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Friedenskonferenz medial vorverurteilt

Die Wiener Friedenskonferenz 2023 war bereits im Vorfeld Gegenstand unfreundlicher und polemischer Berichterstattung. Besondere Einseitigkeit wird seitens der Veranstalter dem STANDARD vorgehalten.

Gastkommentar von Werner Wintersteiner *

Unter dem Titel „Wiener Friedenstreffen steht unter Propagandaverdacht“ wurde die für dieses Wochenende angesetzte internationale Friedenskonferenz der Zivilgesellschaft bereits vorverurteilt, bevor die erste Teilnehmerin in Wien eingetroffen ist.

Es ist wirklich bedauerlich, dass eine Zeitung vom Format des STANDARD sich für eine so einseitige Berichterstattung hergibt. Es wird nicht objektiv über die Intentionen und Ziele berichtet – Informationen, die man durch eine ausführliche Lektüre der Website (https://www.peacevienna.org) oder durch Interviews mit den Organisator*innen leicht hätte einholen können. Dann hätte man zum Beispiel schreiben können,

+ dass hier in Wien erstmals seit Beginn des russischen Aggressionskrieges Aktivist:innen aus buchstäblich der gesamten Welt zusammenkommen, um sich über Wege zum Frieden auszutauschen;

-+ dass Stimmen des globalen Südens, die bei uns in praktisch allen Fragen unterbelichtet oder ganz ignoriert werden, einen prominenten Platz erhalten;

+ dass selbstverständlich Kontroversen stattfinden werden, dass sie durch Working Groups und andere interaktive Formen – geradezu herausgefordert werden, der Überzeugung folgend, dass der freie Austausch der Meinungen eine Essenz der Friedensarbeit ist;

+ dass öffentlich ukrainische und russische Friedensaktivist:innen sich miteinander austauschen werden.

Was man aber in all den Aufrufen und erläuternden Dokumenten keineswegs finden kann, ist auch nur ein einziger Satz, der die russische Aggression rechtfertigen oder auch nur beschönigen würde.

Stattdessen aber Sätze wie die folgenden:

„Waffenstillstand heißt nicht die Anerkennung bestehender Frontlinien als Grenzen, sondern nur ein Ende des Tötens und des Mordens, ein Stopp der Zerstörungen. Raus aus den Schützengräben und Bunkern, hin zu neuem freiem Leben!

Verhandlungen heißt nicht Zustimmung oder Anerkennung des völkerrechts- widrigen Angriffskrieges Russland gegen die souveräne Ukraine, heißt auch nicht die Vorgeschichte dieses Krieges besonders die NATO-Osterweiterung aus den Augen zu verlieren, sondern Wege für die gemeinsame Gestaltung der Zukunft an dem Verhandlungstisch zu entwickeln – wahrscheinlich unter der Beteiligung von internationalen Moderatoren bzw. Mediatoren des Globalen Südens.“

Warum ist das dem STANDARD keine Zeile wert?

Es ist wirklich mehr als verwunderlich, dass es nach über einem Jahr eines verheerenden Krieges, der unzählige Todesopfer und Millionen Flüchtlinge und die Welt an den Rand eines Weltkriegs gebracht hat, der Ruf nach Waffenstillstand und Verhandlungslösungen immer noch tabuisiert wird. Es ist traurig, dass man sich rechtfertigen muss, wenn man über den Frieden öffentlich nachdenkt.

Es ist wirklich zu billig und entspricht keinem seriösen Journalismus, wenn man diese Bemühungen pauschal als russische Propaganda verleumdet. Das erinnert freilich daran, dass die Anti-Atom-Bewegung der 1950er Jahre pauschal als kommunistische 5. Kolonne diffamiert wurde. Sind wir wieder dort angelangt?

Und es ist ein Skandal, wenn damit zugleich versucht wird, diesen öffentlichen Gedankenaustausch einfach zu verhindern, wie das von verschiedenen Seiten versucht wird. Doch der Frieden ist einfach zu wichtig und zu dringend, als dass man sich einschüchtern lassen dürfte. Die Medien sind aufgefordert, sich ein objektives Bild von diesen Anstrengungen zu machen und es ihrem Publikum zu vermitteln.

