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USA: Geheime Vietnam (Pentagon)- Studie vor 50 Jahren veröffentlicht

„New York Times“ riskierte Mitte Juni 1971 – also vor 50 Jahren- Auszüge aus der ultrageheimen Mc Namara-Studie (genannt „Pentagon Papers“) preiszugeben, die die damaligen Medienberichte radikal in Frage stellten.

Hans Högl

Damals war Daniel Ellsberg der Whistleblower. Ich verglich in meiner nicht publizierten Dissertation das Medienecho in der linksliberalen „Le Monde“ mit Kommentaren und Nachrichtentexten in der Nato-freundlichen „Frankfurter Allgemeinen“ in Hinblick auf Manipulation. Dazu ein andermal. Daniel Ellsbergs Sohn schrieb mir folgende Botschaft:

Michael Ellsberg: Today marks the 50th anniversary of the New York Times first publishing the Pentagon Papers.
Join Daniel Ellsberg on a live webinar today at 7:30PM EDT with Noam Chomsky, Rep. Elizabeth Holtzman, Barbara Myers, and Gar Alperovitz discussing the legacy of the Papers. Selected media coverage of the Pentagon Papers anniversary is here.

The Ground Truth Project and UMass Amherst have created a wonderful podcast that brings alive the history of Daniel’s action, The Whistleblower. UMass Amherst, which acquired Daniel’s archive, recently held a 3-day virtual conference on the legacy of the Papers, including a dialogue between Daniel and Edward Snowden. Recordings of the conference are here.

At age 90, Daniel’s still at it! He recently made an unauthorized disclosure of a still-classified top-secret study about US nuclear threats against China, which he’s been holding for over 50 years. The New York Times reported the leak here and coverage of the leak made international headlines.

Thank you,–Michael Ellsberg

Wir brauchen etwas anderes! Leben für große Projekte

Hans Högl.Rezension

Dave Eggers: Eure Väter, wo sind Sie? Und die Propheten,leben sie ewig? Köln 2015 (USA 2014).Roman

Dieser Roman ist von bestürzender und erschreckender Aktualität. Lässt er eine Entwicklung erahnen, die sich nach Jahren des Friedens und des Wohlstandes anbahnt? Der Roman, es ist keine soziologische Studie, drückt eine latente Unzufriedenheit, ein Verlangen nach Großem aus, das sich quasi von selbst erfüllt.

Die frappante und verrückte Geschichte, ein Entführungsdrama, will ich nicht im Einzelnen erzählen. Thomas ist 34 Jahre jung und ohne Beruf, wohl Einzelkind. Er wurde um 1978 geboren (p. 70). In der Nacht türmen sich ihm Fragen auf. „Die Fragen sind wie Nattern, die sich dir um den Hals schlingen“ (p. 10). Doch er sagt; „Ich brauche kein Medikament oder Therapie. Ich brauche Antworten auf meine Fragen“.

Auch einen Vietnam-Kriegsveteranen im Rollstuhl hat er entführt und richtet an ihn Fragen, weil es ja er auch als Kongressabgeordneter wissen könnte, was Thomas zu wissen sucht. Es sind aussagekräftige Fragen. Thomas hat Sorge, dass der Vietnamveteran ihn „irgendwie für minderwertig“ hält, weil er nicht im Krieg war. Der Veteran widerspricht dem entschieden und glaubhaft.

Thomas sieht in ihm ein Vorbild, der Sinnvolles getan hat. Der Vietnamveteran mit Namen Dickinson (p. 31) sagt zu ihm: „Sie sind ein Freund großer Gesten“. Thomas: „Manchmal, ja“. „Und ich bin sicher, dass ich besser geraten wäre und dass jeder, den ich kenne, besser geraten wäre, wenn wir bei irgendeinem universalen Kampf mitgemacht hätten, bei irgendwas, das größer ist als wir selbst“ (p. 40).

Der Kriegsveteran: „Sie wären gern bei irgendeinem tollen Videospielkonflikt mit einem klaren moralischen Ziel dabei“. Thomas: „Oder bei etwas anderem. Irgendetwas anderem, das alle durch ein gemeinsames Ziel vereint hat und durch eine gemeinschaftliche Opferbereitschaft“.

Thomas nahm beim Boy State teil und wollte an einem Rollenspiel für die Wahl eines Vizegouverneurs kandidieren, durfte aber nicht, vermutlich darum, weil er einen Aufsatz verfasste und mit echten B l u t seine Unterschrift darunter setzte (p. 44 ).

Thomas kommt alles chaotisch vor. Der Veteran: War das denn chaotisch, als man einen ganzen Monatslohn sparen musste, um sich ein Radio zu kaufen? „Als ein Innenklo ein Zeichen dafür war, dass du`s geschafft hattest? Himmelherrgott Junge, das Schlimmste, was eure Vorfahren je für euch junge Arschlöcher getan haben, war, erfolgreich zu sein. Wir haben alles so leicht gemacht, dass ihr Rotz und Wasser heult, wenn euch ein Kieselstein im Weg liegt “ (p. 46).

An einer anderen Stelle klagt Thomas: „Kein Schwein hat für irgendwas einen Plan“. Das ist es, „was uns alle verrückt macht“ (p. 57). Er fordert und fordert und verurteilt das System, die Mitwelt, die Polizei, die Krankenhausverwaltung und kritisiert wohl Manches zurecht und wird aus Rache kriminell.

