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Conchita hilf uns!

Hans Högl. Reportage

Zur abendlichen Saunarunde treffen sich je die Gleichen. Großstädter pflegen mehr an Tradition, als es den Anschein hat. Manche in der Sauna finden Gespräche störend. Ein Manager sieht bis in die späten Nachtstunden TV-Dokus diverser Ländern, und regt Gespräche an. Er reist häufig in arabische Länder und scheut nicht, zu erzählen, wie Aufträge per Bestechung ergattert werden. Das ist bei US-Firmen nicht anders oder doch: Die eigenen Leute, die „Amis“ verbrennen sich damit nicht die Finger, da schicken sie lieber Einheimische los. In der Runde ist auch ein Techniker, der uns bei PC-Fragen berät. Und ein kurzbeiniger Senior schleppt seinen fülligen Unterleib und schnaubt beim Erzählen von Anekdoten; denn er lenkte das Taxi eines Wiener Politikers.

Ein seltenes Exemplar ist ein Auto-Mechaniker: Für ihn brachte Kreisky die Wende, da verdiente er  endlich besser. Sein Haus ist jenseits der Donau in einem sozialen Brennpunkt. Er werkte früher in der Schweiz und in Afrika, er kann Französisch und liest fallweise das linksliberale Weltblatt Le Monde und regelmäßig die Wochenzeitung DIE ZEIT, die er seit Jahren stapelt. So zählt er zu jenem Drittel der ZEIT-Leser, die keine Akademiker sind.

Schon vor Jahren gab er mir einen Le Monde-Beitrag mit Worten der Verwunderung, dass sich Le Monde nicht scheut den Islam zu kritisieren, während er bis dato nichts dergleichen in Wiener Medien fand. „Ich kenn´ nur eine deutsche Zeitung, die anders schreibt als alle anderen, das ist die Schweizer Weltwoche.“

Heute griff ich Wiener Café Sperl nach diesem Magazin und las den Essay mit dem Titel: „Sind die Schweizer so unfreundlich?“, wie der Spiegel einmal schrieb. Der Beitrag vergleicht die Freundlichkeit in Österreichs und im Schweizer Gastgewerbe. Österreichs Tourismus sei mit der höfisch geprägten Gastlichkeit erfolgreicher. Beiläufig bringt die Weltwoche ein Medienschmankerl: wie Passagiere in der Londoner U-Bahn und in der britischen Eisenbahn angeredet werden- nämlich nicht mehr „Ladies and Gentlemen“. Das würde das dritte Geschlecht, die Transgender, beleidigen. Demzufolge lautet die Anrede an die Fahrgäste „Hello everyone“.

Ja, liebe Conchita, Du bist näher an der Sache, bring uns Österreichern doch eine progressivere Begrüßung bei. Da lob ich mir Indien, wo Transgender angeblich schon in Gesetzen Eingang gefunden hat.

 

 

Medienkritik – Rudeljournalismus. Analyse

Hans H ö g l

In den USA wurden viele Feld-Reporter eingespart, und die Anzahl von Online-Journalisten aufgestockt. Damit fehlen den Redaktionen die Außenantennen. Es gibt einen Verlust an Volksnähe und Kontakt zu den „kleinen Leuten“. Die Reporter saßen früher selten in den Büros, trieben sich in den Polizeistationen und vor den Gerichten herum und in Bars und Bahnhöfen. Dass der Großteil der ORF-Journalisten in Zukunft auf dem entlegenen Wiener Küniglberg tätig sein wird, verheißt nichts Gutes. Und in den Berichten der Außenpolitik wird man sich noch mehr – abgesehen von den wenigen Korrespondenten – vorwiegend mit angelsächsischen Agenturmeldungen eindecken und Erfahrungsberichte nicht zur Kenntnis nehmen. Ähnliches berichtete gestern ein Schweizer Paar in einem Vortrag über ihre kürzliche Reise in Syrien in Wien 9 im Festsaal der Caritas Sociales. Für ihren in vielen Punkten überraschenden Augenzeugenbericht interessierte sich nur eine einzige kleine Schweizer Zeitschrift.

Ich habe mich hier von den Magazinen Stern und der Schweizer Weltwoche anregen lassen. Zur Weltwoche sagte mir ein Saunafreund: Das ist das einzige Magazin, das sich von allen anderen abhebt. Dieser Automechaniker arbeitete früher in der Schweiz und bei einer Firma in Westafrika, hat ein ZEIT-Abo und wundert sich schon seit Längerem, dass Le Monde, das Pariser Weltblatt (der Handwerker liest auch französische Blätter) als einzige wagte, den Islam zu kritisieren.

Mir ist es wichtig, mich fallweise mit Medien auseinander zu setzten, deren Ansichten ich nicht teile, die mir gegen den Strich gehen. Die Sozialpsychologie nennt dies Bereitschaft zur kognitiven Dissonanz.

Nur so sind die Echoräume wie in Face Book zu vermeiden. Ein Leserbrief nennt es Fake-Book, denn die Falschmeldung, der Papst habe für Donald Trump eine Wahlempfehlung abgegeben, wurde millionenfach abgerufen.