* Gastautor Univ.Prof.Dr.Werner Wintersteiner ist renommierter Friedensforscher und Friedenspädagoge

Kriegsrhetorik statt Friedensbemühungen

Westliche Medien und Politik plädieren überwiegend für ausschließlich militärische Lösungen, für den Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld. Wie Medien darüber berichten, gleicht sich oft in erstaunlicher Weise.

Udo Bachmair *

Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist absolut zu verurteilen. Es ist und bleibt unfassbar, dass eine Aggression dieser Art in Europa auch in diesem Jahrhundert noch stattfinden würde. Ein Schlag ins Gesicht jenes zivilisatorischen Fortschritts, den viele bis vor gut einem Jahr in Europa noch als existent und erreicht betrachtet hatte. Krieg ist per se ein Verbrechen.

Das heißt jedoch nicht, die Vorgeschichte des aktuellen Krieges, Kriegspropaganda, Sinnhaftigkeit sogenannter Militärlogik sowie vor allem Friedenschancen auszublenden. Besonderes Interesse gebührt dabei der Rolle der Medien und deren Verantwortung. Viele von ihnen haben sich von Differenzierung und damit auch von Qualitätsjournalismus verabschiedet. Vor allem deutsche, aber auch österreichische Medien gefallen sich vielfach darin, jene Kräfte in Politik und Medien, die auf Verhandlungen und Friedenskonzepte drängen, als naiv, nicht empathisch, als Putins Trolle, etc. abzuqualifizieren. Jene, die dringend für ein Ende der Lieferung schwerer Waffen appellieren, bevor die Lage weiter eskaliert, gelten als Realisten.

Im Grunde sind es zwei polarisierende Positionen, die den Disput rund um den Ukraine-Krieg dominieren : Einerseits die Überzeugung, ein Ende des Krieges sei nur durch einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld erreichbar. Andererseits die Annahme, der Krieg und weiteres Leid könnten bald nur dadurch beendet werden, dass endlich auch diplomatische Bemühungen mit Aussicht auf eine Friedenslösung sichtbar werden. Letztere Position wird von Medien und Politik im Westen mehrheitlich nicht geteilt. Im Gegenteil: Jene Menschen, die leidenschaftlich für Frieden ohne weitere schwere Waffen demonstrieren, werden als „Friedensschwurbler“, als moralisch verkommen, als Befürworter eines „Diktatfriedens“ bzw. eines „Friedensdiktats“ verunglimpft. „Putinversteher“ oder „Russlandversteher“ gelten ohnehin als Schimpfwörter schlechthin.

Wortführerinnen der Kriegsrhetorik ist die als Hardlinerin auch über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gewordene FDP-Abgeordnete Strack-Zimmermann sowie überraschenderweise auch die grüne Außenministerin Bärbock. Ausgerechnet die Grünen, die sich früher noch als parlamentarischer Arm der Friedensbewegung verstanden haben, ergehen sich nun in militaristischer Ideologie. Bühne bieten ihnen bemerkenswerterweise vor allem die öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF, die wie hierzulande der ORF auch in der außenpolitischen Berichterstattung zur Ausgewogenheit verpflichtet wären. Sendungen wie „Hart aber fair“ oder „Maischberger“ oder „Anne Will“, lassen zumeist jene Podiumsgäste, die differenzierend und deeskalierend argumentieren, kaum zu Wort kommen oder werden erst gar nicht eingeladen. Auch der ORF hat sich über weite Strecken in den Mainstream eingeklinkt, Gegenpositionen zu Kriegslogik und antirussischer Feindbildpflege erscheinen weitgehend unerwünscht. Seriöse Politologen, wie Heinz Gärtner, oder engagierte Friedensforscher wie Werner Wintersteiner oder Thomas Roithner, werden selten oder nicht mehr als Studiogäste befragt.

