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Welt sehen, wie sie wirklich ist

Panische Zukunftsangst in Gesprächen und Medien

Hans Högl

Beiläufig wird uns in Gesprächen und auch in Qualitätsmedien eine panische Zukunftsangst vermittelt. Darum greife ich -auch mit eigener Überzeugung – eine Literaturempfehlung wortwörtlich auf, die Matthias Horx, der bedeutende Zukunftsforscher und frühere „ZEIT“-Journalist, in seinem Buch „15 1/2 Regeln für die Zukunft. Anleitung zum visionären Leben“ (2019) gibt (S. 337).

Hans Rosling Nachlass – sein Buch: Factfulness- Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist, Berlin 2018 – ist eine wichtige Grundlage, um panische Zukunftsangst zu überwinden -und die Welt in ihrem Wandel konstruktiv zu betrachten. “Das Buch bietet neben einer Zusammenfassung von Rosling Welt-Statistiken auch eine Einführung in die future biases, jene Wahrnehmungsverzerrungen, die uns die Zukunft ausschließlich aus der Warte der Angst sehen und positive Entwicklungen ignorieren lassen. Die Tatsache, dass es zu einem Weltbestseller geworden ist, gibt mir Hoffnung.“

Macht der Medien und „richtige Kommunikation“

Wird aus Berichterstattung Meinungsmanipulation in Zeiten multipler Krisen?
Muss „richtige Kommunikation“ auf der Strecke bleiben bei Themen wie Klimawandel oder Corona?

Ilse Kleinschuster*

„Viele Politikmaßnahmen gehen immer noch von einem rationalen Verhaltensmodell des Menschen aus. Die Wirksamkeit von Maßnahmen und Kommunikation hängt aber entscheidend davon ab, wie Menschen darauf reagieren. Hier setzt die Verhaltensökonomie an. Ein neuer Ansatz in der Politikgestaltung, der auf dem Analysieren und Verstehen menschlichen Verhaltens beruht“, eine Thematik, mit der sich Sophie Karmasin in ihrem Referat zur Einführung einer Vorlesung im Rahmen der Reihe „Mut zur Nachhaltigkeit“ beschäftigt.

Das Thema interessiert auch mich schon lange. Als aufmerksame Zeitungsleserin fühle ich mich oft auf die Frage nach richtiger Kommunikation zurückgeworfen. Und als langjährige Aktivistin in einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die sich mit Fragen zu einer „besseren Welt“ beschäftigt, entdecke ich schon – in Gemeinschaft mit vielen anderen – viel Lösungspotential. Wenn ich dann aber die Tageszeitungen zur Hand nehme, muss ich lange suchen. Tja, meist ist es dann ein Bericht über einen „Green Brand“ Unternehmer, der auf sich aufmerksam macht, aber nichts von den vielen kleinen selbstorganisierten und sich selbstausbeutenden Unternehmungen, die sich mit ihren Visionen schon länger auf dem Feld der Praxis tummeln.

Verhaltensänderungsaffine Menschen sind offensichtlich dem heutigen Mainstream-Journalismus nicht der Rede wert. Journalisten und Journalistinnen stumpfen so ihre Konsumenten ab – und müssen die Schraube der Zuspitzung, Skandalisierung und Übertreibung weiterdrehen. Ob dadurch der Journalismus nicht selbst seine Position gegenüber den sozialen Medien geschwächt hat? Sicher aber hat er dadurch seinen großen Anteil an der Verbreitung allgemeiner Verunsicherung und Zukunftsangst. Außerdem fördert ein derart zugespitzter Stil der Berichterstattung den Vertrauensverlust in die Politik. Wobei das sicher auch die Schuld von gewissen populistischen Politikern ist. Ob wir in Österreich diesbezüglich eh noch ganz gut aufgestellt sind, das zu beurteilen überlasse ich Fachleuten. Ich denke, es könnte ohne das Korrektiv des kritischen Journalismus noch viel schlechter bestellt sein.

Bezüglich der Berichterstattung in den letzten Monaten fällt mir nur immer mehr eine starke Unausgewogenheit auf, was die möglichen Problempakete für unsere Zukunft betrifft. Ich erlebe, wie sehr das neue Corona-Virus die Aufmerksamkeit fesselt und so die Wirtschaft und das Leben vieler Menschen beeinflusst (wobei ja in Kreisen der Befürworter einer „Großen Transformation“ ,eine „Green New Deal“, dies nicht unbedingt nur negativ gesehen wird!).

Es ist ja lobenswert, wie sehr versucht wird, mittels staatlicher Logistik und Hightech-Medizin die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen und wie die mediale Berichterstattung dabei sich ins Zeug legt. Aber letztlich macht es den meisten Menschen doch Angst und diese wirkt bekanntlich lähmend. Was diese Zeit aber jetzt braucht sind inspirierende Innovationen. Wäre es demnach nicht besser, statt Angst zu schüren vor einem neuen Virus, die Menschen auch darüber zu informieren, dass sie sich auf ein ständiges Auftreten neuer Erreger einstellen sollten. Es würde vielen auch nicht schaden sie zu informieren, wie auch Konflikte und überhaupt nicht nur ein hoffentlich nie eintretender Gebrauch von Atomwaffen und regelmäßige Pandemien die Lösungskapazität für die anstehenden großen Herausforderungen, etwa im Bereich der Ökologie, stark einschränken.

Ich wünschte, es entstünde eine breitere Diskussion bezüglich Falschinformation (zumindest keine irreführende Information), diese sollte aber demokratisch organisiert sein und nicht „von oben“ als „Kommunikationskampagne gegen Falschinformation“, wie es der EU-Ratspräsident Charles Michel vor dem Corona-Gipfel zum Kampf gegen die Pandemie kürzlich vorgeschlagen hat.

Hier vermisse ich noch die Macht der Medien und ihre Verantwortung den BürgerInnen gegenüber – objektiv zu informieren und als öffentlicher Raum für „richtige Kommunikation“ zu dienen!

*Ilse Kleinschuster ist engagiertes Mitglied der Initiative Zivilgesellschaft und der Vereinigung für Medienkultur