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NATO-Propaganda im ORF

In der jüngsten ZiB2 des ORF war der umstrittene ehemalige NATO-Chef Rasmussen zu Gast. Allzu kritische Fragen brauchte er sich nicht gefallen lassen. So konnte er seine Kriegsrhetorik weitgehend ungebremst verbreiten.

Wolfgang Koppler *

Dass der ORF den ehemaligen NATO-Generalsekretär Rasmussen zu einem Interview ins ZiB2-Studio einlud, ließ schon angesichts der Vergangenheit Rasmussens Schlimmes befürchten. Als dänischer Ministerpräsident hatte er eine Teilnahme eines dänischen Kontingents am Irakkrieg befürwortet und zudem – trotz offenbar gegenteiliger Geheimdienstberichte – das Vorhandensein irakischer Massenvernichtungswaffen behauptet. Was etwa Tony Blair das Amt kostete. Man kann dies alles problemlos den seinerzeitigen Medienberichten entnehmen. In der ZiB2 wurde nur erwähnt, dass Rasmussen die ukrainische Regierung berät..

Das gestrige von Armin Wolf geführte Interview mit Rasmussen übertraf allerdings auch die Erwartungen von an immer mehr zugespitzter Kriegsrhetorik bereits gewöhnten Zusehern. Da wurde die erfolgreiche Abwehr des iranischen Drohnenangriffs auf Israel mit Unterstützung Großbritanniens und der USA zum Anlass genommen, ein entsprechendes Eingreifen des Westens auch in der Ukraine zu fordern. Wolf fragte zwar nach, ob dies nicht zu einer weiteren Eskalation und zu einer direkten Konfrontation NATO-Russland führen könne, verließ sich aber dann auf Rasmussens substanzlose Bestreitung einer derartigen Gefahr.

Auch eine Einladung zu einem NATO-Beitritt der Ukraine wurde von Rasmussen befürwortet, weil alles andere Putin nur zu einer Weiterführung des Krieges verlocken würde. Auch wenn Rasmussen nur von „Einladung“ sprach, klang es für einen unbefangenen Zuseher sogar danach, als ob die Ukraine schon während des Krieges beitreten sollte. Was gegen den Nordatlantikvertrag verstoßen und schon per se zu einer unmittelbaren Konfrontation führen würde. Was Wolf zwar erwähnte, sich aber auch hier mit einer substanzlosen Bestreitung Rasmussens begnügte. Gefordert wurde natürlich auch noch der Einsatz von Langstreckenwaffen und wurden die diesbezüglichen Bedenken von Deutschen und Amerikanern gerügt.

Die letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus kommen einem da in den Sinn. Was macht der Krieg aus den Menschen ?

Dass Rasmussen Macrons Ansicht, man solle auch den Einsatz von NATO-Bodentruppen nicht ausschließen, unterstützte, ist angesichts der obigen Äußerungen nur mehr selbstverständlich. Beängstigend, wenn die Industriellenvereinigung einen solchen Mann nach Wien einlädt. Noch beängstigender, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk eines neutralen Landes in einer solch aufgeheizten und gefährlichen weltpolitischen Situation diesem auch noch Gelegenheit biet, derart problematische und selbst in Brüssel und Washington umstrittene Ansichten zu propagieren.

Das gegenständliche ZiB2-Interview war jedenfalls das genaue Gegenteil von Deeskalation.

* Gastautor Mag. Wolfgang Koppler ist Journalist und Jurist und lebt in Wien.

Kriegsgefahr in Europa ?

Im Konflikt zwischen den USA, der EU, der NATO auf der einen Seite sowie Russland auf der anderen hätte es noch bis vor gut 15 Jahren eine echte Chance auf Entspannung gegeben. Doch nun erscheinen sowohl Moskau als auch Washington in ihren Positionen festgefahren.

Udo Bachmair

Was scheren uns Russlands Sicherheitsinteressen ? Hauptsache, unsere bleiben durch NATO-Präsenz in Osteuropa gewahrt. Scheinbar unverkennbarer Tenor von Politik und Medien in den USA und der EU. Der Westen sieht sich bedroht durch russische Truppenaufmärsche, Russland durch die massive NATO-Präsenz an seinen Grenzen. Russland fühlt sich nicht nur bedroht von Staaten, die bereits NATO-Truppen in Grenznähe stationiert haben, sondern im Speziellen durch die Ukraine. Das Noch-nicht-NATO-Mitglied wird von der westlichen Militärallianz zurzeit in bisher beispielloser Weise aufgerüstet…

Könnte sich der Westen in die Ängste Russlands vor einer (allerdings unwahrscheinlichen) NATO-Aggression hineinversetzen, gäbe es einen deeskalierenden Ausweg im aktuellen Konflikt: Eine Neutralität der Ukraine, die von beiden großen Konfliktparteien absolut unantastbar sein müsste. Gepaart mit Sicherheitsgarantien mittels eines Beistandspakts, der für den Fall eines Einmarsches zum Tragen käme. Der Machtkampf um die Ukraine dürfte eine solche diplomatisch bestimmte Lösung realpolitisch aber kaum zulassen.