Besonders Boulevardmedien scheinen einander in Kriegsrhetorik und Dämonisierung Russlands zu überbieten. Im Gegensatz zu Wladimir Putin wird der Präsident der Ukraine, Staatschef eines wie Russland autokratischen und korrupten Staates, im Westen zum Helden und lupenreinen Demokraten stilisiert, für den „wir“ Krieg führen.„Wir führen Krieg gegen Russland“ ließ die deutsche Außenministerin im Europarat ja ihrer wenig diplomatischen Haltung freien Lauf..

Mehrere Untersuchungen belegen mittlerweile überwiegende Einseitigkeit der meisten deutschen Leitmedien, ein Befund, der wahrscheinlich auch auf Österreich übertragbar ist. So hat „Cicero-Magazin für politische Kultur“ eine Studie veröffentlicht, die fehlende Meinungsvielfalt in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg ortet : www.cicero.de/aussenpolitik/studie-zur-berichterstattung
Auch die deutsche Otto-Brenner-Stiftung belegt, dass die Medien „überwiegend“ für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine plädieren: www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/publikationen.
Auffallend ist dabei das Auseinanderklaffen zwischen der Meinung der Bevölkerung und der medial veröffentlichten Meinung. Umfragen zufolge sind mittlerweile mehr als 50 Prozent der Befragten gegen die weitere Lieferung schwerer Waffen ins Kriegsgebiet.

Vernebelt vom Schwarz/Weiß-Denken und dem Festhalten an einem starren Freund/Feind-Schema stellen westliche Medien ukrainische Quellen meist als ernstzunehmend dar. Von russischer Seite kommende Meldungen werden als unglaubwürdig und propagandistisch bezeichnet. Auch beim Konsum von ORF-Nachrichtensendungen bleibt als Botschaft nicht selten der Eindruck hängen, dass ukrainische „Informationspolitik“ als faktenbasiert vermittelt wird, Russland hingegen würde bloß mit Fakes und Propaganda agieren.

Dass es auch differenzierend geht, beweist immer wieder der besonnene und sachorientierte ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, der sich jenseits bloßer Kriegsrhetorik und wegen seiner differenzierenden Wortwahl große Wertschätzung erworben hat. Wehrschütz kann auf authentische Quellen vor Ort verweisen, die meisten Redaktionen westlicher Medien können dies nicht. Deren Hauptquellen sind die großen US-nahen Agenturen, die nur eine Seite geopolitischer Weltsicht repräsentieren. Wehrschütz hat in einer gut besuchten Podiumsdiskussion der Vereinigung für Medienkultur von der „Demut des Nichtwissens“ gesprochen. D. h. es ist journalistisch durchaus korrekt, zuzugeben, dass mangels seriöser Quellen oft keine entsprechende Einschätzung eines bestimmten Sachverhalts ergeben kann.

Schon Jahre vor dem Krieg haben westliche Medien und PolitikerInnen Russland beharrlich zu einem Feindbild mit aufgebaut. Dabei helfen einzelne Begriffe und Worte, wie sie auch in Nachrichtensprache verwendet werden. So fällt auf, dass Äußerungen russischer Politiker meist mit Prädikaten wie „behaupten“, „unterstellen“, etc. versehen werden. Wenn ein US- , NATO- oder EU-Politiker eine Stellungnahme abgibt, lauten die Prädikate „betonen“, „bekräftigten“, „erklären“ etc.. Diese werden bewusst, aber oft auch unbewusst bzw. automatisiert und verinnerlicht als positiv geladene Begriffe gesetzt.

Wie ist nun die inhaltlich weitgehende Angleichung in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg zu erklären ? Sind die JournalistInnen Opfer staatlich gelenkter Manipulation ? Im Buch „Die vierte Gewalt“ von Richard David Precht und Harald Welzer findet sich dazu eine interessante These: In den Medien gebe es „ganz eigene Echokammern einer Szene, die vor allem darauf blickt, was der jeweils andere gerade sagt oder schriebt, ängstlich darauf bedacht, bloß nicht zu sehr davon abzuweichen.“ Ein Konformismus, der auf Kosten von Qualitätsjournalismus geht und nicht zuletzt auch demokratiepolitisch bedenklich ist. Vor diesem Hintergrund machen Medien zunehmend Politik bzw. treiben die Politik vor sich her Ein Beispiel dafür der starke mediale Druck auf den deutschen Kanzler Scholz. Der hat mit dazu beigetragen, dass sich dessen zunächst eher besonnene Haltung zur Lieferung von Kampfpanzern nachhaltig gewandelt hat.

