Hans Högl
Gestern wurde die in Brüssel geborene Ursula von der Leyen überraschend zur Kommissionspräsidentin gewählt. Sie hat einen bunten Studien- und Lebenslauf, studierte auch Volkswirtschaft und vor allem Medizin und setzte sich als Familienministerin für Kinderkrippen ein, für den massiven Kindergartenausbau, für Elterngeld. Ferner war sie für eine verbindliche Frauenquote. Für die Medienkultur ist bemerkenswert, dass sie bereits 2009 Maßnahmen gegen kinderpornographische Inhalte ergriff und stark kritisiert wurde! Heute, im Jahr 2019, sieht man dies wohl differenzierter. Ich übernahm aus Wikipedia im Folgenden jene Texte, die sich auf den Vertrag zur Filterung von Kinderpornographie beziehen und kürzte ein wenig.
Von der Leyens Eintreten für Sperren von Kinderpornographie im Internet rief 2009 öffentliche Proteste hervor. Auf ihre Initiative verpflichteten sich die großen Internetdienstanbieter in geheimen öffentlich-rechtlichen Verträgen mit dem Bund, Webseiten mit kinderpornographischem Inhalt auf Grundlage geheimer Sperrlisten, die vom Bundeskriminalamt erstellt und täglich aktualisiert werden sollen, zu filtern. Erst später sollten diese Verträge durch das Zugangserschwerungsgesetz eine gesetzliche Legitimation erfahren.
Die Initiative von der Leyens stieß auf massive Kritik von Juristen, der IT-Fachpresse, einer großen Zahl von IT-Fachverbänden, von Bürgerrechtlern, Missbrauchsopfern, Opferschutzorganisationen und der Opposition und wurde als „Zensursula-Debatte“ bekannt.Kritiker sahen in dem Gesetz eine gegen Kinderpornografie unwirksame Maßnahme, die Tätern eher nütze als schadete, aber gleichzeitig massiv Grundrechte einschränken könnte. Die zur Sperrung errichtete Infrastruktur könne problemlos für weitere Zensur-Maßnahmen verwendet werden, da sie eine Kontrolle unliebsamer Inhalte ermögliche und „Echtzeitüberwachung umsetze.
Eine E-Petition vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages gegen die Einführung einer Sperrinfrastruktur wurde von mehr als 130.000 Bürgern unterzeichnet, mehr als bei jeder anderen E-Petition zuvor.
In der Diskussion um die Ausweitung der Internetsperren erklärte von der Leyen, ihre Maßnahmen gegen Seiten mit Kinderpornographie beträfen einen klar abgrenzbaren Straftatbestand. Man müsse jedoch „weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden, in dem man hemmungslos mobben, beleidigen und betrügen kann.“
Hans Högl: Es gilt, Medien rückblickend zu sehen. So forderte laut „Rheinischer Post“ von der Leyen: In Online-Netzwerken, Blogs und Chats müsse ebenso wie im Schulalltag ein „achtsamer und wacher Umgang miteinander“ eingefordert werden. Also: Von der Leyen war hier weitsichtig und zeigte Ethos und formulierte als Ziel, „gemeinsam mit den Verantwortlichen sowie jugendlichen Nutzern einen Verhaltenskodex zu entwickeln. Außerdem müssten minderjährige Internet-Surfer über die Gefahren des Netzes aufgeklärt werden“. Im Übrigen überraschen die vielen Proteste und die Schieflage, um nicht zu sagen gewisse verrückte, ver-öffentlichte Meinungen und eine überdehnte Liberalität.
Der deutsche Historiker Herfried Münkler wurde im Wiener „Kurier“ (7. Juli) gefragt, warum Von der Leyen in Deutschland kritisch gesehen wird. Seine Antwort: „Der Posten des Verteidigungsministers ist in Deutschland das riskanteste Geschäft, das man betreiben kann… Bemessen an den Herausforderungen hat sie ihren Job recht bemerkenswert gemacht“. NB. Sogar das wird an ihr kritisiert, dass sie sich gegen gewisse rechte Umtriebe im Militär ausgesprochen hat. Das sollte doch auch Parteikonkurrenten der CDU gefallen….