. Serbien schloss 2019 als erstes europäisches Land ein Freihandelsabkommen mit der EAWU ab.

Venezuela, ein enger Verbündeter, erhielt von Russland Kredite von 17 Mrd. Dollar, so zum Kauf russischer Waffen, und Russland ist Partner in der Erdölförderung. Kuba, Nicaragua und Brasilien umgehen westliche Sanktionen. Kuba überstand das Handelsembargo mit Hilfe der Sowjetunion und heute durch Russland. Brasiliens Agrarindustrie ist ohne Dünger aus Osteuropa verloren. Und fast die Hälfte der afrikanischen Staaten verzichtete bei der UNO-Vollversammlung (2.3.2020) auf eine Verurteilung Russlands. Resumé aus: International. Zeitschrift für internationale Politik, VI, 2022, 18.

Die UN-Abstimmung am 23.2.2023 für einen Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine ergab folgendes Ergebnis:
Dafür stimmten 141 Staaten, dagegen 7, 32 Länder enthielten sich der Stimme (davon die Mehrheit der afrikanischen Staaten, doch eine Reihe war auch dafür).

Russisches Vermögen im Ausland

Was ist denn Russland für ein Land?

Hans Högl

Die Schweizer Regierung hält es für unrechtmäßig, russische Privatvermögen einzuziehen, nur weil die Betroffenen auf der Sanktionsliste stehen. So ein Vorgehen widerspräche geltenden Gesetzen und der Bundesverfassung. Angesichts der enormen Kriegsschäden werden immer wieder Forderungen laut, gesperrte Gelder zugunsten der Ukraine einzuziehen.

Die Schweiz hatte Ende 2022 russische Vermögen von 7,5 Milliarden Franken plus 15 Liegenschaften gesperrt. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach zum grössten Teil um Privatvermögen. Weltweit sind geschätzte 300 Milliarden Franken Vermögenswerte der russischen Zentralbank gesperrt. Hinzu kommen 50 bis 60 Milliarden Franken eingefrorene Privatvermögen. NZZ online

Reizthema Ukrainekrieg und Medien

Das große Interesse an der jüngsten Podiumsdiskussion zu dieser Causa hat die Erwartungen weit übertroffen. Um die 800 Zugriffe auf den nun auch auf Youtube abrufbaren Mitschnitt werden mittlerweile registriert.

Udo Bachmair

„Der Krieg gegen die Ukraine und die Berichterstattung westlicher Medien“. Das war Thema einer vielbeachteten Podiums- und Publikumsdiskussion kürzlich im Presseclub Concordia in Wien. Der rege Diskussionsabend, veranstaltet von der Vereinigung für Medienkultur, hat gezeigt, wie groß der Unmut über außenpolitische Berichterstattung mit Schlagseite in den meisten unserer Medien ist.

Ein Krieg geht immer einher auch mit einem Informationskrieg, beide Kriegsparteien betreiben Kriegspropaganda, lauteten zwei der Grundthesen der Veranstaltung. Medien spielen dabei eine wichtige und verantwortungsvolle Rolle, sie machen aber mitunter selbst Politik und üben sich in Kriegs-statt in Friedensrhetorik. Beispiel der beharrliche auch mediale Druck auf den deutschen Kanzler Scholz, endlich weitere schwere Waffen an die Ukraine zu liefern.

Besondere Aufmerksamkeit schenkte das Publikum auch einem Live-Gespräch mit ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der mit seiner sachlichen und differenzierenden Berichterstattung für engagierten Qualitätsjournalismus steht.

Die Aufzeichnung des Diskussionsabend ist auf Initiative von Fritz Edlinger, des Herausgebers der renommierten Zeitschrift INTERNATIONAL, nun also auch auf Youtube abrufbar.

Hier der Link : https://www.youtube.com/watch?v=WDSUw-3k7PI

Indische Stimme der Vernunft

Das Interview jüngst in der ORF-Sendung ZiB-2 mit dem indischen Außenminister zeigt, dass es auch besonnene Stimmen rund um den russischen Krieg gegen die Ukraine gibt.