Der Irak-Krieg im Jahr 2003 war ebenfalls ein Angriffskrieg, damals ausgeführt von den USA. Nur durfte man damals diese Bezeichnung in Moderationen nicht verwenden, wie es der Autor dieser Analyse als früherer ORF-Redakteur selbst erlebt hat. Zudem sind damals völkerrechtswidrige Aspekte weitgehend ausgeblendet worden. Auch im Zusammengang mit den weiteren von NATO und den USA geführten Kriegen.

Solange der Westen sich nicht auch in die geopolitische Interessenslage Russlands hineindenken kann, Stichwort dazu die NATO-Erweiterung, so lange werden keine effektiven Friedensschritte zu erwarten sein. Leider sind auch aufseiten Russlands keine Friedenssignale zu vernehmen, Putin verharrt in seiner seltsam historisch basierten imperialistischen „Kriegslogik“. Das muss allerdings nicht so bleiben. Auch der Westen, allen voran die EU, sollten nicht auf Dauer an militaristischer Ideologie im Zusammenhang mit diesem Krieg festhalten. Gefordert wären diesbezüglich vor allem auch die Medien.

Es gilt einer von Friedensethik getragenen aktiven Friedenspolitik das Wort zu reden, die auch Kompromissen Raum geben müsste. Weiter aufheizende Kriegsrhetorik sowie fortgesetzte Feindbildpflege lassen ein sehnlichst erwartetes Kriegsende in noch weitere Ferne rücken.

• Dieser Beitrag von Udo Bachmair ist in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Spinnrad“ des Österreichischen Versöhnungsbundes erschienen

Gruß zum Jahreswechsel 2022/2023

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde der Vereinigung für Medienkultur !

Auf diesem Wege Ihnen / Dir viel Glück, Gesundheit und Erfolg für 2023 ! !

Besuchen Sie uns auch 2023 auf unserer Website www.medienkultur.at , wo Sie wieder zahlreiche Kommentare und Analysen zum Themenfeld Politik und Medien unter besonderer Berücksichtigung von Medienkritik und Medienpolitik finden können.

Es ist gelungen, auch weitere Gastautoren zu gewinnen, die eine gute Ergänzung zu den Stammautoren Hans Högl und Udo Bachmair darstellen. Wir planen, 2023 den Stab an AutorInnen weiter auszubauen, der vermehrt auch Studierende vorwiegend aus den Bereichen Publizistik/Kommunikationstheorie und Politikwissenschaft umfassen soll.

In unserer Hauptversammlung am 13. Dezember 2022 ist ein bemerkenswerter personeller Zugang beschlossen worden. Dabei ist Univ. Prof. Dr. Fritz Hausjell einstimmig ins Präsidium der Vereinigung für Medienkultur gewählt worden. Der renommierte Publizistik- und Kommunikationswissenschafter übt damit die Funktion eines der beiden Vizepräsidenten der Vereinigung aus.

Die nächste größere Veranstaltung unserer Vereinigung ist eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung :

Wo: Presseclub Concordia, Bankgasse 8, A-1010 Wien

Wann: 24. Jänner 2023 Beginn: 18.30 Uhr

Thema: Westliche Medien und der Ukraine-Krieg.

Als Diskussionsteilnehmer bereits fix sind der journalistisch vorbildliche ORF-Korrespondent Mag. Christian Wehrschütz, der renommierte Politikwissenschaftler Prof. Dr. Heinz Gärtner sowie der engagierte Friedensforscher Prof.Dr. Werner Wintersteiner.

Anmeldung unter stifter@medienkultur.at Herzlich willkommen !

