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Vietnam – im Schatten der Weltberichte

Eine Analyse des Landes auf Basis des Dumont-Reise-Handbuches 2024 und anderer Quellen

Hans Högl –

Gewisse Länder liegen im Schatten der Weltberichterstattung. Dazu zählt Vietnam. Ein Anlass für mich, dieses Land hervorzuheben. Somit greife ich Abschnitte aus dem Dumont Reise-Handbuch auf, aktualisiert 2024. Der Verfasser lebte dort und ist Reisespezialist: Petrich Martin. Der Titel des Buches lautet: Vietnam. Dumont Reise-Buch, 464 S., hier S. 36 ff.. Davon abgesehen: Ich habe mich mit dem Vietnamkrieg aus der Sicht der Pentagon Papiere, veröffentlicht von New York Times, in meiner Dissertation beschäftigt. Vietnams Geschichte ist geprägt von jahrhundertelanger Fremdherrschaft. Es war 1000 Jahre chinesische Provinz (S. 41).

1864 wurde es Protektorat von Frankreich. In der Bevölkerung regte sich Widerstand gegen die Kolonialmacht. Und da entstand die kommunistische Partei. Der erste Indochinakrieg dauerte von 1946 -1954 und endete mit der Niederlage Frankreichs.

Ho Chi Minh ist der Übervater Vietnams. Der Schlachtruf Ho Chi Minh war auch einer der 68-iger Bewegung im Westen. 1917 kam Ho nach Paris und schloss sich der Sozialistischen Partei an und war Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei in Paris 1920. 1923 kam er nach Moskau und erhielt den ideologischen Schliff für den Kampf gegen Kolonialmächte. 1941 betrat er wieder heimatlichen Boden. Und er wurde der kommunistischer Führer Vietnams. Er starb am 2. Sept. 1969 und erlebte das vereinigte Vietnam nicht mehr. Sein Bild ist heute in Vietnam allpräsent.

Der zweite Indochinakrieg mit den USA war von 1964 -1975. 1973 war das Pariser Abkommen. Am 2. Juli 1976 wurde das Land als „Sozialistische Republik“ wiedervereinigt. Hauptstadt wurde Hanoi. Es kam zur Kollektivierung der Landwirtschaft. Jeder Privathandel wurde verboten.

Es war ein bitteren Frieden. Zehn Jahre Später Die Kommunistische Partei gab sich auf ihrem 6. Parteitag im Dez. 1986 eine neue Struktur (=Dói Móí) somit eine radikale Abkehr von der bis dahin erfolglos praktizierten Planwirtschaft hin zu einer sozialistisch orientierten Marktwirtschaft.

Wie einige Jahre zuvor in Chinas Den Xiaoping hatte die vietnamesische Parteiführung erkannt, dass lediglich freie Marktmechanismen das Land vor dem wirtschaftlichen Bankrott retten konnten. Doch eine politische Liberalisierung und Demokratisierung wurde ausgeschlossen.

Seitdem sind in Vietnam hunderttausende Privatunternehmen entstanden, die wesentlich für das jährliche Wirtschaftswachstum von 6-8 % verantwortlich sind. Sie erwirtschaften etwa zwei Drittel der Gesamtwirtschaft. Die Staatsbetriebe wurden häufig privatisiert, aber mit vielen Privilegien bedacht (S. 36). Der Autor nennt die neue Lage: „Sozialistische Marktwirtschaft“.

Reisanbau ist weiterhin sehr wichtig. Darüber hinaus gibt es Kaffeeanbau. (Es wird mehr produziert als in Brasilien). In Vietnam werden heute produziert: Maschinen, Elektroprodukte, Smartphones, Textilien und Schuhe. Dies wird exportiert. Nach China ist Vietnam Marktführer in der Schuh – Fabrikation. Jedes zweite Paar Adidas-Schuhe kommt von hier. Im Schnitt kostet ein paar Lederschuhe 8 Euro im Export.

1993 lag nach UN-Angaben noch die Armut bei knapp 60 %, sie lag Anfang der 90iger Jahre bei der Hälfte aller Vietnamesen. Doch die Angehörigen der Bergvölker partizipieren kaum von der Entwicklung. Da die Wirtschaft stark ist, hat die Parteiführung wenig zu fürchten.