Thomas stammt aus einfachen Verhältnissen. Seine Mutter war Alleinerzieherin und hatte es nicht leicht und wechselte die Lover. Thomas kritisiert sie. Die Mutter sagt zu ihrem Sohn Thomas: Du hast mir eingeredet, ich hätte mich furchtbar verhalten und da hatte ich Schuldgefühle und habe dich verhätschelt. „Du hättest etwas Disziplin gebrauchen können. Den Umgang mit Leuten, die morgens aufwachen und zur Arbeit gehen, etwas tun“ (p. 115).

Der Vater von Thomas, ein Handwerker (p. 40) ist in der Familie nicht präsent. Der Buchtitel bezieht sich auf den vaterlosen Thomas und auch auf seinen vietnamesischen Freund.Thomas fasst es auf p. 220 noch einmal gegenüber dem Abgeordneten zusammen, was er will: „Haben wir keine großen menschlichen Projekte verdient, die uns Sinn geben?“. „Wenn ihr nichts Großes habt, woran Männer wie wir mitwirken können, werden wir all die kleinen Dinge auseinandernehmen. Wohnviertel für Wohnviertel. Gebäude für Gebäude. Familie für Familie. Begreifen Sie das nicht?“ (p. 220).

Der Autor Dave Eggers ist 1970 in Chicago geboren und lebt in Kalifornien. —´
Der Roman drückt wohl einen Wandel vom protestantischen Arbeitsethos in eine mäßige Form des Hedonismus aus, zu einer Generation, die auf der Sinnsuche ist und verbal nach Größe, ja Heldentum strebt, aber keine Zwischenschritte macht.

Als Österreicher um 1968 an Universität bei Brüssel

Hans Högl: Leser-Anekdoten, die Österreicher prägten

Beitrag eingereicht bei Österreichs Staatsblatt, der "Wiener Zeitung, aber vielleicht als zu wenig spezifisch nicht angenommen. Ein Bekannter mutmaßte die Nicht-Annahme von vornherein. 
Studium um 1968 an französischer Fakultät in Löwen/Belgien. Ein hintergründiger Ländervergleich 
Ein seltsamer Protest am Semesterbeginn – im Umfeld der Uni in Leuven/Louvain. Da protestieren Studenten und hinter ihnen her die „Flics“. Was soll das soll, frage ich?  „Das ist Tradition – jedes Jahr im Herbst. Wir Flamen waren oft gegen Herrscher.“ Protest erfuhr unser Kaiser Josef II., als damals der Brabant zu Österreich gehörte. Josef II. schritt gegen die Belustigungen im wochenlangen Kermes ein. Maria Theresia war klüger – noch heute trägt ein College ihren Namen. 1968 entbrennt ein Konflikt um die Doppel-Universität, die flämische und französische. Die Flamen setzen sich durch, und die frankophone Universität wird südlich von Brüssel gebaut. Der Bibliotheksbestand wird halbiert, in solche mit gerader und ungerader Katalognummer! Ach Louvain! Stadt von Georges Lemaitre, der 1927 als erster den Urknall entdeckte.

Dieses kritische Belgien-Bild ist geläufig, doch im Alltag kommen Flamen und Wallonen miteinander aus. Auffallend sind die Sprachkenntnisse selbst „kleiner Leute“!“ Flamen sprechen Französisch, Deutsch, Englisch, sie drücken sich aus – ohne sprachlich erforderliche Finessen…..

Liberale Grundhaltung prägt Belgiens Alltag – mit irritierendem Individualismus – so im Straßenverkehr. Und Brüssel besteht aus vielen Einzel-Städten (!), deren Mangel an Koordination ist ärgerlich, und wer hier neuere Bauten sieht, ist schockiert vom Kontrast des Nebeneinanders. Da lob` ich die wachsamen Augen in Österreich für das Schöne.

Wir fünf Österreicher staunen über die Toleranz an der „Katholischen Universität“. Da lehrt der Priester und marxistische Religionssoziologe, F. Houtard, friedlich neben Empiristen, und man schätzt sich gegenseitig. Was Parteien betrifft, gilt es für Christen als normal, sich unterschiedlich zu engagieren.

Die zweitausend Latinos in Löwen prägen mein Leben und die stete Diskussion um den Vietnamkrieg. Und da entsteht meine Idee zum Vergleich der Vietnamberichte in „Le Monde“ und der „Frankfurter Allgemeinen“ auf der Basis der verratenen Pentagon Papers. Heute ruht meine Dissertation dazu in Wiener Archiven, in Deutschland ist jede zu publizieren. Mir fehlte dazu die Kraft. Die berufliche Eingliederung in Wien war schwierig, aber das ist eine eigene Geschichte. Ich danke dem österr. Bildungsministerium für Auslandsstipendien. Die vier Jahre an der französischen Fakultät bereicherten mich, und ich, der Xenophile, suchte dann gern heimatliches Flair.

Hans Högl, Medien- u. Bildungs-Soziologe, Hochschul-Prof., Dr.Mag.mult., lic.en communication sociale, aktiv in der „Initiative Zivilgesellschaft“und hier oft auf dem Blog www.medienkultur.at