2023 werden uns zusätzliche Kosten dadurch erwachsen, dass der Presseclub für Veranstaltungen seine Räumlichkeiten nicht mehr gratis zur Verfügung stellt. Auch in diesem Zusammenhang möchten wir Sie / Euch an den Mitgliedsbeitrag erinnern.*Sollte dessen Begleichung schon erfolgt sein, ein herzliches Dankeschön! Wenn nicht, bitte untenstehende Daten beachten:

*Erste Bank IBAN AT 31 2011 1300 0310 1325 ( Vereinigung für Medienkultur )

Mit Dank und einem PROSIT NEUJAHR

Udo Bachmair (namens der Vereinigung für Medienkultur)

Konstruktiver Journalismus als Korrektiv

In einem Gastkommentar* für die Wiener Zeitung fragt sich Werner Wintersteiner, Gründer und ehemaliger Leiter des Zentrums für Friedensforschung und Friedenspädagogik der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, ob die Corona-Kluft als demokratische Chance zu sehen sei.

Ilse Kleinschuster**

Werner Wintersteiner ist Autor des Buchs „Die Welt neu denken lernen“. Er meint, es werde nicht reichen für die Impfung zu werben und wir können den Unzufriedenen und Beleidigten ihre Emotionen nicht ausreden, aber wir können vielleicht erreichen, dass sie früher oder später selbst andere Prioritäten setzen; zumindest jene, die bereit sind, Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen.

Wintersteiner schlägt vor, verschiedene und durchaus widersprüchliche Maßnahmen zu ergreifen: Widerstand gegen die Rechtsradikalen; Dialog über die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen, vor allem das Impfen, und zwar aus gesamtgesellschaftlicher Solidarität; Dialog nicht nur als staatliche TV-Propaganda, sondern im Lokalen, im Nachbarschaftlichen, im Alltag. Es brauche aber auch die Herausforderung an die Protestierenden, gegen die wirklichen Probleme aufzutreten.

Ja, ich glaube, hier könnte ein konstruktiver Journalismus als Korrektiv helfen. Denn, ist die Berichterstattung in den letzten Monaten nicht sehr unausgewogen was die möglichen Problempakete für unsere Zukunft betrifft? Ich erlebe es jedenfalls so -, wie sehr das neue Virus die Aufmerksamkeit fesselt und somit die Wirtschaft und das Leben vieler Menschen beeinflusst. Dies wird zwar in Kreisen der Befürworter einer „Großen Transformation“, eines „Green New Deal“, nicht unbedingt nur negativ gesehen.

NUN, es ist ja lobenswert, wie sehr zurzeit versucht wird, mittels staatlicher Logistik und stattlicher Hightech-Medizin die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen und wie die mediale Berichterstattung sich diesbezüglich ins Zeug legt. Wenn nun aber das Virus den Menschen Angst macht – und diese bekanntlich lähmend wirkt, dann finde ich das schlecht, weil diese Umbruch-Zeit inspirierende Innovationen braucht. Wäre es demnach nicht besser – statt Angst zu schüren -, die Menschen aufzuklären, z.B. wie sie sich auf ein ständiges Auftreten neuer Erregerformen einstellen können?

Darüber hinaus aber, so meine ich – würde vielen Menschen es nicht schaden, mehr darüber zu erfahren, wie sehr kriegerische Konflikte, Atomenergie (sowie ein hoffentlich nie eintretender Gebrauch von Atomwaffen) und regelmäßig auftretende Pandemien die Lösungskapazität für die anstehenden, wirklich großen Herausforderungen unserer Zeit im Bereich der Ökologie (Klimawandel!) einschränken. Hierin sehe ich die demokratische Chance, von der Wintersteiner spricht – die einzelnen Menschen nicht ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und Umwelt zu entheben, aber auch die Medien nicht ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgern.

*https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2132202-Die-Corona-Kluft-als-demokratische-Chance.html

** Ilse Kleinschuster ist engagiertes Mitglied der Initiative Zivilgesellschaft und der Vereinigung für Medienkultur