„Ein Wirtschaftswunder mit Schatten“: Es gibt keine unabhängige Gewerkschaft. Wer sich beklagt, riskiert eine Entlassung (p. 38). Zwar ist eher Kritik möglich, aber für private und unabhängige Medien ist kein Platz. (S. 25). Vor allem gegen die Blogger gehen die Behörden rigoros vor. Die einzige zugelassene Partei ist die kommunistische. Das Land har keine funktionierende Gewaltenteilung (S. 51). Der Alleinanspruch der Partei führt zu Willkürherrschaft kommunistischer Funktionäre. Zensur bestimmt die Medienlandschaft (S. 54).

Von der Leyen: Mut als Familienministerin

Hans Högl

Gestern wurde die in Brüssel geborene Ursula von der Leyen überraschend zur Kommissionspräsidentin gewählt. Sie hat einen bunten Studien- und Lebenslauf, studierte auch Volkswirtschaft und vor allem Medizin und setzte sich als Familienministerin für Kinderkrippen ein, für den massiven Kindergartenausbau, für Elterngeld. Ferner war sie für eine verbindliche Frauenquote. Für die Medienkultur ist bemerkenswert, dass sie bereits 2009 Maßnahmen gegen kinderpornographische Inhalte ergriff und stark kritisiert wurde! Heute, im Jahr 2019, sieht man dies wohl differenzierter. Ich übernahm aus Wikipedia im Folgenden jene Texte, die sich auf den Vertrag zur Filterung von Kinderpornographie beziehen und kürzte ein wenig.

Von der Leyens Eintreten für Sperren von Kinderpornographie im Internet rief 2009 öffentliche Proteste hervor. Auf ihre Initiative verpflichteten sich die großen Internetdienstanbieter in geheimen öffentlich-rechtlichen Verträgen mit dem Bund, Webseiten mit kinderpornographischem Inhalt auf Grundlage geheimer Sperrlisten, die vom Bundeskriminalamt erstellt und täglich aktualisiert werden sollen, zu filtern. Erst später sollten diese Verträge durch das Zugangserschwerungsgesetz eine gesetzliche Legitimation erfahren.
Die Initiative von der Leyens stieß auf massive Kritik von Juristen, der IT-Fachpresse, einer großen Zahl von IT-Fachverbänden, von Bürgerrechtlern, Missbrauchsopfern, Opferschutzorganisationen und der Opposition und wurde als „Zensursula-Debatte“ bekannt.Kritiker sahen in dem Gesetz eine gegen Kinderpornografie unwirksame Maßnahme, die Tätern eher nütze als schadete, aber gleichzeitig massiv Grundrechte einschränken könnte. Die zur Sperrung errichtete Infrastruktur könne problemlos für weitere Zensur-Maßnahmen verwendet werden, da sie eine Kontrolle unliebsamer Inhalte ermögliche und „Echtzeitüberwachung umsetze.
Eine E-Petition vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages gegen die Einführung einer Sperrinfrastruktur wurde von mehr als 130.000 Bürgern unterzeichnet, mehr als bei jeder anderen E-Petition zuvor.
In der Diskussion um die Ausweitung der Internetsperren erklärte von der Leyen, ihre Maßnahmen gegen Seiten mit Kinderpornographie beträfen einen klar abgrenzbaren Straftatbestand. Man müsse jedoch „weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden, in dem man hemmungslos mobben, beleidigen und betrügen kann.“

Hans Högl: Es gilt, Medien rückblickend zu sehen. So forderte laut „Rheinischer Post“ von der Leyen: In Online-Netzwerken, Blogs und Chats müsse ebenso wie im Schulalltag ein „achtsamer und wacher Umgang miteinander“ eingefordert werden. Also: Von der Leyen war hier weitsichtig und zeigte Ethos und formulierte als Ziel, „gemeinsam mit den Verantwortlichen sowie jugendlichen Nutzern einen Verhaltenskodex zu entwickeln. Außerdem müssten minderjährige Internet-Surfer über die Gefahren des Netzes aufgeklärt werden“. Im Übrigen überraschen die vielen Proteste und die Schieflage, um nicht zu sagen gewisse verrückte, ver-öffentlichte Meinungen und eine überdehnte Liberalität.