Wolfgang Koppler *

Eine Stimme der Vernunft nannte ihn Außenminister Schallenberg. Zu Recht, wie das gestrige ZiB2-Interview mit dem indischen Außenminister Vaishankar zeigte. Leider ging diese Stimme fast völlig unter und beschäftigten sich vor allem die Qualitätsmedien mehr mit dem Migrationspakt als mit Vaishankars Äußerungen zum Ukrainekrieg. Und das obwohl Indien seit kurzem den Vorsitz der G20 innehat und dessen Vermittlerrolle sogar von Selenskyj anerkannt wurde.

Zu Beginn des Interviews wurde Vaishankar gefragt, weshalb Indien den russischen Angriffskrieg nicht verurteilt und eine neutrale Position eingenommen hätte. Vaishankar verwies darauf, dass er genauso gut nach der Haltung des Westens in anderen Kriegen fragen könnte und darauf wohl ein langes Schweigen als Antwort erhielte (er nannte zwar etwa den Irakkrieg nicht konkret, aber unwillkürlich musste ich an eine Kriegsreporterin denken, die sich im Irakkrieg über die Friedensaktivisten lustig machte, die vor dem Bombenhagel Bagdad verließen. Zur Völkerrechtswidrigkeit des Irakkriegs mit seinen erfundenen Kriegsgründen hat man später nicht sehr viel von ihr gehört).

In der Folge betonte Vaishankar die Wichtigkeit einer von Interessen gelenkten Außenpolitik und vor allem die Bedeutung der Diplomatie. Und erwähnte in einem Nebensatz, dass ja auch die ukrainische Führung selbst in den ersten Kriegsmonaten intensiv verhandelt hätte. Kein Journalist traut sich das heute zu erwähnen. Dabei konnte man das damalige Motto der ukrainischen Führung überall nachlesen: Jeder Krieg endet durch eine Vereinbarung. Nach der Befreiung von Kiew war davon nicht mehr die Rede.

Und am Ende des Interviews dann einige Wirtschaftsdaten: Das Pro-Kopf-Einkommen in Europa: 60.000 Dollar. Jenes in Indien 2.000 Dollar. Energiepreise, die sich während des Kriegs auch durch die verstärkte europäische Nachfrage im Nahen Osten vervielfachten. Aber ein Land mit einem beachtlichen Potential. Dessen Stimme wohl auch in der UNO einmal mehr Gewicht erhalten wird. Hoffentlich.

* Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien

Klein, klein in Medien…….

KLEIN KLEIN – aber 2,5 Millionen Tonnen Getreide aus Ukraine

Hans Högl

Wir erfahren eine Flut von Infos, wie nun kleine Schritte zum Energiesparen aussehen könnten. Gut so.

Dass 100 Schiffe mit 2.5 MILLIONEN TONNEN AGRARPRODUKTEN AN BORD DIE UKRAINE VERLASSEN, das berichtet die deutsche Presseagentur. Ich fand dies in einer angesehenen Schweizer Zeitung am 7.9. Ansonsten las ich immer nur von Problemen und Blockaden des Getreidetransportes.

Ich denke, dass dies kaum irgendwo eine Schlagzeile war, oder irre ich mich? Wenn ich mich nicht irre, ist dies ein Beweis, welchen Schmarren wir täglich erfahren, aber dass unglaublich wichtige Ereignisse für Völker, die hungern, kaum eine Beachtung finden.

Auch in der Schweizer Zeitung ist dies eine Randnotiz mit 15 Zeilen (ohne Titel) auf der wenig beachteten rechten Seite und wiederum ganz rechts und fast ganz unten, immerhin auf S.2.

Angst vor Ende des Ukraine-Kriegs?

Ich sehe selbstverständlich den Wahnsinn und die Hybris auf russischer Seite. Aber wir alle haben in einer Demokratie die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, auch auf Fehlentwicklungen auf unserer Seite hinzuweisen. Demokratie ist nämlich stets aufs Neue gefährdet. Am allermeisten durch uns selbst.