Ein positives Beispiel differenzierender Analysen auch zu dieser Causa liefert einmal mehr die Zeitschrift INTERNATIONAL. Die jüngste Ausgabe des renommierten Blattes ist zentral diesem komplexen Thema gewidmet. Als Vorbemerkung schreibt Fritz Edlinger, besonders engagierter Herausgeber und Chefredakteur von INTERNATIONAL:

„Es besteht kein Zweifel, dass die aktuelle Politik Russlands ebenfalls aggressiv und rücksichtslos ist. Dies war aber seit der Auflösung der Sowjetunion nicht immer so und stellt auch das Ergebnis einer jahrzehntelangen Erfahrung von gebrochenen Versprechungen und Aggressionen seitens der USA und der NATO dar. Europa hat in den 80er und 90er Jahren die Chance verpasst, durchaus im wohlverstandenen Eigeninteresse, eine Entspannungspolitik, wie sie z.B. in den Schlussakten von Helsinki klar zum Ausdruck gebracht worden ist, zu verfolgen. Die USA (man erinnere sich an das legendäre aber irreführende Fukuyama-Zitat vom „Ende der Geschichte“) hatten tatsächlich nie das Interesse an einer neuen internationalen Ordnung nach dem Ende des „Kalten Krieges“. So haben sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte Bedingungen entwickelt, welche die eminente Gefahr eines neuen „Kalten Krieges“ geschaffen haben. Dieser könnte allerdings für die Welt weitaus dramatischer verlaufen als beim ersten Mal.“

Besonders empfehlenswerter Tipp:

Ein Gespräch, das Fritz Edlinger mit Gerhart Mangott geführt hat, einem Politikwissenschafter, der sich als besonderer Kenner Russland stets um Differenzierung bemüht. Aber hören und sehen Sie selbst das entsprechende Video via folgende Links :

www.international.or.at

Fall Assange: Aufdecker ohne Chance

Julian Assange hat mit seinen Enthüllungen Meilensteine für den investigativen Journalismus gesetzt. So die Einschätzung seiner Unterstützer. Diese befürchten, dass er nun endgültig zum Schweigen gebracht werden soll. Er hatte Belege für Kriegsverbrechen der USA publiziert.

Udo Bachmair

Echte Demokratie und echter Journalismus lassen sich nicht trennen. Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden. Der Journalist versorgt sie mit relevanten Informationen und zwar so ungefiltert wie möglich.

Diesem Ansatz fühlt sich Julian Assange verpflichtet. Die Quelle ist für ihn sozusagen die Information, Denken könne der Bürger, die Bürgerin selbst. Diese Transparenz würde Korruption verhindern, niemand wäre mehr sicher vor Entdeckung.

Doch Julian Assange ist seit längerem bereits mundtot gemacht. Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks schmachtet nach wie vor in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis. Er soll in die USA ausgeliefert werden. Dort drohen ihm 175 Jahre Gefängnis wegen Veröffentlichung von Informationen über US-Kriegsverbrechen. Washington sieht darin keinen investigativen Journalismus, sondern „Spionage“.

Amnesty International, offiziell als unabhängig geltende Gefangenenhilfeorganisation, wird unterdessen zunehmend zum Ziel von Kritik. Amnesty würde sich weigern, für Julian Assange einzustehen, bemängeln andere Menschenrechtsorganisationen. Assange wegen seiner Enthüllungen endgültig zum Schweigen zu bringen, wobei auch Medien nicht unterstützend für ihn einspringen, verstoße massiv gegen Meinungs- und Pressefreiheit.

In einem offenen Brief an Amnesty International Deutschland ( AID ) fordert nun die Initiative „Freiheit für Julian Assange“, den missliebigen Aufdecker endlich als politischen Gefangenen anzuerkennen :

Offener Brief und Appell an Amnesty International Deutschland

Die Initiative fordert von AID u.a. Antworten auf folgende Fragen:

>>Aus welchem Grund bleibt AID im Falle der bestehenden Menschenrechtsverletzungen von Julian Assange untätig ?

>>Aus welchem Grund ignoriert eine öffentlich hoch angesehene Institution für Menschenrechte wie AID sowohl das Rechtsgutachten des UNO-Menschenrechtsrates wie auch die Untersuchungsergebnisse des UN-Sonderberichterstatters über Folter?

>>Aus welchem Grund erweckt AID den Eindruck, es gäbe im Falle von Julian Assange keine bereits bestehende Verletzung der Menschenrechte, sondern projiziert diese lediglich in die Zukunft auf den eventuellen Fall seiner Auslieferung?

>>Aus welchem Grund lässt AID ausgerechnet den jeder Rechtsstaatlichkeit spottenden und skandalösen gegenwärtigen Auslieferungsprozess in London bewusst aus seiner Öffentlichkeitsarbeit aus?

Es ist keineswegs so, dass nicht auch Assange selbst Zielscheibe von Kritik war und ist. So wurde ihm Vergewaltigung vorgeworfen, doch mangels Beweisen musste das Strafverfahren eingestellt werden.

Besonders eingeschossen auf Assange hat sich die konservative Neue Zürcher Zeitung. Sie hält den WikiLeaks-Gründer für ein nur „wenig glaubwürdiges Opfer einer großen Verschwörung“ (NZZ-Journalistin Tatjana Hörnle). Demnach würden etwa die schweren Anschuldigungen gegen die Ermittlungsbehörden einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Insbesondere seien die Vorwürfe des Uno-Sonderberichterstatters Nils Melzer fragwürdig. Er hatte im Zusammenhang mit strafrechtlichen Untersuchungen gegen Assange unter anderem von „Folter“ gesprochen.