Migration:Zwischentöne unerwünscht!

Die Autorin Barbara Frischmuth wurde zu ihrem 70. Geburtstag 2011 vom „Standard“ interviewt. Es ist aus Sicht der Medienkultur lohnend, einen Abschnitt davon in Erinnerung zu rufen. Wenngleich das Thema Migration in den Hintergrund gerückt ist.

Hans Högl

Die Autorin ist Orientalistin, lebte in der Türkei und in Ägypten. Im Rahmen einer anderen Recherche bei meinem Aufenthalt im Ausseerland, dem Wohnort von Barbara Frischmuth, stieß ich auf das obige Interview, worin sie bedenkenswerte Aussagen über Medien trifft.

Standard: Gibt es in Österreich eine Streitkultur?
Frischmuth: Die Podien z. B. zum Thema Integration sind immer hochkarätig besetzt, aber selten mit Menschen, die man integrieren will. Das ist ein Zeichen dafür, wie sehr wir noch auf der Deutungshoheit bestehen, wie wir bestimmen wollen, welche Probleme diese Menschen haben dürfen und welche nicht.

Die Integrationspolitik orientiert sich zu wenig an den Menschen und deren Problemen. Ich werde auch öfter um meine Meinung gefragt, aber die meisten Medien wollen nur verknappte Diskussionsbeiträge. Kopftuch: Ja oder Nein? EU-Beitritt der Türkei: Ja oder Nein? Islam: gut oder böse? Zwischentöne unerwünscht. Es gibt vieles, das auch ich kritisiere. Aber der Streit im Sinn von eine Lösung „erstreiten“ wird dabei zu wenig geübt.

Standard: Sind die Österreicher fremdenfeindlicher als andere?

Frischmuth: Als manche andere. Das sieht man schon an der Abwehrhaltung gegen Flüchtlinge. Damit meine ich nicht, dass man Zuwanderer verklären soll. Warum sollten sie die besseren Menschen sein, sie haben es schwer genug. Dennoch müssen auch sie ihren Beitrag zu einem Einvernehmen leisten. Es gibt zu wenige Intellektuelle, die sich mit dem Thema Zuwanderer genauer befassen. Es muss eine Lösung gefunden werden, die für alle tragbar ist, und das ist schwierig, aber auf die Strache-Tour geht es sicher nicht.

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