Wolfgang Koppler *

Die Eskalationsspirale ist längst im Gang. Keine Verhandlungen von Seiten der Ukraine bis Ende August. Weitere Forderungen von russischer Seite. Weitere Waffenlieferungen. Und dem sich wirklich vorsichtig äußernden österreichischen Außenminister Schallenberg wird von ZiB2-Moderator Martin Thür das Argument vom „Diktatfrieden“ entgegen gehalten, als er bloß meinte, es sollte in Zukunft vielleicht doch zu einer diplomatischen Lösung kommen. Obwohl es kreative Lösungen angesichts völkerrechtlich offener Fragen bezüglich Minderheiten und Sicherheitsdebatten genug gäbe, ohne dass irgendwer „kapitulieren“ müsste. Aber im Detail möchte ich das Völkerrechtlern und Sicherheitsexperten überlassen. Waffen sind jedenfalls genug vorhanden, um den Krieg noch sehr lange weiterzuführen und nicht nur den befürchteten „Diktatfrieden“ sondern überhaupt jeden Frieden zu verhindern. Das neueste Argument der Verhandlungsgegner ist die Befürchtung, Putin könnte einen Waffenstillstand anbieten und die Solidarität des Westens bzw. die Bereitschaft zu weiteren Waffenlieferungen könnte dann nachlassen. Angst vor einem Ende des Kriegs ? Angst, die eigene Aggression nicht mehr befeuern zu können ? Warum verhandelt man nicht wenigstens, um herauszufinden, was die Gegenseite wirklich vorhat ?

Die Katastrophe in humanitärer, wirtschaftlicher und umweltpolitischer Hinsicht ist derzeit jedenfalls vorprogrammiert. Ich darf daran erinnern, dass ein nicht unbekannter Journalist schon im ersten Golfkrieg „vom „letzteren bitteren Waffengang“ am Golf gesprochen hat. Und im Irakkrieg wurde im Magazin einer Menschenrechtsorganisation (deren Arbeit sonst durchaus wichtig ist) den Friedensaktivisten unter Verweis auf die Menschenrechtsverletzungen Saddam Husseins seinerzeit entgegen gehalten: „Jetzt sprechen die Waffen“. Was daraus wurde, wissen wir. Der Wiederaufbau dort wurde übrigens bis heute nicht in Angriff genommen. Bis der IS wiederauflebt. Weil das Geld offenbar für Waffen benötigt wird. Und die Auswirkungen des Ukrainekriegs sind noch wesentlich schlimmer. Da hilft es nicht, irgendwelche angeblichen „Extremisten“ beobachten zu lassen, wie es die deutsche Innenministerin tut (die vielleicht auch noch den Kriegsgegner Karl Kraus auf den Index der politisch inkorrekten Literatur setzen wird). Die – im Übrigen äußerst zaghaften und mit jenen der Coronagegner nicht vergleichbaren – Proteste sind nicht das Problem. Sondern die tatsächlichen Auswirkungen des Krieges.

Heute sind wir verbal scheinbar ein bisschen vorsichtiger als Anno 1914 oder auch 1991 und 2003. Aber „Kampf der Werte“. „Verteidigung der Demokratie“ (mit immer mehr Waffen) und „Diktatfrieden“ sowie Beschimpfungen von Andersdenkenden als „Putinknechte“ kommt auf dasselbe hinaus. Und dass durchaus diskussionswürdige Aufrufe wie jener der Schriftstellers Josef Haslinger und der gewiss unverdächtigen Autorin Juli Zeh etwa in der Zib2 des ORF schlicht ignoriert werden, spricht Bände. Auch realistische Experten wie Heinz Gärtner werden kaum wahr genommen. Eigentlich müssten Verhandlungsgegner und Hardliner ja höchst zufrieden sein. Sind es aber nicht. Man hat das Wort „Frieden“ durch „Diktatfrieden“ ersetzt, aber vielleicht könnte man das Wort „Frieden“ ganz aus dem Wortschatz streichen? Ewige Kampfbereitschaft ist das Ziel.

Das ist das Problem: Ist die Aggression erst einmal aktiviert, ist sie nur schwer wieder herunterzufahren. Ob an der Heimatfront. Oder auf dem Schlachtfeld. Auf beiden Seiten.

Wollen wir wirklich warten, bis eine fortgeschrittenere außerirdische Zivilisation einmal eine durch Krieg oder Klimawandel zerstörte Erde vorfindet?

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Jurist und Publizist und lebt in Wien