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Kritik an Punkt Eins

Es ist gut, dass es Punkt Eins gibt, eine ORF-Sendereihe, die immer wieder Lob verdient, nicht jedoch die jüngste Ausgabe zum Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine.

Udo Bachmair

Der renommierte ORF-Kultur- und Informationssender Ö1 ist dieses Mal in seiner Sendung „Punkt Eins“ seinem insgesamt zu Recht guten Ruf nicht gerecht geworden. Die komplexe Causa Ukrainekrieg ist vom eingeladenen „angeblichen“ (O-Ton eines Hörers) Experten Alexander Dubowy mit dem in den Leitmedien üblichen rein westlichen Narrativ abgehandelt worden.

Jede andere, jede differenzierende Sicht wird der Einfachheit halber mit dem Vorwurf abgetan, sie sei genährt von russischer Propaganda bzw. russischer Desinformation. Dass jeder Krieg auch ein informationskrieg ist und demnach beide Kriegsparteien Propaganda betreiben, scheint neben dem Experten auch Moderator Philipp Blom nicht bewusst zu sein.

Anders ist es nicht zu erklären, dass Blom als Moderator seine Rolle insofern missbraucht hat, als er seiner persönlichen Meinung mit längeren Stellungnahmen Ausdruck gegeben und statt kritischem Nachfragen an den Studiogast das westliche Narrativ uneingeschränkt bedient hat.

Hörer, die die Einseitigkeit der Sendung kritisiert haben, sind mit dem Trick des ständigen Dazwischenfragens und Dagegenhaltens am Ausführen ihrer Gegenpositionen immer wieder unterbrochen worden. Kein freundlicher Dienst am Kunden sowie kein Vorbild, auch andere Meinungen ungehindert zu Wort kommen zu lassen.

Die Sendung brachte für politisch Interessierte und wache BürgerInnen jedenfalls keinen Erkenntnisgewinn. Außer, dass sich auch Ö1 (in der erwähnten Sendung) vor den Karren westlicher Aufrüstungspropaganda und plump antirussischer Polemik spannen hat lassen. Schade. Eine Chance ist vertan worden, eine komplexe Causa einigermaßen sachlich und differenziert zu betrachten.

Christian Wehrschütz im Visier

Da Christian Wehrschütz, verdienstvoller ORF-Korrespondent, ausnahmsweise einmal ein Fehler passiert ist, versuchen manche gegen ihn mobil zu machen.

Udo Bachmair

Er ist jemand, der als Journalist penibel recherchiert, abwägt, differenzierend berichtet. Ein vorbildlicher Korrespondent, der versucht, ein ausgewogenes Bild auch über Vorgänge während des Ukraine-Kriegs zu vermitteln. Im Sinne des ORF-Gesetzes, das das öffentlich-rechtliche Unternehmen auch in der außenpolitischen Berichterstattung zu Objektivität verpflichtet. Christian Wehrschütz erfüllt diese Voraussetzungen in vorbildlicher Weise.

Dass einem ZiB-Beitrag von Wehrschütz über Korruption in der Ukraine eine falsche Bildsequenz unterlegt war, mindert insgesamt nicht die Kompetenz des mehrfach preisgekrönten Ukraine-Korrespondenten. Dieser von Wehrschütz eingestandene bisher einzige Fehler, wie er sagt, ist und war jedoch für seine Gegner ein willkommener Anlass, um gegen ihn Stimmung zu machen.

Manche ORF-KollegInnen, vor allem eine ehemalige Korrespondentin, die ihren Ex-Kollegen Wehrschütz online immer wieder attackiert, beneiden ihn offenbar wegen dessen großer Akzeptanz bei Medien-KonsumentInnen. Seitens der Politik haben sich nun die NEOS auf Christian Wehrschütz eingeschossen. Überzogene Kritik von NEOS-Mediensprecherin Henriette Brandstötter hat auf STANDARD-online eine Welle an Attacken auf Wehrschütz ausgelöst.

Dass nun ausgerechnet ein dem Boulevard zugerechnetes Blatt, wie die Kronenzeitung, die Angriffe gegen Wehrschütz auf faire Weise zurechtrückt, ist lobenswert. Im Gegensatz zu den in der Ukraine-Causa nahezu gleichgeschaltet wirkenden anderen westlichen Medien geht die Kronenzeitung davon aus, dass in einem Krieg beide Kriegsparteien Kriegspropaganda betreiben, demnach auch die ukrainische Seite. Eine wohl auch in der Bevölkerung mehrheitsfähige Erkenntnis.

Christian Wehrschütz dazu auf eine entsprechende Frage von Edda Graf in der Krone-Sonntagsausgabe:

„Es gibt übrigens auch die westliche Propaganda. Die darf man nicht übersehen. Etwa die sog. Berichte des britischen Geheimdienstes. Was der schon alles behauptet hat…
Was mich aber wirklich erschüttert – und das muss ich jetzt schon einmal sagen: Wo ist endlich eine wirklich entschlossene politische Lösungsabsicht? Wo ist die Friedensbewegung? Gibt es die noch?
Wer heute für Frieden ist, ist automatisch Putin-Freund. Ich komme mir vor wie bei Orwell und frage mich, ob wir nicht tatsächlich schon in einer totalen Verkehrung der Welt angekommen sind.
Das ist ja das wirklich Absurde – dieses Abfinden mit dem Krieg, dem Töten und der nuklearen Bedrohung“.